Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Vorzeitige Abreise Ks. Maximilians vom Wormser Reichstag; [2.] Aufforderung zum unverzüglichen Erscheinen Kf. Friedrichs in Worms zu den Beratungen über die Reichshilfe; [3.] Bitte um Übernahme der Reichsfeldhauptmannschaft bzw. Fortsetzung der Reichsstatthalterschaft durch Kf. Friedrich; [4.] Bitte um die Bereitstellung eines Reiterkontingents für den Schutz der österreichischen Erblande.

Weimar, HStA, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 49–50’ (Or. m. Siegelspuren, Vermm. prps./amdip., Gegenz. Serntein) = Textvorlage A. Innsbruck, TLA, Maximiliana I/44/6, fol. 40–40’, 42–42’, 41–41’ (Konz.) = B.

[1.] Die Gesandten1sollen dem Kf. nach der Entbietung von Grüßen Folgendes anzeigen: Der Kf. ist gut informiert über die Gründe für die Einberufung des Reichstages und den in Cambrai (Camerick)geschlossenen Vertrag mit dem Kg. von Frankreich. Der Propst zu St. Sebald [Erasmus Topler] hatte ihn darüber in Kenntnis gesetzt. Er, der Ks., ist daraufhin von den Niederlanden aus nach Worms gezogen und hat den dort versammelten Reichsständen sein Anliegen eröffnet, wie er dies der beiliegenden Abschrift [Nr. 264] entnehmen kann. Diese haben darauf jedoch nicht geantwortet, sondern erklärt, erst die Ankunft Kf. Friedrichs und anderer Ff. abwarten zu wollen [Nr. 260, Pkt. 4]. Er konnte indessen nicht länger in Worms bleiben, asondern ist in die Gft. Tirol abgereist, da er zum einen seinen Verbündeten, dem Papst sowie den Kgg. von Frankreich und Aragon, versprochen hat, sich persönlich an die Grenze Venedigs zu begeben–a. Zum anderen erhielt er glaubwürdige Nachrichten über starke Rüstungen der Venezianer und ihre Absicht, noch vor Eröffnung seines Angriffs die Erblande zu überfallen.2Deren militärische Vorbereitungen sind hingegen noch nicht abgeschlossen. bEr wird dann in Erfüllung seiner Bündnispflichten weiter nach Italien ziehen und so zugleich den venezianischen Präventivangriff unterbinden–b. Er, der Kf., sollte dies erfahren, damit er über die Gründe für seine eilige Abreise aus Worms informiert ist.

[2.] Die Verhandlungen in Worms werden vor seiner Ankunft nicht beginnen. Ihm, dem Ks., dem Reich und der deutschen Nation ist jedoch viel daran gelegen. Er bittet ihn deshalb, unverzüglich nach Worms aufzubrechen und dort dazu beizutragen, dass ihm gemäß seinem Antrag eine beträchtliche Eilende Hilfe bewilligt und nachgeschickt wird.

[3.] Er, der Ks., hätte sich gerne mit ihm als unserm nechsten gesippten frundpersönlich über die ihm obliegenden Angelegenheiten beraten und über seinen Wunsch gesprochen, ihn während des bevorstehenden Feldzuges bei sich zu haben und ihn zum obersten Feldhauptmann von Ks. und Reich zu ernennen. Bittet ihn, dieses Amt zu übernehmenc, nachdem solich unser furnemen loblich und dunser und seiner lieb gluck und wolfart daraus erwachsen mocht–d. Falls er dieses Amt wider Erwarten nicht annehmen sollte, soll er weiterhin ksl. und Reichsstatthalter bleiben. Er hat seinen Namen in dem Vortrag an die Reichsstände [Nr. 264bzw. 266, Pkt. 5, mit App. n-n] nicht erwähnt. So haben wir doch inen die ere geben, uns hierinne zu raten. Dann wir wissen, das sy auf kein ander raten noch fallen werden dann allein auf sein lieb.

[4.] Die Erblande sind für den bevorstehenden Feldzug noch nicht ausreichend mit Reitern gerüstet. Bittet ihn deshalb erneut, ihm egegen einen vom Innsbrucker Regiment ausgestellten Bestallungsbrief–e für den Grenzschutz 50fReisige zur Verfügung zu stelleng.

Die Gesandten sollen mit allem Nachdruck verhandeln und ihm über die Antwort Kf. Friedrichs berichten.

Anmerkungen

1
 Ksl. Kredenzbrief für Nassau und Topler, Ulm, 4.5.1509 (Or. m. Siegelspuren, Vermm. prps./cdip., Gegenz. Serntein; HStA Weimar, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 47–47’).
a
–asondern … begeben] In B korrigiert aus: insbesondere, da er von den Niederlanden aus dem frz. Kg. schriftlich zugesagt hat, dass er eilends in die Gft. Tirol ziehen und sich unterwegs nicht aufhalten werde.
2
 Mit dem Argument eines drohenden venezianischen Präventivschlags operierte Ks. Maximilian auch wiederholt gegenüber den eigenen Landständen: Unter Hinweis darauf sollten ksl. Räte auf dem Ende März 1509 in Wien versammelten niederösterr. Landtag eine Hilfe fordern (Instruktion Ks. Maximilians zum Wiener Landtag vom 19.3.1509; Druck: Zeibig, Ausschuss-Landtag, S. 121–123). Wiederum mit diesem Argument sollten ksl. Räte unter Berufung auf die dann erfolgte Hilfsbewilligung von einem Pferd und zwei Fußknechten je 200 Pfd. Gülterträgen [Beschluss des Wiener Landtags vom 25.3.1509; ebd., S. 131–133; Wiesflecker, Maximilian IV, S. 295] und daraufhin bereits ausgegangene ksl. Aufmahnungsmandate die niederösterr. Landstände zur unverzüglichen Ausrüstung der Truppen und deren Bereitstellung in den Sammelorten Villach und Laibach anhalten (Weisung an ksl. Räte, Konz. mit ex.-Verm., Stuttgart, 30.4.1509; TLA Innsbruck, Maximiliana I/44/6, fol. 33–33’). Auch auf dem für den 1.6. (freytag nach den pfingstfeyrtagen)nach Sterzing einberufenen Tiroler Landtag sollte über den Krieg mit Venedig beraten werden. Maximilian plante, persönlich daran teilzunehmen. Er wies seinen Landeshauptmann an der Etsch und Bgf. zu Tirol, Leonhard von Völs, an, sich nach Sterzing zu verfügen. Dort sollten auch die ursprünglich für den Wormser RT projektierten Verhandlungen über dessen aus dem Venezianerkrieg von 1508 resultierende Forderungen und weitere Angelegenheiten Völs’ stattfinden (Or. Kempten, 24.5.1509; TLA Innsbruck, Maximiliana I/44/6, fol. 48–48’).
b
–bEr … unterbinden] In B korrigiert aus: Er ist deshalb eilends aufgebrochen und befindet sich auf dem Weg in die Gft. Tirol, um zu verhindern, dass seinen Landen und Leuten vom Feind [korrigiert aus: Erbfeind] nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt wird.
c
 übernehmen] In B danach gestrichen: und verhelfen, damit uns die hilf furderlich zukume, als wir uns des zu im genzlichn verlassen.
d
–d unser … mocht] In B korrigiert aus: a) uns bayden erlichen und nutzlichen ist; b) unser baider ere und wolfart sey.
e
–egegen … Bestallungsbrief] In B Einfügung am Rand.
f
 50] In B korrigiert aus: 100.
g
 stellen] In B danach gestrichen: So wollen wir im dieselben IC pferd an der hilf, sofer uns die durch die stende des Reichs verwilligt wirdet, abgen lassen. Wo aber solh hilf nit verwilligt wurde oder das sich die nit so weyt erstrecken wurde, so wellen wir sein lieb des in ander weg vergnugen und uns deßhalben gnediclich und fruntlich mit im vertragen.