Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Wien HHStA, MEA RTA 7 Konv. II, fol. 47r–53v; ÜS: Handlung vor anfang des reichstags.
Sambstags nach Letare anno 41 [1541 April 2] hat der Kard. und Ebf. zu Meintz Kf. di churfurstlichen rethe ausserhalb Sachsen in das augustinercloster fordern und inen furhalten lassen: Di röm. ksl. Mt. hat in irer ankunft alher gein Regenspurg befunden di schmelichen schriften und bucher, so Braunschweig und Hessen hetten widereinander außgeen lassen. Dieweil aber di zu verhinderung dises reichstag us vil ursachen gelangen mochten, hetten ir Mt. an Braunschweig begert, mit weiterm schreiben stillzusteen, welchs Braunschweig nit allein bewilligt, sonder auch der ksl. Mt. die sachen mechtiglich heimgestellt. Wiewol nun ir Mt. solchs bei Hessen gleichergestalt gesucht, mit gnedigem erbieten, durch gutlich handlung weg zu suchen, solche sachen zu vergleichung zu bringen, so hette doch Hessen allein fur sein person ir Mt. bewilligt, die schmehebucher ytzo beruhen zu lassen. Dieweil aber andre protestirende stendt zum hochsten auch verletzt weren, wiss Hessen diselben nit zu verpflichten. Darzu wolt Hessen unvermeidliche notturft erfordern, vor ksl. Mt. und gemeinen stenden ein protestation zu thun und, was sie von Braunschweig geschrieben, mit brief und sigeln zu beweisen und sich zu entschuldigen. Dieweil dan ir Mt. bedacht, das dise sachen der andern reichshandlung verhinderung gepern mocht, so het ir Mt. Meintz bevolhen, der churfursten botschaften zu erfordern und sich mit inen eins ratschlags zu vergleichen, wie solche sachen furzunemen, und den furter an ksl. Mt. zu gelangen, dan so Braunschweig und Hessen personlich zusamenkomen oder im fall, das Hessen, wie erzelt, protestiren und sich beweisung anmassen solt, were allerhandt beschwerung zu vermutten, welchs Meintz auß bevelh ksl. Mt. also wolt angzeigt haben1. Daruff haben sich der churfursten rethe eins ratschlags verglichen, doch nit in schriften zu ubergeben, sonder muntlich furzutragen, wie hernach volgt mit A bezeichnet:
Die churfurstlichen rethe2 haben von dem Kard. und Ebf. zu Meintz Kf., vernomen, was die ksl. Mt. mit beiden Ff. Braunschweig und Hessen irer hin und wider ausgangen schmehebucher halben gnediglich gehandelt hat und was ir Mt. begegnet ist, und anstat irer gnedigsten herrn die zugefallen irrung und sonderlich, das die in solche weitleuftigkeit gewachsen, mit beschwertem gemuet gehort. Das aber ire Mt. sich diser sachen underzogen und sich darin so gnediglich gemuhet hat zu furderung obligender des hl. reichs sachen, davon alhie soll gehandelt werden, das sein die churfurstlichen rethe irer ksl. Mt. undertheniglich danckbar. Und dieweil sie irer Mt. zu gehorsamen sich schuldig erkennen, haben sie uff irer ksl. Mt. gnedigen bevelh den handel beratschlagt und bedencken uff ir Mt. gnedig wolgefallen vonnoten sein, das ir Mt. als das ordenlich haubt in der angefangen handlung weiter furfaren und bei dem Lgf. zu Hessen suchen und gnediglich begern, solche sachen bis zu endt des reichtags anzustellen, auch die furhabende protestation ditzmals beruhen zu lassen und sonderlich zu bedencken, das diser reichstag von wegen der strittigen relligion und ander treffenlichen des hl. reichs obligen sey furgenomen, welche des hl. reichs obligen billich diser zugefallen irrung furgesetzt wurden, wer auch nit wenig beschwerlich, wo sie durch solche irrung solten verhindert werden, wie dan di ksl. Mt. acht, des landtgraven gemut nit were. Sein die churfurstlichen rethe der undertenigen hoffnung, Hessen mocht durch solche und dergleichen persuasion bewegt werden, die protestation anzustellen und sonderlich, so sich ir Mt. abermals erbieten wurde, nach endung diß reichstag in solcher sachen gnedig handlung furzunemen, a –und das sollich anstellen keinem teil zu nachteil oder verletzung seiner gerechtigkeit reichen solt–a.
Und damit im reichsrat unlust und der unrat, so darauß volgen mocht, verhuet werde, achten die churfurstlichen rethe, di ksl. Mt. mocht mit beiden fursten handlen lassen, bei der proposition diß reichtags personlichb nit zu erscheinen, und das volgends ir fstl. Gn. ein tag umb den andern bei den ratschlegen weren und allweg der abwesendt seine rethe verordnet het.
Im fall aber, das Hessen ye nit von der protestation absteen wolt, wer mit sein fstl. Gn. zu handlen, dieselbe ditzmals allein vor ksl. Mt. als ordenlichem richter diser sachen zu thuen, di wolten ir Mt. gnediglich anhoren und nach endung des reichstags in sachen handlung furnemen. Alles uff wolgefallen und ferrer bedencken irer ksl. Mt.
Und nachdem di irrung der session under etlichen stenden gemeinen des hl. reichs sachen nit wenig verhinderlich ist, so achten di churfurstlichen rethe, es solt nit wenig furderung gepern, wo ir Mt. vor oder gleich nach der proposition an die stendt begert het, die session ungeferlich zu halten, wolt ir Mt. in dem abschid gnedige fursehung thun, damit solchs nimands zu nachteil gelangen sollt, welchs wellen di churfurstlichen rethe ir ksl. Mt. auch undertheniglich erinnert und zu irer Mt. gnedigemc wolgefallen gestellt haben wollen3.
Montagsd noch Judica [1541 April 4] haben ksl. Mt. churfurstlichen rethe erfordern und inen anzeigen lassen, das Hessen, sein protestation vor irer Mt. und churfurstlichen rethen zu thun, in willen, mit gnedigstem begeren, die churfurstlichen rethe wolten gedochte protestation samp irer Mt. anhoren.
Daruff hat Hessen in gegenwurtigkeit ksl. Mt. und der churfursten rethe durch den cantzlern die protestation verlessen lassen, ongeverlich und summarie des inhalts: Das von ksl. Mt. sein fstl. Gn. uff morgen zu anfang des reichstags als ein furst genedigst erfordert. Diweil dan Hessen, irer Mt. zu gehorsamen, sich schuldig erkent, auch zu thun willig, wolt Hessen eigener person erscheinen und aber zu vermuten, das der Hg. von Braunschweig dergleichen an im nit wurd erwinden lossen und sie beide in gemeinem reichsrath sein solten, so wolt Hessen protestirt haben, das er in solcher gemeiner handlung und session sich seiner forderung und action, so Hessen an Braunsweig gedecht zu haben, sich damit gantz nicht begeben haben wolt, mit undertheniger und freuntlicher bit, ksl. Mt. und kfl. rethe wolten solche protestation zu guter gedechtnuß behalten, sich derselben zu rechter zeit haben zu gebrauchen. Und alsbald hot Hessen die protestation in schriften ksl. Mt. behendiget4.
Es haben aber ksl. Mt. Hessen antworten lossen, das bei ir Mt. beschehenne protestation wol verwart und registrirt werden solt. Es gedechten auch ir Mt. dobei, gedochte protestation Hg. Heinrichen zuzuschicken, dargegen, ob er wolt, protestiren oder sein notturft haben vorzuwenden5.
Demnoch Hessen uff kurtzen deßhalben gehapten bedacht ksl. Mt. der angenommennen seiner protestation underthenig gedanck und doruber underthenigst gebetten, wo Hg. Heinrich neben seiner protestation, so er villeicht thun wurd, etwas, was Hessen betreffen, infuren wurd, das ksl. Mt. im, Hessen, dasselbig gnedigst mitteilen wolt, gedecht Hessen uff iden puncten erhlichen und furstlichen bericht zu geben. Welchs ksl. Mt. abermals mit churfurstlichen rethen beratschlagt und Hessen zu antwort geben, ir Mt. wolt, so etwas ferners Hg. Heinrich seiner vorhabenden protestation inleiben wurd, dan die protestation erfordert, dasselbig Hessen nit vorhalten. Idoch were ir Mt. genedigst begeren, wie ir Mt. vormals mit im auch het handeln lossen, das Hessen oder die seine mit Hg. Heinrichen oder den seinen nichts thettigs mit worten oder wercken im oder auß dem reichsrath vornemen, wie sich dan ir Mt. zu Hessen versehe. Wolt ir Mt. bei Hg. Heinrich, als vor auch gehandelt, dergleichen verschaffen. Das hot Hessen ksl. Mt. vor sich und die seinen, wie obsthet, zugesagt und versprochen, auch alsbald von ksl. Mt. urlaub genommen.
Aber ksl. Mt. haben darnach churfurstlichen rethen vortragen lassen, das ir Mt. in verlesung hessischer protestation etliche harte wort vernummen, die Hg. Heinrichen und die sach erbitern, auch im weiter ursach geben mochten, sich mit Hessen ferners mit schriften inzulossen. Derhalben wer ir Mt. gutbeduncken, das bemelte protestation Hg. Heinrichen nit wie sie in schriften gestalt, sonder mit worten zum freuntlichsten und gelimpflichsten wurd vortragen, darzu wolt ir Mt. etliche von ir Mt. rethen verordenen und solten churfurstliche rethe zwen auch darzu geben. Die churfurstlichen rethe haben daruff ein genedigsts bedencken genummen und noch gehapter underredung auch erwegung ksl. Mt. vortragens sich entschlossen und ksl. Mt. underthenigs zu erkennen geben, das ksl. Mt. gutbeduncken, das die protestation nit schriftlich, sunder muntlich uff freuntlichs und dinlichts [sic!] solt an Hg. Heinrich gelangen, das lissen churfurstliche rethe inen nit mißfallen. Das aber daran gehenck, das churfurstliche rethe zwen auß inen zu dem verordenen solten, achten churfurstliche rethe, das ksl. Mt., die die grost praeeminentz, authoritet und ansehen het, wurd solchs durch die ire zum besten und ersprißlichsten außrichten kunnen, sonderlich, dweil ir Mt. zuvor zwischen Braunschweig und Hessen die irrungen, so sich zwischen beiden fursten erhalten, hinzulegen, gnedigst verhandeln lossen. Welchergestalt aber solchs antragen geschehen solt, wurd ksl. Mt. on zweiffel wol wussen zu bestellen.
Das hot ksl. Mt. zu volfuren gnedigsts bewilliget und churfurstliche rethe daruff mit urlaub von ir Mt. geschiden. Actum ut supra.