Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Nochmaliges Ersuchen des Ks., ihm die Entscheidung über die vier Artikel in Landgf.in Annas jüngster Supplikation anheimzustellen; [2.] Antwort hierauf in Form verschiedener Vorwürfe gegen das hessische Regiment; [3.] Unmöglichkeit einer Unterwerfung unter das Regiment, Bitte um dessen Verhör auf dem Kölner Reichstag.

Köln, 12. August 1512

Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 21a) 1512 Aug., fol. 50-51, Orig. Pap. o. (?) S.

[1.] Allerdurchleuchtigster, großmechtigster röm. Ks., allergnst H., nechten spet haben eur ksl. Mt. rete, nemblichen eur Mt. cammerrichter Sygemund Gf. zum Hagen etc. und Ernst von Welden, ritter, in beysein beider meiner brüder [Hgg. Heinrich d. Ä. von Braunschweig-Wolfenbüttel und Erich von Braunschweig-Calenberg] mit meinen reten geredt, eur Mt. beger sey nochmals, die vier artikel, in meiner jüngst gegeben supplication bemeldt,1 zu eur Mt. zu stellen etc. Das dieselbigen meine rete dysen morgen an mich bracht.

[2.] Daruf ich als eine arme, bekommerte F.in, die durch hofmeister und regenten so angefochten ist und wirt, das ich warlich nit weyß, wie ich mich darinne halten soll, bedenken doch, wie sich die regenten bis hieher gegen meinem H. und gemal [Landgf. Wilhelm d. Ä.] gehalten, unangesehen ir institution, in deren sie meinem H. und gemahl als wol als Landgf. Philipsen und dem ganzen Ft. zu gute gewelt sein, welhe wal, titel und namen sie auch dermassen angenomen, demnach den stenden uf dem spyß pflicht und zusage getan, baiden Ff. und Ft. zu gut zu handeln vor eyns.

Zum andern so haben sie ires regiments und handlung dem gleich angefangen und doch balde unverursacht meins H. und gemahls seiner liebe widerwertig worden.

Zum dritten so haben sye meinen H. und gemahl uf daz hochst verkleint, gesmehet, verechtlich gehalten. Das inen gegen seiner liebden als irem eltesten landsfürsten nit gezümen.

Zum vierden haben sie sein liebd mit geweltiger hereschraft uberzogen, sein liebd, mich und unsere kinder uber und wider eur Mt. landfriden zu irem willen untersteen zu noten.

Zum fünften haben sie seiner liebden rete, nemblichen einen frommen ritter und einen edelman, die seine liebd mit credenz und werbung in ein zum halben teyle zustendige stat Martpurg geschickt, ungesagt und unbewart der eren uf der gassen dar nidergeslagen, gefangen, anders, dan rittermessigen leuten zusteet, gehalten uber eur Mt. vilgetan hayssen und gebieten, die noch in irer gefengnus.

Zum sechsten so haben eur ksl. Mt. als röm. Ks. und rechter oberherre tag und verhor furgenomen meinem H. und gemal, auch inen ernstlich geschriben, gegeneinander stille zu steen, in ungutem nichts furzenemen. Das haben sie veracht, meins H. und gemahls stette, nemblichen Homberg und Treiße, mit einem mechtygen her uberzogen, eingenommen, vil darinne geblündert, geschatzt, die stadtpforten ausgehaben, etwan vil bürger daraus verjagt, von weibern und kyndern ires gefallens genot und gedrungen, zu geloben und sweren, anders dan sich von recht und billichkeit wegen gebürt.

Zum siebenden, was smach sie meinem H. und gemal darmite beweyst haben und noch teglich beweysen, indem das sie seiner liebden cammerknecht gedrungen, sich zu verpflichten, seiner liebden nicht meher zu dienen, seiner liebden reten ire knechte gefangen, priestern verboten, uf der canzeln vor sein lieb nit zu bitten, seine liebd gedrungen, in seinem selbs Ft. zoll zu geben, mich dahyn bracht, das ich mein herzeliebe tochter [Elisabeth] zu Trier vor zerung und schulden müssen pfands steen lassen, lachen und spotten meiner schweren obligenden anfechtung, geben im Ft. Hessen aus, eur ksl. Mt. ufgeslagen declaration und mandat [Nr. 1227] sey eytel erdacht ding, sie wyssen balde ander mandat zuwegen zu bringen.

[3.] Item dasselbig alles nachzulassen, mein H. gemal und ich, auch unser kynder in irer als unser feynt regierung zu begeben one ein vorgehinde verpflicht, ist, wie eur Mt. zu ermessen, hoch beswerlich und nit wol natürlich, meinem H. und gemal, mir und unsern kyndern unleidlich und nit allein, das mein H. und gemal hofmeister und regenten verpflicht nit haben, sunder mehr, das seyne liebd des ganzen Ft. gebürlicher verpflicht, die doch als untertanen, wo hofmeister und regenten das nit hindern werden, gerne teten emperen sollen. Darumben und aus bemelten ursachen, allergnst. H., obgleich dye andern artikel nit besser gehalten, dan eur Mt. furgeslagen mittel das anzeygen, uf dye ich auch dieselbigen gerne stellen will, so bitten ich doch, mich weyter stellung des punkten der erbhuldigung halben gnediglichen zu erlassen. Vermeinten oder wolten aber hofmeister und regenten, einig ursach furzebryngen, darumb sie, auch dye landschaft und lehenleut meinem H. und gemal nit pflicht ader huldigung tun solten, so mag ich leyden und bit, das sie dieselbigen ursachen vor eur Mt., Kff., Ff. und des hl. Reychs versamelung, auch meinen brüder itzt hie zu Collen furbryngen. Daruf will ich antwurt und bericht geben, und was eur Mt. mit den obgemelten zu recht erkent, das meinem H. und gemal vor verpflicht gedeyhen oder sein liebden in mangel steen solt, des will ich mich ungeweygert genügen lassen, unterteniglichen mit hochstem vleys umb Got und aller gerechtigkeit willen bitten[d], mich dabey mit ksl. gnaden bleyben zu lassen, auch bey geschener declaration schützen, schirmen und hanthaben etc. Warten daruf gn. beweysung und antwurt. Geben zu Collen donnerstags nach Laurencii Ao. etc. duodecimo.

Anmerkungen

1
 Welche Supplikation hier gemeint ist, ist nicht eindeutig zu entscheiden.