Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Wien HHStA, MEA RTA 8/Konv. 1, fol. 21v–26v (Kop.); AS fol. 21v (v.d.Hd. Dr. Jonas’): Verzaichnus der besatzungen. DV fol. 26v: Lectum in consilio imperiali 1. Aprilis.

B Nürnberg StA, Fürstentum Ansbach, RTA 23, fol. 568r–571r (Kop.); AS fol. 568r: Anschlag zu besetzung etlicher stet und flecken in Hungern und anderstwo wider den Dhurcken.

Druck: RTA JR Bd. XIX, Nr. 158, S. 956–9582.

[ÜS]: Vertzaichnuß der schlösser, stött und päß, so nach gelegenhait des Thurckhen personlichen antzugs jenet- und herdißhalb der Thuenaw mit nachbestimpter antzal fußvolckhs und geringen pherdtn der unvermeidlichen notturft nach besetzt werden sollen und muessen.

Fueßvolckh Geringe pherdt
600 Erstlich Plintenburg [= Visegrád]das schloß sampt dem wasserthurm mit 600 knechten. 0
200 Das closter Demes [= Dömös]3 und schloß Novigrad [= Nógrád]mit 200 mannen. 0
2500 Das schloß Gran [= Esztergom], sampt dem marckhtl dabeiligend, mit 2500 knechtn und 500 geringen pherdtn. Aber die statt Gran alß unerhaltlich mueß im vall des Thurckn furtzugs und belegerung verlassen werden. 500
8000 Stuelweyssenburg [= Székesfehérvár]mit 8000 zu fueß und 1000 ringen pherden, dann nachdem theutschen landen an erhaltung solliches fleckhens yetzo nicht weniger alß vor an Ofen gelegen ist, ervordert die notturft umb sovil mehr ain starckhe besatzung und aufs lengist in monatsfristn dahin ze thuen, dann die besatzung des Thurckhen ankhunft halben hernach nit beschehen möcht. 1000
1500 Schloß und statt Funffkirchen [= Pécs]mit hungerischem kriegsvolgkh, namlich 1500 haydockhn [= Freischärler]und 500 ringen pherdtn. 500
150 Das schloß Tottiß [= Tata]mit 150 knechtn und 100 geringn pherdten. 100
500 Das schloß Comorn [= Komárom]mit 500 knechtn. 0
500 Das schloß und fleckh Erla [= Eger]mit 500 knechten und 2000 ringen pherdten zusampt dem landtvolckh daselbst. 2000
2000 Preßpurg [= Bratislava]mit 2000 knechtn. 0
1000 Tyrnau [= Trnava], sover der Turckh daselbst zu lande heraufzug mit 1000 knechtn und 1000 ringen pherdtn. 1000
500 Altenburg [= Magyaróvár]mit 500 knechtn, furnemlich so der Thurckh auf Wien zug. 0
0 Ödenburg [= Sopron]mit 500 ringn pherdtn. 500
0 Eysenstat auch mit 500 ringen pherdtn. 500
500 Prugg an der Leytta mit 500 knechtn und 2000 geringen pherdtn. 2000
500 Neustat [= Wiener Neustadt]mit 500 knechtn und 2000 ringn pherdtn. 2000
8000 Wien, so der Thurckh darfur zug, mag undter 8000 mann zu fueß und 2000 zu roß nit besetzt werden. 2000
200 Gegen Steyr [= Steiermark]wertz die statt Warasin [= Varaždin]mit 200 knechtn und 400 pferdten. 400

Und nachdem der furnemest hauptpunckht ist, zu inhaltung der wassersterckh, dardurch dem Thurckhn in allem seinem furnemmen am stattlichsten verhindrung beschehen mag, die schiffung zue armiern, so wirdet vonnotten sein, das zu sollicher armierung und besatzung allain 10 000 mann allerlay nationen und wieniger nit in beraitschaft gebracht werden, dann wo solliches nit beschicht und der feindt mit seiner wasserstörckh gewaltigclich furdringt, alßdann alle besatzungen in hochster gefärlichait steen werden, wie menigclich wol hat zu bedenckhn.

In obbemelten besatzungen werden die fleckhn in windisch landt, Crabaten [= Kroatien], Friaul, Karst und Isterreich [= Istrien]4, in beiligender zettel vertzaichent5, nit gerait [= gerechnet], wolliche ir Mt. bißher und noch on underlaß mit merckhlichem costen underhalten, und sonderlich die fleckhn am mär umb sovil stärckher yetzo besetzt und versehen werden muessen, dieweil der Thurckh nach laut der khuntschaftn sein treffenliche armada daselbsthin ze schickhen vorhabens ist.

[ÜS:] Hernach volgen die fleckhen und schlösser in Crabaten, windisch landt, Friaul, am Karst und Ysterreich, so die röm. kgl. Mt. bisheer albeg und noch ordinarie mit merckhlichem costen besetzen, versehen und underhalten muessen6.

In Crabaten: Wehitsch [=  Bihać/Wihitsch], Repitsch [= Ripač], Starigrad [= Starigrad Paklenica], Jablonickh [= Jablanac].

In windisch landt: Welickhe [= Kraljeva Velika], Brythwychowyna [= Bristovica],Pokretz, Selnyak [= Slanje], Soplontza [= Soplonca], Werowtze [= Virovitica], Isdentz [= Veliki Zdenci], Petrowyna [= Petrovina], Creytz [= Križevci/Kreutz].

In Friaul, Isterreich und Carst: Zenng [= Senj], Ottatschitz [= Otočac], Warlag [= Brlog], St. Veit am Pflaum [= Rijeka/Fiume], Tulmein [= Tolmezzo/Tolmeč], Tersat [= Trsat], Castel Porpat, Görtz [= Gorizia/Gorica], Gradisch [= Gradisca d’Isonzo/Gradišče ob Soči], Triesst.

Anmerkungen

1
Der Übergabe des Verzeichnisses ging eine mündlichen Antwort Kg. Ferdinands an die Reichsstände voran, die jedoch nicht erhalten ist: siehe dazu Nr. 92, Anm. 5. Die kurbrandenburgischen Gesandten berichteten Kf. Joachim von Brandenburg am 6. April 1543 aus Nürnberg über die Schwierigkeiten, welche für die Aufbringung der Türkenhilfe durch das von den evangelischen Ständen hergestellte Junktim mit Friede und Recht entstanden seien: Derhalben handelt man gegen itzigen summer allein auf ein besetzung und im fhall der notturft auf ein zutzug oder entsetzungen, wie dan ir kgl. Mt. deß ein verzeichnus den stenden ubergeben [Nr. 93] und euer kfl. Gn. hiebey ligendt zu ersehen haben. Und wo nun die gehorsamen nach gemeinem anslag ir geburendt anlag allein schicken wurden, wurde die auch fast gering sein und wenig erschiessen. Und soll solhe besatzung kgl. Mt. haimgestelt und von den stenden gelt gegeben werden. Wie es aber noch beslossen und wobey es beruen wirt, stet noch in handlungen. In: Berlin GStAPK, I. HA, Rep. 10, Nr. D, Fasz. D, fol. 1r–6v, hier fol. 2v (Ausf.).
2
Das Verzeichnis wurde den Reichsständen auf dem Augsburger RT 1550/1551 im Rahmen der Verhandlungen über die Türkenhilfe als nicht datiertes Aktenstück nochmals vorgelegt, weshalb es in RTA JR Bd. XIX ebenfalls abgedruckt ist.
3
Der 16 km östlich von Esztergom am rechten Donauufer gelegene Ort wurde seit der Antike als befestigter Platz genützt. Zur Zeit der Herrschaft der Árpáden (11. und 12. Jhdt.) spielten der Königspalast und das Kloster von Dömös (seit dem 15. Jhdt. Dominikanerkloster) eine wichtige Rolle. Sowohl 1526 als auch 1543, im Zuge der Eroberung Grans durch die Türken, wurde Dömös zerstört; heute zeugen nur noch Ruinen vom ehemaligen Bestand des Klosters. Alle Hinweise zur Identifizierung von Dömös verdanke ich dem ungarischen Archivdelegierten beim HHStA Wien, Herrn Dr. András Oross.
4
Ost-Istrien war unter der Bezeichnung „Histerreich“ bzw. „Isterreich“ dem Herzogtum Krain angeschlossen.
5
Siehe die folgenden Absätze.
6
Aufzählung der zur Militärgrenze gehörigen Orte.