Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Langwierige Auseinandersetzungen seines Vaters Hg. Albrecht und von ihm selbst mit Groningen, Gf. Edzard von Emden und Hg. Karl von Geldern; [2.] Bitte an die Reichsstände um Unterstützung der Bemühungen zum Schutz Frieslands vor dem Zugriff Kg. Ludwigs/Franz’ von Frankreich und Hg. Karls von Geldern.

Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10181/5, fol. 2a–5b, Konz. (Kanzleivermerk auf der Rückseite: Instruction auf Dr. Dietrich von Werterde auf den reichstag gein Freyburg in Preysgau).

/2a/ Zu vormerken, was unser gewalthaber [Dr. Dietrich von Werthern] auf dem ausgeschryben nechstkunftigen reichstag von unser, Hg. Georgen von Sachsen, wegen an Kff., Ff. und andere stende des hl. Reichs werbend antragen solle1

[1.] Nach fruntlicher, heymlicher und gebürlicher erbietung ist zu sagen, inen sey unzweivelich unvorporgen, wie röm. ksl. Mt., unser allergnst. H., sampt allen stenden des hl. Reichs vor etlichen vorschynen jarn dem hochgebornen F., H. Albrechten, etwen Hg. zu Sachsen etc., unserm lb. H. und vater seliger, loblicher gedechtnus, die erbliche gubernation und regirung aller Friesland inhalts einer commission, so sein ksl. Mt. demselben unserm H. vater und uns dorüber gegeben, bevolhen und commitirt hat.2 Und wiewol solche commission Bm., rat und ganzer gemeyne der stat Groningen vorkundigt und ernstlich geboten worden, obgemelten unsern lb. H. und vater und uns von seiner Mt. und des hl. Reichs wegen /2b/ zu erblichen gubernatorn anzunemen und pflicht zu tun, haben sich doch dieselbigen von Groningen dawider gesetzt und aunsern H. vater zu zeit sins lebens noch uns nach seinem totlichen absterben3,–a fur keinen gubernator annehmen noch erkennen wollen. Dodurch bunser H. vater und–b wir zu volkomener regirung und gubernation obberurter Friesland nicht haben kommen mögen. Derhalben wir die zeit geursacht, die von Groningen mit tätlichem furnemen anzutasten. Und wiewol wir sie dermassen genotigt, das sie sich nicht wol lenger hetten erhalten mögen, haben sie sich doch uber das an den Gf. [Edzard] von Embden gegeben und cksl. Mt. commission zu entkegen–c mit demselben sunderliche vortrege aufgericht und beslossen. /3a/ dDerselbig Gf. hat sich auch aus bösem, ungetreuem gemüte understanden, durch vorreterey uns von den ganzen landen zu bringen. Des wir uns gegen ksl. Mt. beclagt. Darauf sein Mt. nach verhorung und handlung, zwischen uns und dem Gf. ergangen, demselbigen Gf. ernstlich geboten, sich der von Groningen zu eussern und uns die stat abzutreten und einzureumen. Dieweyl aber der Gf. solchem ksl. Mt. mandaten keinen gehorsam geleyst, ist ksl. Mt. bewegt–d, den Gf. sampt allen seinen anhengern und helfern in seiner Mt. und des hl. Reichs acht und aberacht zu ercleren und zu vorkunden. eUnd wiewol ksl. Mt. denselben von Groningen durch sunderliche mandat ernstlich geboten, sich des Gf. zu entslahen und uns als seiner Mt. und des hl. Reichs gubernator in die stat einzulassen, sein sie doch daruber dem Gf. also fort und fort anhengig blyben und sich erclerter acht teylhaftig gemacht. Derhalben wir verursacht, wider sie als echter und ungehorsame des hl. Reichs mit der tat feyntlich zu handeln.–e […] Nachdem aber der Gf. sich bey dem Hg. [Karl] von Gellern umb hilf und beystand befleyssigt, hat gemelter Hg. von Gellern zweymal nacheinander etlich volk zu roß und fueß den von Groningen zu gut ins land geschickt, die wir und die unsern byde mal widerumb mit irem schaden und abbruch aus den landen geslagen. Und so die von Groningen vormerkt, das sie sich nicht haben lenger erhalten mögen,/3b/ der Gf. auch besorgt, das er sie vor uns nicht vorteydingen kont, habe er die stat vorlassen und durch ungetreue practica bey dem Hg. von Gellern sovil verfugt, das desselbigen Hg. marschal Wilhelm von Oy in die stat Groningen komen. Dem die von Groningen einsteyls fund doch nicht alle–f von wegen des gemelten Hg. in namen kgl. wirde [Ludwig/Franz]4 zu Frankreich (als wir bericht sein) gehuldigt, gelobt und geschworen, als nachfolgend sie in einer schrift, die sie uns auf unser schriftlich ansuchen zu antwort geben, selbs bekennen, das sie den gemelten Hg. von Gellern zu irem erbherren angenommen. Es hat auch der gemelt Wilhelm von Oy, als er in Groningen kommen, ein offen mandat under seinem petschir und underschrybener eygener hantschrift an die einwoner der umbland ausgehen lassen, darinne er von wegen kgl. wirde von Frankreich und des Hg. von Gellern etc. als Hh. von Groningen vorboten, uns auf unser ersuchen nichts zu pflegen noch zu geben, wie die schriften, die derhalben noch vorhanden, solchs allenthalben /4a/ anzeygen und besagen. Darüber hat vilgemelter Hg. von Gellern durch furderung etlicher unser ungetreuerg undertanen in Westerland, die sich zuvor ein lange zeyt unsers gehorsams gehalten, etlich kriegsknecht in dieselben unser Westerland geschickt, die etliche stete und flecken eingenommen, der meynung, uns von den andern landen auch zu dringen. Deshalben wir unser kriegsvolk in Westerland geschickt, zu verhüten, dass uns das ander land, so sich noch unsers teyls halte, nicht ganz entzogen würde.

[2.] So wir aber aus angezeigten hendeln vormerkt, das uns nicht wol moglich, solchem furnemen ane ksl. Mt. und des hl. Reychs hulf und beystand zu volfaren, nachdem wir bereyts aus unser selbs macht ein merkliche suma gelts darauf gewendt, auch den knechten uber zwene monden solt schuldig blyben, sein wir vorursacht, ksl. Mt. als unserm allergnst. H.,/4b/ von dem wir solche land in bevelh haben, umb gn. hulf und beystand underteniglich anzurufen, der hofflichen zuvorsicht, bey seiner Mt. trostliche hulf zu erlangen. Weyl wir aber von seiner ksl. Mt. mit gn. antwort widerumb abgefertigt, der gn. vertrostung, das sein ksl. Mt. diese handlung und unser beschwerlich oblygen auf disem reichstage Kff., Ff. und stenden furtragen und gnediglich furdern wolle, domit uns in disen sachen moge geholfen werden [vgl. Nr.500 [7.]], ist demselbigen nach bey Kff., Ff. und gemeynen stenden nach gepurnus eins yeden stands fruntlich zu bitten und gutlich zu begern, das sie diß beschwerlich oblygen vleyssig beherzigen und zu gemute ziehen, und wollen neben röm. ksl. Mt. ernstlich darin gedenken, domit solchem des Kg. von Frankreychs und Hg. von Gellern gewaltigem furnemen mochte widerstanden,/5a/ die von Groningen zu undertenigem gehorsam gebracht und uns als röm. ksl. Mt. und des hl. Reichs gubernator zu underhaltung des kriegsvolks und ausfurung dieser kriegsubung tröstliche hulf möchte geleyst werden, angesehen, das ksl. Mt. und dem hl. Reich an disen sachen merklich und vil gelegen, und vormutlich, wo der Franzos und Gellern diese land in ir gewalt bringen, das dem hl. Reich nicht alleyn durch dieselbigen Friesland merklicher abbruch geschehen, sondern das auch daraus die anstossenden land, als nemlich Holland, die stift Utrich, Lüttich, Monster und andere umblygende Hftt. hund stete–h dem hl. Reich mochten entzogen und zu des Franzosen handen gebracht werden. Was schade und merklicher nachteyl dem hl. Reich daraus ervolgen wollte, hette meniglich bey sich zu ermessen. Darumb were unser fruntliche bitt, gutlich beger, auch treuer rat und wolmeynung, das sie solchs nicht verachten und ufs treulichst /5b/fleyssigen wollen, solchem des hl. Reichs schaden und abbruch zu furkomen, mit erbietung, was wir unser person halben darzutun konten, das es daran nicht mangeln sollte. Wir wollten auch solchs alles umb die Kff., Ff. und gemeyne stende fruntlich vordienen, gutlich vorglychen und in allem gutem erkennen.

Anmerkungen

1
 In seiner undatierten, jedoch wohl ebenfalls vom Februar 1515 stammenden Vollmacht beauftragte Hg. Georg Dr. Werthern, an seiner Stelle den Reichstag in Freiburg i. Br. zu besuchen und des Reichs handlung zu warten. Was die Reichsstände und Dr. Werthern dort beschließen würden, werde er einhalten. Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10181/5, fol. 6a, Konz.
2
 Urkunde Kg. Maximilians, Freiburg i. Br., 20. Juli 1498. Regest: Wiesflecker, Regesten II,1, Nr. 6436. Vgl. Baks/Werff, Saksers yn Fryslân, S. 21–23, Nr. 10; Baks, Albrecht der Beherzte, S. 111f.; Ders., Modernisierung, S. 139f.
a
–a Korrigiert aus: uns.
3
 Am 12. September 1500.
b
–b Am Rand hinzugefügt.
c
–c Am Rand hinzugefügt.
d
–d Korrigiert aus: Und wiewol nachfolgend röm. ksl. Mt. denselbigen von Groningen durch seiner Mt. mandat und gebotsbrive ernstlich bevolhen und mandirt, sich des Gf. zu entslahen und uns als seiner Mt. und des hl. Reichs gubernator die stat einzureumen, haben sie doch solchs auch veracht und sein daruber dem Gf. von Embden also fort und fort anhengig blyben. Derhalben sein Mt. geursacht.
e
–e Korrigiert aus: Aus welchem allem sich erfolget, das wir uns gegen dieselben von Groningen als röm. ksl. Mt. und des hl. Reichs echter und ungehorsame mit der tat feyntlich erzeigt.
f
–f Am Rand hinzugefügt.
4
 Da sich die Instruktion nicht genau datieren lässt, ist nicht sicher zu entscheiden, ob hier der am 1. Januar 1515 verstorbene Kg. Ludwig XII. oder sein Nachfolger Franz I. gemeint ist.
g
 Am Rand hinzugefügt.
h
–h Am Rand hinzugefügt.