Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Bewertung der Reichshilfeverweigerung des Wormser Reichstages; [2.] Vermittlungsinitiative zu einem Ausgleich zwischen Kurpfalz und Nürnberg; [3.] Verhandlungen am Kaiserhof in Nürnberger Angelegenheiten.

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 64, fol. 67’–69’ (Kop.; Vermerk über die Zustellung durch den Nürnberger Boten Peter Leupold).

Regest: Gümbel, Berichte, S. 168 Anm. 2.

[1.] Bestätigen den Eingang von zwei an sie und den Ratsherrn Anton Tetzel adressierten, durch [Endres] Rattler zugestellten Schreiben1. Kaspar Nützel hat ihnen nach seiner Rückkehr außerdem seine, Toplers, vertraulichen Mitteilungen eröffnet. Dabey hat uns auch gedachter Nuczel den endlichen abschid, uf dem die stende des Reichs zu gehaltenem Reichs tag zu Worms gegen der ksl. Mt. emsigem anhalten sind beruet [= beharrt], zu erkennen geben. Der hat uns in bedacht, zu was weiterung sich der im Heyligen Reich konftiglich ziehen mag, nit unbillich hoch beherziget und zu manigfeltigem nachgedenken gefurt. Hetten uns auch des ganz nit versehen, wiewol wir es gleichwol nit bessern mogen, sonder zu ordenlicher schickung und messigung des, der ob uns ist, stellen mussen. Wir bewegen aber dannocht und nit on vorsteende ursachen insonders zu verhutung der ungnaden, die uns bey ksl. Mt. auß solchem genomen receß, auch dem gramigen gemute, mit dem etliche unsere mißgonner, wie euer erwird wissen, gegen uns sind verpittert, mag ervolgen2, das in alweg unser notdurft wil ervordern, bey ksl. Mt. was furzunemen; welcher gestalt aber, des haben wir auch im tun und lassen allerlay beswerden erwogen und gedacht, nucz zu sein, ksl. Mt. durch e[uer] e[rwird] anzuzaigen, uns het von dem Reichs tag zu Worms angelangt, das etliche unser mißgonner uns zu nachtail ausgesagt, als ob wir der abschlegigen der stende ant[wurt] ursach wern, derhalben wir vermutung und sorgen trugen, solch mocht furter in ir ksl. Mt. zu tragen understanden werden.

Hetten demnach euer erwird bevolhen, uns deßhalb bey irer Mt. zu entschuldigen. Dann uns beschehe ye daran ganz ungutlich. Ir Mt. wesst auch, was volg und ansehen die stett zu etlichen gehalten reichstagen gehabt, auch wie gehorsamlich wir uns uf allen tagen des Reichs irer Mt. zu vortail und gefallen gehalten. Und ob wir nit in volziehung bewilligter hilf fur unsern taile zu yedem mal unser anzale mer dann vollig gelaistet und weyter, dann ye zu zeyten in unserm vermogen gestanden, getan. Insonders hetten wir uns kunftigs sigs, der irer Mt. in yczigem irem furnemen vorgestanden, nit wenig vertrost. Und dem anzaigen zu tun, als ir Mt. uns bey vergangen tagen umb zwen puchsenmaister zu demselben irem furnemen angesucht, hetten wir zu stund zwen von den besten und berumbsten aus unsern bestellten buchsenmaistern irer Mt. zugefertigt mit verpflichtung, inen darzu fur ir besoldung, die inen ksl. Mt. zu liebern verwent, gut zu sein.3 Bittende, ob solchs, wie oblaut, an ir Mt. gelangen wurde, dem nit glauben zu geben und unser allergnedigster herr ze sein etc. Oder, ob euer e[rwird] mer well gefellig sein, derhalben ainich anregen nit zu tun, ksl. Mt. wurd dann euer erwird durch die handlung zu Worms darzu verursachen, das stellen wir alles zu euer e[rwird] rat und gutbedunken, uns darin zur notdurft zu bedenken.

[2.] Und als euer erwird neben anderm anzaigung getan, was graf Adolf von Nassau und herr Johann von Morschaim gegen euer e[rwird] sich der Pfalz halben haben vernemen lassen, das nemen wir zu dank an. Mochten auch geleiden, das wir mit der Pfalz zu zimlichem bericht mochten komen. Aber ainen oder mer flecken4 widerzestellen in seiner Gn. gewalt, will uns nit fuglich wesen [= sein], aus ursachen, euern erwirden bewust und yczo zum tail auch angezaigt. Und nit on, verschiner weyle ist dergleichen ansinnen durch unser gnedigst und gn. herrn, herzog Fridrichen zu Sachsen, Kf., und den bischof von Wurzburg auch an uns beschehen, auch darauf alßbald durch ir beder ftl. Gnn. zwischen unser und des pfalzgrafen canzler [Florenz von Venningen], der zugegen gewest, handlung furgewend, aber die sach begegnet den undertedingern am widerwertigen und andern weyse bey dem canzler dann sie sich versehen hetten, und nemlich, das der von wegen seins gnedigsten herrn in der bericht alle eingenomene flecken, außgenomen zwen oder drey, widerumb begert, des die undertediger mißfallen hetten. Und darumb, ob uns mocht ain zimlicher flecken kaufsweys zugestelt werden umb ain summa, daran zway pfenwart5 fur ains gegeben wurd6, und das sich die Pfalz aller ander flecken, so wir inhaben, nach notdurft verzug, des wurden wir uns villeicht bereden lassen. Wollen doch dem nachgedenken, dergleichen bitten wir, bey e[uer] e[rwird] auch zu geschehen.

[3.] Beauftragen ihn, zu einem geeigneten Zeitpunkt mit dem Ks. oder anderen in Frage kommenden Personen über eine Achterklärung gegen die Nürnberger Feinde Heinrich von Guttenstein und Adam von Freudenberg sowie über die Ausstellung einer Lehnsurkunde gemäß dem ihm mitgegebenen Entwurf7zu verhandeln. Bitten ihn außerdem, häufiger über die Vorgänge am ksl. Hof zu berichten. Bieten an, ihm dafür einen eigenen Schreiber zur Verfügung zu stellen.

Anmerkungen

1
 Liegen nicht vor.
2
 Der Nürnberger Ratsherr Anton Tucher gab am 20.6. an Kf. Friedrich von Sachsen die Information weiter, dass kaiserliche majestet abschlegiger anntwort, so irer majestet uff derselben begern bey den stenden des Reichs zu Wurms gefallen, ain mercklich mißfallen und ungnad empfangen hab(Druck: Westphal, Korrespondenz, Nr. 138, S. 353f.).
3
 Entsprechendes Schreiben des Nürnberger Rates an Ks. Maximilian vom 11.6.1509 (Kop., montag nach Bonifacii; StA Nürnberg, Rst. Nürnberg, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 64, fol. 49’).
4
 Gemeint sind die während des Landshuter Erbfolgekriegs eroberten Orte. Vgl. Heil, RTA-MR VIII/1, S. 141f.
5
 = Pfennigwert. Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch X, Sp. 856–859; Baufeld, Wörterbuch, S. 33.
6
 Gemeint ist: zum halben Kaufpreis.
7
 Gemeint ist das Straßenräuberprivileg. Vgl. Nr. 463, S. 677, Anm. 5.