Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld
Straßburg AD, 15 J 14, unfol. (Ausf., eighd.).
Wie bisheer die sachen alhie gestanden, haben euere Gn. us meinem schreiben sonder zweiffel vernommen. Dieweyl aber nach dem gehapten colloquio und gesprech zum thail etliche handlungen furgenommen worden, hab ich nit wöllen underlassen, euerer Gn. solliches anzuzeigen. Uf Mitwoch nach Pentecostes [1541 Juni 8] umb die try uren nach mittag sind Kff., Ff. und gemaine steend vor röm. ksl. Mt. uf deren erforderen erschynen und inen durch Pfgf. Friderich muntlich und volgens durch den Oberburgern furgehalten und verlesen worden ein anbringen [Nr. 110], wie euere Gn. ich dessen ein abschrift, wiewol nit mundirt, hierin verwart zuschick, us welcher euere Gn. abzunemen hat, wie es der religionsachen halben stande, dan die geordnette sechs sich in allen und jeden articklen nit verglichen könden, sonder ein lange geschrift ir Mt. ubergeben, ongevarlich uf hundert bletter lang, latine, welche die steend jetzunder abschriben lassen, sich daruber haben zu bedenckhen, beratschlagen und zu entschliessen vermög ksl. Mt. begern. Was aber zu verhoffen, kann ich euerer Gn. nichtz sonders anzeigen, dan das man sich sollicher verglichung halben gar und gantz keiner fruchtbarer handlung versicht noch vertröst, wiewol, vor und ee des furhalten den steenden beschehen, der Kf. von Brandenburg us bevelch ksl. Mt. mit den protestirenden gehandelt, doch nichtz erlangen noch usrichten mögen1.
Volgens Donnerstag [1541 Juni 9] sindt vor ksl. Mt. und gemainen steenden die ungerisch potschaft, namlich Franciscus episcopus Agrinensis, ein Gf. de Frangipanibus, ein ordensman, gehört worden, welcher latine seer ernstlichen und wol orirt [Nr. 171], mit bit, hilf zu erzeigen widder den Turcken. Und domit die gefaar und not erkent wird, hat er etliche brief und kundtschaften ubergeben und offenthlich verlesen lassen, deren datum primo et quarto Junij etc., des inhalts, das der Turck im anzug sey uf Ungern zu mit 100.000 man; item, das röm. kgl. Mt. kriegsvolck vor Ofen den sturm verloren hab, an welchem pliben uf 800 personen, die do verwundt und gestorben, und das die anderen nit weitters handlen gedencken, es werde inen dan hilf zugeschickt und durch andere ersetzt etc. Volgens in eadem audientia sindt der osterreychischen erblanden gesandten auch gehört worden [Nr. 170], die ir not muntlich und schriftlichen gantz beschwerlichen furpracht mit anzeigung etlicher kundtschaften, wie oben gemelt, und hat diesse audientz ongevarlichen bis nach den sechs urn gewert und die sach zu bedacht genomen worden.
Und domit euere Gn. sehen, das Got der almechtig, uns zu straffen, gedenck, so ist die sag fur gewiss bey uns, das röm. kgl. Mt. ein grosser, mercklicher schad in Behem begegnet sey, dan es sol das schloss zu Prag an funf orten ingelegt und gar und gantz usgebrandt, darneben den behemischen herren und der cron Behem alle ire monumenta, brief, fryheytten, verträg, recht und gerechtigkeytten in berurtem brand verdorben und ein thayl der stat auch abgebrandt seyn. Got der almechtig wende seinen zorn und straff von uns gnediglichen ab. Weitter weiss euerer Gn. ich des reychstags halben nichtz zu schreiben, dan das sich alle sachen und handlungen irrig und seltzam, auch dermassen zutragen, als werde nit vil fruchtbars gehandelt nach usgericht, dan der gegenthail je lenger, je halsstarriger und arbeyt widerumb uf ein neuwen fridstand, der vielliecht als vil gutz als die vorigen im reych pringen wurdt etc.
Euerer Gn. sachen und handlungen sindt al durch den von Nauia in rhat ubergeben und furpracht worden, aber nach nichtz expedirt, dan alle ding der religion halb, dieweyl die noch an keinem ort, suspendirt und ufzogen werden, wiewol ich von dem von Granuel sampt dem Nauia gutte vertröstung und hoffnung hab. Doch gib ich keinen glauben, ich habs dan expedirt und erlangt. Mit St. Steffan kann ich gleichergestalt kein antwort uspringen, zudem es in tanta hominum penuria gantz beschwerlich zu sollicitiren. Ich sol wol try tag nachlauffen, ee dan ich einen bekommen mag. So sitzt auch von Teuschen niemantz ins keysers rhat dan Pfgf. Friderich und seiner Gn. cantzler, darnach ists der von Granuel, Bratis2, Nauia und ein doctor flammingus etc.
Wees ich mich euerer Gn. brief halben, an die röm. kgl. Mt. gestelt, Gf. Wilhelmen belangen, halten sol, ist mir noch kein bescheid worden. Derhalben so ist an euere Gn. mein underthenig bit, mich zu verstendigen, wees ich mich sollicher brief halben halten sol, dieweyl die kgl. Mt. alhie nach nit ankommen.
Zu erlangen die confirmationes uber die verträg der eygnen leut, hat Gf. Friderich, wie euere Gn. supplicirt, auch gebetten und nit gewölt, das seines bruders meldung in euerer Gn. supplication beschehe, dieweyl die verträg mit euer Gn. durch in ufgericht syen laut der copyen. So hat er auch das schlos Ortenberg nit gewölt, das euere Gn. einiche gerechtigkeyt darzu hab. Derhalben es in der supplication auch nit solt specifirt werden. Domit dan die sach nit ufgehalten und beden eueren fstl. Gn. und Gn. solliches nichtz preiudiciren und nachteylig seyn möchte, hab ich fur die specificatz des schlos gesetzt‚ beide inhaber und besitzer der gemeintschaft Ortnaw, doch nit anders dan uf euerer Gn. zuschriben und bewilligen. Wees sich auch berurter sach halben zutragen, wyl ich euerer Gn. zu meiner ankunft berichten.
Wie es sunst alhie stand, kann euerer Gn. ich nichtz anders zuschriben, dan das die fursten heftig mit pracht und sunst more solito triumphiren, ksl. Mt. aber sich gantz und gar stil und on alle freud inzogen helt, entgegen der landtgraff sich prechtiger erzeigt dan ksl. Mt. und andere chur- und fursten, wiewol die sag, er gedenk, widerumb heymzuziehen. So last er auch sampt anderen protestirenden fursten in iren herbrigen offenthlich predigen etc.
Des lufts halben ist alhie noch kein gefaar, dan das allein vil hitziger feber regiren, doran vil menschen kranck ligen und sterben. Es ist auch uf Mitwoch verschynen [1541 Juni 8] der thumdechan von Wormbs3 doran gestorben und uf heut dato mit einer grossen solennitet begraben worden. So ist Dr. Fabri, episcopus Viennensis, auch verscheiden4. Got der almechtig sey inen gnedig.
Die neuwe zeittung us Ungern hab euerer Gn. ich nit zuschicken könden, dan wyr occupirt mit dem langen libel, so die collocutores ksl. Mt. ubergeben, also das beygelegt furpringen nit mundirt noch anders hat mögen abgeschriben werden. Doch was sich yederzeyt zutregt, auch abgeschriben wurdt, wyl euerer Gn. ich zum furderlichsten und, wo vonnötten mit gewisser potschaft, zuschicken5. [...]. Datum Regensburg, Fritag nach Pentecostes anno etc. 416.
Den botten hab ich von Pfortzhaym usgeschickt und ime 12 batzen zu euerer Gn. bis geen Zabern geben.
[PS:] Verzeichnus der fursten, so Mitwoch [1541 Juni 8] und Donnerstag [1541 Juni 9] vor ksl. Mt. personlich erschynen:
Der Kard. von Mentz, Saltzburg, Brixen, Bamberg, der hohe meister, Eystet, Spyer, Costentz, Augspurg, Hildesheym.
Der Kf. von Brandenburg, Pfgf. Friderich, Wilhelm, Ludwig, Hgg. zu Beyren, Hg. Oth Heinrich, der Hg. von Sophoi, Hg. Heinrich von Braunschwig, Hg. Philips, Mgf. Georg von Brandenburg, der Hg. von Pomern, der landtgraff, ein F. von Anhalt.