Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Nach Anhörung des Berichts über die in Fragenstein geführten Verhandlungen mit dem röm. Kg. sollen die Gesandten in der Umfrage folgendes vortragen: Memmingen und Augsburg machten dem Hauptmann [Matthäus Neithart] schriftliche Mitteilung über die Ladung beider Städte nach Mindelheim und erbaten seinen Rat. Aufgrund seines Entwurfs schickten sie eine schriftliche Entschuldigung [Nr. 879] nach Mindelheim. Dort ist aber kein kgl. Vertreter erschienen, weil, wie der Augsburger Rat erfahren hat, der Kg. vielleicht selbst zum Tag nach Mindelheim kommen und mit den Kaufleuten verhandeln wollte. Um wegen des Fernbleibens der Kaufleute nicht der kgl. Ungnade anheimzufallen, entsandte der Rat Bürgermeister [Ludwig] Hoser und [Hans] Baumgartner nach Kaufbeuren, um den Kg. – wie üblich bei dessen Aufenthalt in der Nähe ihrer Stadt – nach Augsburg einzuladen. Die beiden Emissäre hatten in Anbetracht des unmittelbar bevorstehenden Termins Weisung, den Kg. oder seine Gesandten ggf. bereits auf dem Weg nach Mindelheim zu treffen, was dann geschehen ist. In Kaufbeuren sagten sie den angesetzten Tag ab und verhandelten mit dem Kg. – allerdings vergeblich – über die Anleihe. Die beiden Gesandten lehnten es ihrerseits ab, im Auftrag des Kg. bei den Kaufleuten vorstellig zu werden. Am folgenden Dienstagabend [16.11.] ging dem Augsburger Rat das in Abschrift beiliegende kgl. Schreiben [Nr. 880] zu. Falls die kgl. Gesandten zum Bundestag sich nicht anders äußeren, formuliert es die derzeitige Position des Kg. Auf dieser Grundlage ist zu beraten. Der Kg. vertritt die Ansicht, daß die Gesellschaften ihm und nicht den Städten unterstünden und keine Leistungen für das Reich erbrächten. Dies trifft allerdings nicht zu: Die Gesellschafter sind Bürger der Stadt und tragen durch ihre Steuerleistung zu deren Einkommen bei. Da sie über mehr Bargeld als andere verfügen, werden sie sogar stärker belastet. Sie verursachen weder dem Hl. Reich noch Dritten, seien es Gewerbetreibende oder nicht, irgendwelche Nachteile. Von ihren mit hohem Risiko in fernen Königreichen und fremden Ländern erwirtschafteten und nach Deutschland eingeführten Gütern entrichten die Gesellschaften Zölle, Maute und Aufschläge und geben ihre Gewinne auch hier im Land wieder aus. Somit nützen sie auch den kleinen Kaufleuten, die auf eigene Rechnung keinen Fernhandel betreiben können. Die Preise für Waren aus Venedig wären ohne sie noch viel höher. Die kleinen Handwerker können ohne die Gesellschaften ihre Erzeugnisse nicht vertreiben. An ihnen sind viele andere Bürger beteiligt, die die Anleihe mitfinanzieren müßten und dennoch zum städtischen Einkommen beisteuern und somit ungerechterweise doppelt belastet würden. Falls die Städte ihre Gesellschaften nicht gegen solches Unrecht schützen, werden diese wegziehen, was nicht nur ihren Heimatstädten, sondern auch für Kg. und Reich nachteilig wäre. Die deutschen Gesellschaften besitzen im Ausland großen Kredit, was auch der Ehre und dem Nutzen der deutschen Nation dient. Dies soll dem Kg. und seinen Räten dargelegt werden, denn falls die Geldreserven der Kaufleute erschöpft würden, wäre ihre Kreditwürdigkeit dahin. Wenn die Städte sich nicht für die Gesellschaften einsetzen würden, so hätte dies vielfältige negative Konsequenzen.

Im übrigen sollen die Gesandten nach Sachlage zum Besten der Kaufleute und der Stadt Augsburg vorgehen.

s.d., jedoch vor dem 19. November 1507.1 

Augsburg, StdA, Lit. 1505–1507, Fasz. [15] Augsburg (Febr.-Dez. 1507), unfol. (Kop.) = Textvorlage A. Ebd., unfol. (Konz. Hd. K. Peutinger) = B.

Anmerkungen

1
 Die Datierung auf den 22.12. gemäß Archivarsvermerk auf dem Konzept Peutingers ist unrichtig.