Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Regelung für ein Schiedsverfahren zur Beilegung der bestehenden Streitigkeiten.

s.l., s.d., jedoch Konstanz, Mitte August 1507.1 

Worms, StdA, 1 B, 1939,2, Stück-Nrr. 17f. (Kop., Randverm.: Notula recessus Constanciensis concepta per nuntios civitatis Wormaciensis. Späterer Dorsalverm.: Abschied auf dem reichstag zu Costens in sachen Bf. contra Wormbs.) = Textvorlage A. Worms, StdA, 1 B, 1921/3, unfol. (Reinkonz., Dorsalverm.: Abschid zu Costenz; Viditvermerk Serntein2) = B.

Zwischen dem Wormser Klerus und der Stadt Worms kam es wegen des Weinausschanks durch die Geistlichen, eines Aufschlags auf Getreideausfuhren aus der Stadt und der Steuerverweigerung des Klerus für in der Stadt erworbene Liegenschaften zu Streitigkeiten, über die vor ihm, dem Kg., und seinen Hofräten, außerdem vor geistlichen Richtern und anderen Instanzen Verhandlungen geführt wurden. Um weitere Konflikte zwischen den Parteien zu vermeiden, aberief er sie zu einem Rechtstag nach Konstanz, hörte dort beide Seiten an und erließ mit ihrer Zustimmung folgende Vereinbarung: 1. Der Klerus hat bbis zum Egidientag [1.9.] dafür zu sorgen, daß die Stadt unter möglichst geringen Kosten aus dem Bann gelöst wird. 2. Die Geistlichen erhalten im Gegenzug die Möglichkeit, sich wieder frei und sicher in Worms aufzuhalten und auch von ihren Freiheiten und Rechten Gebrauch zu machen, insofern sie unstrittig waren und wie sie vor Ausbruch der Streitigkeiten bestanden habenc. 3. Jede Partei soll zwei unparteiische Personen als Schlichter benennen, die einen Monat nach Datum der Urkunde in Worms zusammenkommen und entweder einen gütlichen Vergleich herbeiführen oder eine rechtliche Entscheidung fällen. Für den Fall, daß diese Schiedsrichter zu keiner Einigung kommen, benennt er drei Kandidaten – Kf. Friedrich von Sachsen, Gf. Johann von Nassau-Dillenburg und Kaspar Frh. zu Mörsberg (Landvogt zu Hagenau) – für die Wahl zum Obmann durch die vier Schlichter. Sollte keine Einigung auf einen Obmann gelingen, wird Mörsberg dieses Amt übernehmen. 4. Eventuelle Versuche einer der Parteien, das Verfahren zu verzögern, sind durch Obmann und Schiedsrichter zu unterbinden, damit dessen Abschluß binnen drei Monaten nach Ausfertigung der vorliegenden Urkunde gewährleistet istd. 5. Die Geistlichen sollen den Weinausschank bis Weihnachten einstellen. eFalls die Bürgerschaft oder ihre Schiedsrichter im Vollzug dieses Abschieds ungehorsam oder säumig sein sollten, haben die Geistlichen das Recht, ihren Wein bis zu einer endlichen Entscheidung auszuschenken. Im umgekehrten Fall bleibt das Schankverbot bis zum Abschluß des Verfahrens in Kraft. 6. Bei Tod oder Verhinderung eines Schlichters soll seine Partei binnen acht Tagen einen Ersatzmann benennen; entsprechend wird er, der Kg., dies im Falle des Todes des Obmanns tun. 7. fSollte aus schwerwiegenden Gründen eine Entscheidung innerhalb von drei Monaten nicht möglich sein, verlängert sich die Gültigkeit dieses Abschieds mit folgenden Ergänzungen um weitere drei Monate: Möglichst im ersten Monat sollen die vier Schiedsrichter einen Spruch fällen. Falls keine Einigung möglich ist, soll der Obmann aufgrund der Verhandlungsunterlagen eine Entscheidung treffen und so die Mehrheit herstellen. Diesem wird hiermit unter Androhung einer Strafe und der kgl. Ungnade befohlen, sein Urteil möglichst rasch zu fällen und den Parteien auf ihren Wunsch eine versiegelte Urkunde darüber auszustellen. 8. Gegen das gegebenenfalls unter Mitwirkung des Obmannes zustandegekommene Urteil der Schiedsrichter sind keine Rechtsmittel zulässig. 9. Befiehlt beiden Parteien unter Androhung der kgl. Ungnade und des Verlusts der im vorliegenden Streit geltend gemachten Rechte sowie einer Geldstrafe von 50 Mark lötigen Goldes den Vollzug dieses Abschieds.

Anmerkungen

1
 Am 6.8. berichteten die städtischen Gesandten an die beiden Bürgermeister [Georg Mettenheimer und Hans Wolff], daß sie nach hartnäckigen Verhandlungen mit den kgl. Räten am 5.8. einen endlichen Austrag erreicht hätten. Ein Freund habe ihnen versichert, daß der wichtigste Streitpunkt im Sinne der Stadt geregelt würde. Und ist befohlen der federn, da mussen wir aufsehen, das uns nit etwas ingedruckt werde (Or. [Konstanz], frytags Sixti; StdA Worms, 1 B, 1927,2, Stück-Nr. 42; Boos, Quellen III, S. 521 Anm.). Wohl Mitte August wandte sich der Magistrat in einem Appell an die Bürgerschaft, betonte noch einmal, daß in dem Konflikt essentielle Interessen der Stadt vertreten würden, und beschwor die Bürger unter Hinweis auf den kgl. Konstanzer Spruch, der die Lösung aus den Bann vorsehe und zu dem der Magistrat binnen 14 Tagen eine Erklärung abgeben werde, sich weiter zu gedulden (Konz., s.d.; StdA Worms, 1 B, 1927,3, Stück-Nr. 42). Die Stadt Worms erklärte mit Schreiben vom 31.8. ihr Einverständnis zum Konstanzer Abschied, bat jedoch den Kg. um Berücksichtigung einiger Verbesserungsvorschläge. Im übrigen schilderte der Wormser Magistrat noch einmal die Belastungen für seine Bürger infolge des Bannes. Ebenso warnte man den Kg. erneut, daß der Stiftsklerus bislang unter Mißachtung der kgl. Obrigkeit den geistlichen Prozeß fortgesetzt habe, und machte Mitteilung über Hinweise, daß die Gegenpartei auch den Konstanzer Spruch ignorieren werde. Für diesen Fall bat die Stadt um die Aufhebung des Interdikts und ein scharfes Vorgehen gegen den Klerus (Bürgermeister und Rat der Stadt Worms an Kg. Maximilian, Reinkonz.; StdA Worms, 1 B, 1927,2, Stück-Nr. 42; Boos, Quellen III, S. 523 Anm. 1). Mit Weisung vom gleichen Tag instruierte der Magistrat Adam von Schwechenheim und einen weiteren Gesandten am kgl. Hof, sich um die Durchsetzung der Verbesserungsvorschläge zu bemühen, jedoch den Spruch unter allen Umständen zu akzeptieren, um die Aufhebung des über die Gemeinde verhängten Bannes zu erreichen, denn sie mag ine nit lenger leiden noch dulden; rufen und schryen deglich, inen daraus zu helfen. Falls die Gegenpartei den Austrag ablehne, solle wenigstens die Aufhebung des Bannes erreicht werden. Dann wo das nit beschehe, mussten wir an andern enden hilf, rate und schirm suchen, wo wir ankomen möchten, oder uns den pfaffen zur hant ergeben (Konz., dinstags nach decollationis Johannis baptiste; ebd., 1927,3, Stück-Nr. 42).
2
 Dem Reinkonzept lag ein nicht erhaltenes Konzept Sixtus Ölhafens zugrunde, das aufgrund von Änderungswünschen des Anwalts des Stiftsklerus, Haring Sinnama, überarbeitet worden war.
a
–a berief ... und] Fehlt in B.
b
–b bis ... Egidientag] In B: auf das nechst und furderlichest. – Im Gutachten eines der Wormser Gesandten heißt es: Nü bin ich des gewarnet in geheym, das, so ir, myn Hh., den abscheit lut copij hiebij willigen, annemen und zuschrijben, hab auch des eyn nottel in der canzlij funden und gelesen, das der paffheit gemute und meynung ist, nit in die absolucion zu willigen, die caucion, die sie begert, sij dann vor gescheen, und also, das eyn rait in alle zunft gee und eyn eyd, wie sie den begryffen und üch ires gefallens vorhalten werden, allen zunftigen uflege zu sweren, derglychen die rete auch sweren sollen, und der paffheit des briefe mit aller zunften insiegele besiegelt, sie sicher, fridlich bij allen iren frijheiten, gerechtikeiten, alten herkommen und geprauch etc. inkummen, geruglich one widerrede blijben lassen, schutzen, schermen und hanthaben sollen und wollen etc. (Or.; StdA Worms, 1 B, 1927,2, Stück-Nr. 42).
c
 haben] In B danach Einfügung am Rand: sofern davon nicht die Freiheiten und Rechte der Stadt berührt werden.
d
 ist] In B danach: Gegen das ggf. unter Mitwirkung des Obmannes zustandegekommene Urteil der Schiedsrichter sind keine Rechtsmittel zulässig.
e
–e Falls ... Kraft] In B: Falls Schiedsrichter und Obmann bis dahin keine Entscheidung fällen, ist der Klerus ab Weihnachten bis zum Abschluß des Verfahrens zum Weinausschank befugt, wie er dies laut bestehender Verträge bis dahin getan hat. Der vorliegende Abschied bleibt dessenungeachtet in Kraft. Schiedsrichter und Obmann sind verpflichtet, das Verfahren abzuschließen. – Insbesondere dieser Artikel wurde von städtischer Seite kritisiert: Er verschaffe der Gegenseite die Möglichkeit zur Verzögerung des Verfahrens. Dazwuschen lief die zyt, und kemen sie zum wynschank. Achten darafter nit, ob zu ewigen tagen nit gesprochen wurde. Auch gegen den Bezug auf die Verträge wurden Einwände erhoben: Darin steckt viel vergriff und unfruchtberlich irrung und gezenk, darauf dise anstellung und all ir gemute gericht ist. Und were mit dem abscheit, so der also angenommen wurde, eyn gruntvest und fuß gemacht, darauf viel mere kriegß, dann wir ytz haben, gepauet und gegruntvestet mechten werden, des sie vor und yetz keynen grund haben [Nachweis wie App. b-b].
f
–f Sollte ... zulässig] Fehlt in B.