Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil
Nr. 355 Supplikation Kf. Joachims I. von Brandenburg an die übrigen Kff.– Worms, 7. Juni 1509
Missachtung der kfl. Gerichtsfreiheit durch das Reichskammergericht; Besteuerung der von Kurbrandenburg eximierten Stände durch das Reich.
Berlin, GStA, I. HA, Repos. 1, Nr. 4, fol. 15 (beschädigte Kop., am tag corporis Cristi, Unterz.: Gregor Wins, kfl. Sekretär) = Textvorlage A. Berlin, GStA, I. HA, Repos. 10, Nr. ♃♆, Fasz. 2N, fol. 31 (Reinkonz. mit Korrekturen) = B.
Hochwirdigsten und durchleuchtigisten churfursten, genedigsten herrn. Der durchleuchtigiste furst und herr, herr Joachim, marggrave zu Brandenburg etc., euern furstlichen gnaden mitchurfurst, hat mir in bevelh gegeben, euern allen churfurstlichen genaden zu berichten, wie sein gnade wider seiner Gn. churfurstliche freyheyt, gebrauch und alt herkommen vom cammergericht mit annemung einer appellacion besweret und anziehung seiner ftl. Gn. prelaten und graven, die angeslagen hilf zu Coln und Costenz ksl. Mt. und zu unterhaltung des cammergerichts zu geben, durch penalmandat vervolgt. Das doch alles hievorn bey seiner ftl. Gn. eltern und vorfarn, churfursten zu Brandenburg, in vil menschen gedenken nye furgenommen und gescheen, sunder haben zu iglichen reichstegen neben meinem gnst. herrn, dem churfursten von Sachsen, wie seiner ftl. Gn. wissenlich, meyn genedigister herr selbst und in abwesen d[urcha seiner]1 ftl. Gn. rete solich freyheit, brauch und alt he[rkommen ange]zeigt und davon protestiret.
Der Kf. bittet sie, den Ks. in Namen aller Kff. schriftlich zu ersuchen, sein ftl. Gn. [g]enedi[glich] bey a[ltem] herkommen und gebrauch bleyben zu lassen, [beid]erseyt furnemen abzuschaffen und hinfur domit sei[n g]enade nit besweren, als onzweyflich romisch ksl. Mt. a[uf] solich seiner und euer churfurstlichen gnaden zym[li]ch bitt genediglich zu tun geneigt sein wird. Das soll meyn genedigster herr gegen euern churfurstlichen genadenb semptlich und sonderlich in aller fruntschaft zu verdienen gevlissen sein. [Datum, Unterschriftc].
Nr. 356 (Nicht übergebenes) Fürschreiben der Kff. an Ks. Maximilian – Worms, 10. Juni 1509
Missachtung der kfl. Gerichtsfreiheit durch das Reichskammergericht; Besteuerung der von Kurbrandenburg eximierten Stände durch das Reich.
Berlin, GStA, I. HA, Repos. 1, Nr. 4, fol. 19–19’ (beschädigtes Or. Perg. m. 5 Ss.).
Allerdurchleuchtigister, großmechtigister keyser, hochgeborner furst, allergnedigister herre. Unser undertenige, gehorsam und schuldige dinst [sind] eurn keyserlichen gnaden allezeit bereyt. Allergnedigister herre, wie wir yetzo von wegen des hochgebornen fursten, herren Joachims marggrafen zu Brandenburg etc., unsers mitkurfursten, freunds, oheim, vettern und swage[r], mit herin verschlossner schrift und furbit an euer ksl. Mt. zu tun bittlich angesucht sein, wirdet euer Mt. daraus vernemen. Wo nu die sachen laut seiner gestellten schrift gestalt, so were unser undertenig bitt, das euer keyserlich Mt. gnediglich tet verfugen, das solichs, so wider gedachts unsers mitkurfursten freiheit, brauch und herkomen, so er die hett, furgeno[men w]er, abgestalt und sein lieb dawider nit beschwert wurde. Daran erzeigt eur [ksl.] Mt. uns gnedigen willen, den wir zusambt schuldigen pflichten umb euer keyserlich Mt. in undertenigkeit gern verdienen wollen. Geben zu Worms uf sontag nach corporis Cristi anno etc. nono.
Euer ksl. Mt. gehorsamen Uriel zu Menz, Jacob zu Trier, erzbischove, Philipps, erwelter und bestetigter zu Collen, Ludwig, pfalzgraf bey Rein, herzog in Beyern etc., Friderich, herzog zu Sachsen, lantgraf in Duringen und marggraf zu Meissen, all churfursten.
Nr. 357 Protest Kf. Joachims I. von Brandenburg an die ksl. Reichstagskommissare und reichsständischen Deputierten – Worms, 12. Juni 1509
Einspruch gegen die Besteuerung der von Kurbrandenburg eximierten Stände durch das Reich und die Missachtung der kfl. Gerichtsfreiheit durch das Reichskammergericht.
Wiesbaden, HStA, Abt. 131, IV a, Nr. 22, fol. 50’ (dem ksl. RT-Protokoll [Nr. 259] inserierte Kop.) = Textvorlage A. Berlin, GStA, I. HA, Repos. 10, Nr. ♃♆, Fasz. 2N, fol. 32, 33 (Konz.) = B.
Durchleuchtiger, hochgeporner furst, wolgeporner, edler, wirdigen, hochgelerten, gnedigen und gunstigen hern. Dweil ich [= Eitelwolf vom Stein] zu handlung des camergerichts notdurft, von wegen meins gnedigisten herrn, des churfursten von Brandenburg, a–zu e. furstlichen gnaden und gunst und den reten, von stenden darzu verordent–a, beschaiden, hat mir nach vermögen meins bevelchs geburt, anzaigung zu tun der beswernus, die seinen furstlichen gnaden vom camergericht begegent mit erfordrung der angeslagen hilf zu Coln und Costenz von seiner ftl. Gn. prelaten und grafen, auch annemung der appellation von seiner ftl. Gn. hofgericht, alles wider seiner ftl. Gn. freiheit, geprauch und alt herkomen, mit der erbietung, wo solichs abgestalt und seinen ftl. Gn. versicherung geschehe, des hinfur entladen zu sein, alsdan sey ich willig, von den gebrechen und allem dem, so zu underhalten des loblichen furnemens des camergerichts, von wegen meins gnedigisten herrn meins besten vermögens zu verhandeln helfen. Dann dweil solichs nit geschehe, wurde mein gnst. her ins camergericht nit gehellen, b–auch mir nit gezymen, zu solichem tun mich in handlung zu geben–b, davon ich dann also offenlich protestirt hab, mit und neben meiner gnedigisten und gnedigen herrn von Sachsen geschickten [Nr. 358] underteniglich gebeten, solichs nit anders dann aus notdurft meins gnedigisten herrn und meins bevelchs zu vermerken. Das hab ich euer ftl. Gnn. und gunst irem begern nach hiemit auch anzaigen wollen. c–Actum Wormbs, am dienstag nach corporis Christi anno etc. nono–c.
Eytelwolf vom Stain, ritter etc.
Nr. 358 Protest Kf. Friedrichs III. und Hg. Johanns von Sachsen sowie Hg. Georgs von Sachsen an die ksl. Reichstagskommissare und reichsständischen Deputierten – Worms, 13. Juni 1509
Einspruch gegen die Besteuerung der von Kursachsen und Sachsen eximierten Stände durch das Reich.
Wiesbaden, HStA, Abt. 131, IV a, Nr. 22, fol. 49–50 (dem ksl. RT-Protokoll [Nr. 259] inserierte Kop.).
Durchleuchtiger, hochgeborner furst, wolgepornen, edeln, wirdigen, hochgelerten, gestrengen, vesten, gnedigen und gunstigen hern. Wir haben euer gnad und gunst von wegen unser gnedigisten und gnedigen herrn von Sachsen etc. allenthalben vermeldet und zu versteen gegeben die gehabt handlung auf nehst gehaltenem Reichs tag zu Costenz, wie des orts ain anschlag zu ksl. Mt. romzug, auch zu underhaltung des camergerichts bewilligt und gemacht mit disem beschaide und anhang, das alle stende diejenen, so inen vor alders und nicht dem Reich gedient, auch dem Reich on mittel nicht zustendig, in diser hilf und volg vorbehalten sein sollen1, und darauf alle bischofe, graven und herren, in berurter unserer gnedigisten und gnedigen herrn von Sachsen furstentumb und landen begriffen, unangeschlagen verblieben, nachdem dieselben zu des Reichs volge, auch vor das camergericht nye gezogen noch gebraucht seint, sundern unsern gnedigisten und gnedigen herrn on mitl gedient, gevolgt und mit gerichtszwang und aller oberkeit underworfen gewest, auch noch underworfen seind. Derhalben auch und in kainen andern wege unser gnedigiste und gnedigen herrn in bestimpten anschlage des romzugs und camergerichts bewilligt. Und wie daruber die berurte bischofe, graven und herrn zu hilf des romzugs, auch von dem fiscal zu underhaltung des camergerichts mit sweren mandaten und processen angezogen, deßhalben wir zu dieser neuen furgenommen handlung des camergerichts nit bewilligen noch darbey oder darob sein sollen, es sey dann zuvor bemelte beswerung abgetan, davon wir von wegen vielberurter unserer gnedigisten und gnedigen hern und irer verwandten offenlich protestirt, darin in kainen weg zu verheylen [= einzuwilligen]. So aber solichs geandert, so wirt an unsern gnedigisten und gnedigen herrn, was zu ere und wolfart dem Heiligen Reich entspriessen soll, an iren gnaden nichts erwinden, undertenig und dienstlich bittend, euer gnad und gunst wollen diese unserer gnedigisten und gnedigen hern gerechtigkeit zu herzen furen und an dieser protestation kain beschwerung haben und der notdurft zuziehen [= zumessen, zuschreiben], auch bey ksl. Mt. verhelfen, das solich beschwerung und anslege geandert und an unser gnedigisten und gnedigen herrn undertenigem und gutwilligem erpieten begnugig sein. Das werden ire furstlichen gnaden gegen ksl. Mt. undertenig und euer perschon fruntlich vergleichen, beschulden und in gnaden erkennen. So seind wirs fur unser perschon gegen e. gnade und gunst undertenig und willig zu verdienen geflissen. Datum am mitwuchen nach corporis Christi anno etc. XVC und IXo.
Unser gnedigist und gnedigen herrn, herrn Friderichs, churfursten, herrn Johansen und herrn Georgen, gepruder und vetter, alle herzogen zu Sachsen etc., rete, ytz alhie zu Wormbs.
Nr. 359 Supplikation Hg. Georgs von Sachsen an Mgf. Kasimir von Brandenburg und die anderen ksl. Reichstagskommissare – [Worms, kurz vor dem 14. Juni 1509]1
[1.] Besteuerung der von Sachsen eximierten Stände durch das Reich; [2.] Steuerverweigerung Hg. Heinrichs von Sachsen; [3.] irrtümliche Doppelbesteuerung des von Sachsen eximierten Reichsstifts Quedlinburg; [4.] Forderung nach Abhilfe dieser Beschwerden.
Wiesbaden, HStA, Abt. 131, IV a, Nr. 22, fol. 51’–52’ (dem ksl. RT-Protokoll [Nr. 259] inserierte Kop.).
[1.] Durchleuchtiger, hochgeborner furst, wolgepornen, edlen, wirdigen, hochgelerten, gnedigen und gunstigen herrn. Wir bitten euer gnade und fruntschaften undertenig und dienstlich zu wißen: Nachdem auf nehstgehaltnem Reichs tag zu Costenz ain anslage zu ksl. Mt. romzug, auch zu underhaltung des camergerichts bewilligt und gemacht, mit disem beschaide und anhang, das allen stenden diejenen, so in vor alders und nicht dem Reich gedient und on mittel nicht zustendig, in diser hilf vorbehalten sein sollen2, und darauf alle bischofe, grafen und herrn in unsers gnedigen herrn, herzog Georgen von Sachsen etc., landen unangesehen verblieben, dieweil die zu des Reichs volge, auch vor das camergericht zuvor nye gezogen noch gebraucht sein, sonder unserm gnedigen herrn und seiner gnaden vorfaren on mittel gevolgt und gedienet und mit gerichtszwang underworfen gewest und noch zur zeit seind, das auch berurten unsern gnedigen herrn in solichen anschlag zu bewilligen geursacht und ungezweivelt an das verplyben, dennoch so seind uber den bewilligten anslage und abrede die bischofe, graven und herrn, unserm genedigen herrn, herzog Jorgen, zustendig, zu hilf des romzugs, auch von dem fiscal zu underhaltung des camergerichts mit schweren mandaten und process angezogen, davon unser gnediger herr zu appelliren und zu berufen geursacht.
[2.] Item, so ist auch unserm gnedigen hern, herzog Georgen, ain anzale zu ross und fues, auch etzlich gelt mitsampt unserm gnedigen hern, herzog Hainrichen von Sachsen, aufgelegt3, das unser gnediger herr, herzog Georg, alles allain zu gehorsam ksl. Mt. vorgestrackt4 und bis anhere seynen gepurlichen dail von bemeltem herzog Hainrichen nicht hat bekommen mogen.
[3.] Item, so hat auch kayserliche Mt. unserm gnedigen hern, herzog Georgen, als ein erbvogt des stifts zu Quedlinburg dasselb stift neben seinem anschlage zu vertreten bewilligt und nachgelassen. Das auch berurter unser genediger her neben seinem volk und gelt verlegt und vertreten hat.5 Aber ksl. Mt. hat volgende einem andern vor solichen anschlage gelt zu empfahen mandat und bevelh gegeben6, der auch solichs entpfangen und unser gnediger her seins ausgelegten gelts und darlegung also in mangel steht.
[4.] Darauf ist unser undertenig, dinstlich und fruntlich bit, euer gnad und fruntschaftn wollen in ansehung, des die berurte bischove, graven und hern in unsers gnedigen hern furstentumb zu Doringen und Meissen begreifen7, dem Reich nye gedient, auch dem camergericht an mittel nicht, sonder seiner gnaden geriechtszwengen underworfen, der sein gnade auch ains tails von der cron zu Behaim zu lehen tregt, als wir solichs alles mit der warheit anzuzaigen wissen, verschaffen, das dieselbigen unsers gnedigen herrn bischof, graven und hern des romzugs halb, auch von dem fiscal unangezogen und hinfur unangeschlagen verbleiben und unserm gnedigen hern von derselben alten, ruchtparn [= (öffentlich) bekannten], hergebrachten gerechtikeyten nicht gedrangen lassen, auch mit unserm gnedigen hern, herzog Hainrichen, seynen antail zu erlegen und der darlegung, fur die ebtissin zu Quedlinburg beschehen, wieder ergenzt zu werden verschaffen. Das wirt sein furstlich gnade gegen euer gnade und fruntschaft fruntlichen vergleichen und in gnaden bedenken. So wollen wirs unser person halbe undertenig und dinstlich verdienen.
Herzog Georgen von Sachsen etc. rete Cesar Pflug, ritter, und Dietherich von Werter, bayder recht doctor etc. – An ksl. Mt. rete, zu Wormbs versamelt.
Nr. 360 Antwort der ksl. Reichstagskommissare und reichsständischen Deputierten an Kursachsen, Kurbrandenburg und Sachsen – Worms, [14. Juni 1509]1
Berichterstattung über die Proteste Kursachsens, Kurbrandenburgs und Sachsens an den Ks., Aufforderung zur Teilnahme an den Verhandlungen über das Reichskammergericht.
Wiesbaden, HStA, Abt. 131, IV a, Nr. 22, fol. 51 (dem ksl. RT-Protokoll [Nr. 259] inserierte Kop.).
Kaiserlicher maiestat rete und comissarien, auch etlich der churfursten, fursten und stende des Reichs rete, auf dem Reichs tage zu Wormbs versamelt, haben die beswerung und protestacion, so durch unser gnedigisten und gnedigen herrn, der churfursten und fursten herzog Friderichs von Sachsen und marggrave Joachims von Brandenburg, bede churfursten, auch herzog Jörgen von Sachsen reten, inen montlich und schriftlich furbracht sein [Nrr. 357f.], vernommen und empfangen und inen darauf antwort geben, das in irer bevelch oder macht nit sey, als sie selbs ermeßen mochten, außerhalb ksl. Mt. oder der stende des Reichs wissen oder willen in diesem fall ainiche exemption oder nachlasssung zu tun. Wolten darumb die ksl. Mt. rete solich ir beswerde und protestacion an ksl. Mt. gelangen lassen und, was ine darauf begegnen wurde, ine nit verhalten. Wolten sich auch die obberurten ksl. Mt. und andere rete versehen, dweil die obbemelten drey churfursten und fursten bey dem abschid und anslag zu Costenz gewest, das sie ire rete der gedachten protestacion oder beschwerung unverhindert bey und in der verhandlung, so des camergerichts halben ytzo furgenommen werden soll, das pest und nutzest von wegen irer herrn mit raten und helfen handeln wolten. Dann wo sie das abslagen und nit tun, wurden sie, die ksl. und andere rete der stende, nichts destminder der notdurft nach, wie ine gepurt, nach irem pesten vleis darin handeln, vollenfaren und beschliessen.
Nr. 361 Mandat Ks. Maximilians (ksl. Reichstagskommissare) an Hg. Heinrich von Sachsen – Worms, 14. Juni 1509
Dresden, HStA, Geheimer Rat, Loc. 10502/17, fol. 5–5’ (Or. m. Siegelrest, Verm. amdiic., Gegenz. J. Storch).
Sein Bruder Hg. Georg von Sachsen ließ vorbringen, dass ihnen beiden gemeinsam durch die auf dem Konstanzer Reichstag versammelten Kff., Ff. und Stände des Hl. Reiches gemäß dem dort verabschiedeten Anschlag ein Kontingent von Reitern und Fußsoldaten und dazu eine Summe Bargelds für den Romzug auferlegt worden sei. Er, Hg. Heinrich, habe jedoch bislang weder den ihm obliegenden Anteil entrichtet noch seinen Bruder bei der Zahlung unterstützt. Vielmehr habe dieser den Anschlag allein bestreiten müssen. Hg. Georg hat deshalb um Hilfe gebeten.
Befiehlt ihm, seinem Bruder unverzüglich und ohne weiteren Einspruch seinen Anteil am Reichsanschlag zu erstatten, damit weiters ansuechens und handlung nit not werde.