Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
Nr. 192 Supplikation Bf. Reinhards von Worms an die auf dem Augsburger Reichstag versammelten Reichsstände
[Augsburg, März-Mai 1510]
Worms, StadtA, 1 B Nr. 1939/2, fol. XXVIa-XXXb, Kop. (Überschrift: Supplication des Bf. von Worms, an Kff., Ff. und stende des hl. Reichs zu Augspurg uf dem reichstag Ao. XVcX ubergeben).
Druck: Schannat, Historia, S. 309-313 (Vermerk: Ex Archiv. Episc. Worm.).
Inhaltsangabe: Boos, Geschichte, S. 113; W. Arnold, Verfassungsgeschichte, S. 483-485.
Im Jahr 1494 entzogen die Wormser Bf. Johann von Worms das Recht zur Besetzung von Rats-, Gerichts- und anderen Ämtern in der Stadt. Dagegen klagte der Bf. bei Kg. Maximilian in Antwerpen, der daraufhin mit Rat der Reichsstände ein Urteil sprach, wonach die Wormser Bf. Johann wieder in sein Recht einsetzen sollten.1 Eine Appellation der Stadt nahm der Kg. nicht an, sondern entschied nach eingehender Prüfung der Angelegenheit in Augsburg (1500) gemeinsam mit den Reichsständen, daß das Antwerpener Urteil vollstreckt werden solle. Da die Wormser dieser Verfügung nicht Folge leisteten, erreichte Bf. Johann beim Reichsregiment und der Nürnberger Reichsversammlung (1501) die Verhängung der Acht und Aberacht gegen sie.
Als nach dem Tod Bf. Johanns er das Hst. übernahm, übergingen ihn die Wormser 1503 bei der Ämterbesetzung und nahmen diese allein vor. 1504 gestatteten sie ihm den Einritt in die Stadt nicht, 1505 entzogen sie ihm seinen großen und kleinen Zoll, die Fron, die Waage, das Gericht, die Gefälle und Zinsen von den Zünften sowie anderes innerhalb und außerhalb der Stadt. Ihr Vorgehen rechtfertigten sie mit einer kgl. Begnadigung, die sie durch die unwahre Behauptung erlangt hatten, er habe im Landshuter Erbfolgekrieg Kf. Philipp von der Pfalz unterstützt und sei deshalb wie dieser der Acht verfallen. Seine Bemühungen (auf den Reichstagen) in Köln (1505) und zuletzt in Konstanz (1507), besagten Vorwurf zu entkräften, blieben ergebnislos. Bis zum heutigen Tag greifen die Wormser in sein Eigentum und entziehen ihm seine Rechte.
Hinzu kommt, daß das Antwerpener Urteil es gestattet, verschiedene die Hoheitsrechte des Hst. Worms betreffende Punkte rechtlich prüfen zu lassen. Als er diese dem Reichskammergericht vorlegte, erlangten die Wormser ein mit schweren Strafen belegtes ksl. Mandat, das ihm gebot, seinen Antrag an das Gericht zurückzuziehen und die Wormser im Gebrauch der hochstiftischen Rechte, Zölle usw. nicht zu beeinträchtigen..
Da es recht und billig ist, daß einem, der eine Missetat begangen haben soll, diese nachgewiesen wird, bevor ihretwegen sein Besitz konfisziert wird, er aber eine derartige Missetat nicht einräumt, insbesondere keine gegen den Ks. gerichtete, bittet er die Reichsstände flehentlich, bei den Wormsern darauf hinzuwirken, daß diese erstens dem in Antwerpen gesprochenen, danach in Augsburg bekräftigten und schließlich von der Nürnberger Reichsversammlung und vom Reichsregiment bestätigten Urteil in Sachen Ämterbesetzung Folge leisten, zweitens alles, was sie ihm kraft kgl. Begnadigung oder anderweitig inner- oder außerhalb der Rst. Worms entzogen haben, zurückgeben und ihn in dessen ruhigem Gebrauch nicht beeinträchtigen, drittens ihn bei seinem Einritt in die Stadt Worms nicht behindern und ihm den herkömmlichen Eid leisten, viertens den Ks. zu bitten, daß dieser die in seinem Antwerpener Urteil vorgesehene rechtliche Überprüfung einiger Punkte durch das Reichskammergericht zuläßt und die deswegen ergangene Inhibition zurücknimmt, damit er die seinem armen Hst. unrechtmäßig entzogenen Rechte wiedererlangen kann. Wenn dies geschehen ist, ist er bereit, durch die Reichsstände prüfen zu lassen, was er dem Ks., dessen Fiskal oder denen von Worms schuldig ist oder ob er gegen sie gehandelt hat. Will sich dafür auch strafen lassen und jedem Betroffenen Genugtuung leisten. Bittet darum, mit dem alten, armen und betrübten Hst. Worms Erbarmen zu haben und den Ks. dazu zu bewegen, als oberster Vogt der christlichen Kirche seinen (des Bf.) Widersachern nicht länger zu gestatten, daß sie das arme Hst. wider Recht und Billigkeit niederdrücken oder es gar zum Schaden des hl. Reiches gänzlich vernichten, wie sie das nunmehr seit langer Zeit tun. Der Ks. möge gebeten werden, die Mißhandlung durch die von Worms abzustellen und für den Ausgleich seiner Kosten, erlittenen Schäden und entgangenen Nutzung zu sorgen.2
Nr. 193 Ksl. Bestätigung des kftl. Schiedsspruchs im Konflikt zwischen dem Wormser Klerus und der Rst. Worms
Augsburg, 8. April 1510
Worms, StadtA, 1 B Nr. 1919/2, o. Fol., Kop. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein).
Ks. Maximilian bekundet, daß Dechanten, Kapitel und gemeine Priesterschaft von Worms einerseits sowie Bm. und Rat von Worms andererseits durch ihre jeweiligen Gesandtschaften haben darlegen lassen, daß ihre langjährigen Konflikte durch EB Jakob von Trier und Kf. Friedrich von Sachsen (auf dem Konstanzer Reichstag) zum Teil rechtlich, zum Teil gütlich beigelegt worden sind,1 und ihn beiderseits gebeten haben, den Spruch zu bestätigen. Erteilt diese Bestätigung in Würdigung der innigen Gebete der Wormser Priesterschaft sowie der vielfach geleisteten treuen Dienste von Bm. und Rat von Worms und erklärt, daß beide Seiten den Spruch auf ewige Zeiten für ihre Zwecke verwenden sollen, jedoch unschädlich seiner und des Reiches Rechte und Obrigkeiten. Gebietet allen Reichsuntertanen unter Androhung seiner und des Reiches schweren Ungnade und einer Strafe von 100 Goldmark, beide Parteien im Gebrauch dieser Bestätigung nicht zu beeinträchtigen, sie vielmehr dabei zu handhaben.
Nr. 194 Ksl. Ernennung Kf. Friedrichs III. von Sachsen, Hg. Ulrichs von Württemberg, Landgf. Philipps von Hessen und des Landvogts im Elsaß zu Schirmherren des kftl. Schiedsspruchs im Konflikt zwischen dem Wormser Klerus und der Rst. Worms
Augsburg, 14. April 1510
Worms, StadtA, 1 B Nr. 1919/2, o. Fol., Kop. ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.; Gegenzeichnung: Serntein).
Ks. Maximilian bekundet, daß EB Jakob von Trier und Kf. Friedrich von Sachsen die langjährigen Konflikte zwischen Dechanten, Kapitel und gemeiner Priesterschaft von Worms einerseits und der Rst. Worms andererseits durch rechtliche Entscheidung und gütlichen Ausgleich beigelegt haben und er diesen Spruch bestätigt hat (Nr. 193). Damit beide Parteien künftig einträchtig miteinander leben, der übergroßen Kosten, die der Zwiespalt verursacht hat, enthoben werden, besagter Spruch vollzogen wird und eventuell aufkommende Unklarheiten darüber von vornherein geklärt werden können, ernennt er mit Wissen von Bm., Rat und Gemeinde von Worms Kf. Friedrich von Sachsen, Hg. Ulrich von Württemberg, Landgf. Philipp von Hessen und deren jeweilige Nachkommen sowie den gegenwärtigen und künftigen Landvögten im Ober- und im Unterelsaß zu Handhabern und Schirmherrn besagten Spruchs. Sollten Dechanten, Kapitel und Priesterschaft von Worms oder sonst jemand diesen in irgendeiner Weise verletzen und die Wormser darin beeinträchtigen, sollen die Schirmherren im ksl. Namen den oder die Betreffenden auf Ersuchen der Wormser rechtlich vorladen und solche irrung one weytleufig form ordenlicher rechtvertigung verhören und eine rechtliche Entscheidung treffen. Diejenigen, die Verstöße begangen haben, sind mit den im Spruch und in der ksl. Bestätigung vorgesehenen Strafen sowie dem Entzug aller Gnaden, Freiheiten, Rechte sowie des Schutzes und Schirms, den sie eventuell von Ks. und Reich haben, zu belegen. Gegen die Entscheidung der Schirmherren darf in keiner Weise appelliert, prononziert, reduziert oder suppliziert werden. Wenn geladene Zeugen nicht erscheinen oder das Zeugnis verweigern, sind sie dazu zu zwingen, gegebenenfalls unter Einschaltung ihrer Obrigkeit. Ansonsten sollen die Schirmherren alles tun, was der Rechtsordnung entspricht und in der Sache notwendig ist, so, als wäre er persönlich zugegen.
Nr. 195 Gebot Ks. Maximilians an den Reichskammerrichter Gf. Adolf III. von Nassau-Wiesbaden und die Beisitzer des Reichskammergerichts
Augsburg, 29. April 1510
Worms, StadtA, 1 B Nr. 1939/2, fol. XXXb-XXXIa, Kop.
Druck: Harpprecht, Staatsarchiv, S. 250; Schannat, Historia, S. 314f. (Vermerk: Ex Archiv. Episc. Worm.).
Er (der Ks.) und die Reichsstände sind auf dem Augsburger Reichstag durch Bf. Reinhard von Worms gebeten worden, ime zoll, wage und andere gerechtigkeit, so er in der stadt Worms zu haben vermeynt, recht ergehen zu lassen. Weil er dazu nach wie vor bereit ist, befiehlt er, dem Bf. umb die obberürten sein spruch und forderung gegen der widerpartey unverzuglich recht, wie sich gebieret, ergehen zu lassen.1
Nr. 196 Gebot Ks. Maximilians an den Reichskammerrichter Gf. Adolf III. von Nassau-Wiesbaden und die Beisitzer des Reichskammergerichts
Augsburg, 3. Mai 1510
Worms, StadtA, 1 B Nr. 1939/2, fol. XXXIa u. b, Kop.
Druck: Harpprecht, Staatsarchiv, S. 251; Schannat, Historia, S. 315 (Vermerk: Ex Archiv. Episc. Worms).
Hat ihnen in seinem jüngsten Schreiben (Nr. 195) befohlen, Bf. Reinhard von Worms gegen die widerpartey Recht ergehen zu lassen. Stellt nunmehr klar, daß mit widerpartey der ksl. Kammerprokuratorfiskal gemeint ist, und zwar deshalb, weil er (der Ks.) kraft der gegen Bf. Reinhard wegen seines Ungehorsams im Landshuter Erbfolgekrieg verhängten Reichsacht dieselben waag, zoll und ander gerechtigkeit, der er sich an dem ende gehabt ze haben vermißet, als confiscirt Bm. und Rat von Worms übergeben und ihnen nachdrücklich geboten hat, sich deshalben in kein antwort noch rechtvertigung zu begeben. Gebietet deshalb, daz ir uf des Bf. zu Worms clag im rechten wider die genanten Bm. und rat zu Worms nicht procedirt, urteilt noch handelt und ime allein umb die berürten sein spruch und forderung gegen unserm fiscal als der widerpartey recht ergehen laßet, wie sich gebüret.
Nr. 197 Gebot Ks. Maximilians an den Kammerprokuratorfiskal Dr. Christoph Müller
Augsburg, 4. Mai 1510
Druck: Harpprecht, Staatsarchiv, S. 252f.
Übersendet abschriftlich seine beiden den Konflikt zwischen Bf. Reinhard von Worms und der Rst. Worms betreffenden Schreiben an das Reichskammergericht (Nr. 195, 196) sowie sein (nicht vorliegendes) Gebot an Bm. und Rat von Worms, sich umb solche confiscierte stuck in kein antwurt noch rechtfertigung einzulassen. Gebietet für den Fall, daß der Bf. wegen besagter Stücke Klage beim Reichskammergericht erheben wird, daz du dich als die widerpartey gegen im in antwurt einlassest und die ursachen im rechten gebrauchest, daz uns die durch die obbestimbt sein verachtung und ungehorsam confisciert und heimgefallen sein. Näheres wird Müller durch die Wormser, die ihm rechtlich beistehen sollen, erfahren. Was ihm ferrer zu ausfürung des rechten not wirdet, soll er an ihn gelangen lassen.
Nr. 198 Die in Augsburg versammelten Reichsstände an den Reichskammerrichter Gf. Adolf III. von Nassau-Wiesbaden und die Beisitzer des Reichskammergerichts
Aufforderung, Bf. Reinhard von Worms rechtliches Vorgehen gegen die Rst. Worms zu ermöglichen.
Augsburg, 23. Mai 1510
Worms, StadtA, Abt. I B/1944 Nr. 17, Kop.
Gruß. Wolgebornen, edeln, ersamen und hochgelerten, lb. getreuen und besondern, wir wollen euch nit verhalten, das, als wir in handlung der sachen des Reichs alhie gewest, hat sich der erwirdig in Got Vater, H. Reinhart, Bf. zu Worms, unser lb. besonder frund, in eigner person und durch die seinen bei uns beklagt, wie ime durch ksl. Mt., unsern allergnst H., durch etlich penalmandata und ander wege verhinderung geschehen sei, das er gegen den burgern der stat Wurms und sunst zu seinen und seins stifts obligenden sachen, sonderlich darin er vormals urteil und recht erlangt hat, vor euch nit hab konnen oder mogen rechtlich handlung furnemen. Das ime und seinem stift zu merklicher beswerde und nachteil reyche, bittend, ime mit unser fürbit bei ksl. Mt. zu erscheinen, damit solich verhinderung abgestellt und er nicht, rechtlich gelassen zu sein, sich zu beclagen getrungen werd etc. Des haben wir sein zymlich bitt angesehen und ksl. Mt. umb abschaffung solicher verhinderung und, demselbigen unserm frund von Worms, was recht, vor euch unverhindert gedeihen zu lassen, underteniglich gebeten. Daruf uns sein Mt. gnediglich one einich weygerung zugesagt hat, das soliche verhinderung und usgangen mandata craftlos, tod und ab sein und derselbig Bf. von Worms die burger von Worms vor euch unverhindert furnemen soll und möge etc. Des wir irer Mt. undertenigen dank gesagt, auch davon einen gemeynen artikel in abschid gesetzt haben, wie euch euer gesandter Symon von Ryschach, Dr., das weiter wol zu berichten hat. Das haben wir euch uneroffent nit lassen wollen, gnediglich und frundlich begerend und bittend, das ir gedachtem unserm frund von Worms uf sein ansynnen furderlichs rechtens gegen der stat Worms und sunst gegen einem yeden verhelfet und euch darin gutwillig beweiset. Daran erzeigt ir uns zur billicheit sonder wolgefallen, gnediglich und fruntlich zu beschulden und zu verdienen. Geben zu Augsburg uf dornstag nach dem hl. pfingstag Ao. decimo.
Nr. 199 Weisung Ks. Maximilians an den Reichskammerrichter Gf. Adolf III. von Nassau-Wiesbaden und die Beisitzer des Reichskammergerichts
Ensisheim, 20. November 1510
Druck: Harpprecht, Staatsarchiv, S. 253-255 ( p.r.p.s.; a.m.d.im.p.).
Rekapituliert den Inhalt seines früheren Schreibens zum Konflikt zwischen Bf. Reinhard von Worms und der Rst. Worms (Nr. 196). Hört nunmehr, daß nach dessen Erlaß Kff., Ff. und andere Reichsstände verlangt haben, Bf. Reinhard rechtliches Vorgehen gegen die Rst. Worms zu ermöglichen (Nr. 198). Und sollen deshalben derselb Bf. und Bm. und rat zu Wurmbs vor euch in rechtfertigung steen, mit urtail zu erkennen, ob entweder der Kammerprokuratorfiskal anstelle des Ks. oder Bm. und Rat von Worms auf Klage des Bf. zu antwurten schuldig sein sollen. Diesbezüglich ist seine Auffassung nach wie vor, daß weder gegen Worms verhandelt werden soll, noch Bm. und Rat von Worms die sein sollen, unser und des Reichs oberkeit und gerechtigkeit zu verteidingen. Dies ist ausschließlich Sache des Fiskals. Befiehlt nochmals, dieser Weisung unverzüglich Folge zu leisten und sich nicht davon abbringen zu lassen, dann uns unleidenlichen ist, unser ksl. oberkait zu schmelern.