Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Verspätetes Eintreffen Kf. Friedrichs von Sachsen auf dem Reichstag; [2.] Angebot zu einem persönlichen Treffen Kf. Friedrichs mit Ks. Maximilian.

Weimar, HStA, EGA, Reg. E, Nr. 56, fol. 30–31’ (Reinkonz.; Verm. am Textende: Item mer ein artikel mit irbieten.).

[1.] Bittet, den ihm von Kf. Friedrich mitgegebenen Kredenzbrief [Nr. 234] anzunehmen, und übermittelt dessen Grußbotschaft. Er, der Ks., hat den Kf. durch ein am 11. April (mitwoch in der hl. osterwochen)um acht Uhr abends in Wittenberg eingegangenes Schreiben [Nr. 228] aufgefordert, unverzüglich zu ihm nach Worms aufzubrechen. Der Kf. wollte dem gehorsam nachkommen und sich auf den Weg machen. Dies war aufgrund eingetretener Umstände nicht möglich. Er wird sich jedoch innerhalb von zehn bis zwölf Tagen nach Datum des Kredenzbriefs auf dem Weg machen und sich darin wie in allen anderen Angelegenheiten dem Ks. gehorsam erzeigen. Der Kf. hat ihn auch beauftragt, die Hinderungsgründe anzuzeigen: aKurz vor dem Eintreffen des ksl. Schreibens boten der Lgf. [Wilhelm von Hessen] und Angehörige der Landstände ihre Vermittlung im Konflikt Kf. Friedrichs und seines Bruders [Hg. Johann] mit Hg. Georg von Sachsen an und beraumten zugleich innerhalb von zehn Tagen einen Schiedstag an–a.2Hätte der Kf. das Angebot zurückgewiesen und mit seiner bevorstehenden Abreise zum Ks. begründet, hätte dies den Eindruck erwecken können, als wolle er die Angelegenheit verzögern und lehne eine Aussöhnung mit seinem Vetter ab. Da der Kf. weiß, dass der Ks. solche Streitigkeiten gern beigelegt sieht, ist er zuversichtlich, dass er die Verzögerung entschuldigen wird. Gleichgültig, wie diese Verhandlungen ausgehen, wird sich der Kf. zuverlässig innerhalb von zehn bis zwölf Tagen nach Zustellung des ksl. Schreibens zum Ks. verfügen. Daran könnte ihn nur ein körperliches Gebrechen hindern.

[2.] In dem ksl. Schreiben wird angekündigt, dass der Ks. nicht lange in Worms bleiben und auch den Kf. nicht lange aufhalten werde. Für den Fall, dass er, der Ks., die Verhandlungen über seine Angelegenheiten durch die bereits in Worms anwesenden Stände wünscht, hat er, Solms, Befehl, allen Beschlüssen zuzustimmen. Falls er, der Ks., vor Ankunft des Kf. aus Worms abreisen sollte, so wäre dieser bereit, sich mit ihm, falls gewünscht, auch an einem anderen Ort zu treffen. Bittet, die Verspätung des Kf. gnädig zu akzeptieren und gegebenenfalls einen Treffpunkt zu benennen.

Anmerkungen

1
 Laut dem Bericht Solms’ vom 24.4. [Nr. 422, Pkt. 1].
a
–aKurz … an] Korrigiert aus: Daz gleich in dem, als e. ksl. Mt. brif sein gnaden zukummen, in den irrigen sachen zwischen meinem gnst. herrn, seiner gnaden bruder und meynem gnedigen hern, herzog Georgen von Sachsen, handlung furgefallen.
2
 Laut der von Kf. Friedrich und Hg. Johann den hessischen Gesandten Thiele Wolff von Gudenberg und Balthasar Schrautenbach am 11.4. erteilten Antwort hatte Hg. Georg von Sachsen den Streit mit den Ernestinern um das Bergwerk auf dem Annaberg und eine Handelsstraße nach Polen befristet bis zum 29.9. Lgf. Wilhelm zur Entscheidung überlassen [Entsprechender Reversbrief der beiden Gesandten, Or. m. S., Meißen, montag nach dem hl. palmtag[2.4.]1509; HStA Dresden, Ältere Urkunden 9812]. Die beiden Ernestiner forderten als Vorbedingung für Vermittlungsverhandlungen die Wiederherstellung des Status quo ante, also die Aufhebung der von Hg. Georg 1502 verhängten Sperrung der „Niederen Straße“ auf dem Abschnitt Sagan-Liebenwerda für kursächsische Fuhrleute und die Rücknahme der eigenmächtig erlassenen Annaberger Bergordnung [vom 5.2.1509; Laube, Studien, S. 54–58; Schirmer, Bergordnung, S. 213–228] (Or. m. 2 Ss., Wittenberg, mitwoch in der hailigen osterwochen; Gegenz. H. Rudelauf; StA Marburg, 2/295, fol. 157–158. Vgl. Burckhardt, Landtagsakten, S. XXIXf., 56–78, Nrr. 91–137 [Verhandlungen, Nov. 1507-Apr. 1508]; Virck, Ernestiner, bes. S. 4, 8; Rogge, Herrschaftsweitergabe, S. 267–279 passim; Schirmer, Zank, S. 78–91). Lgf. Wilhelm stellte daraufhin die geforderten Maßnahmen als Schritte im Rahmen des Vermittlungsverfahrens in Aussicht und ersuchte gleichzeitig, ihm den Streit anheimzustellen (undat. Konz. Kassel; ebd., fol. 159–160). Von der oben behaupteten Anberaumung eines Schiedstages verlautet darin nichts. Tatsächlich fanden am 26./27.4. (dornstag/freytag nach Marci)in Zeitz und am 5.5. (sambstags nach jubilate)in Naumburg bilaterale Verhandlungen statt (Aufzeichnungen über die Verhandlungen; HStA Weimar, EGA, Reg. A, Nr. 175, fol. 11–18’; 22–26’).