Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Stuttgart HStA, A 262, Bd. 21, fol. 488r–492v (Ausf.); DV: Praes. den 8. tag Aprilis anno etc. 43. Zu seiner fstl. Gn. aigen handen.

Die Räte bestätigen den Erhalt des Schreibens Hg. Ulrichs vom 11. April 15431, in welchem er die Kompromissvorschläge Kg. Ferdinands ablehnt, auf Erwähnung der Regensburger Deklaration im Nürnberger Reichsabschied besteht und die gemeinsame Protestation aller evangelischen Stände gegen den Reichsabschied befürwortet.

Dieweil nun dise stend, der augspurgischen confession und religion verwandt, noch heutigs tags nit spiren noch befinden konnen, das bei den stenden des andern theils zue[er]halten, das di obangeregten artickel der ksl. declaration [1541] in disen alhieigen reichsabschied gebracht oder aber, das di beed puncten fridens und rechtens auf dieselbig declaration, wie billich gedeuttet, noch gezogen werden möchten, haben sich alle ainungsverwandten rethe und pottschaften, so diser zeit alhie, außgenomen die hernachgemelten, auf gesterigen tag einhelligclich entschlossen und verainet [Nr. 275] und achten, das irer herrn und obern höchste notturft ervordern welle, wo bei den stenden des andern thail der obangeregten artickel halb und das dieselbigen also in den abschied gebracht, nichtz ferrers zu erlangen sein sollte, wider disen vermeinten abschied zu protestieren und das auch dhain particular hilf wider den Turcken weder heimlich noch offentlich willigen noch leisten solte, so lang bis di gemelt beed puncten fridens und rechtens endtlich und wircklich resolvirt, dann wo dasselbig nit geschehe, wirdet bedacht, das man zu ainem bestendigen friden und gleichmessigen rechten beswerlich und langsam komen werde.

Es haben aber Hg. Mauritzen zu Sachssen und Mgf. Hannsen von Branndenburg2 etc. rethe in disen und allen andern ainungsverwandten sachen auf disem reichstage sich von disen stenden abgesundert und furgewendt, das sie von iren gnedigen herrn hierauf mit bevelh nit abgevertigt weren. So haben auch der statt Augspurg gesandten angezeigt, wiewol sie sambt und neben gemeinen ainungsverwandten stenden obangeregte protestation von wegen irer herrn und obern zu thon willig und erbittig, als sie auch von iren herrn und obern sich von den gemeinen stenden abzusondern und in ainiche particular hilf zu bewilligen diser zeit dhain bevelh hetten, so wollten sie ire herrn und obern der particular hilf halben, das sie dieselbigen laisten oder nit leisten möchten, doch unverstrickt haben. Und aber von den rethen und pottschaften diser cristenlichen verstendtnus bedacht wirdet, das disen stenden etwas beswerlich sein und fallen, auch in vil wege zu unstatten komen wirde, wo aus tringender not also wider den alhieigen reichsabschied geprotestiert mueste werden und under disen stend etlich particular hilf laisten und die andern hierinnen nichtz thon sollten.

Derwegen und nachdem di reichsstende des andern theils in dem alhieigen reichsabschiede di fursehung zu thon willens, das allen reichsstenden bei höchsten peenen auferlegt werden soll, di vorhabende turckenhilf zu leisten, wirdt bei disen stenden fur ratsam und gut angesehen, das von diser particular hilf wegen in dem nebenabschiede diser ainungsverwandten stende ain sonderlicher artickel gestellt und gebracht wurde, nemblich wo ainer oder mer aus denselbigen von nitlaistung wegen der jetzo vorhabenden turckenhilf mit proceß von ungereformirten camergericht oder in ander wege beswerdt wurde, das alsdann di andern stend di beswerdten mit hilf, rath und beistand nit verlassen sollten [Nr. 418, Art. 2, letzter Absatz].

Und als euern fstl. Gn. wir in unserm jungsten schreiben3 angezeigt, das der funf churfursten rethe, nemlich Menntz, Trier, Phaltz, Sachssen und Branndenburg, von wegen irer gnädigsten herrn sich gegen H. Connraden von Bemmelberg umb di ausstendigen besoldung der hohen ambter und underbevelhsleut zu obligieren und zu verschreiben bewilliget [Nr. 132], so hat sich aber seidtherr zugetragen, als gedachte kfl. rethe mit H. Conraden solher verschreibung und versicherung halben sich in handlung einlassen wollen, das sie sich mit ime derselbigen nit haben konnen vergleichen, dardurch dann dise handlung zerschlagen. Dieweil dann dijhenigen bevelhsleut, so von gemeinen reichsstenden auf gehaltenem reichstag zu Speir bestelt und angenomen, nunmer ain lange zeit auf gemeiner reichsstend costen, wie sie vermutten und vorhaben, alhie gelegen und von gemeinen reichsstenden bezalt sein, auch sich weder auf di ungehorsamen stende noch auf einbringung dessen, so dieselben ungehorsame stend noch zu erlegen schuldig, weisen wolten lassen und man dann aus vilerlai ursachen und bedencken fur billich und gut achtet, das sonderlich di under- und gemeine bevelhsleut alhie bezalt und zufriden gestellt wurden, welhe soma dann one die zerung bis in di 6400 fl. sich erstreckht, demselbigen nach wurdet von vilen reichsstenden fur ratsam und gut angesehen, das di obestimbte soma sambt der aufgewendten zerung under di gemeine reichsstende zugleich zu bezalen zerschlagen und das di gehorsamen stend solher irer außgabe, wann der ungehorsam gelt eingebracht, widerumb vergnuegt sollten werden4.

Darauf von euern fstl. Gn. wegen wir abermals angezeigt: Nachdem euer fstl. Gn. dasjhenig gehorsamlichen erstatt und erlegt haben, so euer fstl. Gn. zu solhem gewiesenem turckenzug geburt hat, und dann di vergleichung der craißtruchen noch nit beschehen, auch di ungehorsame des orts noch zur zeit zu dhainer gehorsame gebracht, konndten wir one euer fstl. Gn. vorwissen und verwilligung in dise oder dergleichen mittel nit willigen, sonder wir wollten solhs an euer fstl. Gn. gelangen lassen und dero bescheid hierauf ferrers erwarten etc.

Beratungen des Ausschusses der Schmalkaldener zur Supplikation der aus der Stadt Metz vertriebenen evangelischen Bürger5.

Euern fstl. Gn. fuegen wir auch underthenigklich zu wissen, das auf gestern sonntags [15. April] umb siben ur vormittag der Bf. von Augspurg auß diser welt todts verschiden. Und seint ir fstl. Gn. sambstags den abent darvor [14. April] bei der kgl. Mt. zu hove gewesen, also das man darfur will achten und halten, es hab ine der gewalt Gottes berurt.

So hat man auch bis anheer in der handlung zwuschen Kgn. Maria regentin etc. und dem Hg. von Gulch etc. uber vil gepflegen handlung bei dem ksl. oratorn, dem H. von Granveld, und hochgemelt Kgn. Maria gesandten rethe weder zu vertrag noch anstand nichtz fruchtbarlichs erlangen oder außrichten mögen. Es seint uns auch von den kfl. sachssischen rethen solher kriegsiebung halber neue zeittung zugestellt worden [...].

Anmerkungen

1
In: Stuttgart HStA, A 262, Bd. 21, fol. 512r–513v (Ausf.).
2
Johann von Brandenburg, jüngerer Bruder Kf. Joachims II. von Brandenburg (regierte 1535–1571 in der Neumark), begann 1538 mit der Einführung der Reformation. Siehe: E. Wolgast, Die Einführung der Reformation, S. 153.
3
Die württemberg. Räte an Hg. Ulrich, 1543 April 7, in: Stuttgart HStA, A 262, Bd. 21, fol. 481r–486v (Ausf.). Siehe das Zitat in Nr. 132, Anm. 1.
4
Auf den von den Oberstleutnants vorgeschlagenen Weg zur Bezahlung der Befehlshaber des Türkenzuges (Nr. 132) konnten sich die Reichsstände letzten Endes nicht einigen. Schließlich wurde die Zahlung der aus dem Türkenzug 1542 ausständigen Besoldung an die Oberstleutnants und die hohen Ämter auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Nur die Aufenthaltskosten in Nürnberg sollten ersetzt werden, wozu jeder Reichsstand seinen Anteil gemäß der Wormser Matrikel zu leisten hatte. Siehe dazu das RT-Protokoll Württembergs zum 15./16. April (Nr. 84a fol. 17v–18v) und den Abschied der Reichsstädte (Nr. 417, Art. 2).
5
Siehe das württemberg. CA-Protokoll zum 11. April 1543: Nr. 84b, fol. 17v-18r, Anm. 13-15. Zu den Auseinandersetungen zwischen alt- und neugläubigen Bürgern in Metz siehe E. Wolgast, Die Wittenberger Theologie; S. 269–272; G. Schmidt, Der Städtetag, S. 519–521.