Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.-3.] Gespräch mit Kg. Maximilian über die französische Italienpolitik; [4.] Bedeutung des Konstanzer RT für die weiteren Pläne des röm. Kg.; [5.] Übernahme der niederländischen Statthalterschaft durch Ehgin. Margarethe; [6.] Unterredung Kg. Maximilians mit dem päpstlichen Legaten Arianiti.

Straßburg, 6. April 1507.

Venedig, BM, Cod. marc. ital. VII/989 (= 9581), fol. 10’-11’ (ital. Kop.; Postverm.: Per eundem Martinum Bestiam.) = Textvorlage A. Venedig, BFQS, Cl. IV, Cod. V (= 769), fol. 81’-82’ (ital. Kop.; Postverm. wie A) = B.

Referiert, z.T. Ganztextwiedergabe, bei: Brunetti, Vigilia, S. 14f.

[1.] Nach der gestrigen Messe eröffnete der röm. Kg. ihm unter sichtbarer Bekundung seines Mißfallens, daß er Nachrichten erhalten habe, wonach der frz. Kg. mit einem großen Heer nach Italien komme, um Genua zu unterwerfen und seine sonstigen üblen Absichten zu realisieren. Er habe sich deshalb bemüht, die Fürsten so rasch wie möglich zusammenzurufen, und erwarte ein gutes Ergebnis zum Wohle Italiens. Er hoffe, daß die Signorie im eigenen Interesse zu einem entsprechenden Beschluß kommen werde.

[2.] Er antwortete dem Kg., daß Venedig vor allem an Ruhe und Frieden in Italien gelegen und davon überzeugt sei, mit dem angeregten Bündnis [zwischen Kg. Maximilian, Frankreich, Spanien und Venedig] das richtige Mittel gefunden zu haben. Er versuchte gemäß der Weisung vom 13. März [Nr. 32, Anm. 1] erneut, den röm. Kg. unter Hinweis auf den Nutzen für Italien und die ganze Christenheit dazu zu bewegen, auf die Bündnisverhandlungen einzugehen.

[3.] Der Kg. unterbrach ihn und bekräftigte seine frühere Äußerung, daß es sich um ein Täuschungsmanöver Frankreichs handle, um Venedig von einem Bündnis mit ihm abzuhalten und die eigenen Ziele weiterverfolgen zu können. Er sei erstaunt, daß die Signorie dies nicht bemerke; am Ende werde sie sich aber getäuscht sehen. Falls Venedig sich mit Frankreich und Spanien verbünde, sei es verpflichtet, Mailand und Neapel zu verteidigen. Wenn er jedoch wie erhofft das Reich zur Erhaltung der Reichsrechte [in Italien] einigen könne, werde Venedig feststellen, daß große Lasten auf es zukommen. Er sage dies als ein Freund Venedigs. Sollte es sich jedoch gegen das Reich stellen, werde er das Erforderliche tun. Wenn sich die Fürsten erst einmal zum Italienzug entschlossen hätten, würden sie ihn unbeirrbar durchführen.

Der Kg. ersuchte ihn, dies nach Venedig zu berichten und die Signorie aufzufordern, die Taten und die vom frz. Kg. auf Anstiftung des Kardinals von Rouen und auch des span. Kg. verfolgten Ziele auf der einen und die bekannten und erwiesenen guten Absichten des röm. Kg. gegenüber dem Senat auf der anderen Seite sorgfältig abzuwägen.

Er bestätigte diese Äußerungen und benannte die Haltung des röm. Kg. als Grundlage für die Ehrerbietigkeit und den Gehorsam Venedigs ihm gegenüber. Er bekräftigte noch einmal, daß das Streben Venedigs auf den Frieden und auf das Wohl der christlichen Religion ausgerichtet sei. Mit weiteren ähnlichen Worten verabschiedete er sich vom Kg.

[4.] Das gesamte Denken des Kg. ist auf den Konstanzer RT gerichtet, von dem seine sämtlichen weiteren Schritte abhängen. Die Einschätzung wurde mehrfach auch von anderer Seite bestätigt. Nach Ende des RT wird man sehen, welche Richtung der röm. Kg. für längere Zeit einschlagen wird.

[5.] Ehgin. Margarethe berichtete am 1. April aus Mecheln1, daß sie als Statthalterin vereidigt worden sei; der frz. Kg. habe vor seiner Abreise die Grenzen zur Gft. Burgund und überhaupt zu allen Ländern Kg. Maximilians durch Truppen gesichert.

[6.] Der röm. Kg. hielt am Vortag eine lange Unterredung mit Costantino Arianiti. Laut zuverlässiger Quelle informierte er diesen über alle Vorbereitungen und Umtriebe des frz. Kg. und forderte ihn auf, den Papst zu warnen, sich in Acht zu nehmen. Nach dem Dafürhalten des röm. Kg. wünschen der frz. Kg. und der Kardinal von Rouen nichts mehr als eine Vakanz des Hl. Stuhls.

Anmerkungen

1
 Liegt nicht vor.