Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Anrufung Gottes um Abwendung der Türkengefahr. Türkensteuer der Reichsstände für den Kg. auch als Hilfe für die niederösterreichischen Lande. Unterstützung der aus dem Reich nach Ungarn ziehenden Truppen in Österreich. Vorkehrungen gegen überteuerten Proviant.

Im RR verlesen und gebilligt am 2. 3. 15571. Den Gesandten vorgetragen und übergeben am 5. 3.2 Von den Reichsständen kopiert am 6. 3.

HStA München, KÄA 3177, fol. 414–416 (Kop. Überschr.: Der churfursten rethe, stenndt und pottschafften beantwurtung der nider österreichischen gesandten, den 5. Marcii inen furbracht unnd eröffnet. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 6. Marcii 1557.) = Textvorlage. StA Würzburg, WRTA 37, fol. 73–75 (Kop. Überschr. und Aufschr. wie in Textvorlage) = B. HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 380–383’ (Kop.) = C. HStA Stuttgart, A 29 Bü. 1, unfol. (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. X Fasz. F, fol. 146–149’ (Kop.). HStA Düsseldorf, JB II 2297, fol. 80–81’ (Kop.).

/414 f./ Die Reichsstände haben die von den Gesandten der fünf niederösterreichischen Lande und der Gft. Görz vorgebrachte Werbung3  vernommen. Sie bedauern die Gefährdung der Lande durch den türkischen Erbfeind und den Verlust vieler Christen, die in die türkische Knechtschaft geraten sind.

Wenngleich die Gefahr in der Schilderung der Gesandten sehr deutlich geworden ist, so hoffen die Reichsstände doch, Gott /414’/ werde von seinen bekumerten christen seinen zorn ainmals abwenden und die mit den augen seiner unergrundten barmhertzigkait gnedigclich ansehen und sy aus dem thirannischen gewalt erledigen.

Derhalben vermanen sy die stende und underthanen gemelter nider österreichischer landt als ire mitglider, sy wellen getrest sein, Gott den almechtigen, unsern herrn Jhesum Christum getreulich in iren netten4 anrueffen, seinem hayligen namen und glauben mit gantzem hertzen anhangen, sich davon nichts abwenden lassen. Welcher als der zugleich gerecht und barmhertzig Gott wurdt sy one zweifel inn irer angst und truebsall erhoren, die mittel und weg aus /415/ seiner göttlichen macht miltigclich schaffen, dardurch die genettigten christlichen landt ainmal errett, auch der andern khonig, potentaten und völckher der christenhait gemueter erweckhen und bewegen, das sy sich der betrangten christen, die das verderblich feur anscheint, annemen und inen als christenlichen mitglidern ir mitleidenliche hilff erschieslich widerfarn lassen, dardurch sich die jhenigen, so in der gefaar sitzen, der erledigung sovil mer zugetresten. Welches gemeine stende und der abwesenden rethe, pottschafften und gesandten den betrangten von hertzen gunnen wolten.

Unnd damit die stende und underthanen der nider osterreichischen, auch andere anrainende landt, der churfursten, fursten und stendt des Hl. Reichs teutscher nation gnedig, freuntlich, wolmeinendt guethertzig gemuetera gegen inen, als die sy inn der noth nit gern verlassen wolten, zuspuren und zuerkennen: Ob wol etlich vil jar hero etlich vil stendt und dern underthanen des Hl. Reichs teutscher nation vil widerwertigkaiten erlitten, durch innerliche krieg zum hechsten vernachtailt und in das eusserst verderben gesetzt, auch in andere wege vilfaltig ann iren geföllen und einkommen beschwert, das sy, die stendt und underthanen, wol mit inen selbst zethun unnd sich selbst kumerlich zuerhalten, so haben sy doch auf das allergnedigist anlangen der röm. kgl. Mt., unsers aller gnst. herrn, auch ir, der nider osterreichischen landt, unnd dann der chron Hungern und Behem gesandten pittlichs /415’/ ersuchen5 einer treffenlichen, ansehenlichen hilf an gellt zulaisten, disen frueling und volgenden sommer wider den gemeinen vheindt zu schutz und schirm der nider österreichischen, auch anderer, dem thurckhen anrainenden landen anzuwenden, sich verglichen und der kgl. Mt. in underthenigkait bewilligt. Die Modalitäten der Türkenhilfe werden die Gesandten vom Kg. oder aus dem RAb erfahren.

Die Reichsstände sind zuversichtlich, die niederösterreichischen Lande werden zusammen mit Ungarn ihr Vermögen und ihre Macht für den geplanten Kriegszug neben der Geldhilfe des Reiches zu der kgl. Mt. getreulich aufsetzen, sich dermassen anstellen, das zu irer selbst, als der nechst gesessener, und gemainer rettung ir ernst erkent werden möge, und sich in allweg auch ires thails ritterlich und manlich erzaigen, damit dem vheindt ein abbruch geschehe und die hilff nit one frucht verwendt werde.

/415’ f./ Daneben erwarten und fordern die Reichsstände, dass die niederösterreichischen Lande den Truppen, die aus dem Reich nach Ungarn ziehen, /416/ gueten furschub thun, sich gegen inen als den jhenigen, die zu irem schutz und schirm sich in dienst begeben, wie billich beschicht, freuntlich erweisen und, sovil an inen, solch aufmerckhens haben, damit das khriegs volckh profiant und andere notwendigkaiten in zimblichem, treglichem werdt zubekommen und in dem der verkauffer aigennutzigkait gesteurt und gewört werd, auch sonst in dem gantzen werckh dermassen sich verhalten, das ire getreue, wolmainende gemieter inen selbst zu guetem unzweifenlich erkent werden mögen.

Schlussformel. Responsum in consilio imperiali die 5. mensis Marcii anno domini 1557.

Anmerkungen

1
  Würzburg, fol. 238’ [Nr. 203]; Nürnberg, fol. 361’ f. [Nr. 304].
2
  Kurmainz, pag. 801 [Nr. 98].
3
 Nr. 483.
4
 = Nöten.
a
 gemueter] Fehlt in B. C wie Textvorlage.
5
 Werbungen der ungarischen und böhmischen Gesandten [Nrr. 489, 492].