Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Widerstand der Städte gegen die Aufnahme von Adeligen in städtische Räte; [2.] Mutmaßungen über die Haltung des Ks. gegenüber der Regensburger Ratswahl; [3.] Inhalt eines venezianischen Friedensangebots; [4.] Vergebliche Suche der Gesandten nach einem geeigneten Schreiber; [5.] Bevorstehende Ankunft des Ks., Mutmaßungen über einen Frieden mit Venedig; [6.] Unterstützungszusage des Ks. für Großfürst Wassili von Moskau (oder Kg. Sigismund von Polen).

[Augsburg], 20. Februar 1510

München, HStA, Gemeiners Nachlaß 28, fol. 48-50, Orig. Pap. m. S. (Präs.vermerk: 2a post reminiscere [25.2.10]).

[1.] Gruß. Uns hat an mitwochen [20.2.10] im rat von etlichen steten angelangt, wie etlich vom adl in uebung pey ksl. Mt. sein, als solten vom adl in rat gesetzt werden. Sich diselbigen stet, ob dem also sey, ab uns erkunden wollen. Wir gesagt, haben des kain wissen. Wirdet von demselbigen geredt, wo es solt darzue kumen, das der adel di stet wolt regiren, wer swer. Darumb sind vier statt vom Reich verornet, ob ainer stat solch weswerd furfiel, denenselbigen anzepringen und furon dorinen handlen. Des wir uns noch paß erkunden wollen, als ich wericht sey, Augspurg, Nürmberg. Welich di andern zwo sind, [ist] mir abgefallen, doch aller ding wollen wir uns paß erfragen und nit pesser das und anders ze handeln, diweil der reichstag werd. Darumb, ob euer weishait was zukumen wer, wollet uns werichten.

[2.] Es ist nit yederman wider Regenspurg. Wo ksl. Mt. der wal halben recht wericht, was schadens daraus erwaxen würd, sein Mt. hets nit verhindert, als wir wissens aus der kanzley haben. Wol zu gedenken, das uns hie vil wegegent werd.

[3.] Gunstigen, lb. Hh., ainer aus wefelch der Venediger [Wolfgang Wiener] hat an di stet langen lassen, er hab schriften von den Venedigern an di stet und anders zu pringen. Also haben di stet weslossen, diweil di sachen also sten und vor an di ksl. Mt. nit gelangt, so wollen di stet nichtz annemen. Also ee man ime di antwort geben, hat der von Zorn, der [Bf. Matthäus] von Wurck [= Gurk], Serenteiner, H. Pauls von Liechtenstain nach ime geschickt und ab ime erkunget und verpoten, das er di brief nit antworten wol, pis ksl. Mt. vor der handlung ee wericht hab. Und hat auch gelait, des er di stet horen hat wollen lassen, aber nit angenomen, zu sehen. Lest sich die potschaft horen, das di schrift nit mer in sich halt, dan das di stet pey ksl. Mt. und unserm Hl. Vater Babst daran und verholfen wollen sein und di Venediger zu genaden aufneme, mit grossem erpieten, dan si stene im wasser pis an den mund. Wo aber ye ksl. Mt. [und] unser Hl. Vater Pabst sy ye nit vertragen und zu genaden aufnemen wolt, so musten si wetrachten und furnemen, das dem hl. Reich, teu[ts]cher nazion und gemainer kristenhait zu grossem nachtail, verderben und pluetvergissen kumen mag; das si je nit gern tun wolten. Wird verstanden auf di Turken. Also leit der sandbot hie, hat kain verschreiben an di versamblung, sunder allain an Hg. Fridrich von Saxen und an di stet und nur umb hilf ze piten. Dan der, [der] jezund hie ist, hat sovil pey ksl. Mt. un[d] den Venedigern gehandlt, das sein ksl. Mt. seine rat gein dem Spitalein [= Ospedaletto] zu verhort pracht hat. Also habt euer weishait di neu warlich zeitung zu wissen getan, dannoch pesser von andern in di welt gepracht, dan von uns. Euch im pesten nit verhalten, was uns wegent, euer weishait wider zu berichten und kein vleis nit sparen.

[4.] Wir haben euer weishait vor gesagt, das wir ains schreibers notdurftig gewest. Wesorgen, der sachen vil sein werden. Wellet pey dem kanzler [Hans Kolb] verfuegen, das er auch mit schreiben willig sey. Haben uns erfragt, das wir kainen geschickten zu unsern sachen in allen orten nit vinden mochten. Wo wir ainen versprochen diener heten, als ich verhoff, kanzler auch sich darinne nit verdriessen laßen wird, das wirt gemeiner stat not sein werden, dan zu wesorgen, an ainem ort nit gehandelt wird. Haben wir euer weishait im pesten nit wollen verhalten. Datum an mitwoch nach invocavit Ao. decimo.

[5.] Zettel (von anderer Hand): Item als wir gewißlich zugeschrieben, ksl. Mt. werd an heut, dato [20.2.10], nemlich als wir auch wericht sind, herkomen, also ist an heut, dato, unser gn. H. von Mainz zu ksl. Mt. geriten. Aber die ret sind vast alle hie, als ir vor hert, gegen der potschaft Venedig gehandelt. Man redt wol davon, als mocht es zu vertrag komen, aber noch lenger zeit wedurfen.

[6.] Item der Kg. Orgeima1hat den Tatern ain niderleg getan, schreibt ksl. Mt. umb hilf. Hat sich ksl. Mt. merken lassen, demselbigen Kg. hilf und peystant ze tun, als Gf. Sigmund von Hag und Gf. Lienhart [zum Haag] hat horen lassen, auf der wegeknus zu Mindelhaim offenlich gehort und verkundt ist. Alda sein Mt. di edlen, so in dem krieg umbkumen, wegen [= begehen] hat lassen. Mit eil geschrieben.

Anmerkungen

1
 Es handelt sich wohl entweder um den Großfürsten Wassili von Moskau, mit dem Ks. Maximilian seit längerem in Beziehungen stand, oder um Kg. Sigismund von Polen, der sich um 1510 in Auseinandersetzungen mit den Tataren befand. Vgl. Wiesflecker, Kaiser Maximilian 4, S. 174f.; Goldberg, Zwanzig Jahre, S. 20-29.