Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Aushändigung des Kredenzschreibens; [2.] Empfang der Antwort des Ks. auf das Vorbringen Hg. Erichs von Braunschweig(-Calenberg); [3.] Kritik an den ksl. Vorschlägen; [4.] Nochmalige dringende Bitte um Unterstützung im Krieg gegen Gf. Edzard von Emden; [5.] Vorschlag zur Aufbringung einer Geldhilfe in den Niederlanden; [6.] Bereitschaft, den größten Teil Frieslands vertraglich in die Verfügungsgewalt des Ks. zu überstellen oder in die Niederlande zu inkorporieren; [7.] Auftrag zu öffentlicher Protestation bei verweigerter ksl. Hilfeleistung.

Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 8185/3, fol. 37a–42a, Kop. (Überschrift: Hirnach volgt die instruction, so Dr. Werter ader sins abwesens H. Niclas Zigler an ksl. Mt. solle gelangen lassen).

/37a/ Zu merken, was Dr. Dieterich von Werterde von unsern wegen an röm. ksl. Mt., unsern allergnst. H., antragen und handeln soll

[1.] Erstlich sal er mit uberantwortung seiner credenz [liegt nicht vor] von unsern wegen, wie sichs gezimbt, undertenige erbietung tun und nachfolgende meynung furtragen:

[2.] /37b/ Nachdem wir uch zu ksl. Mt. geschickt mit bevelh, seiner Mt. unser beschwerlichs oblygen und wie unser kriegsubung in Friesland gestellt wern, underteniglich furzutragen und sein Mt. umb gn. rat, hilf und beystand anzurufen, welchs unzweyfelich durch euch, auch durch unser beyschrift [liegt nicht vor] an sein Mt. notturftiglich gelangt, ist uns durch euch kurzlich vergangen schriftlich vermeldet worden [Nr.505], das ime H. Niclas Zigler von wegen ksl. Mt. anzeygung getan, wie sein ksl. Mt. durch den hochgebornen F., unsern lb. ohmen und swager Hg. Erichen von Brunswig etc. in berurter unser sachen angesucht sey. Dem hab sein Mt. schriftliche antwort [Nr.504] gegeben, wie ir auch derglychen bekommen solt. Derselbigen abfertigung uns von euch abschrift zugeschickt und darneben angezeigt habt, wie euch von wegen ksl. Mt. neben solcher abfertigung angesagt sey, das ir euch widerumb zu uns fugen soltet, und so ir uber sechs wochen erfarn wurdet, das sich ksl. Mt. aus dem gebirge erhaben, so mochtet ir widerumb auf den reichstag komen, wie solchs allenthalben an uns gelangt ist etc.

[3.] Und wiewol wir nicht zweiveln, das solche furslege, so in berurter ksl. Mt. abfertigung begriffen, durch sein Mt. uns zu gnaden im allerbesten /38a/ geschehn und das es von seiner Mt. uns zu gut gnediglich und wol gemeynt werde, befinden wir doch daraus, das uns dieselbigen wenig ader gar nichts furtreglich noch hilflich sein mögen, angesehen, das sie weytleuftig und aus vil ursachen zu keinem sleunigen ende dinstlich sein, dann es werde erstlich in solchem keyn abschied berurt, das auf ksl. Mt. getanem schreyben und erfordern [Nr.513] der Bf. [Erich] von Münster, auch die beyde Hgg. [Johann II. und Johann III.] von Cleve, desgleychen obgemelter unser lb. oheym und swager Hg. Erich von Brunswig und wir unsere rete auf sontag letare schirsten [18.3.15] zu Frankfurt haben. Da solle alsdenn seiner Mt. botschaft auch erscheynen und denselbigen unser allerseits Ff. geschickten reten etliche meynung des gemeynen pfennigs halben, wie derselbig ksl. abschied ferner ausweyst, furtragen. Nu ist wol vormutlich, so die munsterischen und clevischen rete solch der ksl. Mt. potschaft furtragen und beger anhören, sie werden sich hinder iren Ff. in nichts begeben, sundern sagen wollen, das sie sich dieser handlung nicht vorsehen, hetten auch derhalben von iren Ff. und Hh. keinen bevelh, mit erbietung, dasselbig an ire Hh. gelangen zu lassen. Aus welchem erfolgen wollte, das dieselbig handlung auf dasmal wenig frucht bringen und sich die sach dadurch in die leng vorziehen würde. /38b/ Und ob gleich gemelter Ff. geschickten den gemeynen pfennig bewilligen, werden doch unsers vormutens dieselbigen Ff. mit uberreychung solcher hulf nicht den anfang machen, sundern erwarten wollen, wie sich andere Kff., Ff. und gemeyne stende des hl. Reichs auf dem reichstag darinne halten werden, sich alsdenn auch darnach zu richten, welches abermals vorlengerung einfuren will.

Darbey ist auch zu besorgen, ob gleych angezeigter gemeyner pfennig von allen stenden zugesagt, so werde doch, wie bisher gewonlich geschehn, dieselbig hulf langsam vorsamelt und villeicht etlichs nymmer einbracht. Darumb wir uns auch darauf, wie ksl. Mt. uns in irem abschied anzeygung getan, wenig und langsam zu vortrosten haben. Und ob gleych von obgemelten Ff. von Monster und Cleve ir teyl des gemeynen pfennigs sleunig nydergelegt und gegeben, würde es doch zu solchem krieg wenig erschieslich noch furtreglich und kaum der anfang des kriegs domit zu erhalden sein.

So achten wir auch bey uns, das sich die obgemelten Ff. von Munster und Cleve in keinen wege ader swerlich werden bewegen lassen, uns wider den /39a/ Hg. [Karl] von Gellern einiche hulf ader beystant zu tun, aus ursachen, das sie nach gelegenheit irer sachen den Hg. von Gellern nicht gerne uf sich laden. Und ob sich die ksl. potschaft understehn würde, sie mit draue und scharfen worten darumb anzureden, wie im abschied dorvon anzeygung geschiet, ist wol vormutlich, weyl sie zuvorn ksl. Mt. harten und scharfen mandaten, die inen von seiner Mt. vormals zugeschickt sein, keinen gehorsam geleyst, sye werden solcher itzigen draue auch wenig achten.

Und nachdem in vilberürtem ksl. abschied weyter vormeldet wirdet, ob die angezeigten furslege alle nicht helfen wollten, so solte dieser sachen mit stiftung einer heyrat wol rat zu finden sein, also das wir sampt unsern vettern [Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen] und bruder [Hg. Heinrich] unser ansprach an Gulch und Berge solten fallen lassen, wie denn solch derselbig artikel mitbringt, darauf ist unser bedenken, das derselbig furslag fast weytleuftig. Es sey auch nicht wol darauf zu gründen aus disen ursachen, weyl unsere vettern und bruder zu dieser handlung nicht erfordert sein, wolle uns in keinen wege fugen, hinder iren lieben in ichtes zu willigen, nachdem es auch in unser /39b/ macht alleyn nicht stehe, berürte ansprach, daran uns doch nicht mehr denn der vierde teyl zustendig ist, hinder unsern vettern und bruder, die auch gerechtigkeit darzu haben, zu begeben. Darzu steht es auch in eynem zweivel, ob solchs bey iren lieben ane sunderliche vorgleychung ader ander vorsicherung zu erlangen sey. Solte denn itzund zu Frankfurt derselbig handel furgenomen und erst nachfolgend an unsere vettern und bruder gebracht und ir gemüte darinne erlernt werden, wolte abermals vorlengerung geben und uns dodurch wenig geholfen werden.

So ist uns auch in keinen weg zu raten, die obberürten Ff. Munster und Cleve mit der garde, so ksl. Mt. durch ire houptleute verorden werde, anzugreyfen und umb iren ungehorsam zu strafen, wie uns dasselbig in ksl. Mt. abschied furgeslagen ist, dann unser notturft nicht erfordert, uns in neuen krieg zu begeben, nachdem in unserm vormogen nicht ist, diese sache ane seiner ksl. Mt. hulf auszufuren, vil weniger einen neuen krieg anzufahen.

Aus disen obberurten und andern ursachen erscheynt, das die furgeslagene artikel alle sich in die lenge vorziehen und nicht sleunig von stat gehen, uns auch domit wenig ader gar nichts mag geholfen werden.

[4.] /40a/ Dieweyl denn dieser handel, domit wir itzund belast sein, keinen verzug leyden will und in unser macht gar nicht ist, solchen krieg lenger zu verhalten ader ane seiner Mt. hilf und beystand ichts darbey zu tun, vil weniger, solcher grossen macht zu widerstehn, wie wir solchs seiner Mt. personlich, auch durch euch notturftiglich erzelt und furgetragen haben, sey demselben nach nochmals unser undertenige bitt, ksl. Mt. wolle gelegenheit dieser sachen gnediglich und wol betrachten und sunderlich ansehen, was seiner Mt. und dem hl. Reych daran gelegen und das zu verhoffen, wo mit der eyle statlich darzu getan, das dieser sachen noch wol solle zu helfen sein. Wo auch widerumb nachlessig darinne gehandelt, sey zu besorgen, das die andern Friesen, die noch im gehorsam leben, sich auch an den Hg. von Gellern slahen und die besetzung, die wir noch innehaben, durch die feynde erobert und eingenommen und also das ganze land dem hl. Reich entzogen werde. Welches leychtlich geschehn kann aus ursachen, das der Kg. [Franz] von Frankreich, als wir bericht sein, den haufen knecht, den wir diß jar underhalden, getrennt und von denselbigen bey zweytausent in seinen dinst bracht, ime auch teglich mehr kriegsleute zuziehen /40b/ und das zu besorgen, die andern knecht, der bey 2500, als wir bericht, noch beyeinander sein und unsers beschieds erwarten sollen, wo sie nicht forder in dinst bestellt, das sie sich ouch zum Franzosen begeben werden, und wo uns dieselbigen auch abgestrickt wurden, die andern, so noch in den besitzungen sein, weyl sie nicht rettung haben, sich auch nicht wol lenger erhalden konnen. Dodurch es kleyner not bedorft, das der Hg. von Gellern das ganze Friesland uberkomen und anstat des Kg. von Frankreich in seine hand bringen mag. Und wo dasselbig also geschehe, sey nachfolgend schwerlich rat darzu zu finden, denn wenn er das land gewaldiglich innehat, kann er teglich, wenn es die notturft erfordert, bey 20000 mann werhaftigs volks alleyn aus Frieslanden stark werden, ane was er in seinen eygen landen aufbringen mag. Was guts daraus volgen, wie leydlich auch dasselbig röm. ksl. Mt. und dem hl. Reich sey, ob auch zwischen berurtem Hg. von Gellern und den Nyderlanden gute nachbarschaft und einigkeit bleyben moge, habe sein ksl. Mt. und meniglich leychtlich zu ermessen.

[5.] So sey auch zu besorgen, das alsdenn der Franzos ader der Hg. von Gellern an seiner stat nicht ruen werden, sich zu understehn, von den anstossenden landen mehr flecken und befestung an sich zu bringen, nachdem vil derselbigen gut gellerisch sein. Darumb mogen sie auch leychtlich bewegt werden, von dem Reich abzufallen und sich under den Franzosen ader Hg. von Gellern zu geben. /41a/ Welches alles, wo mit der eyle und statlicher hulf darzu gedacht wirdet, wol zu vorkomen ist, das auch durch ksl. Mt. leychtlich und ane grosse beschwerung mag verschafft werden, und sunderlich in dieser gestalt, das sein Mt. mit seiner Mt. eniklen Hg. Karln von Burgundien etc. vorfugen wolle, darob zu sein, das ufs allereylendst in seiner lieb erblichen Nyderlanden ein redliche summa geldes, eins ader zweymal hundertausent fl. rh., aufbracht und vorsamelt und uns furgestreckt werde, den krieg dorvon zu underhalden, und ob die Nyderland beschwerung haben würden, solche summa geldes in unser hende ader gewalt zu uberlifern, ist uns nicht entkegen, das sie selbst leute darzu verordnen, solch gelt zu underhaldung des kriegsvolks und ander notturft auszugeben und dorvon rechnung zu halten.

[6.] Wo das geschicht und in keinen verzug gestellt wird, haben wir nicht zweivel, es solle den feynden mit hulf des Almechtigen abgebrochen und die lande widerumb zu gehorsam gebracht werden. Darzu wir uns mit unserm leyb zu gebrauch nicht wollen beschwern lassen. Und so uns Got die gnade vorleyhen (als wir verhoffen), das wir die ungehorsame strafen und die land widerumb in unsern gewalt und gehorsam bringen, alsdenn wollen wir dieselben /41b/ Friesland ausserhalb der Bilde1, die uns von seiner Mt. in sunderheit vorschryben, in röm. ksl. Mt. handen stellen und uberantworten, mit diser undertenigen erbietung, was seiner Mt. geliebt, uns darkegen zu gn. vorgleychung und widerstattung geschehn soll. Wollen wir in seiner Mt. willen gestelt und daran ein gnügen haben.

Und auf das sein Mt. dieser unser erbietung nicht zweivel tragen dorfe, haben wir keine beschwerung, uns gegen seiner Mt. zu vorschreyben, derselbigen unser zusage, wie berurt, volg zu tun. Wo es auch seiner Mt. gefellig, ist uns nicht entkegen, wo die Friesland zu unsern handen gebracht, das dieselbigen den Nyderlanden eingetan werden, sich irs aufgelegten geldes daran zu erholen, domit sie sovil williger werden, solche obberürte summa gelts aufzubringen und furzustrecken.

Wollte aber ksl. Mt. des auch nicht gesetigt sein, so erbieten wir uns seiner Mt., die befestung und was wir in Friesland noch in unserm gehorsam und gewalt haben, ausgeslossen die Bilde, seiner Mt. alsobald einzureumen, dasselbig in der Nyderlender hende zu stellen. Darkegen wir seiner Mt. gn. vorgleychung nach seiner Mt. selbst gefallen wollen gewertig sein.

[7.] /42a/ Solchs alles sal unser geschickter ksl. Mt. nach der lenge furtragen, und ob er etwas bey sich bedecht, das not, an ksl. Mt. zu gelangen lassen, sal er auch zu unserm besten treulich vleyssigen. Wurde nu uber diß alles, auch vorigs unsers vilfeltigs, undertenigs ansuchen ksl. Mt. uns solch unser bitt abslahen und uns von seiner Mt. und dem hl. Reich nicht statlich noch sleunig geholfen, alsdenn wollet ksl. Mt. anzeygen und von unser wegen offentlich protestirn, ob darüber die Friesland ganz und gar durch die feynde erobert und wir benotigt würden, die befestung den feynden zu ubergeben ader das wir sust wege furnemen müsten, unser bestes zu trachten, domit wir nicht also mit ledigen henden dorvon abstehn und das merglich darlegen, so wir darauf gewendt, genzlich verliern dorften. Wollen wir uns kegen ksl. Mt. und das hl. Reych entschuldigt haben und nyemands darumb zu antworten verpflicht sein. Dorvon ir offentlich protestiren sollet. Abgefertigt zu Leipzk am montag nach reminiscere Ao. etc. XV.

Anmerkungen

1
 Ein Het Bildt genanntes großes Gebiet nordwestlich von Leeuwarden, das auf Veranlassung Hg. Georgs von Sachsen ab 1505 durch Eindeichung entstand. Das Projekt bot den Friesen jahrelange Beschäftigung und verlieh der regionalen Wirtschaft wichtigen Auftrieb. Vgl. Baks, Modernisierung, S. 156.