Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

Nr. 164 Mandat Ks. Maximilians an Lgf. Wilhelm II. von Hessen – Leiden, 10. August 1508

Wiesbaden, HStA, Abt. 330, Urk. Nr. 52 (Or. Perg. m. S., Vermm. prps./amdip., Gegenz. J. Renner) = Textvorlage A. Weimar, HStA, EGA, Reg. C, Nr. 276, fol. 44–45 (Kop. mit imit. Vermm. prps./amdip. und Gegenz. J. Renner) = B.

Im Streit zwischen dem ksl. Rat Gf. Eberhard von Königstein und Gottfried von Eppstein1, den er, Lgf. Wilhelm, als seinen Rat und Lehnsmann unterstützt, entschied er jüngst in Braubach (Preubach), das Verfahren an sich zu ziehen und die Parteien zu Verhandlungen auf dem jüngst ausgeschriebenen Reichstag in Worms vor sich zu laden. Bis dahin dürfen die Parteien und ihre Anhänger nicht am Status quo rühren.2Er hat den in Braubach anwesenden hessischen Räten den Abschied mitgeteilt, ihn, Lgf. Wilhelm, später auch durch einen seiner Diener zuerst gebeten und ihm schließlich unter Strafandrohung befohlen, sich daran zu halten und nichts gegen Königstein zu unternehmen. Dessen ungeachtet wollte er den Bescheid nicht annehmen. Vielmehr berichtete Königstein, dass hessische Amtsknechte aus Eppstein vier seiner Untertanen als Gefangene abgeführt hätten. Andere seien gezwungen worden, Ackerfrüchte und Heu zu liefern. Weitere seiner Untertanen seien unter Drohungen aufgefordert worden, künftig Eppstein zu dienen. Der Gf. von Königstein hat ihn gebeten, seine Rechte zu verteidigen und für die Einhaltung des Abschieds zu sorgen.

Ohne sein rechtzeitiges Einschreiten wird sich diese Angelegenheit zu einem Krieg ausweiten. Ihm obliegt es im Hl. Reich, dies zu verhüten und jedermanns Rechte zu schützen. Befiehlt ihm deshalb unter Androhung der ksl. Ungnade und schwerer Strafen, auch dem Verlust seiner Reichsregalien und Privilegien, außerdem der im ksl. Landfrieden vorgesehenen Sanktionen, den Braubacher Abschied in allen Punkten zu vollziehen, gegen Königstein nicht weiter vorzugehen und alle seit dem Abschied ergriffenen Maßnahmen rückgängig zu machen. Er soll dem Überbringer dieses Mandats innerhalb von drei Tagen Antwort geben, ob er sich daran zu halten gedenkt oder nicht. Falls nicht, ist er gezwungen, die angedrohten Strafen zu exekutieren.3

Nr. 165 Instruktion Lgf. Wilhelms II. von Hessen für seinen Gesandten [Balthasar von Schrautenbach] zu Ks. Maximilian (Auszug) – [vor dem 16. Januar 1509]

Weimar, HStA, EGA, Reg. C, Nr. 276, fol. 20–28 (Auszug).

[Schilderung des Konflikts Königsteins mit Eppstein und Hessen]. Die von Hessen vorgetragene Bitte um Freilassung Gottfrieds von Eppstein1, verbunden mit dem Angebot, zwischen Königstein und Eppstein zu vermitteln und die Forderungen Königsteins gegen Hessen gemäß der Wormser Reichsordnung rechtlich klären zu lassen, blieb seitens der ksl. Räte auf einem Tag in Oberwesel unbeantwortet.2Stattdessen wurden die hessischen Gesandten zuerst nach St. Goar und dann nach Braubach beschieden, wo eine endgültige Entscheidung über das weitere Procedere ergehen sollte. Dort gab schließlich der Bf. [Matthäus Lang] von Gurk in Anwesenheit des Ks. den Gesandten bekannt, dass der Ks. den Konflikt auf dem zum 1. November (allerheiligen tag)nach Worms ausgeschriebenen Reichstag persönlich entscheiden werde.3Bis dahin solle Eppstein in Haft bleiben. Anschließend gebot der Ks. allen Parteien und insbesondere dem Lgf., von weiteren Schritten abzusehen. Die hessischen Gesandten lehnten die Entgegennahme des Braubacher Abschieds ab.4Auch der Lgf. verweigerte anschließend dem ksl. Boten Philipp von Freiburg in Darmstadt unter Darlegung seiner Beweggründe die Annahme. Er kündigte an, den Rat befreundeter Ff. über diese Angelegenheit einzuholen. Inzwischen erhob Königstein unbegründete Beschwerden über das angebliche Vorgehen Hessens gegen ihn unter Verletzung dieses Abschieds. Ohne vorher angehört worden zu sein, erging ein ksl. Mandat gegen den Lgf. [Nr. 164]. Er hat dem Ks. daraufhin erneut seine Gründe für die Zurückweisung des Braubacher Abschieds auseinandergesetzt. Abgesehen davon ist sein Rat und Lehensmann Gottfried von Eppstein nach wie vor in Haft.

Nr. 166 Aufzeichnung über die Antwort Ks. Maximilians an den hessischen Gesandten Balthasar von Schrautenbach (Rentmeister zu Gießen) – [act. Mecheln, zwischen dem 18. und 20. Januar 1509]

Weimar, HStA, EGA, Reg. C, Nr. 276, fol. 31–32’, hier 31’–32 (Kop.).

[Streit zwischen Kurmainz und Hessen; Nr. 92]. Er wird mit dem Gf. [Eberhard] von Königstein verhandeln lassen, ihm die Entscheidung über die Forderung des [Gottfried] von Eppstein gegen ihn samt den damit zusammenhängenden Fragen anheimzustellen. Daraufhin wird er beide Parteien anhören und entweder mit deren Zustimmung die Sache einvernehmlich regeln oder, falls dies nicht möglich ist, durch ksl. Urteil rechtlich entscheiden. Er geht davon aus, dass auch Eppstein diesen Vorschlag nicht zurückweisen wird. Sowie beide Parteien zugestimmt und ausreichende Sicherheiten über den Vollzug seiner künftigen Entscheidung gestellt haben, wodurch weitere Feindseligkeiten verhindert werden sollen, wird er Eppstein freilassen. Sollte dieser aber den Vorschlag ablehnen oder dem ksl. Spruch nicht nachkommen, bleibt er in Haft. [Weitere Punkte; Nr. 53].

Anmerkungen

1
 Vgl. zu dem Konflikt Schäfer, Eppstein, S. 351–353; Picard, Eppstein, S. 77f.
2
 Der Abschied datiert gemäß dem von Skriwan(Kaiser, S. 324) für das Jahr 1508 erstellten Itinerar Ks. Maximilians vom 10.7.
3
 Am Vortag, dem 9.8., hatte Ks. Maximilian ein Mandat an den Lgf. ausgefertigt, worin er bei ähnlicher Schilderung des Sachverhaltes auf das Mandat vom 10.8. verwies. In Rücksichtnahme auf die ksl. Frankreich-Politik sollte der Lgf. von weiteren Maßnahmen gegen Königstein absehen und sich gegenüber dem angekündigten Mandat gehorsam erweisen. Andernfalls drohte der Ks. an, gemäß der Augsburger Ordnung gegen ihn vorzugehen (Or. m. Siegelrest, Noordwijk (Nortrick); StA Marburg, Best. 2, Nr. 109, fol. 207. Kop.; HStA Weimar, EGA, Reg. C, Nr. 276, fol. 45’).
1
 Eppstein war von Königstein Ende des Jahres 1506 gefangengenommen, später nach Frankfurt verbracht und dann nach Mainz überstellt worden (Schäfer, Eppstein, S. 352f.). Wie ksl. Räte auf dem Tag zu Oberwesel [am 5.7.1508] eröffneten, befand er sich dort im ksl. Gewahrsam (Instruktion ungenannter Kff. und Ff. für Gesandte zu Ks. Maximilian, undat. Kop.; HStA Dresden, Geheimer Rat, Loc. 8676/6, fol. 63–66’, hier 64–64’; HStA Weimar, EGA, Reg. C, Nr. 276, fol. 48–52, hier 49–50. – Den Entwurf für die aufgrund einer Absprache auf einem Rätetag in Erfurt erstellte Instruktion hatte Lgf. Wilhelm am 24.10. Kf. Friedrich und Hg. Johann von Sachsen, Kf. Joachim von Brandenburg, Hg. Georg von Sachsen, Mgf. Friedrich von Brandenburg, Hg. Ulrich von Württemberg, Ebf. Ernst von Magdeburg und Hg. Heinrich von Mecklenburg zugesandt und gebeten, die Räte für die gemeinsame Gesandtschaft zum Ks. zum 3.12. (sant Barbaren abent)nach Frankfurt zu schicken. Konz., dinstags nach sant Lucas tag; StA Marburg, Best. 2, Nr. 109, fol. 76; 77. Or. Kassel; HStA Weimar, EGA, Reg. C, Nr. 276, fol. 57–57’).
2
 Laut Schreiben Lgf. Wilhelms an Kf. Friedrich von Sachsen vom 25.7.1508 erklärten die hessischen Räte außerdem auf Anfrage der ksl. Vertreter, dass sie nicht bevollmächtigt seien, die Entscheidung dem Ks. zu überlassen. Sie seien jedoch beauftragt zur Teilnahme an einer öffentlichen Anhörung der Parteien, auch Eppsteins, und einem anschließenden gütlichen oder rechtlichen Verfahren (Or. Darmstadt, dinstag sant Jacobs tage; HStA Weimar, EGA, Reg. C, Nr. 276, fol. 36–41’, hier 38).
3
 Laut dem obigen Schreiben Lgf. Wilhelms rechtfertigte der Ks. die Vertagung der Angelegenheit mit Warnungen vor einem drohenden Einfall französischer Truppen in Geldern oder Luxemburg [wie Anm. 2, hier fol. 38].
4
 Die hessischen Räte bezweifelten die Erfolgsaussichten von Verhandlungen auf dem künftigen RT, wenn Eppstein zuvor nicht freigelassen würde und Gelegenheit zu einer Anhörung erhielte [wie Anm. 2, hier fol. 39].