Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Straßburg AD, 15 J 14, unfol. (Ausf., eighd.); DV v. a. Hd.: Ist praesentirt durch den hagnawischen botten Mittwochs nach Exaudj anno etc. 41 [1541 Juni 1].

Euerer fstl. Gn. fuge ich zu wissen, das wir uf Montag nach Cantate [1541 Mai 16] alhie zu Regenspurg ankommen sindt und befunden1, das uf den heutigen tag noch nichtz gehandelt worden, sonder allain von röm. ksl. Mt. mit bewilligung der stend das negotium religionis etlichen personen, miteinander deshalben zu colloquiren, bevollen, als namlich H. Iulio Pflug, Dr. Johan Ecken, Dr. Johan Gropper pro parte catholicorum, aber von wegen der protestirenden Philippo Melanchtoni, Martino Bucero und Ioanni Pistorio etc. Und wiewol berurte personen ein wochen oder try zusamengangen und, wie man sagt, grossen ernst furgewandt, jedoch haben sye sich viler puncten und artickel halben und sonderlich, doran etwas gelegen, nit verglichen könden, also das ksl. Mt. verursacht worden, den bevelch zu geben, zu den anderen zu schreytten und die unverglichene anstön und beruhen zu lassen. Und sind zu superattendenten verordnet Pfgf. Friderich und der von Granuel, welche zu inen gezogen haben Eberhard Rieden, den mentzischen marschalck, Dieterich Gf. zu Manderschied, Heinrich Hasen, pfaltzgreveschen cantzler, den sachsischen und hessischen cantzler und Iacob Sturm von Strasburg etc.

Und ligen also gemaine stend mit grossen beschwerden und costen on eyniche handlung hie, zudem das kein hoffnung, das etwas fruchtbars alhie könde oder möge usgericht werden, in ansehung, das ksl. Mt. gar nit mit leuten versehen, die des reychs sachen und gelegenheyt, herkommen und prauch wissen2. Zudem, so ist Dr. Eck mit dem feber angriffen worden, also das er nit bey den andern sein kan. So sol H. Iulius Pflug der theology nit hoch erfaren seyn, der Gropper aber meer ein canonist dan ein theologus. Und wurd also der handel steetz in abwesen des Ecken suspendirt. So ist auch den steenden der alten religion nit wenig zuwidder gewesen, uf ksl. Mt. begeren in solliche personen zu bewilligen, dieweyl die der lutterey halben vast arckwönig, auch etwas zu ringfuegig, welchen solliche hochwichtige sachen im hl. reych uf einem reychstag bevollen solten werden etc. So wyll auch ksl. Mt. gar kein handlung furnemen noch keins potentaten botschaft vorn steenden hören lassen, disse religionsach syhe dan in eyn oder den anderen weg an ein ort pracht3. Was fur steend und potschaften alhie syen, wyll euerer Gn. ich mit nechster potschaft verzeichnet zuschicken etc.

Euerer fstl. Gn. handlungen halben hab ich zu dem Nauia [= Naves] nit ee kommen mögen dan uf heut dato umb die ein ur, welcher mir des dienstgelts und anderer sachen halb vor ksl. Mt. beradten und behulflich seyn wyll und ihm auch für morgen um 9 Uhr Audienz verschafft hat. Wird weiter berichten.

Uns betreffen, sind wyr nit zum beesten versehen.Müssen dem Wirt für eine Mahlzeit drei Batzen und für die Zimmermiete 4 fl. pro Woche zahlen. Der Würzburger Theologe hat bislang 29 fl. verbraucht. Er ist wegen Krankheit nicht reisefähig. Doch sobald sich seyn sachen zur besserung schicken, wyll ich in euerer Gn. bevelch nach widerumb heymschicken.

Wie es sunst alhie stund, kann euerer Gn. ich nichtz schicken, dan das des feber heftig regirt und vil leut zugrund gön und das alhie von fursten und herren steetz on underlass ein gross pancketyren ist. So haben ein thayl fursten ire frauenzimmer bey inen, als namlich der Kf. von Brandenburg, Pfgf. Friderich und Hg. Wilhelm us Beyren. So furt der landtgraff seer ein grossen pracht und ist in allen seinen handlungen trutzig, helt steetz sampt anderen protestirenden steenden seynen nebenradt, last in seyner herbrich offenthlich predigen wie dan der Kf. von Brandenburg sampt anderen protestirenden fursten auch. Summa, do ist kein obedientz nach ufsehen uf ksl. Mt. und gar kein hoffnung, das etwas nutzlich mög usgericht werden. Und schickt sich das imperium Romanum gar und gantz ad perpetuam ruinam. Got der almechtig ordnets nach seinem göttlichen willen.

Hg. Heinrich von Braunschweig, Hg. Ludwig von Bayern und die Bff. von Augsburg und Speyer haben sich für die von ihm ausgerichteten Grüße Bf. Wilhelms bedankt und bedauern seine Krankheit und seine Abwesenheit. Versicherung Pfgf. Friedrichs, dass die Entschuldigung Bf. Wilhelms akzeptiert wird. Hg. Wilhelm von Bayern hat er noch nicht sprechen können, weil dieser beabsichtigt, andernorts ksl. Mt. ein lust anzurichten, und versicht man sich, ir Mt. werden töglichs uf Ingelstat zureytten.

Zwischen Hg. Heinrichen von Braunschwig und dem landtgraffen hat ksl. Mt. bisanheer vil gehandelt, doch nichtz usrichten mögen, dan allein ein stilstandt bis zu usgang des reychstag. So hat der Kf. von Sachsen von neuwen gar ein schmelich buch widder Hg. Heinrichen usgön lassen4, welches man den steenden alhie hin und widder verschenckt etc.

Ächtung Landenbergs. Kg. Ferdinand soll Ofen belagern, und verhofft man sich der stat eroberung.

Das alles hab euerer fstl. Gn. ich undertheniger mainung anzeigen wöllen, uf das euere Gn. wueste, wie es alhie stande und was bisanheer uf dem reychstag furgenommen und gehandelt worden. [...]. Datum Regensburg, Frytag nach Cantate5.

[PS:] Euerer fstl. Gn. bruders halb hab ich von Hg. Heinrichen nach kein antwort. Sobald ich eine enphahe, wyll ich die euerer fstl. Gn. zuschriben etc.

Was man sich des reychstags halben versicht, ob der in die leng weren oder nit werde, bin ich uf heut dato bericht, das man sich keins langen reychstag versehe, dan, wo die relligionsach nit werde verglichen nach hingelegt, so gedenck ksl. Mt. nit lang in Teuschland zu verharren. Auch so sol in Italia hispanica classis ankommen sin, ksl. Mt. zukunft zu erwarten. Derhalben, wo also ein urplötzlicher ufpruch beschehen solt, und aber gar ein kleine expedition am hoff us mangel der leut, dan ir Mt. von Teuschen niemandt dan den von Nauea bey ir Mt. haben, so ist mein bit, euere fstl. Gn. wölle mich verstendigen, wees ich mich deren Gn. sachen halben, so zu expediren, halten soll. Ich fuge euerer Gn. auch zu wissen, das Dr. Mathis Helt nimmer am hoff ist, sonder des diensts und, wie ich hör, mit etwas ungnade gar erlassen, wiewol er widerumb durch meinen gnedigen herrn von Mentz und Hg. Wilhelmen us Bayren sol haben lassen ansuchen, doch nichtz erlangen mögen. Datum sampstags nach Cantate etc. anno ut supra.

Anmerkungen

1
 Welsinger wurde Ende April von Bf. Wilhelm abgefertigt. Vgl. Vollmacht Bf. Wilhelms von Straßburg für Dr. Christoph Welsinger, Schloss Isenburg, 1541 April 27, Straßburg AD, 15 J 14, unfol. (Konz.): Der Kaiser hat ihn zum Reichstag nach Regensburg geladen. Kann wegen schwerer Krankheit den Reichstag nicht persönlich besuchen. Beteuert dies bei seiner Eidspflicht. Bevollmächtigt deshalb seinen Rat Dr. Christoph Welsinger, ohne Hintersichbringen auf dem Reichstag alles beraten und handeln zu helfen, das des rychs notturft erfordern und der cristlichen religion halb sich gepuren wirdt. Wird, was sein Gesandter verrichtet, billigen, sich daran halten und dem nachkommen. Datum in unserm schloss Ysenburg am Mittwoch nach dem Sontag Quasimodogeniti in dem 1541. jar. Die Datierung Sontag Quasimodogeniti ist korr. aus: dem heyligen Ostertag [1541 April 20].
2
 Dazu marg. Notiz v. 3. Hd.: Ksl. Mt. sey mit leuthen nit versehen, die des reichs beschafenheit wisten.
3
 Vgl. auch Heinrich Has an Bf. Wilhelm von Straßburg, Regensburg, 1541 Mai 22, Straßburg AD, 15 J 14, unfol. (Ausf.): Teilt die Namen der zum Kolloquium verordneten Präsidenten, Auditoren und Theologen mit. Also das wir die sachen fur hand genomen und nunmehe schier an dem end send. Got well, das wir vil vergleichen, dann wie sunst die sachen darinnen standen, will mir nit geburen zu schreyben oder zu sagen. Und wurt in allen reichssachen biß zu erorterung der religion stilgestanden. Bedauert des Bischofs Krankheit. Genesungswunsch. Datum Regenspurg, Suntags Vocem anno etc. 41.
4
 Vgl. Des durchlauchtigsten Hochgebornen Fuersten und herrn Herrn Johans Fridrichen Hertzogen zu Sachssen [...] Warhafftige bestendige ergruendete Christenliche vnd auffrichtige Verantwortung Wider des verstockten Gottlosen vormaledeieten verfluchten ehrenschenders boesthetigen Barrabas auch hurnsuechtigen Holofernes von Braunschweig. So sich Hertzog Heinrich den juengern nennet unuorschempt Calphurnisch schand vnd luegenbuch [...]. Wittenberg 1541.Vgl. Kuhaupt, Veröffentlichte Kirchenpolitik, S. 285–288 und S. 342.
5
 Vgl. Bf. Wilhelm von Straßburg an Dr. Christoph Welsinger, Zabern, 1541 Juni 15, Straßburg AD, 15 J 14, unfol. (Konz.): Empfang seines Schreibens aus Regensburg vom 20./21. Mai unter anderem über das Religionskolloquium und die geringe Aussicht, das etwas do ußzurichten sey. Daruß wir nit bessers nehmen, dann das villeycht der almechtig Got uns alle straffen wolle, dywyl sich die sachen so gar widerig und ungeschikt genug zutragen, Gott bittend, der wolle es alles nach sym gotlichen willen zum besten schiken. Dann wir nit fur ein geringen mangel achten, das die röm. ksl. Mt., unser allergnedigster her, so gar mit leuten unversehen, das unsers bedunckens villeycht auch ein ursach ist, das ir Mt. nit handlen, auch der potentaten botschaften noch nit audientz geben wollen, darzu sie die religionsach auch zu hilf nymbt, damit sie dester besser entschuldigung habe. Hat gern vernommen, dass er mit der Hilfe von Naves Audienz erhalten hat, und hofft, dass er vom Kaiser gebührlichen Bescheid empfangen hat. Wenn nicht, so soll er mit Fleiß darum anhalten. Würde gern sehen, dass sie für ihre hohen Kosten in ihrer Herberge auch gut untergebracht wären. Wenn es aber nicht anders sein kann, müssen sie sich behelfen. Bedauert die Krankheit des Theologen. Wie es sonst kranckheyten, auch des pancketierens der fursten und hern halb zu Regensburg zugang, muß man Got walten lassen. Dywyl es aber also zugat, so were nit wunder, das die krankheyten noch meher zunemen. Ist uns aber nit wenig leyd, das ein solch ungehorsam gemerckt und nit furchtpars gehandelt soll werden. Doch kan es Got wol wenden. Soll Hg. Heinrich von Braunschweig, Hg. Ludwig von Bayern, den Bff. von Augsburg und Speyer und Pfgf. Friedrich für ihr Mitleid mit seiner Krankheit danken. Gefährlichkeit seiner Krankheit. [...]. Falls der Reichstag nicht mehr lange dauert und der Kaiser umgehend abreist, soll er in seinen Sachen sollizitieren, soviel möglich, das wir nit gar lere ußgangen und sonderlich der eptissen halb in St. Steffan ein ernstlicher, schriftlicher bevelch und bescheid, dardurch ir doch geholfen werde. Und ob ir Mt. ye also urplutzlich verrucken werde, das ir doch, sovil muglich, etlich tag nachvolgent, sover ir getrauent, etwas zu schaffen, wie ir bald mercken werdent, wo aber des nit, so were auch vergeblich weyter nachzureysen. Ist auch zuversichtlich, dass der Kaiser, wenn er über seine schwere Krankheit unterrichtet wird, ihn umso eher abfertigt. Datum Zabern am abent Corporis Christi anno etc. 41. [Zettel:] Soll bei Hg. Heinrich von Braunschweig um Antwort wegen seines Bruders anhalten. Soll auch weisungsgemäß mit dem Kf. von Mainz verhandeln, was offenbar noch nicht geschehen ist.