Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Vortrag des Gf. von Solms an Ks. Maximilian; [2.] Antwort des Ks.; [3.] Wunsch Ks. Maximilians nach Teilnahme Solms’ am Reichstag als Vertreter Kursachsens; [4.] Unklarheiten bezüglich der Reichstagsvollmacht Solms’; [5.] Kritik Johann Renners wegen des Fernbleibens Kf. Friedrichs; [6.] voraussichtlicher Einsatz Gf. Hoyers von Mansfeld als ksl. Gesandten zu Kf. Friedrich; [7.] Gerüchte über eine angebliche Reise Kf. Friedrichs nach Bamberg; [8.] Beschwerde Ebf. Ernsts von Magdeburg gegen Kf. Friedrich; [9./12.] Unterredung Solms’ mit Matthäus Lang; [10.] Wunsch Solms’ nach Abreise aus Worms; [11.] Abreise Ks. Maximilians aus Worms.

Weimar, HStA, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 37–42’ (eigh. Or., dinstag nach mysericordia Domini, Postverm.: [Zu] Händen [des Kf.]).

[1.] Er ist am heutigen Montag [23.4.] zwischen 7 und 8 Uhr morgens in Worms eingetroffen. Er wäre bereits einen Tag früher hier angekommen, wenn nicht starker Wind sein Schiff an das andere Rheinufer zurückgetrieben hätte. Er ließ sich durch Johann Renner beim Ks. anmelden und wurde nach dem Mittagessen an den Hof bestellt. Indessen kamen die Ff. zum Ks., weshalb er bis acht Uhr abends warten musste. Dann erst beschied Renner ihn in die ksl. Kammer. Der Ks. entließ alle Anwesenden bis auf Renner und hörte sich seinen instruktionsgemäßen Vortrag [Nr. 242] an.

[2.] Nach einer Bedenkzeit trug Renner die ksl. Antwort vor: Der Ks. hätte ein früheres Eintreffen des Kf. in Worms erwartet und gewünscht. Er könne in der gegenwärtigen Situation keinesfalls länger bleiben, sondern müsse am Mittwoch [25.4.] aufbrechen. Er könne dem Kf. auch keinen anderen Treffpunkt benennen. Sonst entstünde zum Unwillen der anderen Kff. und Ff. eine Verzögerung. Der Ks. wolle den Kf. aber durch ein Schreiben [Nr. 243] und außerdem durch einen Gesandten über diejenigen Angelegenheiten informieren, die er gerne mit ihm persönlich besprochen hätte. Er wünsche das unverzügliche Erscheinen des Kf. in Worms.

[3.] Er, Solms, bot erneut an, dass der Kf. bereitwillig zu jeden ihm benannten Treffpunkt kommen werde. Der Ks. erwiderte jedoch nur, dass er dem Kf. schreiben werde. Er äußerte außerdem den Wunsch, dass er, Solms, als Vertreter Kursachsens an den Verhandlungen des Reichstages teilnehmen solle. Er erwiderte, dass sein weiterer Aufenthalt in Worms angesichts der bevorstehenden Abreise des Ks. nutzlos wäre. Auch könne dies das Eintreffen des Kf. weiter verzögern. Der Ks. insistierte, dass er bleiben solle, bis der Kf. komme oder er einen anderen Bescheid erhalte. Er bittet um diesbezügliche Anweisungen.

[4.] Er ist sich nicht ganz im Klaren über die ihm zugeschickte Vollmacht [Nr. 234], wonach er zum Nutzen des Hl. Reiches gefassten Beschlüssen der Stände zustimmen soll. So lut e. ftl. Gn. befelesbrif, so ksl. Mt. haben wolt, das ich von e. ftl. Gn. wegen by korfursten und fursten siczen solt und gefroget worde, was von e. ftl. Gn. wegen myn bedenken etc., daruf zu sagen, das myn befele, dermoß alles, das durch korfursten und fursten und dy stende zu besten bedocht und beschlossen, auch ksl. Mt. und dem Helygen Rich zu nucz komen moge, darin wolle e. ftl. Gn. sych halten, das ksl. Mt., auch alle ir Gnn. und ander gut gefallens haben sollen und von in nyt sondern wolten. Solten sy dan sprechen: „Dyn macht helt nit also. Du hast lut des machtbrifs andern befele, den sich an“, so worde es, wy e. ftl. Gn. baß dan ich geschryben, uß ftl. vernonft zu bedenken haben, wy myr dryn zu handeln syn wele. Dan ich gern handeln wolt, das e. ftl. Gn. gefellig und ksl. Mt. ungenade noch unglympf erlangen dorft, myt underteniger bitt, myn doricht schryben genediglich ufzunemen und zu bedenken.

[5.] Johann Renner beklagt sich über das Fernbleiben Kf. Friedrichs, nachdem er auf seinen Befehl hin dem Ks. sein Kommen zugesagt hatte. Er würde 100 fl. dafür geben, wenn er es nicht getan hätte.

[6.] Der Ks. wird Gf. Hoyer [von Mansfeld] zu ihm, Kf. Friedrich, schicken. Der Gf. unterlässt es deshalb zu schreiben, da er davon ausgeht, bald persönlich Bericht erstatten zu können.

[7.] Der Ks. sagte, ihm sei zu Ohren gekommen, dass er, Kf. Friedrich, die Absicht habe, zur Heiltumsfahrt und zum „welschen Turnier“1nach Bamberg (Bobenberg)zu reiten. Dies hat er in Gegenwart Renners dementiert. Dan so e. ftl. Gn. zu solicher korzwyle lost, dorfen e. ftl. Gn. nyt so wyt drum riten, sonder hettenß wol neer. Es sy ader e. ftl. Gn. eyn zyt lang, als lang ich by e. ftl. Gn. gewest, eyn kleyne korzwyle gewest, daß wir alle e. ftl. Gn. tyner eyn beswerde und verwondern gehapt haben.

[8.] Renner teilte mit, dass er über die Verhandlungen des Ebf. von Magdeburg beim Ks. wegen Kf. Friedrichs2nichts in Erfahrung habe bringen können. Dies sei noch geheim. Der Ks. werde aber keinesfalls Kommissare bewilligen, ohne den Kf. vorher angehört zu haben.

Sigmund Pflug und Wilhelm von Wolfstein sind ebenfalls beim Ks. Sie gingen vor ihm auf und ab und blickten ihn unfreundlich an.

[9.] Nach der Audienz beim Ks. kam der Bf. von Gurk [Matthäus Lang] zu ihm und erkundigte sich nach dem Erscheinen Kf. Friedrichs. Er wolle 300 fl. dafür geben, dass der Kf. beim Ks. wäre. Dieser hätte mit dem Kf. über einige wichtige Reichsangelegenheiten zu sprechen. Er habe sich auf Renner verlassen, der eine Verspätung oder ein Fernbleiben des Kf. ausgeschlossen habe. Er, Solms, erwiderte, dass erhebliche Gründe für die Verspätung bestünden, der Kf. jedoch willens sei, zum Ks. nach Worms oder zu einem anderen Treffpunkt zu reisen. Gurk betonte daraufhin noch einmal, dass der Ks. den Kf. bei sich brauche. Er wolle gerne sein Möglichstes dazu beitragen. Ich besorge, die sachen syen nyt alle ufrichtig, wy Gf. Hoyer e. ftl. Gn. witer berichten wirt.

[10.] Für den Fall, dass er, Kf. Friedrich, nicht selbst nach Worms kommt, bittet er, durch jemand anderen ersetzt zu werden. Er müsste für sieben bis acht Tage in seine Gft. und dann wieder nach Coburg (Koberg). Allerdings wurde er gewarnt, dass ihm auf dem Weg dorthin 30–40 Reiter nachstellen könnten. Sollte er, der Kf., dies nicht wünschen, wird er sich gehorsam zeigen. In diesem Fall sollte ihm allerdings wenigstens noch ein erfahrener Rat zur Seite gestellt werden. Bittet um Mitteilung über die weiteren Absichten des Kf. und um weitere Anweisungen. [Datum, Unterschrift].

[11.] [PS] Nach Fertigstellung des Schreibens ist der Ks. heute zwischen neun und zehn Uhr in aller Stille weggeritten. Es heißt, dass er nicht mehr nach Worms zurückkehren wird. Gf. Hoyer kam um zwölf Uhr in seine Herberge und sagte, dass er seiner Erwartung nach nicht zu Kf. Friedrich reiten werde. Er selbst kann dies nicht beurteilen. Seiner Meinung nach will der Ks. nicht, dass er, Kf. Friedrich, ihn an einem anderen Ort [als Worms] trifft.

[12.] Der Bf. von Gurk [Matthäus Lang] kündigte einen ksl. Gesandten zu Kf. Friedrich an. Außerdem wünsche der Ks., dass [Degenhart] Pfeffinger3unverzüglich zu ihm geschickt werde.

Der Bf. äußerte, er würde Kf. Friedrich gerne einmal persönlich über seine Verhandlungen mit dem Kardinallegaten [George d’Amboise, Ebf. von Rouen] wegen des Vertrages [von Cambrai] zwischen dem Ks. und dem frz. Kg. berichten, das syn ftl. Gn. verwondern haben werde.

Anmerkungen

1
 Vgl. zum Begriff Ludolphy, Kurfürst, S. 92; Gamber, Ritterspiele, S. 527f.
2
 Es ging wahrscheinlich um den Anspruch Ebf. Ernsts auf das väterliche Erbe. Seine Brüder Kf. Friedrich und Hg. Johann verweigerten hartnäckig Verhandlungen darüber. Ebenso wiesen sie das Angebot zu einem gütlichen Verfahren vor Kf. Joachim von Brandenburg, Hg. Georg von Sachsen und Lgf. Wilhelm von Hessen zurück (Kf. Friedrich/Hg. Johann von Sachsen an Hg. Georg von Sachsen, Or. Weimar, montag nach purificacionis Marie[5.2.]1509 / Or. Lochau, montag nach dem sontag reminiscere[5.3.]1509; HStA Dresden, Geheimer Rat, Loc. 8039/3, fol. 1–3’; 7–7’).
3
 Zu Pfeffinger, seit 1509 kursächsischer Landrentmeister: Schirmer, Staatsfinanzen, S. 280.