Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Weimar HStA, EGA, Reg. E 149, fol. 253r–256v (Ausf.); DV fol. 256v: Die rethe schreiben, was zwischen kgl. Mt., ksl. commissarien undt ihnen des friden und rechtens halben, auch der gulchischen sachen wegen fur handlung furgelaufen. Item schicken copien zweier schriften, so von ihnen und den anderm theil gleichsfals obgesetzter puncten halben ubergeben worden und waruff es hierin allenthalben beruhe etc. Andtwurt hiebei.

Die kursächsischen Gesandten ließen sich in Verhandlungen mit den anderen Reichsständen über die Causa Jülich ein im Interesse der Wiederherstellung des Friedens, da dieser eine Voraussetzung für die Leistung der Türkenhilfe darstelle. Dabei einigten sich die Reichsstände darauf, Kg. Ferdinand und die ksl. Kommissare um Vermittlung in diesem Konflikt zu bitten. Gestern (1543 März 28) ließen Kg. Ferdinand und die ksl. Kommissare dem reichsständischen Ausschuss eine lateinische Schrift Granvelles und der burgundischen Gesandten übergeben (Nr. 214), aber nach vorgehender verunglimpfung dohin gericht, das der hertzog Gellern dem kaiser volkomlich solte zustellen, umb krigscosten schaden solte alsdann erkannt werden.

Diß hielten die stende den gulchischen gesanten vor und zeigten daneben an, do in[en] solche des gegenparts vorgeschlagene mittel beschwerlich, ob in dan diß leidlich, das der hertzog das landt zu Gellern und graveschaft Zutpffen in des Reichs hende stellen wollt biß zu rechtlichem außtrag, so wolten sie sich bei ksl. Mt. solche handlung und ein anstandt auf jharsfrist, in welcher die sach geortert werden solte, zu erhalten vleissigen. Aber die gulchischen rethe haben solchs abgeschlagen und ursachen furgewant, weßhalben irem gnedigen fursten und herrn solchs nicht zu thun, seine fstl. Gn. sich auch desselben nicht schuldig achten, und die stende auf vorbeschehene ire bit erinnert und ferner gebetten, die mittel zu finden, damit dieselben irrung möchten beigelegt oder auf notturftigen anstandt zu ordentlichem außtrag bracht werden. Haben sich die stende alle weiter anregung zu thun bewilligt, wie auch diß alles dem konig und ksl. comissarien nechten spat angetzeigt worden ist. Was sich nun derhalben hinfurt begeben und zutragen wirdet, das wollen eur kfl. Gn. wir in underthenigkeit auch vermelden.

Als Vertreter der evangelischen Stände im Kurfürsten-, Fürsten- und Städterat erschienen, in der Annahme, dass zuerst die Artikel zu Friede und Recht beraten würden, so haben sie [= sich] doch die andern stende von uns und also von gemeinem beschluß des Reichs abgesondert, eine sonderliche particular handlung angefangen, sich einer meinung verglichen und uns, dißteils stenden, ehegestern vor dato muntlich gethan1, die wir vertzaichen lassen und eur kfl. Gn. hiemit underthenigst uberschicken, weil wir dann befunden, daß solchs vorigen handlungen zuwider. Haben wir des, und nicht unpillich, beschwerung gehabt und uns inen darauf widerumb antzutzeigen verainigt und etzlichermaß unsere vorige supplication, bitten und erbieten zu narrirn [Nr. 168], auch darinnen die ksl. declaration antzuziehen, wie der Kurfürst den übersandten Aktenstücken entnehmen könne. Und ist unsers versehen in solchen handlungen alles dasjenige, daß eur kfl. Gn. und derselben mitverwanten zu glimpf und fug reichen mag, wie es auch an ime selbst ist, zur notturft, doch unbegeben der vorigen schriften, supplication und protestation, außgestrichen. Hetten gemeint, es sollt bei dem andern tailh solchs alles, auch die furstehend noth und fhar des Turcken halben bedacht und zu den gebetten beratschlagungen komen sein.

Es hat aber nicht sein wollen, sonder obgleich vilh guthertziger leut in beiden rethen under inen gewest, die uns zufalh geben, seint sie doch abwesen unser und der andern dißteils rethe und gesanten uberstimpt worden und haben sich also heut dato dieser meinung vernehmen lassen, wie eur kfl. Gn. solchs auch hiebei zu befinden [Nr. 169].

Darauf wir abgetretten und kurtzlich beschlossen, inen ferner zu vermelden, das wir in ansehung habendes unsers bevelhs, auch gelegenheit der sachen von unser bit und erbietung nicht absteen mochten2 und antzeig gethan, welche antzeig eur kfl. Gn. hieneben auch zu befinden, darauf es beruhet. Wollen nicht hoffen, dieweil fast der weniger teilh stende des Reichs bei inen, das sie in solcher handlung fruchtbarlich fortschreiten mogen, doch wollen eur kfl. Gn. wir solchs in alleweg underthenigst berichten.

Nachrichten über eine bevorstehende Zusammenkunft von Kaiser, Papst und Kg. von Frankreich, um den Krieg zwischen Habsburg und Frankreich beizulegen. Do nun solchs beschehe und der Hg. von Gulch solt zu solcher handlung nicht mit eingetzogen werden, were es dem hertzogen beschwerlich, aber wir wollen hoffen, in furgang und vergleichung der frantzosischen sachen sollen auch diese irrungen verricht werden.

Anmerkungen

1
Gemeint ist der mündliche Vortrag des Mainzer Kanzlers vom 26. März 1543 im Namen der altgläubigen Reichsstände vor den Augsburger Konfessionsverwandten: Nr. 166.
2
In einem Schreiben vom 3. April 1543 an die Räte wiederholte Kf. Johann Friedrich nochmals die Weisung, die Türkenhilfe nur nach Erledigung der Artikel zu Friede und Recht zu bewilligen, in Absprache mit den hessischen Räten: [...] Und nachdeme wier euch in jungstem unserm schreiben, welchs euch numehr zukommen, unter anderm bevolhen, das ir die turckenhulf unerledigt der beider artickel des friden und gleichmessigen rechtens nit willigen soltet, es were dan, das unser vetter und bruder, der landtgrave, und vileicht der mehrer teil rethe und botschaften der christlichen vorein stende einer andern meinung uber alle bisher beschehen statliche furwendung sein wurden, als wier uns doch nit wollen versehen etc., so wollet euch desselben unsers bevelhs nachmals also halten, dann wier halten es gewis dafur, weil des landtgraven rethe und die andern bishere uff bestendigem friden und gleichmessigem rechten so statlich neben euch beruhet, so werde man dabei entlich bleiben. [...]. Das aber du, cantzler, in deinem sunderlichen an uns gethanen schreiben angetzeigt, dieweil Dr. Ecke sampt seinem anhange die turckenhulf zu beschliessen furhat und wan solchs geschehen, so wurde man gewislich darnach mit den protestirenden stenden handeln, dieselbige turckenhulf auch zu bewilligen, wie die Eck mit seiner rott geschlossen het, und der konig und Granvelh wurden ad partem brive geben, das die visitation des camergerichts der ksl. declaration nach beschehen und die suspension so lange weren solte, bis die visitation ksl. Mt. declaration gemes geschee, wie dan Dr. Walter den Granvelh also auch vorstanden. Dartzu dann, wie du vormarckt, die hessischen nit bosen [= schlechte, geringe] lust haben solten, solche particular brive und handlungen antzunehmen und darauf die turckenhulf zu bewilligen. [...]. In: Weimar HStA, EGA, Reg. E 150, fol. 441r–445v, hier fol. 441v–442v (Ausf.).