Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Stettin AP, AKW Sign. 95, fol. 205r–206v (Reinschr.).

Darauf[ad Nr. 166] haben die stende der augspurgischen confession heuttiges tags [1543 März 29] widerumb eine mundtliche anzeigung gethan und die mengel, szo sie ahm frieden und sonderlich dem rechten, ane welchs friedt nicht konte noch mochte erhalten werden, angezeigt und die ksl. declaration [RTA JR Bd. XI, Nr. 949] verlesen lassen, mit anzeigung, das unsere gnedigsten und gnedigen herren, auch oberen, die abschiede zu Regenßpurgk [1541] und Speir [1542] nicht anders dan auf solche declaration angenommen hetten und darauf nochmaln sich erbotten, wie es auch hiervor in gemeinem rath beslossen, mit inen in gemeinem rath niderzusitzen, von dem mißvorstandt zu reden und ahn unß nichts erwinden lassen, damit man zu einem einhelligen fridt und wircklichem, gleichmessigem recht kommen muge. Und is endtlich allein auf die declaration gemeint gewesen, dan die anderen in offentlichem rath in unßer kegenwarth gesagt, sie wusten von keiner declaration, es giebt inen auch nichts zu schaffen, wir hetten sie oder nicht. Sie hetten abschiede, der wolten sie sich halten. Es hat sich auch in der papisten rath der beyrische gesanter [= Dr. Leonhard von Eck] heuttiges tagks unvorschemet horen lassen, sein gnediger furst und herr solte der declaration kein stadt geben, wan auch das gantze ertreich vorderben solte.

Auf solchs unser anzeigen haben sie [= die altgläubigen Stände] unß ungeferlich mit kurtzen, stracken worten disse andtwort gegeben: Dieweyl in unserem heuttigen anbringen nicht viel neus noch anders, dan in schriften vorhin vorbracht, enthalten und sie nicht zweifelten, wir wusten unß woll zu erinneren, was sie jungst ahn unß gesunnen, gebetten, ermanet, auch erbotten hetten, und kondten nochmaln bey sich nichts anders ermessen, dan das unsere gnedigisten, gnedigen herren und obern ahn demselben wol gesettiget sein wurden, auch solten. Szo were nochmals ir gesinnen, bitten und ermanen, wir wolten es nochmal bey furigem anzeigen beruwen lassen und ane weittere disputation oder verzugk irem furigen bitten und ermanen stattgeben und unß ahn dem gleichmesigen und billichen erbieten settigen lassen, dan sie kondten oder mochten in der hauptsache nicht lenger stille stehen, sonder wolten morgen umb 7 uhr in derselben vortvharen, zuvorsichtlich, wir wurden unß des auch nicht eusseren, in betrachtung, das es unsere gnedigsten und gnedigen herren, auch obern, vermuege furiger reichsabschiede zu thun schuldigh weren.

Darauf wir nach kurtzer underrede ungeferlich disser gestalt widerumb geandtwort haben: Wir wolten unß vorsehen, sie hetten auß hievor ubergebenen schriften, auch heuttiger mundtlicher anzeig gnugsamlichen vernommen, auß was ursachen man zur beradtslahung, vil weiniger leistung der turckenhilf fruchtbarlich nicht kommen mochte. Zveifelten auch nicht, sie wusten sich zu berichten, wie dan zu Regenspurgk durch alle stende in gemain under anderem der ksl. Mt. dis auch zur andtwort gegeben, das man zu der gesunnenen hulf wider den Turcken nicht kommen kondte oder mochte, es were dan ein bestendiger friedt und gleichmessig recht in dem Reich aufgericht und alle innerliche krige aufgehoben, damit niemandts ursach hette, sich auß derselben zu ziehen.

Damit nun solchs geschehen mochte, hetten sich disse stende erbotten, in gemeinem rath niderzusitzen und die puncte hinleggen helfen, dan das ane das nichts fruchtbarlichs kondte oder mochte in der hauptsache gehandelt werden, were hie nochmals durch das meherer theyl in gemeinem rath beslossen und kondte oder mochte auch naturlicher und billicher weiße nicht anders geschehen etc.

Das aber solchs alles abgeslagen wurde und sie vormeinten, zu der beradtslagung der turckenhulf zu schreitten und die stende der augspurgischen confession, unsere gnedigsten und gnedigen herren, die dennoch auch stende des Hl. Reichs weren, außslossen, were unß alß diener treulich und hertzlich leidt und hoerten es ungern. Wir muesten es auch iren chur- und fstl. Gnn. vermelden, ungezweifelt, es wurde iren chur- und fstl. Gnn. solchs zum hoechsten beschwerlich sein und gar nichts gefallen, dan ire chur- und fstl. Gnn. hetten je nie zu solcher auflaufung [= Tumult] ursach gegeben. Szo hetten wir unß auch alß diener ine aller vernunft, billigkeit und furigen handtlung gemeß erbotten, wolten auch, das solchs weder durch unsere gnedigsten, gnedigen herren, auch obern, oder unß alß diener nicht verursacht, offentlich bezeugt haben.

Und szo je inniger [= einiger] unrath, das der Almechtige gnediglich verhuetten wollte, auß solcher trennung erfolgen wurde, szo wurden unsere gnedigsten und gnedigen herren, auch obern, sich des kegen Got den Almechtigen entschuldiget wissen und auch sich des kegen der ksl. Mt. und sunst aller welt mit eehren wissen zu entschuldigen. Und hetten unß gar nichts vorsehen, das die ksl. declaration szo gantz und gar von den stenden ungeacht und unangerurt bleiben solte etc., aber das musten wir in seinem werdt beruhen lassen, und wolten unß dennoch vorsehen, die ksl. Mt. werde unsere gnedigsten und gnedigen herren, auch obern, bey gegebener ksl. declaration handthaben. Es werden auch unsre gnedigsten und gnedigen herren und obern auf wege und mittel gedencken, das sie bey der declaration bleiben mugen.

Darauf is idermhan die [!] haimgangen und waiß nichts anders, dan sie werden morgen freu [= in der Früh] vortfharen in beratslagung der hulf wider den Turcken.

Actum zu Norenbergk, freitagks in den osteren, welcher is der 30. tagk Martij anno 43.

Und unß nochmaln erbotten, wo sie nidersetzen wolten und von fridt und recht ratslagen, unserem vorigen erbieten nach etc. Und da sie je hiruber radtslagen, willigen und sliessen wurden, wolten wir unß versehen, sie wurden darin unsre gnedigsten und gnedigen herrn, auch obern, nicht beschweren etc.

Es is niemandts von allen weltlichen fursten gesanten in dem furstenrat bey den pfaffen in der beratslagung geblieben dan Osterreich und Bayern, dan Bayern furet alle spiel und practiken.