Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Magdeburg LASA, A 1, Nr. 311, fol. 15r–18v (Ausf. v.d.Hd. Jonas’); DV: 4. Aprilis anno 43 Aschaffenburgk.

Bericht über eine Audienz bei Kg. Ferdinand: Ansuchen um Verlängerung der vom König gewährten jährlichen Pension von 7000 fl. für Ebf. Albrecht um ein weiteres Jahr. Dr. Andreas von Könneritz steht in Diensten Kg. Ferdinands; falls der Kf. von Mainz Verhandlungen wegen künftiger Dienste Könneritz’ wünsche, werde Jonas mit ihm verhandeln.

Die concept der mandata hab euern kfl. Gn. ich darumb undertänigist zuegeschickt, das sy die minderen und meeren möchten, dann der secretari Neuner, so die expedieren solt, muetet mir zue, ich solt sy selbs stellen lassen, er hett zue vil ze thuen. Geschicht vilicht darumb, das ich nichts in die cantzlei gib, achte auch billich, das archicancellarii geschäft gratis passieren. Daruff ich sy also gestelt und ime übergeben. Der hat mir gesagt, er hab nun etliche wort nach ierm stilo geendert und sy ze schreiben bevolchen, die will ich vleißig sollicitieren.

Was sich in den reichssachen zuetrage, das haben euer kfl. Gn. auß neherem langen schreiben gnädigist vernomen. Aber wie dem, damit euer kfl. Gn. underschidlicher der rhät bedencken wißten, uberschicken ynen wir, yere diener, samptlich ainen excerpt der voten hieneben1. Und steet im churfurstenrhate vast daruff, das Trier den seer stracken weg gehet und von der declaration [RTA JR Bd. XI, Nr. 949] nichts einreumen will. Pfaltz laßt hand und fueß gehen und um fridlebens willen ist sy unbeschwärdt, der declaration nach visitieren ze lassen. Brandenburg lupum auribus tenet, dann pfältzisch und andere werfen ynen offenlich für, die declaration sey durch irn herren außbracht und in seiner kfl. Gn. cantzley geschriben. Darumb behelfen sy sich mit dem, das sy von der declaration in yerer instruction2 nichts haben, aber haben irm herren geschriben und biß derselb inen anders bevelche, so bleiben sy bey vorigen rädtschlagen und beschlüssen, die sy mit und neben andern churfurstenrhäten beschlossen, welche dann (wie euern kfl. Gn. zuegeschriben) wider die declaration sein. Diewil sy dann in effectu mit Trier schliessen, so bleiben euer kfl. Gn. rhät bey ynen als dem merern. Ich hab aber gleichwol ainmal gepetten, wo die weltlichen baid für die declaration schlüssen und Trier blib, also das wir votorum paritatem machen möchten mit euer kfl. Gn. voto. Was wir thuen solten, was mir wider geschriben, tragen euer kfl. Gn. sonder zweiffel gnädigist wissen, namlich ich wird es auß dem gmainen schreiben versteen, und das gmain hielt inn, euer kfl. Gn. hetten sich zwaymal erklärt, dabey liessen sy es blaiben. Seidthär hab ich nit meer fragen bedörfen derhalb und stehe (wiß der almechtig, guetig Gott) in großer angst und sorg; zuesampt meiner gewonlichen mhue wolt ich warlich gern treulich und nutzlich dienen. Und wo ich euer kfl. Gn. mit meiner hitz und ungeschicklichait zue ungnaden bewegt vermerckt, hat es mich meer bekömbert und geschwecht dann alle mein andere mhüe und arbait. Wolt, das ich alle sachen also geschicklich wol verrichten könd und verstuend, als treulich und guet ichs gemain, so wurd ich sicher meer schlaffen mögen alß ietzo. Meine mitverordneten und ich bevleißigen unß unßers höchsten vermögen, euer kfl. Gn. bevelche (als guet wir es versteen) nachzekomen. Und von rechter sorg, weg recht ze thuen, nemen wir dann darauß etwann meer dan ainen vorstand und fallen deste meer dubia vor. Darumb schicken wir das protocoll so oft, damit wir desto lauterern beschaid empfachen.

Ains mueß ich nach schreiben, das mir die kgl. Mt. vertraulich dißen abend gesagt: Yr Mt. hab yr kundtschaft under den protestierenden, und als sy sich nehermals in die rhät außgetailt, haben sy sich zuevor verglichen, was sy votieren wöllen und deßhalb zettel außgeben. Und ietzo weren yr Mt. bericht, wann die catholici der kgl Mt. sagten mundtlich, sie belueden sich der declaration nit, sonder stelten dieselben ksl. Mt. haim und liessen in dem abschid bey der visitation setzen, wo die stend irrig wurden der visitation halb, das die ksl. Mt. macht soll haben, sy zue entschaiden, so wurden die protestierenden daran zefriden sein und wider den Turcken helfen, auch etlich wider den Frantzoßen, und sy haben also per gradus ze handlen beschlossen. Das sey der letst staffel, und wiewol ich wol merck, waß darunder steckt, so achte ich doch, die weg muessen gegangen werden oder wir werden etwann ubermeeret, das die declaration gar lauter bewilligt werden sölle. Und wo man sich hie nit vergleiche, sagt die kgl. Mt., so wollen die protestierenden unßern herren und irn capitel schreiben und ain wissen haben wöllen, was yr gmuet sey, und ob es ynen gefalle, was da gehandlet. Und söllichen anhang hat mir Hg. Friderich Pfgf. auch zueentpotten durch H. Wolffen von Affenstain, rittern.

Es haben auch yr fstl. Gn.[= Pfgf. Friedrich] vor etlichen tagen nach mir geschickt und mir angezaigt auß sonderm, freuntlichem vertrauen, so sy zue euern kfl. Gn. tragen, das die protestierenden sich beclagt, wie ich ynen seer zuewider und mich hören hab lassen in des konigs gmach gegen Dr. Egken: „Es machen konig und ksl. commissarii, was sie wöllen, so werd ich und andere catholicorum rhät es nit annemen.“ Darauf zaigt ich seinen [fstl.] Gn. mein unschuld an und das mein bevelch nit wär, zue unainikait, sonder zue frid und rhue ze radten. Es fiell mir aber gleichwol ain, man wölt schrecken oder Dr. Conrad Brauns3 historien mit mir spielen. Ich batt sein fstl. Gn., mir die ansagen ze benennen und mich gegen ynen ze hören, auch Dr. Egken darumb anzureden. Den wölt ich derhalb mit anreden etlich tag, da wurden yr fstl. Gn. finden, das es mir zue unschuld, allain mich in ungnad ze bringen, ufferlegt wär. Ich hab vil tag gewartet und spricht mich niemand an. So hab ich gestern Dr. Egken angeredt, der sagt, er sey nit befragt worden. Das mocht euern kfl. Gn. ich undertönigister wolmainung nit verhalten, sich in alle weg desto besser haben ze richten, auch ze vernemen, das ich dißer zeit zimlich tribulation [= Unannehmlichkeiten] und persequution hab.

Anmerkungen

1
Das Votenprotokoll des Kurfürstenrates ist für den Nürnberger RT 1543 nicht erhalten.
2
Von Kf. Joachim II. von Brandenburg ist keine Instruktion für den RT erhalten, lediglich ein Kredenzschreiben für die Räte (Nr. 46).
3
Dr. Konrad Braun war – mit einer kurzen Unterbrechung 1535/36 – von 1533 bis 1540 katholischer Beisitzer am RKG und von 1540 bis 1542 Leiter der RKG-Kanzlei im Dienste des Mainzer Erzkanzlers und galt als radikaler Vertreter altgläubiger Positionen. Für den Speyrer RT von 1542 konzipierte der seit Febr. 1542 in Diensten Hg. Ludwigs von Bayern befindliche Jurist die Erläuterung des Gesuchs der katholischen Stände an Kg. Ferdinand um Aufhebung der Regensburger Deklaration: RTA JR Bd. XII, Nr. 145. Siehe dazu ausführlich M. B. Rossner, Konrad Braun, hier S. 45–83.