Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
A Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (dt. Übersetzung, Kop.); DV v. a. Hd.: Responsio landgravii ad dominum Nicolaum de Granuella.
B Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 394 Nr. 149 Bd. 1, unfol. (lat. Fassung, Kop.); DV v. a. Hd.: Responsio landgravii ad dominum Nicolaum de Granuella.
C Marburg StA, PA 1379, fol. 61r–65r (dt. Übersetzung, Reinkonz.).
D Marburg StA, PA 1379, fol. 67r–72v (Konz., lat.); DV fol. 72v: An Granuellam1.
Gestern vor dato haben wir euerer herrlichkeit schreiben, den 28. tag Februarij an uns gethan, empfangen und darauß vernohmen, das man mit Hg. Heinrichen von Braunschweygk im nahmen und von wegen der ksl. Mt. der aufgeschobenen acht halben vorschaffung gethan und, was er derhalb der ksl. Mt. in eyner deutzschen schrift fur antwort geben2, auch das euere herrlichkeit unser zukunft mit gantzem begirden wartet und uns derhalb ermant, das wir one ferner bedencken, verhinderung und auftzugk uns zum furderlichsten zu euch begeben solten und, was letzlich der eingeschlossenen zedel halb von euerer herrlichkeit mit angehengt.
Demnach muegen wir euerer herrlichkeit nicht bergen, das wir vorlangst alle bedencken und beratschlahung, ob wir uns zu der ksl. Mt. verfuegen wolten oder nicht, zuruck- und hindangesetzt, dann wir desselbigen nuhmer gentzlichen entschlossen, dergestalt und also, das wir, auf den 23. tag dieses monats von hinnen aptzureysen und in gantzer eyl zu Regenspurgk antzekohmen one hindernis und vertzugk, in willens und meinung seien3.
Aber doran ist uns am meysten gelegen, das wir gerne wolten, das unser zukunft zu der ksl. Mt. fruchtparlich und nutzlich sein, dieselbig auch sicher beschehen und zum dritten, das unser freuntlicher, lieber vetter und bruder, der Kf. zu Sachssen, zugleich mit uns ankohmen mocht. Dan wir achten es dafur, das wir gemeinem nutz und wolfart (welche die ksl. Mt. nach hochstem vermugen zu furdern sich bevleyssigt) also am meysten dienstlich und furderlich sein, auch irer Mt. underthenigsten gefallen ertzeygen konten, so wir das, davon wir zuvor gesagt, zuwegen bringen konten. Dann wir warten teglich von euerer herrlichkeit schriften, darinnen dem churfursten und uns angetzeygt wurde, das der herold zu den irrigen und kriegischen parteien, nemlich des hertzogen diener zu Wolffenbuttell und der stadt Braunschweyg, geschickt were, in sonderheyt aber, das die ksl. Mt. Hg. Heinrichen, welcher itzo zu Regenspurgk sein soll, bevolhen hette, die ding, den aufschub der acht belangende, dermassen mit den seynen zu Wolffenbuttell und sonst one alle wegerung und hinderniß mit ernst zu vorschaffen und zu verschaffen lassen, desgleichen das das gleyt dem churfursten und uns besser erclert und erstreckt und sonst andere notwendige sachen rechtschaffen und wol verordent und außgericht weren. Dann wir werden teglich uber die massen viel und heftig von den stedten Goßlar und Braunschweyg mit clagen angelauffen von wegen der hulf, inen wider den von Braunschweyg und die seynen zutzeschicken, also das wir nicht wissen, wie wir es angreyffen sollen oder durch was weyse wir inen die hulf lenger aufhalten und sie damit lassen konnen. Wir hetten aber verhofft, es were schon alles, was zu hinlegung und vergleichung der zwispeltigen partheien vonnoten, richtig gemacht und auf ein end bracht.
Aber jhe lenger wir warten und auftziehen, jhe mehr und mehr itzt genante stedt clagen und schreien, also wan wir das schreiben und meinung euerer herrlichkeit und genants von Braunschweygk grundtlicher erwegen und betrachten, so vermercken wir jhe clar, das uns euere herrlichkeit die antwort gibt, vorgemelter von Braunschweyg hab schriftlich und mundtlich geantwort, das er dasjenige, so er ime beschwerlich zu sein vermeinte, der ksl. Mt. zu underthenikeyt nachlassen und also irer Mt. willen gehorsam leysten wolt. Gleychwol aber vermag das schreiben, des copeien uns zu deutzscher sprach zugeschickt, allein, das er wolt mit den seynen die vorschaffung thuen, damit die, so von denen von Goßlar zu dem vorgenohmenen reichstag solten geschickt werden, sicher und frey ziehen und sein solten und sonst keyner andern weyse und gestalt. Auß diesem euere herrlichkeit gnugsam und clerlich spuren und vermercken konnen, das er sein giftig, feindtselig gemuet noch nicht hingelegt, ja auch der stadt Goßlar, ungeacht der durch die ksl. Mt. aufgeschobenen acht, noch mehr feindschaft und uberlasts drauen thue. So wir nuhn euer schreyben recht und eygendtlich eingenohmen, so konnen wir abnehmen, das euere herrlichkeit vielleicht auß dem, das sie das deutzsch nicht volkomlich verstanden, die meinung geschopft, das der von Braunschweyg der ksl. Mt. in allem wolt gehorsam ertzeygen, do wir doch auß der uberschickten copei seiner schrift das widerwertige vernohmen. Derhalben, so mitlerzeyt ein bestendiger frieden von allen theilen gehalten werden soll, so will vonnoten sein, das dem von Braunschweyg ernstlicher und herter bevolhen werde, auf das er im reich nicht so viel unruhe anrichte, auch der ksl. Mt. bessern glauben beweyse und dieselbige nicht also betriege und umbfuhre, sondern warhaftigen gehorsam leyste. Wurd er aber nicht gehorsam halten wollen, das er alßdan durch keyserliche peen und straff zu gehorsam gedrungen werde. Sonst wirdt der hartköpfige und eygesinnige mensch denselbigen nicht halten wollen.
Ferner aber, was die sicherheyt und freien paß deren, so die von Goßlar zu dem furgenohmenen reichstag schicken wurden, anlangen thuet, will vonnoten sein, das jemand von ksl. Mt. wegen mit derselbigen wapen geschickt werde, so ire geschickten beleyten muegen. Sonst werden sie sicher und frei nicht ziehen konnen, sonderlich so es ansehenliche und geschickte leuth, welche inen ire sachen handeln und ausfuhren konnen, sintemal eynem solchen aller tuck vollen mensch nichts zu vertrauen ist. Dan es haben uns die von Goßlar geschrieben, wiewol sie sich der aufgeschobenen acht und des keyserlichen glaits, welcher aufschub des hertzogen dienern zu Wolffenbuttell kundt gethan were worden, pillich freuen und getrosten, auch sicher und unbetrubt pleiben sollten, jedoch durften sie niemands der iren schicken, sie und die iren wurden dan derhalb besser bedacht und versehen. Also heftig und groß sei die boßheyt und grausamkeyt des hertzogen diener wieder sie, also das sie sich an nichts kehren, dieweyl inen einmahl, iren muthwillen zu uben, vorstadtet und nachgelassen worden.
Uber das ist diß auch gewiß und war, kan auch durch uns nicht gewendet werden, wo Hg. Heinrich von seinem bößlistigen fuhrnehmen, drangsall, beschwerungen, thettlichen eingriffen, niderwerfen und reuberischen thaten und ander mehr gewalt und unrecht, des er und die seinen sich wider die von Goßlar und Braunschweyg an [= ohne] underlaß brauchen, nicht wirdet abstehen, das der Kf. zu Sachssen auf den Reichstag nicht kommen, sondern itzt genanten stedten von wegen gemeyner bundsstende die hulf zuschicken wirdet, darauß dann sonder zweivel viel grosser zwispalt und irrung entstehen werden, welchs, do es also beschehen und wir mitlerzeyt auf dem reichstag bleiben und solchen irrungen und uneynikeyt verwanth sein solten, so wolt uns nach [= noch] eynes engern und außdrucklichern geleyts vonnoten sein, nemlich das unverhindert solcher zwitracht, zancks und uneinikait, auch im vhall, do ein offentlicher krieg darauß entstehen solt, wir uns des keyserlichen glaits zu getrosten haben mochten. Hierumb bitten wir mit vleyß, do diß specialgleyt dergestalt vorfertigt und dohin gerichtet, das dorin clar außgetruckt wirdet, auf das es uns, do diese sachen zu einem offentlichen krieg gerathen solten, unachteylig sein mocht, dasselbig uns also muege entkegengeschickt werden. Den wir seind bedacht, uns auf den weg ze machen und des gleyts, das es uns entkegengeschickt werde also, wie wir gesagt, ze warten. Dan eynes solchen gleits konnen wir in keynen weg gerathen, dieweyl wir wissen, das der hertzogk ein meineidiger mann ist, der vielleicht der ksl. Mt. viel verheyssen, aber durch seine tuck und list nicht halten wirdet, do uns vonnothen sein wirdt, unsern bundsverwandten die hulf zu ertzeigen.
Noch eins mussen wir antzeygen: Wir wolten uns von hinnen den eylften tag dieses monats erhoben und nach Regenspurgk begeben haben, wo wir nicht alle tag schriften von euerer herrlichkeit warteten, dorauß wir vermerckten, ob die ding alle, so vonnoten, außgericht weren4. Derhalb wolle die ksl. Mt. eyne gnedige gedult tragen, das sich unser ankunft so ein kleyne zeyt vertzeucht. Zudem so seindt auch die wege itziger zeyt umb der angelauffenen wasser willen an den bergichen orten sehr sorgkfeltig und schwer. Der almechtig wolle euere herrlichkeit lang bewahren, deren wir uns in all weg thuen bevehlen5. Geben in unser stadt Mardtpurgk, Donnerstags nach Invocauit anno etc. 41.