Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Verlauf der Auseinandersetzungen zwischen Bf. Johann von Worms und der Rst. Worms; [2.] Fortsetzung der Differenzen nach seinem eigenen Regierungsantritt; [3.] Mangelnde Stichhaltigkeit des Vorwurfs seiner Ächtung als Folge seines Verhaltens im Landshuter Erbfolgekrieg; [4.] Seine mehrfachen Bitten an den Ks. um Hilfe gegen Worms; [5.] Fortgesetzte Beeinträchtigung seiner Rechte durch die Rst.; [6.] Ksl. Befehl zur Einstellung seiner Klage vor dem Reichskammergericht und zum Stillstand gegen Worms; [7.] Sein neuerliches Bemühen um Zeugenbelege für die Richtigkeit seiner Rechtsposition; [8.] Teilerfolg auf dem Augsburger Reichstag (1510); nachfolgend Verhinderung seiner erneuten Klage vor dem Reichskammergericht durch den Ks.; [9.] Scheitern eines Vermittlungsversuchs auf dem Trierer Reichstag (1512); [10.] Beschluss des Kölner Reichstags (1512) über die Weiterbehandlung des Konflikts auf dem nächsten Reichstag in Worms (1513); [11.] Fehlschlag der dortigen Ausgleichsbemühungen; [12.] Sein Widerstand gegen das Ersuchen, dem Ks. die Entscheidung des Streitfalls zu übertragen; [13.] Anhaltende Verletzung seiner Rechte durch die Wormser; seine fortgesetzte Hoffnung auf Hilfe; [14.] Bitte um Unterstützung seines Anliegens beim Ks.; gravierende Folgen eines Scheiterns für das Hst. Worms: [15.] Erlass von drei päpstlichen Breven im Wormser Streitfall; Entsendung Bf. Lorenz’ von Feltre in dieser Angelegenheit.

Kop.: A) Frankfurt a. M., IfStG, RTA Bd. 32, fol. 76a–86b; B) Wien, HHStA, MEA, RTA 3b Bd. Reichshandlung zu Mainz Ao. 1517, fol. 97a–105a; C) Worms, StadtA, 1 B Nr. 1945/1, o. Fol. (auf dem Deckblatt: A Clagen Bf. Reinharts uber Bm. und rat der stat Worms, des hl. Reichs stenden auf dem reichstag zu Menz im XVc und XVII. jar ubergeben); D) Ebd., 1 B Nr. 1946/1, o. Fol. (auf dem Deckblatt: A Copey der supplicacion, den stenden des Reichs, jetzo zu Menz versamlet, uberantwort; darunter: Wurmbs contra Wurmbs; Vermerk auf der ersten Textseite links oben: Copia des Bf., der stat von ksl. Mt. uberschickt); Ebd., 1 B Nr. 1945/2, o. Fol. (Überschrift: Bf. Reynharts supplication, zu Meynz den stenden des Riechs ubergeben; mit Randglossen neben den einzelnen Abschnitten, die deren Inhalt kennzeichnen); Karlsruhe, GLA, Abt. 50 Nr. 12, o. Fol.; Köln, Historisches A., Best. 50A 45, fol. 89a–104a (Überschrift: Des Bf. von Wormbs supplication an Kff., Ff. und andere stende des Reichs); Nordhausen, StadtA, R Ac 01, fol. 182a–194a (Vorbemerkung: Diesem nach dornstags nach Kiliani, IX. Julii, ist vor den stenden ein schriftlich supplication des hochwirdigen H. Reinharts, Bf. zu Wormbs, eingeben und offenlich verlesen worden, also lautende [folgt der Text]).

[1.] /76a/ Anrede. Gnst., gn., gunstigen, lb. Hh. und frunde, euer ftl. Gn., lieb und gunst haben on zwifel noch gut wissen und in frischer, unentsunkner gedechtnis, welchermaß die von Worms weylend Bf. Johansen [von Dalberg], meinen nechsten vorfarn seliger gedechtnis, im jar dausent vierhundertneunzig und vier des rats, gerichts, schulteissen und anderer ampter in der statt Worms wale und besetzung eigens willens gewaltiglich, wider recht und die pillichkeit spoliirt und entsetzt, das auch derhalb derselb Bf. Johan sie vor dazumal kgl. Mt., itzo unserm allergnst. H., dem röm. Ks., zu Antwerpen beclagt und nach verhore der sachen in bywesen beider partien durch rat eur und derselbigen vorfarn Kff., Ff. und stende des Reichs mit urteil1 und recht gesprochen und erkant, das der bemelt Bf. Johan des rats, gerichts, des Bm., schulteissen, richter und grefen satzung in der statt Worms, so er sich beclagt, entsetzt zu sein, in aller massen, wie er die vor solcher irrung und entsetzung /76b/ gepraucht hat, widerumb ingesetzt und der gemelten von Worms halben des unverhindert zu[ge]lassen werden solt.

Und als die von Worms davon appellirt, auch durch suppliciren und anhalten bey gemelter röm. ksl. Mt. die sachen dahin, das sie von neuem angenomen, pracht, auch nach gnugsamer verhore mit rat Kff., Ff. und anderer stende des hl. Reichs, der zeit zu Augspurg versamelt gewest2, zu recht erkant, das der von Wormbs angezogen erboten beweysung als unfurtreglicha nit not zuzulassen und das dem nach execution kgl. urteil in den sachen, zu Antwerp ergangen, die angefengt sey, furter volnstreckung gescheen solt, darauf auch executorial decernirt.

Und als die von Wormbs demselbigen nit gelebt noch volg getan, das sie von des Reichs regiment und versamelung zu Nuremberg uf vorgeende verhor und gelayte kuntschaft irer ungehorsam halb in acht und aberacht erlangt worden. Und wiewol sein mag, das die gnanten von Worms Bf. Johansen seligen zu ableinung und entfliehung solicher acht und aberacht, auch anderer pene der zeit zu einem schein, allein zum teil in egemelte gerechtigkeit komen lassen, so haben sie doch dasselb nit volkomlichen getan und das wenig, zu /77a/ dem er komen, bald darnach widerumb entzogen, demselbigen Bf. Johansen auch nit, wie von alter herkomen, geloben noch schweren wollen.

[2.] Und als oft gemelter Bf. Johan todes abegangen3 und ich [Bf. Reinhard von Rüppurr] zum stift komen, das sie onangesehenb election und nachgevolgter confirmation anzeigung, begere und ersuchung im jar fünfzehenhundertdrey umb Martini [11.11.03], rat, gericht und ander ampter zu besetzen, nit zugelassen haben, sonder sich des geweigert, auch solch besetzung on und wider meinc eigen furnemens selbs getun, darzu im jar 1504 mein einreitens in die stadt Wormbs, wie pfleglich und von alter herkomen, nit wollen gestatten und also fur und fur in irer eigenwilligen handlungen, furhabung und entsetzung wider recht, obgemelt erlangt urteil, executorial und alle pillicheit behart und furgeschritten, sich auch des nit settigen lassen, sonder mit haufung ires geubten gewalts im jar fünfzehenhundertfünf umb pfingsten [11.5.05] mich meiner grossen und kleine zolle, fronwage und gewicht mit irer zugehorde, darzu der gefelle und zinsen uf den zunften und anders in- und auswendig der stat /77b/ Worms entsetzt, spoliiert, die zolbussend von meinen zollen meiner unersucht, auch on einigen geheiß entpfrembdt, ufgebrochen, das gelt darus hingenomen und mir die leren buchsen spötlich wider zugeschickt, desglichen die wagkisten im kaufhaus geoffenet, das gelt, mir zustendig, zu iren handen und nutz gewendt, auch sunst so gar hönisch und verachtlich wider des alten stifts, des hl. Reichs gelieds, ere und mich armen Bf. on einiche redliche, rechtmessige, gegründte oder bestendige ursachen gehandelt, das es billich ein yeden christgläubigen mentschen zu herzlichen missfallen, verdrieß und erbarmung komen solt.

[3.] Dan obwol die bemelten von Wormbs solche ire handlung und geübte entsetzung geren durch ein vermeint gabe oder zustellung, die sie von röm. ksl. Mt., unserm allergnst. H., durch ire geschwinde, gescheidlistig und ongestüme anpringen neben allem grund der warheyt auspracht und extorquirt, zu beschonen, zu verbluemen, zu colorirene und zu verglimpfen understanden, mit der angebung, als solt ich weylent dem durch /78a/leuchtigen, hochgebornen Pfalzgf. Philipsen, Kf. loblicher gedechtnus, uber röm. ksl. Mt. mandat und gebotsbrief in vergangnen beyrischen krieg zulegung oder hilf getan und mich deshalb der acht teylhaftig gemacht haben, so ist doch solich zumessen, des ich mich ganz frey weyß, unbestendiglich und on allen grund der warheit mir zu schmach und verletzung, auch meynem stift zu merglichem nachteil aus neydischem, bösem gemüt bescheen, wie dasselbig aus meyner verantwortung und entschuldigung, so ich uf anclag ksl. Mt. fiscal zu Coln4, desgleichen uf widerfurforderung desselben fiscals zu Costenz5, do ich als der gehorsam erschienen, aber itzgedachter fiscal ausplieben, sich auch in recht weder sehen noch redenf ließ, vor ksl. Mt. und iren loblichen hofreten, auch euch, Kff., Ff. und andern stenden des Reichs, als ich verhoff, genugsam und nach aller notturft müntlich und in schriften getan, onzweyfelich und clar erfunden, auch nachmals, wo es begert oder die notturft erfordern wurde, angezeygt und dargetan mag werden.

[4.] Zudem, das solch entsetzung und dero von Wormbs /78b/ gewaltig handlung nit im krieg, sonder gut zeit darvor und darnach in zeit des anstands furgenomen und geubt worden. Darufg zu vil maln die röm. ksl. Mt. umb Gots, seiner wirdigen mutter, der hl. jungfrauen Marien, auch St. Peters, meins patrons6, willen uf das vleissigst, allerundertenigst und mit demütigkeyt gebeten, by den gemelten von Wormbs gnediglich zu verschaffen, solchs abezustellen, mich in rats, gerichts und ander ampter besetzung laut obgehorter, erlangter urteil nit zu hindern noch einichen weytern intrag ze tun, darzu mir mein und meins stifts zol, wag und anders, in und ausserhalb Wormbs ingenomen und entpfrembdt, wider zuzustellen, auch, damit ich und meyn nachkomen des stifts obligende burde und beschwerde tragen, ksl. Mt. und dem hl. Reich desto statlicher dienen und erschiessen mogen, volgen zu lassen und an gebrauch derselbigen ferner nit irren noch turbiren, mit dem weytern erpieten, wo ich, ksl. Mt., irem fiscal, denen von Wormbs oder yemants anders solhs vermeinten bezugsh verwürkung oder gabe halber ichts pflichtig oder schultig zu sein /79a/, wye sich gepürt, uberwunden oder erfunden wurde, wolt ich mich als eyn gehorsamer underwurfig machen, leiden und nach des Reichs versamlung, ksl. Mt. camergerichts oder des, vor den das pillich gehört, erkantnus on alle weygerung, wie recht und pillich, strafen lassen, buessen und bessern, auch meniglichen, dem ich busfellig erkant, gnug tun.

[5.] Aber des meins bittens und erbitens, auch der recht, erbarkeyt und aller pillicheyt onangesehen sein [die] von Wormbs in solhem schein und ungepurlichem furnemen von zeiten der innemung bis uf disen tag in solcher meyner und meins stifts oberkeyt, gerechtigkait, rats, gerichts und anderer ampter besetzung, zollen, wage und andern nutzungen gewaltiglich und wider recht pliben sitzen, besetzen, brauchen und niessen die mit irer eren und selen hohen beschwernus, aber mir und meinem stift zu unwiderpringlichem schaden, nachteil und verderben, greyfen auch noch teglichs (das noch unleidlicher und erbermlicher zu horen) zu andern meinen und meins stifts gutern, eigentumb und gerechtigkeyten, das ich armer, obgemelter stuck vergwaltigter, entsetzter Bf. meins unvermo /79b/gens, auch ires und der iren gewalts halber nit verkomen, erheben noch bisher widerpringen kunden, auch keins andern trost oder zuflucht nach Got, der jungfrauen Marien, St. Peter, meinem patron, unserm allerhlst. Vater, dem Babst, und röm. ksl. Mt., meynem allergnst. H., dan zum rechten gehabt, gedenken oder erfolgen mogen.

[6.] Als ich aber dasselbig fur hand nemen wollen und in der antwerpischen urteil etlich puncten und artikel, meins stifts oberkeit betreffen, die ich zu beweysen zugelassen und am ksl. camergericht furpracht, zu verhörung der zeugen, mir zu solcher beweysung not, ein commission an den wirdigen, hochgelerten H. Dietrichen Zobel, Dr., tumhern zu Menz, auspracht und in craft derselbigen etlich z[e]ugen, kuntschaft der warheyt zu geben, auch die von Wormbs als den gegenteil zu sehen, solch zeugen geloben und schweren etc., vor dem gemelten commissarien, wie recht, tun citiren, haben die von Wormbs bey ksl. Mt. soviel mit ungegründten anpringen und erdichtem bericht erlangt, das ir Mt. bey vermeydung grosser, erschrocklicher pen mir ernstlich /80a/ mandirt und gewolt hat, das ich die vorgemelten rech[t]vertigung am ksl. camergericht abstellen, an demselben weyters wyder die von Wormbs nichts handeln noch yemants zu tun bevelhen, sonder genzlich stilsteen und sie bey inhabung, brauch und niessung mein und meins stifts vilgemelter oberkeit, gerechtigkeyt und nutzung geruiglichen pleiben lassen, dawider nit tuen noch sie einigs wegs beschweren solt.

[7.] Welchen schweren, erschrocklichen mandat und gebotsbrief, aus forcht darin bestimpter pen, hab ich bis zu besserer zeyt und milterm gemüt ksl. Mt. mussen gehorsamen und in derselben rechtfertigung stilsteen, aber daneben aus notturft, auch schuldiger pflicht und verwandtnus meins stifts, damit sein recht und gerechtigkeit nit so gar undertruckt und ausgedilgt wurden, ein ander commission am ksl. camergericht uf den wirdigen H. Heinrichen von Helmstatt, weylend dumdechant zu Speier seligen, impetrirt, die vorbemelten zoigen, die zum teil, als zu besorgen gewest, durch verlaufung der zeit, alters oder schwacheyt halb tods hetten mögen abgeen, wie recht, ad perpetuam rei memoriam zu verhoren, tun citiren und den von Wormbs, solchs zu sehen und zu horen etc., verkünden lassen.

[8.] /80b/ Vor demselben commissarien die von Wormbs mit dem egedachteni ksl. Mt. schweren mandat, die rech[t]vertigung am camergericht abezustellen etc., abermals erschienen, wider den commissarien und mich mit vil seltzamen, ungegründten reden und auszugen gehandelt und protestirt, sich auch vilfeltiger trauwort horen lassen, also, das ich dieselbig verhör der zeugen zu ewiger gedechtnus, mir und meinem stift zu hohem nachteil nit volbringen noch irgentz hinkomen mogen, dan das ich nachvolgents mein trost, hilf und hoffnung zu euch, meinen Hh., den Kff., Ff. und andern stenden des Reichs gesetzt, auch durch euer Gn., lieb und gunst furbit uf dem reichstag zu Au[g]purg im jar fünfzehenhundert und zehen an die röm. ksl. Mt., unsern allergnst. H., keiner andern gestalt noch meynung, dan das mir das recht gegen den von Wormbs zugelassen und geoffnet werden solt, bescheen, des ein abscheid oder geheyß erlangt.7 Aber als mein procurator in craft ksl. Mt. schrift den proceß am camergericht widerumb angefangen, haben die von Wormbs ein hoch beschwerlich und ungewonlich mandat, wider denj richter und mich ausgangen, ubergeben, in den sachen stilzusteen und nichts gegen inen /81a/zu handlen, in dem schein, als ob die ksl. Mt. in meyner erlangten schrift durch das wort „wyderparty“ nit die von Wormbs, sunder irer Mt. fiscal gemeint wolt haben. Wiewole auch chamerrichter und bysitzer solhs mandats unverhindert mit recht erkant, das die von Wormbs mir uf meyn clag zu antworten schuldig weren, so ist mir doch abermals ein andern mandat8 zukomen, in der sachen stilzusteen und uf dem reichstag zu Trier dazumal zukunftig gutlicher handlung zu gewarten.

[9.] Als ich nun uf demselben reichstag zu Trier personlich und darnach zu Coln durch meyn botschaft erschienen byn, ist die sach unvertragen plieben, angesehen, das die Wormbser entlich daruf beharten, si wolten noch möchten mich in einiger oberkeyt oder nutzung ganz oder zum teil (ob ich gleich des fug und recht het) nit dulden oder leyden, sunder ich solt inen des stifts gerechtigkeit umb ein gelt oder vergleichung zustellen.9 Wo ich das nit tun wollte, were on not, einich ander gutlicheit zu suchen. Das michk dan aus vielen trefflichen ursachen keinswegs ze tun [gebührt], auch mein furfaren und ich solichs by unsern Hh. und frunden im rat nie befunden.

[10.] /81b/ Daruf ist zu Coln ein abscheid verfaßt worden, das die ksl. Mt. etlich commissarien zu gütlicher underhandlung gein Wormbs verordnen, und wo dieselben solich gutlicheit nit finden mochten, alsdan wolten die ksl. Mt. und die stende uf dem angesetzten reichstag zu Wormbs ferner gutlicheit suchen. Wo die aber nit erfunden, dweil dan die sachen volkomenheit irer Mt. betreffen, solt durch die ksl. Mt. und die stende desselbigen reichstags rechtlich erkantnus gescheen, an welhen orten die sachen nach irer art und geschicklicheit gerechtvertigt solt werden.10 Welhen abscheid, doch mit merklicher beschwerde, mein geschickten also pleiben lassen müssen.

[11.] Wiewol auch mein H. und frund H. Wilhelm, Bf. zu Straspurg, sampt andern in craft des berürten abscheids gein Wormbs komen, vleissiglich gehandelt und allen ernst angekert [vgl. Nr.377 [1.]], so sein doch zuletst aus erzelten ursachen, das sie mich weder zum teil noch ganz in einicher oberkeit oder nutzung (die doch mir und mynem stift und nit inen zustendig) dulden wolten, die sachen nit vertragen worden.

[12.] So ist auch uf dem nachgehalten reichstag zu Wormbs /82a/ von ksl. Mt. wegen mir kein ander gutlicheit furgehalten dan allein, wie vormals, gelt oder vergleichung fur mein und meins stifts gerechtigkeit und nutzung zu nemen. Des ich mich aber, wie vor, aus dapfern ursachen geweigert und nit tun kunden, auch underteniglich darfür gebeten, mit anzeigung, das ich solichs zu abbruch meins stifts gerechtigkeit nit zu tun hett und ir Mt. umb verhelfung rechts und volnstreckung seiner Mt. vor gesprochnerl urteil underdinstlich angerufen. Aber die ksl. Mt. ist von Wormbs, vileicht zugewachsner obligender gescheft halber, abgewichen und keinen bevelh, mit mir zu handeln, verlassen, sunder zu Augspurg hat ir Mt. meynen geschickten tun furhalten, dweil die bürger zu Wormbs ire sachen an ir Mt. gestelt, so wer ir Mt. meynung, das ich desglichen auch tun solt. Alsdan wolt ir Mt. in denselben sachen ksl. und wie sich gepürt handeln. Das mir aber, wie ob erlaut, hoch beschwerlich und aus vilfaltigligen, trefflichen ursachen (zu lang wer zu melden) nit tunlich gewest, auch by meyn guten Hh. und freunden in rat nit finden kunden, besonderlich nach gestalt und herkomen des handels.

[13.] Und werden mir also dieselben mein und meins armen stifts eigentumb, oberkeyt, herligkeyt,/82b/ gefell, zins und nutzung durch die von Wormbs noch heut bey tag gewaltiglich wider recht, erlangt urteil, spruch, abscheid und alle billigheit nit allein entpfrembdt und furgehalten, sunder wurt auch onunderleßlich durch sie gefugtm, das wenig, so noch uberich ist, mir zu entziehen und inen heimzusetzenn, und neben dem, das noch mehr ist, mit offenlichem ausschreyen und -schreyben, auch lieder und gedichten mich und mein pfaffheit zu schmehen, anzutasten und bey röm. ksl. Mt., euer ftl. Gn. lieb und gunst und sunst allenthalben mit erdichten, unwarhaftigen dargeben und ausbreitung zu verunglimpfen, in widerwillen und ungnad zu setzen. Und ob ich gleich (als nit on ist), solichs durch unsern Hlst. Vater, den Bapst, die kirchen oder stul zu Rome, auch andere meine, meins stifts und der pfaffheit gegebne conservator und hanthaber etlichermaß von mir zu wenden, auch dergestalt mein und meins stifts oberkeit, gerechtigkeyt, zöll, wag, gefelle, zins und andere nutzung mit geistlichen processen und censuren, wie euer Gn. liebd und gunst zu ermessen haben, vor langest hett bekomen und statlich wider zu handen pringen mogen, so hab ich doch dasselb röm. ksl. Mt., unserm allergnst. H., dem hl. röm. Reich, auch euch /83a/ zu eren und undertenigen, dinstlichen gefallen, darzu den sachen zugut und allerbesten noch bisher umbgangen und ufgehalten, alles der hoffnung, mir und meinem armen stift solt doch zuletzst eins durch mein weltlich oberhant verholfen sein worden, damit ich wider zu dem meynen hett komen oder zum wenigsten bey recht und der pillicheit pleiben mogen.

[14.] Wiewol nun euer Gn. liebde und gunst allen oder zum wenigsten dem mehrern teil des alles und das ich weder zu meinen gutern, oberkeiten, gerechtigkeyten und nutzungen noch derhalben zum rechten komen mag, wissens tragen, auch leider zuviel war, lantkundig und offenbar ist, so hab ich doch solichs aus schuldiger pflicht, bezwenglichem gemut und herzlichem anligen, euer ftl. Gn. lieb und gunst wider zu gedechtnis zu ziegen und zu erinnern, nit wollen underlassen noch umbgeen kunden, trostlichs und unzwyfelichs versehens, euer Gn. liebde und gunst werden nachmals die sach, auch gegen mir, meynem stift und pfafheit geubte gewaltige handelung bedenken, die zu herzen fassen, auch also ein mitleidlichs gemüt schöpfen, das sie (als ich auch dinstlich, fleissiglich, demütiglich, flehelich und freuntlich lauterlich umb Gots, seiner wirdigen mutter Marie, St. Peters,/83b/ meins patrons, der lb. heilgen und aller tugend kron, besonderlicher ksl. Mt., zierde der gerechtigkeyt, willen bitt und beger) die röm. ksl. Mt., unsern allergnst. H., dieser ding aller nochmals (wie euer Gn. lieb und gunst ufs allergeschicklichst wol zu tun wissen) erinnern meiner gerechtigkeit, auch uber genugsams erpieten unschuld und verantwortung berichten, darzu ufs allerunderteniglichst bitten und vermogen wellen, das ir ksl. Mt. als liebhaber, beschutzer und schirmer der gerechtigkeyt, auch oberster vogt der cristlichen kirchen und geistlicheit mir und meinem armen stift wie einem andern glyde des hl. Reichs so gn. und barmherzig sey und geruche, denen von Wormbs solichen iren mutwillen und gewaltsame handlung nit zu gestatten noch zu gedulden, sunder bey inen zu verschaffen, solhe gewaltige, unrechte handlung abzustellen und das sie ir Mt. zu Antwerpen selbs gesprochner, darnach zu Au[g]spurg becreftigter und zu Nurenberg bestetigter urteil gehorsamlichen nachkomen und unwidersprechlich geleben, auch dasjenig, so sie mir vor in und nach dem anstand der beyerischen vehde in und ausserhalb /84a/ der stat Wormbs genomen, entweret und inengeheimst haben, mir wider behendigen, zu meyner niessung und geprauch on einich verhinderung oder intrag komen und wachsen, darzu mich inreiten lassen und den eido nach form und maß, durch ein Bf. [Ludwig] zu Spier und der stet Straspurg und Frankfurt geschickten zwischen meynem vorfarn Bf. Johansen und inen mit beiden teiln guten wissen und willen beteidingt, angenomen und verbrieft, versigelt, gelobt und geschworn ist, schweren, sich auch solher confirmation und verschreibung, wie ander mein furfaren uber menschengedechtnis in zeiten ihres inreitens gegeben, begnügen lassen. Das die röm. ksl. Mt. mich darzu in angefengter rechtvertigung am ksl. chamergericht gegen den von Wormbs beweysung der puncten und artikeln, in seiner Mt. eigen urteil, zu Antwerpen gesprochen, verleibt, zu probiren zugelassen belangen, durch vorige oder andere ksl. mandata, verpot oder advocation nit verhindern, sunder die zu volnfueren gnediglich gestatten wolle, auch die vorige inhibition und verbot (damit ich meinen armen stift, als ich zu tun ver /84b/strickt [und] darzu geneigt bin, sein recht und gerechtigkeit, davon er unrechtlich getrungen ist und noch teglichs wurdet, widerumb durch gepurlich, rechtlich wege erlangen moge) cassiren und abschaffen, alles mit ablegung costens und schaden, auch ermessigung injurien und schmehe, im handel erlietten, sampt ufgehaben nutzung und interesse.

Das will ich umb die röm. ksl. Mt. underteniglich und mit hochstem vleiß, auch gegen euer ftl. Gn., lieb und gunst dinstlich und freuntlich mit mynem demutigen gebet zu Got und sonst alles meins vermogens verdienen, vergleichen, beschulden und zu gutem nymmermer vergessen, mich und mein armen stift in dem allem röm. ksl. Mt., unsern allergnst. H., euer Gn. lieb und gunst underteniglich, demütiglich und mit sunderm vleis bevelhende, abermals der trostlichen, unzweifelichen hoffnung und zuversicht, so die röm. ksl. Mt., unser allergnst. H., dises meins waren, pillichen anpringens durch euer ftl. Gn., lieb und gunst bericht empfahet und furbitt hort, sie wird die sachen, auch mich und mein armen, verdorbnen stift gnediglich bedenken, des gniessen und wider zu dem meinen und meins stifts gütern gerechtigkeit, oberkeit und nutzung oder /85a/ zum wenigsten zu recht komen lassen und uber recht zu vergwaltigen noch zu verhindern niemants gestatten, sunder gnediglichen und wie ksl. Mt. art erhaischt by recht hanthaben, schützen und schirmen, dan solt solichs nit gescheen, so hetten euer ftl. Gn. lieb und gunst zu ermessen, das ich solichs weiter nit gedulden noch erschwingen mocht, sunder müst ich und derselb mein armer, alter, nume[r] verdorbner stift zu unwiderbringlichem, vollem und entlichem verderben zu grund und boden (das ye, wie oblaut, zu erbarmen und gar nit zu vermuten ist, das es röm. ksl. Mt., eur ftl. Gn. lieb und gunst und anderer stende des hl. Reichs gemüt oder meynung sey, solhs by iren zeiten gescheen zu lassen) geen und erwachsen. Des röm. ksl. Mt., unsers allergnst. H., oder euer ftl. Gn. lieb und gunst gn. und gruntlich antwurt wartende. Datum uf mitwoch St. Kilianstag Ao. etc. XVIImo.

[15.] [Nachschrift:]p qIch hab auch euer ftl. Gn. lieb und gunst darneben nit konden noch wollen verhalten, das solich obbemelt unpillich, gewaltig furnemen, handlung und umbtreiben dero von Wormbs, gegen mir und mynem armen stift vil jar her geübt, bis gein Rom erschollen, auch unserm Hlst. Vater, dem Bapst [Leo X.], zu wissen worden. /85b/ Derhalben sein Hlkt., wie villeicht ir als dem obersten geistlichen heupt zu tun zusteet und gepürt, verweilter zeit drey brevia apostolica eigner bewegnis ausgeen lassen, das ein an die röm. ksl. Mt., unsern allergnst. H., das ander an die von Wormbs steende [= lautend], die beide dem erwirdigen H. Lorenz [= Lorenzo Campeggi], erwelten Bf. zu Felters [= Feltre], Bapstlicher Hlkt. zu röm. ksl. Mt. verordenter botschaft, zugesandt, furter dero Mt. und inen zu überantworten, aber das drit mir zugeschickt, euer ftl. Gn. lieb und gunst zu behanden. Das ich dan vorlangst seiner Hlkt. zu gehorsam geren getun, aber, dweil in mitler zeit kein versamlung euer ftl. Gn. und des Reichs stenden gewest, daran bisher verhindert worden. Darumb im pesten by gemelten H. Lorenz, erwelten Bf. zu Felters etc., mich auch also viel bearbeitet, das er mit den andern zweyer gleicherweyse stilgestanden und seinen bevelh, den er gehabt hat, zur zeit nit nachkomen, der hoffnung, es soll mir durch euer ftl. Gn. lieb und gunst bey röm. ksl. Mt. also verholfen werden, das der andern nit not sey. Will euer ftl. Gn. lieb und gunst das breve apostolicum, an mich selb lautend, also hiemit uberantwort haben, underteniglich, freuntlich und ganz vleissig bittend, solh gnediglich und gunstiglich zu vernemen und auch iren gn. und gunstigen rat mitzuteilen, ob nutz und gut, die andern zwei breve,/86a/ nemlich ksl. Mt. und den von Wormbs, zu presentiren lassen oder villeicht besser sey, die lenger zu verhalten. Will ich in dem euer ftl. Gn. lieb und gunst rat und gutbedünken underteniglich und williglich volg tun, mich damit euer ftl. Gn. lieb und gunst underteniglich und freu[n]tlich bevelhende.–q

Anmerkungen

1
 Urteil Kg. Maximilians im Konflikt zwischen Bf. Johann von Worms und der Rst. Worms, Antwerpen, 23. Dezember 1494. Druck: Schannat, Historia, S. 277.
2
 Gemeint ist der Augsburger Reichstag 1500. Über die dortigen Verhandlungen im Wormser Streitfall liegen keine Nachweise vor.
a
 C unvertreglich.
3
 Bf. Johann von Dalberg starb am 27. Juli 1503.
b
 B folgt: meiner.
c
 B, C folgt: willen.
d
 B, C zolbuchsen.
e
 C tolleriren.
4
 Gemeint ist der Kölner Reichstag 1505.
5
 Gemeint ist der Konstanzer Reichstag 1507.
f
 B hören.
g
 B folgt: ich.
6
 Der Wormser Dom hatte das Petrus-Patrozinium.
h
 B bezieknus; C verziegs.
i
 C egemelten.
7
 Ksl. Gebot an den Reichskammerrichter Gf. Adolf III. von Nassau-Wiesbaden und die Beisitzer am Reichskammergericht, Augsburg, 3. Mai 1510. Seyboth, Reichstagsakten 11, Nr.196.
j
 B, C die.
8
 Ksl. Mandat an Bf. Reinhard von Worms, Linz, 13. Januar 1512. Ebd., Nr.1255.
9
 Zu den Schiedsverhandlungen auf dem Trierer Reichstag 1512 im Konflikt zwischen Bf. Reinhard und der Rst. Worms vgl. ebd., Nr.1261–1266.
k
 B, C mir.
10
 Ks. Maximilian an Bf. Wilhelm von Straßburg, Reichskammerrichter Gf. Sigmund zum Haag und andere, Köln, 15. Oktober 1512. Ebd., Nr.1271.
l
 C geschehener.
m
 B, C gesucht.
n
 B, C zu heimschen.
o
 D Randvermerk: Der nuwe eyd dem Bf. Johann.
p
 B Randvermerk zu diesem Abschnitt: Non scribetur.
q
–q C fehlt.