Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Frankfurt ISG, Reichssachen II 965, fol. 223r–227v (Kop. mit marg. Nota und Korr. v.d.Hd. Lambs); AS unfol.: Kgl. Mt. und der ksl. commissarien erinnerung an die aynigungsverwandtn stende. DV fol 227v: Fridstandt zu Normberg ufgericht. AV fol. 223r: 18. Aprilis.

B Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 108r–112v (Konz. mit Korr. und Erg. v.d.Hd. Zitzewitz’); AV fol. 108r: Ahm 18. Aprilis von der kgl. Mt. den protestierenden zugestellet.

C Weimar HStA, EGA, Reg. E 148, fol. 391r–398v (Kop.); AS fol. 391r: Des fridens und rechtens halben gethan bedencken und vorschlag der kgl. Mt. und [der] ksl. commissarien.

D Berlin StaBi, Handschriften Abt. Ms. germ. Fol. 212, fol. 94r–99r (Kop.); AS fol. 94r: Kgl. Mt. furschlag, wie frid und rechtens halben der abschied gestelt solt werden, den protestirenden stenden ubergeben 18. Aprillis.

E München HStA, KBÄA 3159, fol. 450r–451v (Kop.); ÜS: Kgl. Mt. articl, in den abschid zu setzen.

F Nürnberg StA, Fürstentum Ansbach, RTA 23, fol. 562r–566v (Kop.); AS fol. 562r wie in D.

G Stuttgart HStA, A 262 Bd. 23, fol. 453r–458v (Kop.); AS fol. 453r: Der babistischen stend furschlege und ubergebnen nottel fridens und rechtens, auch anderer nottwendiger artikel halben, durch sie beratslagt und von der kgl. Mt. und ksl. commissarien disen stenden, der augspurgischen confession verwandt, zugestellt. Nurmberg 1543, den 18. Apprilis.

Die Artikel zu Friede und Recht wurden nach einem ersten grundlegenden Gutachten Kg. Ferdinands (Nr. 175) einerseits vom König und seinen Räten (Nr. 178), andererseits von den altgläubigen Reichsständen (Nr. 177) ausgearbeitet und in jene definitive Form gebracht, die Aufnahme in den Reichsabschied fand. Die evangelischen Reichsstände nahmen an diesen Beratungen nicht teil, sondern erhielten lediglich die ausgehandelten Artikel in der unten abgedruckten Form. Die Formulierungen wurden meist wörtlich in die entsprechenden Paragraphen des Reichsabschieds übernommen, worauf in eckigen Klammern hingewiesen wird. Die Protestanten berieten in ihrem Ausschuss über die vom König übergebene Vorlage der strittigen Artikel zu Friede und Recht. Ihre Bedenken zu den vorgeschlagenen Formulierungen finden sich zum Teil in den marg. Kommentaren und Ergänzungen, die den textkritischen Anmerkungen zu A und B zu entnehmen sind. Von den Altgläubigen wurden diese Einwände jedoch nicht berücksichtigt.

[Art. 1: vgl. RAb Nr. 404, § 32] Damit auch im Hl. Reich teutscher nation fried und einigkhait gepflantzt und erhalten werden muge, so bewilligen, zusagen und versprechen gemeine stend und der abwesenden botschaften der röm. kgl. Mt. und ksl. commissarien anstat und in namen der ksl. Mt. und zwischen inen selbs gegeneinander bei iren fstl. ehren und wurden, auch gueten, wharen, threuen an geschwornen aidtstat, daß khainer den andern hoheß oder nider stands weder der religion noch anderer sachen oder ursachen halb, wie die namen haben mochten, befheden, bekriegen, berauben, fehen, uberziehen, belegerna, dartzu auch weder durch sich selbs oder jemandt andern dienen, noch einig schloß, stett, marck, bevestigung, dörfer, hoff oder weiler absteigen oder frevenlich innemen, dergleichen kheiner den andern, was religion der sei, seine zinß, renth oder einkhomen vorhalten noch eintziehen, besonder ain jeder sich allenthalb dem gemeinen landtfrieden gemeß halten sollen und wollen, bei peen und kraft in dem ksl. publicirten und außgekhundten landtfrieden gesetzt, inmassen dan von dem friede und friedtstandt in den vorigen deß Hl. Reichß abschieden und sonderlich in dem jungsten speirischen reichsabschiedt [RTA JR Bd. XII, Nr. 285, § 130, S. 1201f.] weither begriffen und verordnet istb.

[Art. 2: vgl. RAb Nr. 404, § 33] Wan nun aber zu merer befurderung und erhaltung fried und rechtens uf vorigen reichstegen fur nutz und gut angesehen worden, das das ksl. chamergericht visitirt und reformirt werden solle, so sehen die kfl. räth, fursten und stend und der abwesenden potschaften fur billich an, das die visitation und reformation des ksl. chamergerichts vermög vorergangner reichsabschiedt cund handlungen–cone fernern vertzug und schub gewißlich furgenomen und volnfurt werded. Und haben sich demnach verglichen, daß dieselbig visitation und reformation uf den 3. tag Julij schirstkhommendt[zu] fruer tagzeit zu Speier gewißlich angefangen und nach erlangtem anfang biß an ir geburlich endt continuirt und befurdert werde, darzu die röm. ksl. Mt. etc. ire ansehenliche commissarien verordnen wille. Und sind von gemeiner reichsstend wegen zu visitatorn furgenomen, bede Kff. Meintz und Sachssen, Bf. zu Wirtzburg, Mgf. Jorg zu Brandenburg, abt zu Kempten, Gf. Martin zu Ötingen und die stat Augspurg. Und daneben ist vor nothwendig erwegen und beschlossen, daß die jherliche visitation deß chamergerichts, wie sollichs in deß Reichs abschiedt zu Regennspurg im 32. jar der mindern zall gesetzt und versehen ist [RTA JR Bd. X, Nr. 303, S. 1068f.], hinfuro gehalten und das chamergericht jerlich allweg uf den ersten tag Maij an dem ort, da eß sein wurdt, visitirt und, soviel not, reformirt werden solle.

[Art. 3. entspricht RAb Nr. 404, § 34, Absatz 1]

[Art. 4: entspricht RAb Nr. 404, § 34, Absatz 2]f Und damit sich mitler zeit biß zu khunftiger deß ksl. chamergerichts visitation, auch desselbigen gerichts processen und erkhantnussen niemandt zu beschweren einich ursach haben mög, so haben gemeine reichsstend und der abwesenden potschaften, der röm. ksl. und kgl. Mtt. zu underthenigen ehren und gefallen und auß treflichen, beweglichen ursachen zu befurderung und erhaltung fridens, ruhe und einigkheit bewilliget, daß von zeit an dißes reichstags abschiedt biß zu obbestimpter visitation und greformation alle religion- und prophansachen–g, so sich [= sie] gegen den stenden der augspurgischen confession verwant und dieselben stende hinwider gegen inen am ksl. chamergericht haben oder noch uberkhomen mögen, biß zu endtlichem beschluß angeregter visitation auch eingesteldt und suspendirt pleibenh, allain die proceß außgenomen, so von wegen der nit geleisten thurckenhilf oder derselben halb schuldigen anlage bißhero angefangen oder noch khunftiglich der verfallen oder khonftigen anlage halben furgenomen werden, und dan auch mit der bescheidenhait, daß solche visitation uff obbestimmte zeit gewißlich furgehe und zum lengsten in 3 monaten den negsten nachvolgenden geendet und beschlossen werde.

[Art. 5: entspricht RAb Nr. 404, § 35, Absatz 1; Absatz 2 fehlt].

[Art. 6: entspricht RAb Nr. 404, § 36]i.

[Art. 7: entspricht RAb Nr. 404, § 37]j.

[Art. 8: entspricht RAb Nr. 404, § 38].

[Art. 9: entspricht RAb Nr. 404, § 39]k.

[Art. 10: Nächster Reichstag] Und damit nit allein in obbestimpten, sonder vielen andern deß Hl. Reichs theutscher nation und gemeiner christenheit hoch beschwerlichen obligen notturftige handlung furgenomen werden mög, so wollen die kgl. Mt. auf gemeiner stend gehorsam ansinnen bei röm. kgl. Mt. allen willigen fleiß furwenden und befurdern, daß ir ksl. Mt. nach erster irer gelegenhait einen andern gemeinen reichstag noch in diessem jhar genediglich ausschreiben und halten und denselben eigner person besuchen und dan Kff., Ff. und stende zu gleichmessiger personlicher besuchung anhalten und vermogen wolle.

Anmerkungen

a
In B marg.: proviant und hantierung sperren.
b
In B marg.: Demnach haben wir sampt den ksl. commissarien anstatt und von wegen der ksl. Mt. und vor uns bas uns mit Kff., Ff. und stenden und sie hinwiderumb mit uns vortragen und voreynigt, das ir ksl. Mt. und wir nit allein als röm. keyser und konig, sonder auch als christenliche chur- und fursten des Hl. Reichs fur uns und von wegen unser beider erblande fridt und recht im Reich gegen desselben mitgelyderen und anderen christlichen potentaten halten etc. Und sollen andere potentaten, und in sunderheit Denemarck, durch Sachsen und Hessen ersucht werden.
c
–cIn A unterstr.: die Konnotation des Begriffs „handlungen“ war zwischen den Religionsparteien umstritten.
d
In B marg.: inmassen und gestalt, wie die stende des Reichs in solche visitation bewilligt. Instruction: dermassen als in der declaration außgedruckt. Diese Ergänzung v.d.Hd. Lambs und die explizite Erwähnung der ksl. Deklaration von 1541 wurde von den Altgläubigen nicht akzeptiert.
e
In A marg. v.d.Hd. Lambs  Disse müste man wissen.
f
In A marg. v.d.Hd. Lambs: Suspensio causarum.
g
–gIn A unterstr.
h
In A äußert Lamb marg. folgende Befürchtung zu dieser Textpassage: Notum: Hie kondte die regenspurgisch suspension mit ingezogen und uff die zeyt der visitation auch restringirt werden, also daß nach der visitation auch in den suspendirten religionssachen procedirt werden sollte etc.
i
In A marg.: Cassatio processuum et sententiarum in tempore interpositae recusationis commemoraturum et lecturum.
j
Im RAb § 37 findet sich die ergänzende Bestimmung, dass bei Verhandlungen in der Causa Braunschweig Bf. Valentin von Hildesheim und Hg. Georg von Braunschweig, Dompropst von Köln, zugezogen und angehört werden sollen.
k
Im RAb § 39 findet sich die ergänzende Bestimmung, dass die auf dem RT eingenommene Session und die Subskription des RAb den Reichsständen nicht nachteilig sein solle und vorbehaltlich ihrer Rechte erfolgt sei.