Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Überfall auf Kaufleute nahe Forchheim während des Trierer Reichstags, Einstufung der Tat als mit der Reichsacht zu bestrafender Landfriedensbruch; [2.] Notwendigkeit einer raschen Bestrafung der Täter; [3.] Ksl. Kommission an das Reichskammergericht zur Vorladung der namentlich bekannten Tatverdächtigen zwecks Purgation; [4.] Verbot des vorzeitigen Einzugs des Besitzes von Tatverdächtigen.

Köln, 25. August 1512

Frankfurt, IfStG, RTA Bd. 29, fol. 63, Orig. Druck ( p.r.p.s.; a.m.d.i.p.).

[1.] Gruß. Erwirdigen, hochgeboren, lb. neven, oheimen, Kff., Ff., wolgebornen, edlen, ersamen, andechtigen und des Reichs getreuen, wiewol unser vorfaren am hl. Reich loblich reformation, guldein bullen, ordnung und satzung zu erhaltung fridens und rechtens aufgericht und wyr nachmals in kgl. wyrde, auch als erwelter röm. Ks. mitsampt des Reichs stende eynen gemeynen lantfryden und ander treffenlich ordnung umb merer handhabung und becreftigung willen desselben frydens und rechtens gesatzt und gemacht, auch, solchs bey acht und aberacht und andern sweren penen und strafen zu halten, geboten haben, alles noch laut und inhalt derselbigen gesetz, reformation, guldein bullen, landfriden und ordnung etc., und wyr dann am jungsten, in unsern und des hl. Reichs treffenlichen, notigen sachen und sonderlichen neben andern von hanthabung fridens und rechtens zu handeln, eynen reichstag gein Trier ausgeschriben, do dan wyr und andere Kff., Ff. und stende erschynen, unter welchen unsern Ff. der erwyrdig Georg, Bf. zu Bamberg, unser F., rate und lb. andechtiger, auch als gehorsamer personlich gewest, so sein wyr doch glaublich und mit grunt bericht, als auch solchs kundich und offenbar ist, wie uber das alles ganz frevenlicher und mutwylliger weyse, auch unersucht, unversagt und unerlangt eynichs rechten, auch on alle redlich ursachen und also zu sonderlicher verachtung und nachteyl uns als röm. Ks. und allen stenden des hl. Reichs eben zu der zeit, diweyl solcher unser reichstag zu Trier gehalten, und nemlich am eritag noch dem sontag vocem jocunditatis nechstverschynen [18.5.12], uf unser und des hl. Reichs freyen strassen nahent bey Vorcheym ganz unversehener und unverwarter ding, auch uber daz, [daß] der angemast haubtsacher, der sich Gotz von Berlichingen nent, an gedachten unsern F. von Bamberg und viel der beschedigten und derselben herschaft vor geubter tat oder darnach byshere keynerley spruch noch anforderung getan, etwoviel unser und des Reichs untertanen aus unsern und des Reichs, auch andern steten, der merern teyl obgemelten steden dozumal zu Trier bey uns versamelt, zugehorig, uber das, [daß] sie des gemelten unsers F. von Bambergs sicherheit und gleyt bey inen gehabt, durch etliche viel gereysige mit gewaltiger, verbotner tat aus eygem, mutwilligem furnemen geslagen, verwundt, beraubt, gefangen, ynen ein merkliche suma gelts und anders, so sie bey ynen gehabt, genomen und darzu in treffenlicher anzale aus yne weckgefurt und geschatzt haben. Dardurch sie zusambt dem begangen fridbruch und andern sweren strafen unser hocheyt veracht und verletzt und in die pene crimen lese maiestatis gefallen sein und also dieselben tetere, yre helfere und beystendere, auch dieyenen, so ynen darzu rate, furschube, unter- oder durchsleyf, essen, trynken oder ander vergunstigung geben oder getun oder sie zu, von oder in solcher tate wissentlich gehaust, geherbergt oder enthalten haben, nach vermoge vorgemelts unsers und des Reichs landfriden und ordnung alsbald mit der tat in unser und des hl. Reichs acht und aberacht gefallen sein. Deshalben dawyder derselben leib, hab und gutere mit den penen, strafen und buessen, in gedachtem unserm landfryden begriffen, und sonderlich, wie sich gegen dem ubel crimen lese maiestatis geburt, gestracks gehandelt werden sol.

[2.] Als uns dann deshalb unser und des hl. Reichs Kff., Ff. und stende, so uf gemeltem unserm gehalten reichstag zu Trier beyeinander versamelt gewest, solchen posen handel mit merklicher grosser beswerde angezeigt und dabey unterteniglich und uf das hochst ersucht und gebeten haben, in solchen mißhandel mit ernst zum furderlichsten zu sehen, damit die tetere, yre anhengere und helfere gestraft, die gefangen yrer gefengnus erledigt, die beschedigten yres genomen guts erstatung und widerkerung erlangt und bekomen, auch andere exempel und scheue empfahen werden, solche und dergleichen bose hendel nit zu uben oder zu tun. Darzu sie nach vermogen unsers landfryden und ordnung getreulich raten, helfen und furdern wollen. Daneben von etlicher solcher beleidigter und beschedigter wegen und sonderlich durch die Eydgenossen, welcher verwandten in gemelter gefengnus und beschedigung auch begriffen, grosse, merkliche und beswerliche clage an uns gelangt ist. Und diweil dan uns als röm. Ks. solche verechtliche, pose myßtat billich zuforderst am allerhochsten bewegt und zu herzen get, wan uns in zeit unser kgl. und ksl. regirung im hl. Reich kein so bose, verechtliche tat begegnet ist, und wo dagegen ernstliche, furderliche, notturftige straf und handlung nit gebraucht, das solchs zurruttung frydens und rechtens und aller guter furnemung und ordnung im Reich ein ursach sein wurde, dem allen nach gemelte mißtat nit allein vorgemelte beleidigte und beschedigte, sonder zufordersten uns und alle stende des hl. Reichs betriefft und zum hochsten beswert und also unser selbst sach ist.

[3.] Und dan solcher mißtat halben als mitteter und verwurklich die nachbenanten, nemlich Conrad von Grumbach zu Rymper [= Rimpar], Agapitus von Hutten, ambtman zu Salecken [= Saaleck], Wolf und Philips von Berlichingen, gebrudere, Hans von Selbitz, Cristoffel von Thungen, Philippsen von Thungen sone, mitsambt zweyen bekanten knechten, nemlich Retzen und Schicken, Cristofel Fuchs von Sweinshaubten mit eynem knecht, Hempel genant, Wilhelm von Schaumberg, Moritzen seligen sone zu Thundorf, Caspar Rabensteiner, Mertein Sutzel, Balthasar Steinruck zu Boppenhausen, Apel vom Stein, wurzburgischer ambtman zu Walburg, Bernhart von Thungen, wurzburgischer ambtman zu Gemunden, Dietrich Fuchs zu Binpach, Reinhart Steinruck, Philips Truchseß zu Wetzhausen, Philips von Moßbach zu Moßbach, Cyriacus von Herbelstat, Georg Fuchs, wurzburgischer ambtman zu Bramberg, Engelhart von Munster, wurzburgischer ambtman zu Zabelstein, Fritz von Thungen zu Zeitloffs, Hans Knor, wurzburgischer zentgraf zu Donsdorf, Bernhart und Sigmund die Moren, gebrudere, gemelter myßtat halb aus redlichen ursachen in verdacht steen, so haben wir die edlen, ersamen unser andechtige und des Reichs lb. getreue Sigmunden Gf. zum Hage, unsern cammerrichter, und N., die beysitzere unsers ksl. cammergerichts, zu unsern volmechtigen, endlichen und unwyderrufenlichen commissarien verordent und gesatzt und yne bevolhen, wie und welchermassen sie solche verdachte persone und andere, so wyr weyter erfaren und yne deshalb benennen werden, fur sich erfordern sollen, sich nach vermoge unsers landfryden und reichsordnung zu purgiren oder aber sambt Gotzen von Berlichingen, der sich angezeigter mißtat halb als ein haubtsacher durch sein selbs offenlich ausschreiben, an uns und etlich stende des Reichs getan [liegt nicht vor], bekent hat, in unser und des hl. Reichs acht, aberacht und ander pene und straf verkundt zu werden, zu sehen und zu hören, alles nach laut und inhalt derselbigen unser ksl. commission, der datum stet in unser und des hl. Reichs stat Coln am 30. tag August hernach geschriebner jarzale [Nr. 1048].

[4.] Und nachdem aber solcher obgenanter personen verdacht so mit glaublichem schein fur uns bracht, zudem, das an denselbigen enden, so die tate gescheen, ein offenlich gerucht und leumu[n]t davon erschollen, darumb sich wol zu vermuten und zu versehen ist, das benante verdachte person solcher mißtat halben schuldich und verwurklich synde und darumb vorgemelte purgation nit tun mogen und zu besorgen ist, das sie umb merer empfliehung willen geburender straf, yre hab und gutere, ligent und farent, zu verendern, zu flehen [= flüchten], verschieben oder verpergen oder in ander weise zu verwenden, sich untersteen mochten, das dan uns als röm. Ks. aus vorgemelten und andern treffenlichen ursachen nit zu gedulden oder zu leyden were. Und darumb, zu merer furkomung desselben, so gebieten wyr allen und yglichen obbenanten und andern unsern und des Reichs untertanen, in was wyrden, stands oder wesens die sein, geistlich oder werntlich, bey vermeydung unser ungnaden, auch unser und des Reichs acht und aberacht und andern sweren penen und strafen ernstlich und vestiglich und wollen, das, vor und ehe sich obgenante verdachte persone, wie obberurt ist, purgiren und desselben von gedachtem unserm cammerrichter und gericht notturftig brieflich urkunde erlangen, niemant keynerley yrer hab und gutere, ligent oder farent, mit kaufen oder lehenmachen oder in ander weyse, in was gestalt das gescheen mocht, von ynen annemen noch ynen dieselbigen verfuren, verbergen, verschieben oder flehen helfen oder den seinen noch in dem seinen zu tun gestatten oder zulassen solle.1 Und wene auch sonsten ein yder ausserhalb obbenanter persone gemelter tat, als vorstet, verwurklich weste, erfure oder aber deshalben in redlichen verdacht hette, sich deshalben gegen denselben gleichermassen wie gegen den obbenanten verdachten personen zu halten. Und wo yemant vor ausgang dits unsers ksl. mandats nach vorgemelter geubter tat derselben tetere, yrer helfer, enthelter, furschieber und anhenger hab und gutere, ligent oder farent, obberurtermassen oder sonst ein- oder angenomen het, sich derselbigen on allen verzuck zu entslahen. Und wie da gegen denyenen, so gemelter myßtat halben nachmals in die acht verkundet werden, auch derselben helfer, enthelter, furschieber, durchsleifer und anhenger, als vorstet, auch derselben leib, hab und gueter ferner sol gehandelt [werden], das sol durch uns, auch durch gedachten unsern cammerrichter und beysitzer durch andere offenliche mandat weiter und ferner verkundigt werden. Wan welcher oder welche dieses unser obgemelt gebot uberfaren und darin ungehorsam erscheynen werden, so sol doch dasselbig annemen zuforderst keyn craft haben, sonder dieselben hab und güter nit weniger bey solchen an- oder eynnemern als den rechten teteren mit der tat gesucht werden und sie darzu mit obgemelter wissentlichen uberfarung in unser und des hl. Reichs acht und aberacht, auch deshalb alle pene und straf, darin begriffen, gefallen sein. Darein wyr sie ytzo als dan und dan als ytzo als röm Ks. wollen erclert und verkundt haben, allermassen gegen ynen zu handelen und furzunemen, wie sich gegen unseren und des Reichs offenbaren, verkundten echtern und aberechtern zu tun geburet. Und tun das alles mit rechter wyssen, auch aus ksl. macht und volkomenheit. Mit urkunde dits brifs, geben in unser und des hl. Reichs stat Coln am 25. tag ditz monats Augusti nach Cristi gepurt 1512, unser reich des röm. im 27. und des hungerischen im 23. jaren.

Anmerkungen

1
 In einer am 31. August 1512 in Köln ausgestellten Urkunde verbot Ks. Maximilian nochmals ausdrücklich, die Güter derjenigen Personen, die der Beteiligung am Überfall auf die Kaufleute bei Forchheim verdächtigt werden, käuflich oder durch Lehenmachung anzunehmen, bis die Beschuldigten vor dem Reichskammerrichter Gf. Sigmund zum Haag und den Gerichtsbeisitzern von dem Verdacht gereinigt und hierüber Urkunde empfangen haben. Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Urkunden Nr. 140, Orig. Perg. m. S.