Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Würzburg, fol. 185–187, 189 f.2

2. HA (Türkenhilfe): Ablehnung der über 16 Römermonate hinausgehenden Zusatzforderungen des Kgs. Beharren auf der Erlegung nach dem moderierten Reichsanschlag. Einbeziehung auswärtiger Potentaten. Anmahnung der niederösterreichischen Werbung.

/189/ (Vormittag, 7 Uhr) Ausschuss des FR zum 2. HA (Türkenhilfe) (Gesandte: Salzburg, Würzburg, Eichstätt, Straßburg, Bayern, Jülich, Pommern, Württemberg, Prälaten, schwäbische Gff.).

Aufnahme der Beratung zur Triplik des Kgs. beim 2. HA 3.

Kg. fordert die Erhöhung der angebotenen sechs auf die beantragten acht doppelten Römermonate, die Zulage von je ¼ Romzug je Monat als Ausgleich für ungewisse und verlorene Stände sowie als Übersold je Reiter 1½ fl. und je Fußknecht ½ fl.

Einhelliger Beschluss: Zwar würde die türkische Bedrohung nicht nur diese, sondern eine noch höhere Bewilligung rechtfertigen, doch kann solches diser zeith nach allerlai gelegenhaith der sthende und des Reichs nith geschehen. Dan zum ersthen wiße man, was fur beschwerlickaith schier durch auß den sthenden in ethlichen jaren her zugesthanden, das also, ob man gleich wolte, solches nith laisthen konthe. Und wurde also die kgl. Mt. allein durch solche verthrostung und auß der unvermuglickaith nith haltens uff ein eiß gefurth und gar nith geholffen. Zum andern dieweil solches begeren auch nith in der proposition begriffen, so weren die bothschafften daruff nith abgefertigeth, konthen sich auch beschaiths so balt nith erholen; so ging die zeith erbei, und wurden also allein die sachen verlengerth. Derhalben so sehe man fur gutt an, das nachmals die 8 doppel monath, wie hievor im fursthen rath auch geschehen, bewilligeth wurden, doch on allen andern anhanck und dergestalt, das khain sthandt /189’/ mer und hoher zugeben schuldig sein solt, dan ime sein moderirter anschlag ufflegth, und also der gehorsam sthand von wegen des ungehorsamen nith beschwerth wurde. Dan wie man das worthlein „on abgang“ also versthen wolte, das die sthende die hilff also laisthen solten, so vil der romzug macht, wie er zum ersthen zu Worms geordneth worden4, unangesehen was fur sthende seithero verloren oder abgezogen worden: Konth man in kainen weg tun, were auch res pessimi exempli und wurde also zu zerruttung des Reichs groß ursache gebena. Man mocht aber gleichwol neben solcher bewilligung der kgl. Mt. anzaigen, das ir kgl. Mt. die andern christlichen potentaten ersucht, und neben derselben auch die ungerischen, behemischen und ostherreichischen gesanthen. So solt den sthenden des Reichs auch nith zuwider sein, ire gesanthen darneben abzufertigen und gedachte potentaten erstlich zum friden zu vermanen und further umb gemaine hilff anzuruffen.

/185’/ (Nachmittag) /185’–186’/ Reichsrat. Verlesung von Supplikationen, dabei auch: /185’/ Anmahnung der niederösterreichischen Gesandten zu ihrer Werbung um eine eigene Türkenhilfe5.

/186’ f./ Um künftig die Übergabe von Dekreten zu Supplikationen und dergleichen sachenb  an den Kg. zu erleichtern, wird eine Ständedeputation eingerichtet, in die FR Salzburg, Deutschmeister, Bayern und Brandenburg6  sowie je einen Vertreter der Prälaten und Gff. verordnet.

Anmerkungen

1
 Von Sonntag, 17. 1., bis Dienstag, 19. 1., fanden wegen der Hochzeit Mgf. Philiberts von Baden mit Mechthild von Bayern (vgl. Anm.1 bei Nr. 71) keine Verhandlungen statt. Am 19. 1. hatte Kg. Ferdinand im Beisein der Ehgg. Ferdinand und Karl das Hochzeitspaar, alle anwesenden Ff., Gff. und Hh., die f. Gesandten sowie alle Frauen und Fräulein, die zur Feier geladen waren, in seinem Palais zu Gast (Österreich B, fol. 693’ f.).
2
 Die vormittägliche Beratung im Ausschuss des FR zum 2. HA ist in Würzburg doppelt protokolliert: Zunächst (fol. 185 f.) von Schreiberhd. und sodann (fol. 189 f.) von der Hd. eines Rates. Es handelt sich um keine identischen, sondern um getrennte Protokollierungen. Da letztere Aufzeichnung mehr Details erfasst, wird sie als Textvorlage verwendet; allerdings ist sie mit abweichender (und falscher) Datierung versehen: Die 21. Januarii. Obiges Datum 20. 1. wird bestätigt in Württemberg, unfol.
3
 Nr. 437.
4
 Bezugnahme auf die Wormser Reichsmatrikel von 1521.
a
 geben] In der ersten Würzburger Protokollierung (fol. 185) zusätzlich: Ablehnung des Übersolds. Solte der /185’/ eingang nit gemacht werden, das man dem kriegs volckh hofieren und innen geben muste, was sie haben wolten, sonder man solte es bey der alten ordnung und anschlag des romerzugs pleiben lassen.
5
 Nr. 486.
b
 dergleichen sachen] Österreich B (fol. 695’) deutlicher: annderen particular sachen.
6
 Die vorliegenden Protokolle weisen nicht aus, ob Brandenburg-Küstrin oder -Ansbach gemeint ist.