Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

Nr. 120 Ks. Maximilian (ksl. Kanzlei) an Bf. Hugo von Konstanz – Kaufbeuren, 20. Mai 15091

Wien, HHStA, Maximiliana 20, Konv. 3, fol. 142 (Konz. mit ex.-Verm.).

Erinnert ihn an die Ladung zum Wormser Reichstag, worüber sie auch kürzlich bei ihrem Treffen in Ulm2gesprochen haben. Er hat den ksl. Räten in Worms inzwischen ihre Instruktion und Weisungen für die Verhandlungen mit den Reichsständen [Nrr. 266f.] zugeschickt. Fordert ihn auf, seine zur Teilnahme an den Verhandlungen und zu deren Abschluss zu bevollmächtigenden Räte ohne weitere Verzögerung nach Worms abzufertigen. Er soll seinen Gesandten auch alle erforderlichen Unterlagen zum Kloster Reichenau mitgeben und sie zum Vortrag vor den Ständen, die er mit der Anhörung beauftragt hat [Nr. 271, Pkt. 1], bevollmächtigen.3

Nr. 121 Ks. Maximilian an Bürgermeister und Rat der Stadt Konstanz – Siegburg, 12. April 1509

Karlsruhe, GLA, 96/1128, unfol. (Or. m. Siegelspuren, Vermm. prps./amdip., Gegenz. N. Ziegler).

Bestätigt den Empfang ihres Schreibens, das Kloster Reichenau betreffend.1Er wird sich auf dem Wormser Reichstag zu ihrer Zufriedenheit um diese Angelegenheit kümmern.2

Nr. 122 Beschluss Bf. Hugos von Konstanz und seines Domkapitels – s.l., 27. April 1509

Eventueller Abzug von Bf. und Domkapitel aus Konstanz.

Karlsruhe, GLA, Abt. 5, Konv. 301, Nr. 7323 (Or. Perg. m. 2 anh. Ss., frytag nach sanct Marx tag; eigh. Unterschrift der Aussteller: Bf. Hugo von Konstanz; anwesende Vertreter des Domkapitels: Dekan Johann Bletz von Rotenstein, Johann von Randegg, Kustos Johannes Zwick, Gf. Heinrich von Montfort, Kantor Johann Konrad von Bodman, Roland Göldlin, Jakob von Klingenberg, Matthäus von Bubenhofen, Peter von Hertenstein, Gf. Johann von Lupfen, Melchior zu Rhein (Ryn), Wolfgang von Hewen, Hieronymus Schenk von Limpurg, Dr. Georg Vergenhans und Heinrich von Sax. In der Intitulatio nicht aufgeführter Mitunterzeichner: Dr. Joachim Schada.) = Textvorlage A. Karlsruhe, GLA, Abt. 5, Konv. 301, Nr. 7324 (Or. Perg. m. 2 anh. Ss. und eigh. Unterschrift der Aussteller) = B.

Bürgermeister und Rat der Stadt Konstanz verletzen – insbesondere durch Missachtung der Zuständigkeit des bfl. geistlichen Gerichts und seines Ammanngerichts – seit langer Zeit und vielfach die Privilegien und Freiheiten von Bf., Hochstift und Domkapitel.1Ihre wiederholten Bemühungen um eine einvernehmliche Regelung oder einen rechtlichen Austrag waren bislang vergeblich. Die Stadt setzte ihre Rechtsverletzungen fort. Sie sind hingegen gemäß dem Gebot Gottes und der christlichen Kirche sowie vor ihrem Gewissen und zu ihrer Ehre verpflichtet, ihre Privilegien und Freiheiten zu schützen. Sie verpflichten sich deshalb und mit der gestalt, ob es sich begäb, das uf jetz nächst angesehen kayserlichen Rychs tag zu Wurms uns weder in gutlichait noch sunst zu endlichem ußtrag erlidenlich entschaid verfolgen möcht, alsdann söllen und wöllen wir, Hugo, bischove, und ain gemain capitel samentlich und jeder insonder mit unserm gaistlichen chorgericht und andern unsern verwandten, ouch wir, thumbdechan und gemain capitel obgenant, uns mit unsern residenzen und wonungen von und uß der statt Costanz bis uf den hailigen wyhenecht tag [25.12.] aller nächstkunftig verendern und ziehen2 und dazwuschen, so erst wir, Hugo, bischove, von egemeltem Rychs tag kommen, unverzegenlich uns mitainandern verainen und endlichen entschliessen, solich sachen und recht sampt andern anhangenden und notwendigen dingen, wie und in was gestalt anzeheben, furzenemen und ze versehen und zu volstrecken syend; und also aller und jeder obvermelter spenn, yngriff, irrungen, beschwärden und sachen halb, gaistlicher und weltlicher, so wir, bischove und capitel, mit berurter statt Costanz und irn verwaltern, burgermaister und rat oder die statt mit uns zu baidersyt gemainlich oder sonderlich ze tun haben oder gewunnen, mitainandern getruwlich und ainhelliglich zusamensetzen und halten, byainandern onabtailig verharren und bliben, guts und ubels lyden, ainandern nach allem vermögen hilflich, rätlich und bystendig syn, ouch unser jeder tail on des andern tails willen und wissen mit unserm bischoflichen hof, gaistlichen gericht, residenz, hußhaltung oder verwandten nit widerumb gen Costanz ziehen noch uns mit vorbemelter statt vertragen, verainen noch richten lassen, weder wenig noch vil, bis zu endlichem ußtrag aller unser bischofs und capitels spenn und sachen, und besonder alles das mitainandern tun, handlen und furnemen sollen und wollen, das zu handhabung egerurter gerechtigkaiten, fryhaiten, gnaden, oberkaiten, ehaften, gewonhaiten und alten herkumen unser, unsers stiftz und capitels dient oder dienen mag.Dies haben sie sich gegenseitig zugesagt. Bekunden hiermit, sich an diese Übereinkunft halten zu wollen.3

Anmerkungen

1
 Das Ausstellungsdatum ist von anderer Hand ergänzt. Ks. Maximilian hielt sich ab dem 19.5. bereits in Mindelheim auf (Ausstellungsort von Nr. 399), während die ksl. Hofräte und die Kanzlei in Kaufbeuren zurückgeblieben waren [Nr. 399, S. 591, Anm. 6]. Das Schreiben war also zwischen dem 11. und 19.5. aufgesetzt worden. Die Hofräte fertigten es am 20.5. aus und schickten es nach Meersburg.
2
 Die erwähnte Zusammenkunft muss laut dem Itinerar von Wenko(Kaiser, S. 269) am 3. oder 4.5. stattgefunden haben.
3
 Zwar fand sich gegen Ende des RT eine bfl. Konstanzer Gesandtschaft in Worms ein, doch liegen über Verhandlungen wegen des Klosters Reichenau keine Unterlagen vor [vgl. Nr. 417, Pkt. 5]. Nach dem RT erinnerte Ks. Maximilian Bf. Hugo daran, dass er ihn bereits mehrfach vor weiteren Schritten in dieser Angelegenheit gewarnt hatte. Dennoch hatte der Bf. nach seinen Informationen eine päpstliche Zitation gegen Abt Markus und die Untertanen des Klosters publizieren lassen und bedrohte sie mit dem Bann. Der Ks. befahl ihm, seine Maßnahmen einzustellen und eine schriftliche Stellungnahme abzugeben (Kop. Ivano, 30.6.1509; GLA Karlsruhe, 96/1128, unfol. Druck: Meichelbeck, Erbfolge, S. 30). Der Landkomtur [Wolfgang] von Klingenberg erhielt unter Hinweis auf das Vorgehen des Bf. Befehl, das Kloster zu Händen des Ks. zu sequestrieren (Kop. Ivano, s.d., jedoch 30.6.1509; GLA Karlsruhe, ebd., unfol. Druck: Meichelbeck, ebd., S. 30). Die klösterlichen Untertanen wurden zum Gehorsam gegen den Landkomtur aufgefordert (Kop. Ivano, 30.6.1509; ebd., unfol.). Der Bf. antwortete auf das ksl. Mandat in einem Schreiben an Zyprian von Serntein hinhaltend: Sind wir nochmals nit verfaßt, ir Mt. daruf ze antwurten. Darumb, ob wir in mitler zyt verunglimpfet wurden, bitten wir uch frundlich, ir wöllen uns zum truwlichsten entschuldigen. Sind wir gedächt, die antwurt ze furdern und uns in die sach ze schicken (Or. Meersburg, frytag nach Jacobi apostoli [27.7.]1509; HHStA Wien, Maximiliana 21, Konv. 1, fol. 55–55’). Indessen hatte sich der Ks. bereits am 20.7. erneut genötigt gesehen, bei Bf. Hugo zu intervenieren. Er protestierte gegen dessen Versuch, die Abtei mithilfe der Eidgenossen dem Reich zu entziehen und ihre Rechte zu verletzen, und befahl dem Bf. unter Androhung des Verlusts seiner Reichsregalien, sein Vorgehen einzustellen (Kop. Kastell la Scala; GLA Karlsruhe, 96/1128, unfol. Druck: Meichelbeck, ebd., S. 29). Bf. Hugo bekundete in seiner Antwort sein Erstaunen über die Vorwürfe und erinnerte daran, den päpstlichen Inkorporationsbrief mit Wissen des Ks. erlangt sowie ihn über seine weiteren Schritte schriftlich und mündlich informiert zu haben. Er bot an, das Kloster gegen Erstattung seiner Kosten abzutreten (spätere Abschrift, s.l., s.d. [vermutlich Sept. 1509], GLA Karlsruhe, 96/1132, unfol.). In einem weiteren Schreiben verwahrte er sich gegen den Vorwurf, sich mit Hilfe der Eidgenossen des Klosters bemächtigen zu wollen, und bot erneut dessen Abtretung an. Zugleich erklärte er sich einverstanden, den Prozess in Rom vorläufig einzustellen und den Ks. nach Ende des Krieges einen Schiedsversuch unternehmen zu lassen (spätere Abschrift, s.l., s.d.; ebd., unfol.). Im folgenden Jahr gelang auf dem Augsburger RT eine vertragliche Regelung. Vgl. Seyboth, RTA-MR XI/1, Nrr. 231f.; Baier, Reform, S. 231–233; Kreutzer, Glanz, S. 344f.; Voigt, Geschichte I, S. 503f.
1
 Liegt nicht vor. Vermutlich ein entsprechendes Schreiben der Stadt mit der Bitte um Fürsprache beim Ks. ging dem Innsbrucker Regiment zu. Laut dessen Antwort wünschte Konstanz ein ksl. Mandat an Bf. Hugo, auf weitere vertragswidrige Schritte gegen den gewählten Abt des Klosters Reichenau [Markus von Knöringen] zu verzichten (Or. m. Spuren von 3 Ss., Innsbruck, 17.4.1509; GLA Karlsruhe, 96/1128, unfol.). Mit dem Vertrag ist ein von ksl. Räten – neben den Unterzeichnern waren dies Hans von Stadion und Albrecht von Wolfstein – am 10.12.1508 vermitteltes Abkommen gemeint, wonach Bf. Hugo für sechs Monate auf die Geltendmachung des von Papst Julius erlangten Anspruches auf das Kloster verzichten und dafür Elekt und Konvent ihrerseits jegliche Bemühungen um die Konfirmation der Wahl einstellen und die Administration des Klosters den ksl. Vermittlern überlassen würden. Innerhalb dieser Frist sollte Ks. Maximilian eine Entscheidung in diesem Streit herbeiführen (Or. m. 2 Ss., Konstanz, Unterz. Niklas von Firmian, Hans von Landau; GLA Karlsruhe, 96/1129, unfol.). Vgl. Baier, Reform, S. 231f.
2
 Veranlasst durch ein weiteres – nicht vorliegendes – Schreiben kündigte der Ks. kurz nach seiner Abreise aus Worms am 24.4., aufgrund des Ausstellungsortes vermutlich am 26. oder 27.4., der Stadt seine Gesandten zu weiteren Verhandlungen an (Or. Perg. mit Siegelspuren, Speyer, Vermm. prps./amdip., Gegenz. Serntein; GLA Karlsruhe, 96/1128, unfol.).
a
 Schad] In B zusätzlich: Lukas Conrater sowie Johann Gabriel von Bodman und Dr. Johannes von Botzheim. – Johann Nikolaus von Bodman hatte am 2.8.1508 zugunsten seines Bruders Johann Gabriel resigniert. Dieser wurde am 6.8.1509, also nach der Ausstellung der Urkunde, zum Domkapitel zugelassen (Krebs, Protokolle des Konstanzer Domkapitels IV, Nr. 3467, S. 129f.; Nr. 3694, S. 150). Botzheim wurde erst im Juni 1510 Domherr und im Juli 1511 zum Domkapitel zugelassen (Krebs, Protokolle des Konstanzer Domkapitels V, Nr. 3976, S. 13; Nr. 4202, S. 34).
1
 Vgl. zu den strittigen Fragen zwischen Stadt und Klerus Rublack, Einführung, S. 3, 183f. Anm. 33.
2
 Bf. Hugo residierte bereits seit 1506 nicht mehr in Konstanz (Rublack, Einführung, S. 184 Anm. 34). Die Regelung hätte also nur Domkapitel und Chorgericht betroffen.
3
 Am 25.7.1510 erfolgte schließlich der Beschluss des Domkapitels, nach Meersburg zu ziehen. Die Domherren kehrten aber bereits gegen Ende des Jahres auf Vermittlung Ks. Maximilians und gemäß dem Wunsch Bf. Hugos wieder nach Konstanz zurück (Willburger, Bischöfe, S. 19).