Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer
A Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2276, fol. 572r–579r (Kop.).
B Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2752, fol. 219r–227v (Kop.); DV fol. 227v: Antwort meins gnedigen herrn gesandten uff kgl. Mt. und ksl. orators gegebnens furtragen 5. Aprilis.
Als die gemeyne stende des Reichs den vunften Aprilis durch den mentzisschen cantzler des ksl. orators und burgundisschen gesandten gegebne antwort uns haben anzeigen lassen [Nr. 217b], haben wir daruff alßbald nach genomenem bedacht und beschehener dancksagung uns mit eynem muntlichen furtrag, inmassen wie folgt, vernemen lassen:
Wir hetten uns in anseheung unsers gnedigen fursten und herrn rechtmessigen und hochzimlichen erbietens mitnichtem versehen gehapt, das die burgundisschen gesandten neben dem ksl. oratorn uff solichem unleidlichem mittel, daruff sie jungst gestanden, nochmals solten verharret haben, so doch euern fstl. Gnn., Gnn. und Gg. von uns vilfeltige, rechtmessige, wolgegrunte, dapfere und bewegliche ursachen am jungsten angetzeigt [Nr. 215], warumb solich vermeint mittel hochgedachtem unserm gnedigen fursten und herrn mitnichtem annemlich sei, und sonderlich dweil ir fstl. Gn. die wirckliche possession des furstenthumbs Geldern und graffschaft Zutphen als ein rechter, eyniger, angeborner erb in craft dreyer rechtmessiger, wolgegrunter tittel – als legitimae successionis, rei iudicatae et transactionis – bekhomen und daruff von den underthanen als ir rechter, angeborner landtfurst und herr angenomen, auch von inen gewönliche eyd und huldung empfangen und hinwiderumb sich gegen die underthanen verpflicht hat. Daruß euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. als die hochverstendigen gnediglich und woll abzunemen, das es unserm gnedigen fursten und herrn mitnichtem gezimmen wolt, vor eynicher furgehender geburlicher erkentenuß von berurten iren anererbten furstenthumb und graffschaft abzutretten und der ksl. Mt., unserm allergnedigsten herrn, einzuantworten. Das auch ir fstl. Gn. solichs in betrachtung der beschehener vereynigung und verpflichtung, zwischen irer fstl. Gn. und derselben underthanen reciproce geschehen, eherenthalben nit thun oder auch bei inen, den underthanen, nit erhalten kunte.
So were es auch jhe nit allein dem rechten und aller billigkeit, sonder auch menschlicher vernunft zuwidder, da hochgemelter unser gnediger furst und herr durch die burgundisschen widder gotlich, naturlich und gemein beschrieben recht, Gulden Bull, reformation und andere des Hl. Reichs satzungen, ksl. Mt. obligation, den uffgerichten und ußgekhundigten landtfridden, erthedingte fridtstende und daruff gefolgte declaration mit herescraft und gewalt unabgesagt, unversehenlich und unverschult uberzogen und dadurch in unwiderbringlichen schaden gefurt, das uber das ir fstl. Gn. fur furgehender restitution und geburlicher erstattung kosten und schaden berurte ire furstenthumb Geldern und graffschaft Zutphen unerhort und unerkantes rechten abtretten und der ksl. Mt., unserm allergnedigsten herrn, zustellen solte.
Und befrembt uns warlich nit wenig, das durch die burgundisschen gesandten uff berurtem unverglichem mittel nochmals gestanden wirdt, so doch dasselbig verschiener zeit zu mehrmalen von wegen der ksl. Mt., unsers allergnedigsten herrn, hochgedachtem unserm gnedigen fursten und herrn furgehalten, aber uß diesen und andern rechtmessigen ursachen als ein unscheidbar und unannemlich mittel durch ir fstl. Gn. stracks abgeschlagen worden. Darumb uns mitnichtem gezimmen will, uff itzt obbestimpt mittel in eyniche handlung uns einzulassen.
Und obwoll die burgundissche gesandten, nemlich zu ablenung unsers gnedigen fursten und herrn wolgegrundter defension [Nr. 204, Beilage 1], ein vermeint hochtrabende confutation [Nr. 210, Beilage 1] haben in truck ußgehen lassen, in meynung, dardurch euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. und sunst allermenniglich inzubilden, als solt unser gnediger furst und herr berurte furstenthumb Geldern und graffschaft Zutphen mit der that occupiren und der ksl. Mt. widder recht und billigkeit furenthalten, so thut sich doch uß fleissiger verlesung gemelter vermeinter confutation offentlich befinden, das dieselbige nit allein im rechten, sonder auch in der that aller ding ungegrunt und unerheblich ist.
Bereits die Vorfahren Hg. Wilhelms waren nicht nur Hgg. von Jülich und Berg, sondern besaßen auch das Fürstentum Geldern. Die vertragliche Übergabe Gelderns an die Hgg. von Burgund war nur temporär und Hg. Wilhelm gelangte auf rechtlichem Weg wieder in den Vollbesitz des Fürstentums Geldern, wie seiner Verteidigungsschrift (Nr. 204, Beilage 1) zu entnehmen ist. Und wo die sach entweder zu gutlicher handlung oder geburlicher rechtes erkentnuß gestelt, weither und ferrer und sunst dermassen soll dargethan werden, das euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. und sunst allermenniglich spuren und finden sollen, das unser gnediger furst und herr die lande Geldern und Zutphen in rechtmessigem besitz habe und darbei billichs gehandthapt werden solte.
Dweil nu, gnedige und gunstige herrn, die röm. ksl. Mt., unser allergnedigster herr, mit dem ußtrugklichem pact zu eynem röm. konig erwelet, das ir ksl. Mt. kheinen churfursten, fursten oder eynichen andern stand des Hl. Reichs vergwaltigen, solichs auch nit schaffen noch andern zu thun verhengen, sonder, wo ir ksl. Mt. gegen jemant forderung zu haben vermeint, das dieselbige mit ordentlichem, geburlichem rechten ußgefurt werden solten. Zudem dweil in des Hl. Röm. Reichs gemeynen uffgerichten und ußgekundigten landtfridden mit claren, hellen worten versehen, das nyemant den andern vergwaltigen, bescheden, bekriegen, berauben, fahen, uberziehen, belegeren oder in ander weg beschedigen soll, sonder wer zu dem andern zu sprechen vermeint, das der solichs an den enden und gerichten thun soll, da die sachen ordentlich hingehoren, mit dem anhangk, wo jemants dagegen etwas handlen oder furnemen wurde, das alßdan Kff., Ff. und andere stende des Hl. Reichs widder den- oder dieselbigen miteinander getreulich hilf, rath und beistandt thun und eynander nit verlassen solten.
Ferrer, nachdem unser gnediger furst und herr uff den gemeynen im Hl. Reich erthedingten fridtstandt durch ein sonderliche declaration von Kff., Ff. und stenden des Reichs [RTA JR Bd. XII, Nr. 274c] dermassen versichert worden, dweil nit allein die glidder des Hl. Reichs, sonder auch ksl. und kgl. Mtt. als die haupter fur sich selbst und mit iren erblanden doinnen begriffen, das sein fstl. Gn. als ein furst und mitglid des Hl. Reichs nit weniger dan andere mit allen iren furstenthumben, landen und leuthen, so ir fstl. Gn. hetten und besessen, wol versichert und von nyemants eynicher gewalt oder uberzugs sich besorgen durften, soferr dieselbige ordentlich recht leiden wolten und mochten. Daruff dan ir fstl. Gn. sich gentzlich verlassen, auch irer fstl. Gn. reuther und knechte mit schweren kosten widder den Turcken geschickt und underhalten. Und uber das alles hochgedachter unser gnediger herr, unangesehen das ir fstl. Gn. widder gemein beschrieben rechten, Gulden Bull, uffgerichten landtfridden, erthedingte fridtstende und declaration durch die burgundisschen (wie gehort) uberzogen und beschedigt, nichtsdestoweniger sich erbotten, alle und jede irrungen und gebrechen, auch forderung und gegenforderung, so sich zwischen ksl. Mt. und dem huyß von Burgundien eins- und irer fstl. Gn. andertheils erhalten, zu der Kff., Ff. und gemeyner stende des Hl. Reichs gutlicher oder rechtlicher erkentenuß zu stellen. Und aber euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. offentlich befunden, das solich hochzimlich erbieten by den burgundisschen nit angesehen, das sie auch uff rechtmessige, billiche und leidliche, tregliche und scheidbare mittel in handlung sich einzulassen mitnichtem gemeint, sonder das der burgundisschen gemut entlich dohin gericht, unsern gnedigen fursten und herrn durch die langwirige kriegshandlung weither zu beschweren und zu verderben.
Demnach wollen wir abermals euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. uffs fleissigist ersucht, ermanet, angeruffen, auch undertheniglichen und fleissiglich gebetten haben, sie wollen zu handthabung irer selbst reputation, ksl. Mt. obligation, der Gulden Bull, des Hl. Reichs satzungen, uffgerichten landtfridde, erthedingte fridstende und daruff gefolgte declaration vermog irer vereynigung und wie sich sunst ires ufferlegten ampts geburen will, hochgemeltem unserm gnedigen fursten und herrn hilf, rath und beistandt thun und ir fstl. Gn. als ein mitglidt und gehorsamen fursten des Hl. Reichs nit verlassen, sonder verfuegen, das die thatliche kriegshandlung unvertzoglich uffgehaben und abgeschafft werde, dweil diese sachen (darumb zwischen der ksl. Mt. und dem huyß Burgundien eins- und unserm gnedigen fursten und herrn andertheils krieg ist) durch den rechtmessigen weg der gutlicher handlung oder, im fall die entstehen [= scheitern] wurde, der geburlicher rechtlicher erkentenuß leichtlich khan abgeholfen werden. Darzu auch euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. on das billich bewegen soll, das die reuther und knecht, so itzo von beiden theilen mit schweren kosten underhalten, gegen den wuterreichen erbfeindt des christlichen namens und glaubens, den Turcken, khundten dieser zeit gebraucht werden. Und jhe besser were, das solichs geschehe, dan das christlich blut undereinander soll gesturtzt und vergossen werden.
Und dweil nun aller verzog in diesen sachen hochgedachtem unserm gnedigen fursten und herrn zu unwidderbringlichem schaden und nachteil thut reichen, in betrachtung, das diese gewaltige kriegshandlung numehr in die acht monat geweret und die burgundisschen iren hauffen teglichs stercken und, jhe lenger jhe beschwerlicher, mit irer feintlicher, thatlicher handlung furfaren, derwegen dan unsers gnedigen fursten und herrn hohe notturft thut erforderen, wissens zu haben, wes ir fstl. Gn. sich entlich in diesem irem hochstem anligen zu euern fstl. Gnn., Gnn. und Gg. versehen soll, gelangt nochmals an euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. unser underthenig und fleissig bit, sie wollen unsers gnedigen herrn hochzimlich erbieten zu hertzen furen und sich daruff entschliessen und uns mit gnediger, zuverlessiger und tröstlicher antwort erstes tags begegnen. Dann solte die sach langer verzogen und uffgehalten und dardurch unser gnediger furst und herr uß unvermeidtlicher notturft gedrungen wurde, uff andere wege zu der naturlicher gegenwehr und rettung irer fstl. Gn. lande und leuthe verdacht zu sein, zu was eingangk und nachteil im Hl. Reich [das] reichen mochte, solichs haben euern fstl. Gnn., Gnn. und Gg. uß hohem verstande gnediglich und wol abzunemen. Versehen uns aber zu euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg., sie werden unsern gnedigen fursten und herrn als ein mitglidt und gehorsamen fursten des Reichs nit verlassen und uns furderlich ire zuverliessige, tröstliche antwort verstendigen lassen. Dasselbig wirt unser gnediger furst und herr umb euer fstl. Gnn., Gnn. und Gg. freundtlich zu verdienen und mit gnaden zu erkennen nit underlassen.