Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Unterredung mit Kf. Friedrich von Sachsen wegen des Landshuter Erbfolgestreits; [2.] Aufforderung an Ks. Maximilian zum Erscheinen auf dem Mainzer Tag; [3.] Initiative Kf. Friedrichs zu einem Vermittlungsversuch zwischen Hg. Wilhelm von Bayern und Pfgf. Friedrich, Absicht Ks. Maximilians zur Entscheidung über den Erbfolgestreit auf einem künftigen Reichstag; [4.] Angelegenheit Hgin. Kunigundes von Bayern beim Ks.; [5.] Abreise des Ks. vor Eintreffen der Kff.

München, HStA, KÄA 1241, fol. 117–120’, 121–121’ (Or., sambstag vor suntags jubilate).

[1.] Er ist am 4. Mai (pfintztag vor dem suntag misericordia Domini)in Mainz eingetroffen. Am folgenden Tag konnte er seinen Vortrag wegen des Erbfolgestreits in Anwesenheit Dr. Johann Mogenhofers (Propst zu Wittenberg) vor Kf. Friedrich von Sachsen halten und anschließend Unterlagen zu den Verhandlungen in Augsburg1übergeben und vorlesen. Der Kf. versprach deren Studium und kündigte seine baldige Abreise nach Nürnberg an, um dort die auf die Woche nach Jubilate [= nach dem 14. Mai] ausgeschriebenen Vermittlungsverhandlungen [Nr. 18, Anm. 3] zu leiten. Er forderte ihn, Plieningen, auf, ihn dorthin zu begleiten.

[2.] Am 9. Mai (erichtag)unterrichtete ihn Mogenhofer über die gemeinsame schriftliche Aufforderung Kf. Friedrichs, der Ebff. von Mainz und Trier sowie des Bf. von Würzburg an den Ks., so rasch wie möglich nach Mainz zu kommen. Diese war verbunden mit der Ankündigung, wieder abzureisen, falls er nicht bis zum heutigen Tag hier eintreffen oder wenigstens auf der direkten Anreise hierher befindlich sein sollte.2Mogenhofer bat ihn, noch einige Tage zu warten. Sollten inzwischen Gründe eintreten, die die Abreise der Kff. und Ff. verhindern sollten, würde er unverzüglich darüber informiert.

[3.] Am gestrigen Freitag [12.5.] wurde er erneut bei Kf. Friedrich vorstellig. Dieser berichtete ihm, dass der Ks. des beruerten pairischn handels halb mit ainer neuen practikn und finanz umbgeenund planen solle, den Fall an seinen Hof zu ziehen, um nach eigenem Gutdünken zu verfahren. Er zeigte auch ein ksl. Schreiben3an den Kf. vor, laut dem der Ks. Ernst von Welden4zu sich berufen hat, der deshalb nicht am Nürnberger Tag teilnehmen kann. Der Ks. forderte den Kf. weiter auf, in dieser Angelegenheit für drei bis vier Wochen nichts zu unternehmen. Er wolle sich mit dem Kf. und den anderen beiden Kommissaren [Ludwig Vergenhans und Welden] besprechen, bevor er selbst tätig werde. Kf. Friedrich unterrichtete den vorgestern [11.5.] in Mainz zusammen mit Georg von Wispeck, Adam von Törring und Ulrich Albersdorfer eingetroffenen Pfgf. Friedrich über diese Entwicklung, der in einen Schiedsversuch durch den Kf. einwilligte, ohne allerdings – im Falle eines Scheiterns – auf die Alternative der vom Ks. eingesetzten Kommission zu verzichten. Der Kf. unterrichtete ihn, Plieningen, weiter, dass sich Hg. Wilhelm und die Vormundschaftsräte gegenüber seinem Gesandten Dr. [Johann von] Staupitz in Bezug auf ein gütliches Verfahren zustimmend geäußert hätten. Er kündigte an, am Montag [15.5.] nach Nürnberg abzureisen und sich dort um eine rasche Einigung zu bemühen, damit der Fall nicht an den ksl. Hof gezogen werde.

Am Abend informierte ihn der Kf. über ein weiteres ksl. Schreiben an die Kff. [Nr. 18, Pkt. 5], worin es hieß, dass Kf. Friedrich wegen des niederbayerischen Erbfolgestreits nicht aus Mainz abzureisen brauche, da der Ks. den Fall an seinen Hof gezogen habe, in der Absicht, selbst darüber auf dem künftigen Reichstag in Köln, Trier oder Speyer zu entscheiden. Die anwesenden Kff. und Ff. rieten dem Kf. jedoch nach Einweihung in seine Pläne für ein Schiedsverfahren, er solle ungeachtet des ksl. Schreibens so bald wie möglich nach Nürnberg abreisen und das Verfahren zum Abschluss bringen. Der Kf. ist entschlossen, am Montag [15.5.] nach Nürnberg aufzubrechen. Er informierte Pfgf. Friedrich darüber und ersuchte ihn um eine Stellungnahme, da sein Vorgehen geeignet sei, den Unwillen des Ks. gegen ihn zu beschwören, und er Gefahr laufe, bei einem Scheitern des Schiedsverfahrens an seiner Reputation Schaden zu nehmen. Außerdem sei dann zu befürchten, dass der Streit an den ksl. Hof gezogen würde und man noch vil mer muehe und unrate gewarten muesse. Der Pfgf. beteuerte daraufhin erneut seine Kompromissbereitschaft.

Er, Plieningen, hat inzwischen Dr. Lupfdich schriftlich aufgefordert, sich zu ihm und dem bereits informierten Dr. Eisenreich nach Nürnberg zu begeben. Er rät, sich wie die Gegenpartei in das Schiedsverfahren einzulassen und kompromissbereit zu sein, in ansehung der geschwinden grif und handlungen, die an ksl. hofe vor augen und uns wol begegnet sind.5

[4.] [PS] Er hat den Ks. auf seiner Reise nicht angetroffen und konnte deshalb die Angelegenheit der Hgin. [Kunigunde] nicht persönlich vorbringen.6Bf. [Matthäus Lang] von Gurk hat aber hier in Mainz zugesagt, sich darum zu kümmern.

[5.] Der Ks. hat die Kff. und Ff. zuerst nach Speyer und dann hierher nach Mainz geladen, aber irer an kainem der enden noch in der nahet darumb erwartet.Stattdessen ist er nach Metz, Saarwerden (Sallwerdt), Zweibrücken und St. Wendel, von dort weiter nach Andernach und Köln und schließlich nach Aachen gereist. Derzeit soll sich der Ks. in Linz bei Köln aufhalten. Bittet um Anweisung von Geld für die Verhandlungen in Nürnberg.

Anmerkungen

1
 Es handelt sich um den auf dem Augsburger Schiedstag im November 1507 von den Kommissaren – Kf. Friedrich war nicht persönlich anwesend – vorgelegten Vermittlungsvorschlag (Druck: Krenner, Landtags-Handlungen XVI, S. 225–228) und die von den Anwälten Hg. Albrechts von Bayern dagegen erhobenen Einwände (ebd., S. 228f.).
2
 Das Schreiben liegt nicht vor.
3
 Liegt nicht vor.
4
 Welden fungierte gemäß der Konstanzer Deklaration von 1507 (Heil, RTA-MR IX/1, Nr. 410, S. 694, § 2) als von Pfgf. Friedrich nominierter Beirat der ksl. Taxationskommission, die ohne ihn nicht beschlussfähig war.
5
 Kf. Friedrich beschloss den Nürnberger Tag (Verhandlungsunterlagen; HStA München, Neuburger Kopialbücher 55, fol. 203–204’, 234–236, 239–254; Krenner, Landtagshandlungen XVII, S. 223–225 – irrtümlich datiert auf 1509. Entsprechend fehlerhafte Darstellung bei Wenko, Kaiser, S. 230f.; Fischer, Kaiser, S. 139f., 169f.) zwar mit einem Abschied (undat. Kop.; HStA München, Neuburger Kopialbücher 55, fol. 252–254), der jedoch zumindest von pfälzischer Seite abgelehnt wurde. Die Anwälte Pfgf. Friedrichs berichteten am 16.6., ihn fünf Tage zuvor erhalten zu haben, und rieten von dessen Annahme ab (Kop., fritag nach pfingsten; HStA München, Neuburger Kopialbücher 55, fol. 259–260’). Der Pfgf. folgte ihrer Empfehlung. Kf. Friedrich zeigte sich in einem Schreiben vom 12.7.1508 an Hg. Wolfgang von Bayern und die übrigen Vormünder Hg. Wilhelms bezüglich der Erfolgsaussichten weiterer Verhandlungen skeptisch (Or. Weimar, mitwoch nach sant Kiliani, ebd., fol. 155–155’). Er war nach dem Nürnberger Tag nach Sachsen zurückgekehrt und scheint in der Folge auch nichts mehr in dieser Angelegenheit unternommen zu haben.
6
 Wahrscheinlich ging es um die Bestätigung des am 5.4.1508 aufgesetzten Testaments der Hgin. (Or.; HStA München, Kurbay. Urk. 6745. Kop.; HHStA Wien, Maximiliana 19/2, fol. 17–20’. Vgl. Graf, Kunigunde, S. 152–155).