Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Ausf.); DV v. a. Hd.: Praesentatum 1. Junij anno 41.

Druck: Roth, Zur Geschichte, T. IV (ARG 4), Nr. 79 , S. 86–88.

Wir wissen eurer fursichtigen, ersamen W. nit zu bergen, das auf heut dato diß briefs unser genediger herr, der landtgrave, ain versamlung der ainungsverwandten stende berueffen, in welcher furnemblich vorgehalten worden ist und die frag gewesen ist ainer beschwerdt halben, so unserm g[nädigen]hern, dem Hg. zu Wiertemberg, an dem kayserlichen chamergericht in ainer seiner fstl. Gn. privat- und purgationsachen begegnet, belangend ainen ayd, so sein fstl. Gn., nach gebrauch berurts chamergerichts zu Gott und den hailigen zu schweren, auferlegt und sein fstl. Gn. allain zue Got erstattet hat und ferner nit gedencket zu thon, dessen aber unangesehen an gedachtem chamergericht der ayd [obgehorter]massen sein fstl. Gn. ufferlegt und sich nunmer in contumatiam und ander ungehorsam furfarens in proceß und aller gefar zu besorgen, bittende, was sein fstl. Gn. zu den ainungsverwandten stenden im selben fall versechen sollen, zu verstendigen1.

Zum andern Goßlar halben, dieweyl ire sachen und begegnet beschwerden am kayserlichen chamergericht zu der Naumburg jungst allher aufgeschoben2 und Goßlar auch heutigs tags darumben anhalt, das dann dieselben stende, an denen es datzumal erwunden, so maisten thails oberlendische stette seind, ir gemiet hierin entdecken oder aber mit erkantnus der stimmen laut deß naumburgischen abschieds furgefaren werde, das alls der stat Gosslar hohe notturft erfordern und den verzug lenger nit wol leyden mog. Und ist diser letst punct, Goßlar betreffendt, von Saxen und Hessen und etlicher ander stendt pottschaften mit hechstem fleyß, wie vor auch beschechen, furgetragen worden, nachmal dise sachen fur ain religionsach gehalten werden soll. Darauß wir wol zu vermercken, das inhalt jungster relation der gephlegnen handlung auf den tag zu der Naumburg gwislich zu besorgen, das der oberlendischen stedt verwidern gar nichts verhinderlich sein mugen, auch so viel versteen, das etliche derselben bevelch haben, mitzustimmen und den merern zu volgen, und darumb wol zu bedencken, was in namen eurer fursichtigen, ersamen W. diß orts woll sein zu handlen. Dann ob wir gleich die ursachen bei uns und das bedencken haben, so vor auf dem tag zue der Naumburg auch furgewandt, das dise dero von Goslar sach ain prophansach und nit in die religion getzogen werden sollte, auß den ursachen, desselben mal vormeldt, so wurdet doch dagegen furgewandt, als vormals auch beschechen, das, die von Goßlar papistische ceremonien aufzerichten und sie den stenden also abzetringen, nit sey zue gestatten und alle ir beschwerdt, so eure W. hievor auß den goßlarischen ubergebnen schriften bewusst sein mugen, allain daher ihnen entsten sollen, das sie sich diser religion zugethon haben, dergleichen heut oder morgen gegen andern stenden mer mochte und werde gesucht werden. Datzue die verstendtnus mit außgedruckten worten vermug, ‚wann ein standt under schein anderer sachen, doch der religion halben gemaint wurdt‘ etc., den nit zu verlassen, und in summa so vil endlich und wol zu vermercken haben, das, wa wir gleich nit darein willigen, das nichtdestminder dise sach mit erkantnuß der merern stimmen fur religionisch [sic!] angenomen und wir allain oder etlich wenig oberlendisch stett mit uns den undanckh verdienen und dannocht zulest inhalt der verfassung nachfolgen muessen, und ist nit verbliben eurer Ft. und gemainer statt sachen, so sie mit ir clerisey haben, außtruckenlich zue gedencken, das, wa darin gegrubelt oder dieselben auf das scherpfest erwegen, etliche puncten derselben, darunder welche als die religion nit beruerend gleychsfalls disputiert werden mogen, solche scherpfe doch in annemung der sachen nit gepraucht worden. Derhalben eure fursichtige, ersame W. uns mit dem ersten ir gelegenhait und, weß wir uns in obbenannten zwayen sachen halten sollen, zu verstendigen geliebe.

Unsers beduncken, doch auf eurer Ft. verbessern, wurdet man Wirtenberg in dem, das sein fstl. Gn. zue anrueffung oder betzeugung bey der hailigen hilf angehalten werden will, nit kinden verlassen, sonder das fur ain religionsachen erkennen [Nr. 246], bevorab dieweyl wir die stende vast ainhellig in disem fall vernemen, und dann in der goslarischen sachen gleychfalls kheines behalts unsers vorhabens zu verhoffen, ob wir schon es darfur haben, das es zue ainer großen beschwerdt der verstendtnuß mag geraychen, demnach und wir, als vorsteet, die sachen allain nit erheben mogen, so mechte filleycht mer geradten sein, dahin sich zue bearbayten, auf das dise sachen also und auß solchen ursachen fur religionisch [sic!] erkendt, die am münsten [= wenigsten] eingangs in volgenden sachen in konftig zeit auf inen haben und mit sich bringen. Das wissen wir eurer fursichtigen W. der notturft nach in bestem nit zu verhalten, derselben beschaid hieruber gewartende3. [...]. Datum Augspurg [sic!], den 30. May anno 1541.

Anmerkungen

1
 Vgl. Hg. Ulrich von Württemberg an die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes, Calw, 1541 Mai 18 [Nr. 245].
2
 Vgl. den Abschied des Schmalkaldischen Bundes, Naumburg, 1541 Januar 16, Wien HHStA, RK RA i. g. 13a/Konv. 2, fol. 268r–309r (Ausf.), hier fol. 271r–275v [Nr. 7].
3
 Vgl. Bgm. und Rat von Augsburg an die Augsburger Gesandten auf dem Reichstag zu Regensburg, Augsburg, 1541 Juni 2, Augsburg StadtA, Lit. 1541, unfol. (Kop.): Ihr Schreiben vom 30. Mai. Teilen ihre Auffassung in der Angelegenheit Hg. Ulrichs von Württemberg. Ist auch unser maynung, das dieselbig sach nit anderst dann fur ain religionsach, wie sie an ir selbs ist, zu erachten sey. Solchs mogen ir euch fuglicher weis, wie ir zu thun wol wissen, in eur stimm von unsernwegen vernemen lassen. Bedenckhen aber daneben, das dennocht nit unfruchtpar sey, das gemaine stend deßhalben, wie vor auch in andern sachen beschehen, bey der röm. ksl. Mt., unserm allergnedigsten herrn, umb abschaffung solcher beschwerdnus ernstlich anhalten sollen etc. Zum andern, die von Goßlar belangend, wiewol die sachen, wie ir wissen, etlichermassen beschwerlich, so bedenckhen wir doch eben die ursach, so ir in eurm schreiben melden, und derhalben auch fur fruchtpar achten, mit gutem willen das helfen zu handlen, das ondas durch das merer beschlossen werden möcht. Und ist derhalben unser maynung, so es zu stimmen kompt, das ir euch von dem merern nit sonderen und darauf dermassen, wie ir zu thun wol wissen, stimmen oder schliessen sollen, damit dennocht vermerckht werde, das wir ungern etwas sonders fürnemen oder anderst bedenckhen, raten oder helfen wollten, dann das zu der ere Gottes und gemainer sachen wolfart dienen mocht, wie wir dann auch deshalben unserm advocaten H. Dr. Conradenn Hel auch muntlich antzeigung thun lassen.[...]. Datum Donerstag, 2. Junij 1541.