Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Weimar HStA, EGA, Reg. E 150, fol. 295r–301v (Ausf.).

Sie danken ihrem Herrn für seine letzten beiden Schreiben (1543 Febr.20 und 21) und übersenden ihm die Abschrift der protestantischen Replik an Kg. Ferdinand (Nr. 157). Auf den Wunsch der Räte nach zusätzlichen Geldmitteln für den Aufenthalt in Nürnberg antwortete der Kurfürst, dass angesichts der Fortdauer des Reichstags die Gesandten den Großteil der Pferde und Knechte aus Nürnberg zurückschicken sollten, um Kosten zu sparen. Sie geben jedoch zu bedenken, dass die Versammlung bald enden könnte. Falls Kg. Ferdinand ihre Replik in einer Weise beantworten sollte, das der frid und das recht erlangt, wirdet man darnach uff die turckenhulf tringen. Do die beschlossen, werden die andern gemeinen artickel, wie zuvor auch beschehen, uff ein andere zusammenkunft verschoben werden. Und hat sich H. Hanns Hofman gegen mir, Mag. Frantzen, vernehmen lassen, kgl. Mt. wurde in die leng auch nicht alhie verharren konnen, dann ire Mt.[be]khommen teglich zeitung, das der Turckh in grosser rustung steen soll. Werden aber die zwen artickel des fridens und rechtens nicht erledigt, so hat man sonderlich auf der protestirenden teilh bald alhie ausgehandelt. Aus diesen Gründen ist es wahrscheinlich billiger, die Pferde und Knechte für die Rückreise in Nürnberg zu behalten.

Das aber auf die kuchen, keller und andere gemeine haushaltung und außgabe etwas geet, das khann warlich nicht umbgangen werden, dann wir nicht ubermessig zeren oder zeren lassen, allein was die notturft ist. Und wie eur kfl. Gn. zu bedencken, do aus zufalh ehrliche leuth, als furstenrethe und andere, so bißweilen unsere taffel besuchen, sonderlichen auch bei denen man sich allerlei sachen ad partem und furnemlich der furstehenden practicken zu erlernen, zu uns kommen, daß sich nicht anders geburn will, denselben zu ehren eur kfl. Gn. ein essen, zwei von fischen oder sonst, zutzulegen lassen, und mag leichtlich sein, so gilt ein essen fisch ein gulden oder zwen. Solte man nun die taffel, wie es hievor uff andern reichstegen von eur kfl. Gn. wegen breuchlich gewesen, nicht halten, daß weren wir fur unser personnen wolh zufriden, die wir desselbigen uberfalhs [= unvermuteter Besuch] gern vertrag haben wolten. Ob es aber in ansehung eur kfl. Gn. zu thun, das stellen wir in derselben gnedigsten ermessen, zuforderst weil es anderer chur- und fursten rethe alhie aus bevelh irer herrn hiran nicht lassen erwinden. So ist auch sonsten alle kuchenspeis, holtz und anders teurer dann der hafer, zudeme so mussen wir dem wirth, wie es dann mit ime erstlich gedingt, auch einen freien tisch mit allem seinem gesinde auf ein zimliche antzalh personnen halten, der dann eben das essen wie wir haben will und gereicht muß werden. So gibt man den knechten auch nit ires gefallens essen und trincken, sonder gantz messig, das irenthalben die zerung auch nicht groß sein und ires abwesens den kosten gar wenig geringern kan. Auch haben eur kfl. Gn. gnedigst zu bedencken, das die leuft itzo gantz geschwind, auch auf diesem reichstag nicht fast sicher. So hat auch Hg. Heinrich, der eur kfl. Gn. abgesagter vheint ist, seine herberg gantz nahe bei uns und ist uff sein personn albereit eingekauft, das man sich seiner ankunft auch teglich versichert, wie wir dan mit ime und auch itzo mit seinen rethen und gesanten teglich frue und spat, wann wir aufs schloß aber [= oder] rathaus geen, zusammenstossen mussen.

Do nun unser einer nit mer dann einen knecht oder buben bei sich hett und ime ein hon begegente, das solchs nit allein demselbigen nachteillig und zum hochsten beschwerlich, sondern auch eurn kfl. Gn. schimpflich sein wolt, wie dann kurtzlich leuth in der landgrevischen rethe herberg kommen, die niemands gekannt, und sie sich doch darinnen gantz trotzig und dermassen, das sie thetlich zu gebarn gesynnet, erzeigt, das sie irer mit guten worten kaum und mit aller marter loß werden konnen, auch uff diese stunde noch nicht wissen, wer sie gewest sein. Man helt es aber dafur, das es Rudolff Schenncken gegolden, der zu seinem gluck damals nicht in der herberg gewest. Derwegen und ob sie, die hessischen, gleich zuvor stercker – beide mit personnen und pferden – dann wir sein, auch grossern kosten dann wir halten, so hat inen ir gnediger herr geschrieben und bevolhen, noch mer leuth, als nemlich etzliche trabanten, damit ein ander unrath, der beschwerlichen fallen mochte, verhut, antzunehmen. Sie syndt auch uff den nechsten tag gein Schweinfurt und anher gein Nurmbeg under virtzig gerusten pferden starck nicht geritten, und hat inen der landgrave bevolhen, gleicher gestalt anheim zu reiten. Do wir nun unsere knecht und pferde von uns liesen, so konnten wir doch solcher befharung halben nicht umbgeen, andere und frembde leut, die die herberg bewachten und uff der gassen uff unß aufmerckung hetten, bei denen wir doch nicht wissen möchten, wes inen zu vertrauen, zu bestellen und antzunehmen. Versehen uns nicht, das eur kfl. Gn. uber diesen unsern bericht, des sie an zweivel hievor unwissendt gewest, uns als derselben willige, underthenigste diennere in solcher gefhar und unbequemigkeit werden wissen wollen. Ist es aber hiruber eur kfl. Gn. wil und meinung, so mussen wir gehorsam laisten, ungeachet wie beschwerlich es uns dennost dieser vorstehenden geferligkeit, so wir der gewertig sein sollen, fallen will.1

Angeblich soll Kg. Ferdinand den Landtag in Prag nicht persönlich besuchen, sondern Kommissare hinschicken wollen. In der Angelegenheit der Hgg. von Pommern erwarten die Gesandten weitere Befehle des Kurfürsten. Die rundum beobachteten Truppenanwerbungen, von denen man nicht wisse, gegen wen sie gerichtet seien, werden von ihnen weiterhin mit Argwohn beobachtet, doch wurden bisher keine Gegenmaßnahmen beschlossen. Betr. die Aufnahme des Bf. von Münster in den Schmalkaldischen Bund ist bisher noch keine Entscheidung gefallen, da alle Gesandten die Befehle ihrer Auftraggeber abwarten. Zusammenkunft der Hgg. von Bayern mit Hg. Ulrich von Württemberg am vergangenen Mittwoch (21. Febr. 1543) in Dillingen. Ob Hg. Heinrich von Braunschweig auch dabei war, ist bisher nicht bekannt.

Und als unß eur kfl. Gn. hiebevor eine volmacht, welcher gestalt wir ein geschickten zu ratificirung der recusation und revocirung ires advocaten an das chammergericht auf der stende gemeinen beschlus fertigen sollten [Nr. 261], ubersandt, weren wir wolh bedacht gewesen, dasselbig vor des also furwenden zu lassen. So haben uns die hessischen angetzeigt, das sie irem herrn derwegen geschrieben, wie es seine fstl. Gn. damit halten wollten, dann sie hetten hievor vermarckt, das eur kfl. Gn. mit sein fstl. Gn. zugleich solche ratificirung furwenden lassen wolten. Darauf sie noch kein bescheid, derohalben wir bißher auf sie vertzogen. Vor kurzem berichteten ihnen die hessischen Räte von der Abfertigung Lic. Keudels nach Speyer im Namen des Landgrafen. Die kursächsischen Räte wollen ihrerseits mit der Entsendung eines Gesandten zum Reichskammergericht zuwarten, da sie nicht wissen, ob der Kurfürst in der Zwischenzeit dem Lic. Keudel bereits einen kursächsischen Beauftragten zur Seite gestellt habe. Die Wolfenbütteler Aktenbeute soll dem Kurfürsten in Kürze zugeschickt werden.

H. Wolff Diettrichen von Pfirt wollen wir bei den stenden sovil muglich fordern, und wissen eur kfl. Gn. underthenigst nicht zu verhalten, das durch die Kff., Ff. und stende des andern teils ein ausschus verordent, von wegen zu reden, wie die obersten und bevelchsleut irer ausstehenden besoldung mochten vergnugt werden. Dartzu wir dann von eur kfl. Gn. wegen auch erfordert. Weil aber dieselben in den gemeinen pfenning zu Speir [1542] nicht gewilligt, sonder ir krigsvolck selbs versoldet und wir nicht wissen konnen, was sie der bevelhsleut halben betzalt oder zu thun gesynnet, haben wir uns darein ane eur kfl. Gn. vorwissen nicht lassen wollen. Damit nun eur kfl. Gn. der unglimpf, als weren sie ursach, das die obersten und bevelchsleute aufgehalten wurden, nicht zugemessen, so wollen uns eur kfl. Gn., wes wir uns derhalben vernehmen lassen und halten sollen, und sonderlich, was eur kfl. Gn. zu betzallung der hohen empter erlegt oder noch zu erlegen willens,[wissen lassen]2. [...].

Anmerkungen

1
Kf. Johann Friedrich ging in seiner Antwort, Torgau, 1543 dinstags nach Letare März 6, auf die Argumente der Räte ein und kam ihren Wünschen entgegen: [...] Wiewohl wir auch gerne gesehen, ihr hettet vorigem unserm bevehl nach tzu vorminderung und abschneidung des unchostens euere knechte und pferde zuruckgeschickt, dieweil es aber die vhar und gelegenheit, wie ihr antzaigt, haben, sich auch der reichstag wol so pald enden als in die lenge erstrecken soll, so lasen wir gescheen, das ihr dieselben euere knechte und pferde bey euch behaldet, doch werdet ihr euch, wie ihr schreibet, ane zweiffel – soviel sich leiden will – eingetzogen zu halten, auch den knechten daruber zu greiffen nit zu gestaten wissen. So versehen wir uns auch, ihr werdet nunmehr das gelt, so wir euch bey unserm knaben, dem Lichtenstain, zugeschickt, empfangen haben. [...] In: Weimar HStA, EGA, Reg. E 149, fol. 44r–47v, hier fol. 44rv (Ausf.).
2
Darauf antwortete Kf. Johann Friedrich seinen Räten am 6. März 1543 aus Torgau: [...] Do wissen wir euch nit zu pergen, ob wir wohl den gemeinen pfenning nit gewilliget, wie es dann von etzlichen stenden des obersechssischen kraises auch bescheen, so haben wir doch sonder ruhm unser geburent kriegsfolck zu roß und fues wieder den Turcken geschickt, dasselbige auch sechs monath lang unterhalten und dartzu die betzahlung und erlegunge zu den hohen emptern inhalt des speierischen abschiets dieselben sechs monath auch thun lassen. [...] Sollichs wollet furder dem ausschus, ader wo ihr es sunst bedencket, berichten, domit man des wissens hab und uns darumb unangetzogen lasse, auch uff uns zu handeln und zu schliesen nit vortzihe, wie man die obersten und bevehlsleute wil betzahlen. [...]. In: Weimar HStA, EGA, Reg. E 149, fol. 44r–47v, hier fol. 45v–46r (Ausf.).