Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

Verhandlungen in Worms über die von Ks. Maximilian geforderte Reichshilfe.

Weimar, HStA, EGA, Reg. A, Nr. 173, fol. 37–44’, 45’ (Kop., sonabends nachfolgend).

[/37–37’/ Angelegenheiten Hessens; Nr. 561, Pkt. 1]. /37’/ Der Gesandte ging anschließend auf das an Kf. Friedrich nach Worms geschickte Schreiben des Lgf.2ein, worin dieser die Meinung vertrat, dass nit gut sey, das dem kayser hilf gewegert. Dan sein gnad hat geschrieben sein reten, das sie sich solten vernemen lassen, er wolt ksl. Mt. hilf tun.3 Het mein gnst. herr [Kf. Friedrich] bey sich bedacht, das nit gut were, das sich die rete solchs gegen den stenden vernemen liessen, und /38/ wolt der landgrave ksl. Mt. hilf tun, wer on not, sich gegen der versamblung des Reichs zu vernemen lassen; und auch darauf mich zu den hessischen reten geschickt, inen solchs meins gnst. herrn bedenken zu sagen bevolhen, doch wolts sein ftl. Gn. in das guter meynung zu irem gefallen angezeigt haben. Nu wer mir er Curt von Manspach bekomen [= begegnet], dem ichs gesagt. Darauf er berichtet, doctor Engenlender, der canzler, würd mir begegen, zu ausschuss aufs [Rat-]haus zu geen. Dem solt ich solchs meins gnst. herrn bedenken sagen. Dann er sehe solchs fur gut an zu unterlassen. Hab ich dem canzler vorbenennt solchs gesagt, der mir darauf meins gn. herrn landgraven schreiben, an die rete darinnen ergangen, ufm haus gelesen und gesagt, er wisse den bevelh seins herrn nit zu endern, wolle sich4 des auch sambt andern reten, wie sie beschlossen, halten. Und darauf die hessischen rete den im außschus solchs angezeigt. Das mein gnst. herr, als es sein ftl. Gn. bericht, nicht gern erfarn. Hab mein gnst. herr dem landgraven, was seiner ftl. Gn. bedenken und handlung darin gewest ist, auch nit wollen pergen.

Des landgraven antwurt, wie er meinem gnst. herrn geschrieben und sich sein ftl. Gn. darinnen gehalten, nem er freuntlich zu dank an, het aber sein reten, das bey den stenden anzutragen nit in bevelh geben.

/38’/ Ich hab furder gesagt, den abschied zu Wormbs und aller ergangen hendel werde mein gn. herr, der landgraf, durch seiner ftl. Gn. rete bericht empfaen, was sein gnad hievor nit bericht wer. Darumb mein gnedigister herr mir nit weyter bevelh, davon zu tun, geben, aber allein, das ksl. Mt. die begert hilf nit gescheen ist aus dieser ursach, das churfursten, fursten und alle ander stend die unvermogligkeit, solcher hilf zu tun, bewogen. Zum andern, das mit solcher suchung ein merkliche beswerung und eingang dem Reich zuwachsen mocht, dadurch das Reich in tribut zu geben gefurt und also, wen ksl. Mt. hilf haben wolt, das ir Mt. kein Reichs tag mer ernennt, sonder einen yeglichen churfursten, fursten und stenden schreib, also zu tun; dadurch die Reichs tag abgeschnitten; und welcher das dann zu tun wegern wurd, het er ungnad ab im. Und damit kein einbruch oder einfurung churfursten, fursten und andern stenden nachkomen und gemacht, das schwerlich herwider zu brengen were. Furder auch, dieweyl ksl. Mt. durch aigen person nit abbeharret5, wer von den stenden abgenomen, das es darumb ergangen, wie vor vermelt, auß der verpflichtung zu suchen. Es wer auch großlich bewogen, ir Mt. zu helfen, /39/ dieweyl nit angezeigt und lauter gemacht wurd den vertrag mit dem konig zu Frankreich und das Reich nit wust, ob es zu nachteyl oder nutz geschee oder wie derselbig vertrag gestelt, den ye churfursten, fursten billich wissen solten. Aber mein gnst. herr hat sich im anfang und alweg horen lassen, sehen curfursten, fursten und andere stend an, das solche oder andere hilf, oder wie ksl. Mt. zu helfen sein solt, wolt sein ftl. Gn. sich nit davon sondern, sonder warauf der merer teyl beschlus, auch bleyben. Aber wer es durch die gemein stend beschlossen, das solche hilf durch angezeigte ursach zum besten unterlassen sein solt, davon sich auch mein gnedigister herr nit hette sondern wollen. Wolt sein ftl. Gn. meinem gn. herrn landgraven nit pergen zu dem, das sein gnad von seinen reten weyter bericht wurd werden.

Darauf der landgraf geantwurt, er wolt gern, das der kayser an hilf nit gelassen were. Dann er wurd fast mit ungnaden darumb bewegt werden. Er hette sich erpoten, seiner Mt. zu dienen. Das wolt er tun.6 Und darauf gesagt zu mir: Was meinstu, was wil daraus werden?

Hab ich geantwurt: Gnediger herr, dem bin ich zu wenig verstendig. Aber ich halt dafur, wen ksl. Mt. das wol bedenken, werd er kein ungnad oder mißfallen auß billigkeyt darumb haben mogen. [/39’–44’/ Angelegenheiten Hessens; Nr. 561, Pkt. 3–7].

Anmerkungen

1
 Aus der Datierung Thuns (mitwoch nach sancti Viti)ergäbe sich eigentlich für den folgenden Samstag der 23. Juni. Plausibel ist jedoch der 16.6. Kf. Friedrich war am 11.6. aus Worms abgereist [Nr. 418, Pkt. 1], am 20.6. hielt er sich bereits in Weimar auf. Deshalb ist davon auszugehen, dass er Thun am Mittwoch vor Viti, dem 13.6., in Frankfurt verabschiedet hatte und die Audienz am 16.6. stattfand. Damit passt zusammen, dass Kf. Friedrich bereits am 20.6. den Schenken von Erbach das Ergebnis seiner Fürsprache bei Lgf. Wilhelm [Nr. 561, Pkt. 4] mitteilen konnte [Nr. 562, S. 804, Anm. 2].
2
 Liegt nicht vor.
3
 Liegt nicht vor.
4
 In der Vorlage irrtümlich: sie.
5
 abharren: auflauern (Deutsches Rechtswörterbuch I, Sp. 109f.), hier im Sinne von: persönlich darum anhalten.
6
 Das sogenannte Putsch-Repertorium weist ein nicht erhaltenes Schreiben Lgf. Wilhelms an den Ks. nach, worin er sein Bedauern über die vom RT verweigerte Reichshilfe äußerte (TLA Innsbruck, Schatzarchiv, Bd. 2, pag. 97).