Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Bundeshilfe gegen Heinrich von Guttenstein; [2.] Vorwürfe gegen Nürnberg im Zusammenhang mit der dem Ks. verweigerten Reichshilfe.

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei, D-Laden Akten, Nr. 219, Stück-Nr. 28 (eigh. Or. m. Siegelrest).

Druck: Gümbel, Berichte, Nr. 28, S. 167–172.

[1.] [Nachrichten vom Venezianerkrieg]. Er will, wie gewünscht1, die termingerechte Leistung der zugesagten Bundeshilfe [gegen Heinrich von Guttenstein], soweit dies den Ks. betrifft, fördern. Es traf sich, dass gestern ein Gesandter mit einem Schreiben des Bundes an den Ks.2hier eintraf. Das von ihm, Topler, übergebene Schreiben hat der Ks. jedoch nicht gelesen, sondern es dem Kanzler [Zyprian von Serntein] ausgehändigt. Er wird sich auch an diesen wenden. Es fehlt hier allerdings an Geld. Außerdem wird es dem Bund verübelt, dass er nicht dem Ks., sondern dort [= gegen Guttenstein] helfen will.

[2.] Dem Ks. geht es sehr zu Herzen, dass der Reichstag ihm die Hilfe verweigert hat. Überall heißt es, Nürnberg sei dafür verantwortlich. Bei seinen Bemühungen, dies zurückzuweisen, macht er sich viele Feinde. Der Mgf. hat überall seine Parteigänger (discipel). Angeblich kommen Mgf. Friedrich und Mgf. Kasimir mit 150 Pferden3, während Nürnberg nichts beiträgt. Dies sollten sie bedenken. Denn die Stadt ist vorrangig in die Finanzierung des Feldzugs eingeplant. Er war beauftragt, von Worms nach Nürnberg zu reiten, um beim Rat eine Anleihe von 10 000 fl. zu erwirken. Er hat diese Reise zwar nicht angetreten, weiß aber nicht, ob sich der Plan auch zerschlagen hat. Die Fugger hätten für die Anleihe bürgen sollen.4

Es heißt hier, Kaspar Nützel sei in Worms wegen der Reichshilfe mit dem Augsburger Bürgermeister Artzt in Streit geraten. Artzt hätte auf der Seite des Ks. gestanden, Nützel sei gegen ihn gewesen. Er glaubt, dass die Augsburger dieses Gerücht zu ihrem Vorteil ausgestreut haben. Empfiehlt, Artzt durch Nützel zu einer schriftlichen Gegendarstellung aufzufordern. Er war in Worms täglich bei Nützel und weiß, dass das Gerücht unwahr ist. Er hat dies hier auch öffentlich erklärt, ebenso, dass der Magistrat bei seiner Abreise aus Nürnberg davon ausgegangen sei und gehofft habe, dass dem Ks. [in Worms] eine Reichshilfe zugesagt würde. Er sei beauftragt gewesen, den Ks. darum zu bitten, von ihnen dafür Geld anzunehmen und die Truppen selbst anzuwerben. Er habe dies auch, bevor die Reichsstände die Hilfe verweigert hätten, vertraulich an den Kanzler [Zyprian von Serntein] geschrieben, der sich noch gut daran erinnern könne. Nürnberg habe dem Ks. immer treu gedient, auch wenn es nicht dazu verpflichtet gewesen sei und sonst niemand Hilfe geleistet habe, so etwa vor Kufstein (Kopfstein).5[…]. Übersendet ihnen das ksl. Ausschreiben [Nr. 482].

Anmerkungen

1
 Weisung Nürnbergs an Topler vom 23.7. (Gümbel, Berichte, S. 168 Anm. 3).
2
 Liegt nicht vor.
3
 Laut Schreiben Ks. Maximilians an Mgf. Friedrich vom 1.5. hatte dessen Sekretär Georg Vogler einen Vertragsentwurf über Truppenrüstungen des Mgf. und eine Bestallung seines Sohnes Kasimir für den Krieg gegen Venedig vorgelegt. Der Ks. kündigte an, das Innsbrucker Regiment zur Ausfertigung der entsprechenden Dokumente zu veranlassen, und bat um Mitteilung, wann die mgfl. Truppen abmarschbereit seien (Or. Stuttgart, Vermm. prps./amdip., Gegenz. Serntein; StA Nürnberg, Ansbacher Kriegsakten 3, fol. 46–46’. Konz. m. ex.-Verm.; HHStA Wien, Maximiliana 20, Konv. 3, fol. 103–103’).
4
 Gemäß ksl. Instruktion sollte Topler gemeinsam mit Gf. Wolfgang von Oettingen wegen einer Anleihe von 10 000 fl. vorstellig werden. Jakob Fugger war als Bürge vorgesehen. Außerdem wollte der Ks. die Stellung von 50 Reitern für vier Monate erbitten. Die Kosten des ersten Monats in Höhe von 500 fl. sollte ebenfalls Fugger bestreiten, für den zweiten Monat sollten die Gesandten eine Verschreibung Pauls von Liechtenstein vorlegen. Gegebenenfalls sollte dieses Kontingent auf den Nürnberger Anteil an einer vom Wormser RT beschlossenen Reichshilfe angerechnet werden (Mundum, Fragenstein, 30.5.1509; HHStA Wien, Maximiliana 20, Konv. 3, fol. 177–178. Entsprechendes Konzept vom gleichen Datum, ausgestellt auf Gf. Wolfgang von Oettingen und Balthasar Wolf von Wolfsthal; ebd., fol. 175–176’. Vgl. Wenko, Maximilian, S. 189).
5
 Gemeint ist die Belagerung Kufsteins durch Kg. Maximilian während des Landshuter Erbfolgekrieges im Oktober 1504. – Am 8.8. meldete Topler nach Nürnberg, die Stadt wegen des angeblichen Streits zwischen Nützel und Artzt ausführlich entschuldigt zu haben. Aber solchs ist so ganz in den kaiser gebild, das ichs ime nit ganz entledigen kann. Der Ks. sagt, er wisse sehr wohl von einem Streit zwischen den beiden Gesandten, wobei der Augsburger Vertreter auf seiner Seite gestanden habe. Dem konnte er nicht widersprechen. Empfiehlt, Artzt schriftlich um Aufschluss über den angeblichen Streit zu bitten, damit er dessen Antwort für eine Gegendarstellung verwenden kann (eigh. Or. m. S., Bassano; StA Nürnberg, Rst. Nürnberg, D-Laden Akten 219, Stück-Nr. 29. Druck: Gümbel, Berichte, Nr. 29, hier S. 173f.). Artzt bestätigte gegenüber dem Ks. mit Schreiben vom 28.8. (aftermontags nach Bartholomei apostoli), dass sein Verhältnis zu Nützel in Worms jederzeit freundschaftlich gewesen sei und kein Streit stattgefunden habe (ebd., S. 184f. Anm. 1).