Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Verhandlungen der Gesandten in Mainz, Anleihe Meinertzhagens in Brabant; [2./6.] Verhandlungen der Stadt mit dem Ks. wegen des Titulaturstreits mit Ebf. Philipp von Köln; [3.] Bitte der Stadt an den Ks. um baldige Verabschiedung der Kölner Gesandten; [4.] Anweisung an die Gesandten zu Verhandlungen über das Kölner Stapelprivileg; [5.] Weiterreise des Ks. nach Worms.

Köln, HAStd, Briefbücher, A 45, fol. 31–32’ (Kop., mandach in diebus paschalibus).

[1.] Aus ihrem durch den berittenen Boten Wilhelm überbrachten Schreiben1geht hervor, dass sie am 4. April während eines Unwetters in Mainz angekommen sind, dort durch den Boten Erkundigungen über den Tag in Worms anstellen ließen und was sie mit Dr. Hartmann [von Windeck] wegen des Geldes2und der Gefangenen3verhandelt haben. Bekunden ihre Zuversicht, dass die Kölner Angelegenheiten bei ihnen weiterhin in guten Händen sind. Der Rentmeister Johann Oldendorp hatte den Magistrat bereits über die von Dr. Meinertzhagen in Brabant aufgenommenen 200 fl. unterrichtet. Inzwischen haben sie zweifellos eine Antwort erhalten.4

[2.] Sie haben um Mitteilung über eine eventuelle Stellungnahme des Ks. [zum Titulaturstreit] gebeten sowie um Anweisung ersucht, ob sie ungeachtet einer vertraglichen Einigung [mit Ebf. Philipp] weiterhin unter großen Kosten [auf dem Reichstag] ausharren sollen oder nicht, nachdeme uwer Ll. vurkomen mach syn, wie allwijle etliche upgebrochen und zorugge gezogen sulden sijn.Teilen ihnen daraufhin mit, dass der Ks. in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag [4./5.4.] hier in Köln eingetroffen ist. Die Ratsverordneten erhielten erst am gestrigen Nachmittag [6.4.] um 4 Uhr Audienz. Sie hießen den Ks. willkommen und eröffneten weisungsgemäß, dass der verstorbene Ebf. Hermann in Schreiben an die Stadt die Adresse „Prudentibus et discretis viris iudicibus, scabinis, consulibus ceterisque civibus nostris Coloniensibus fidelibus dilectis“ verwendet habe. Außerdem habe er die freie Stadt Köln in seinen Schreiben als „seine Stadt“ und Bürgermeister, Rat und Bürger als „seine Bürger und Getreuen“ bezeichnet. Der neue Ebf. [Philipp] habe diese Titulatur beibehalten und verstoße damit gegen ein Privileg Ks. Friedrichs III., wonach kein Ebf. von Köln diese Titulatur verwenden dürfe, da die Stadt unmittelbar zum Hl. Reich gehöre und nur einem röm. Ks. oder Kg. zu huldigen habe.5Die Stadt bitte deshalb, die Beachtung dieses Privilegs zu gewährleisten und den Ebf. zum Verzicht auf die weitere Verwendung dieser Titulatur zu veranlassen. Falls jetzt keine gütliche Einigung möglich sei, solle der Ks. den Rat und die Stadt sicherstellen, bevor er den Ebf. mit den Regalien belehne. Der Ks. hat daraufhin erklären lassen, dass er den Rat und die freie Stadt Köln gemäß ihrem Wunsch mit seiner ganzen Macht beschützen und ihre Rechte verteidigen werde. Einige gute Freunde haben geraten, dass sie, die Gesandten, den Ks. an seine Zusage erinnern und um deren Umsetzung ersuchen sollten, wenn er [in Worms] eintreffe.

[3.] Sie haben den Ks. heute gebeten, ihre Gesandten so bald wie möglich zu entlassen. Darauf erging die Antwort, der Ks. wolle den Wünschen der Stadt jederzeit nachkommen. Seinen Informationen zufolge habe Köln vier Vertreter nach Worms entsandt. Falls Verzögerungen eintreten sollten, werde er zwei ihrer Gesandten verabschieden.

[4.] Sobald der Ks. in Worms eintrifft, sollen sie sich beim diesem, dem Kanzler Serntein und Sigmund Pflug (Ploch), außerdem bei den Kff., und wo es ihnen sonst noch notwendig erscheint, für das Stapelprivileg6einsetzen. Der Ks. hat ihnen mitgeteilt, dass er die Briefe „per Maximilianum“ und nicht „per regem“ unterschrieben und anschließend zur Besiegelung an Hgin. Margarethe übersandt habe.7

[5.] Der Ks. hat für die Passage über den Rhein zu einem Treffen mit dem Hg. von Jülich um ihre Schiffe (snycken)gebeten. Sie können keine zuverlässigen Angaben zu dessen weiteren Reiseplänen machen, gehen aber davon aus, dass er die hl. Zeit nicht in Köln verbringen, sondern sich nach Worms verfügen wird und sie, die Gesandten, sich nicht lange dort aufhalten müssen. Dies hat der Ks. ihnen auch zugesagt. Sowie sie Neuigkeiten erfahren, werden sie darüber informiert.

[6.] [PS] Sie haben dem Ks. deutlich zu verstehen gegeben, dass sie künftig keine Schreiben des Ebf. mehr annehmen werden, wenn darin die oben kritisierte Titulatur verwendet wird. Darauf hat sich der Rat verständigt und dies auch bei den Heiligen beschworen.8

Anmerkungen

1
 Liegt nicht vor.
2
 Vgl. die folgende Nr. 455 [Pkt. 1].
3
 Gemeint sind der von Götz von Berlichingen gefangen gehaltene Kölner Bürger Contz Heyme und sein gleichnamiger Sohn. Vgl. Nrr. 12, 28, 456 [Pkt. 4].
4
 Oldendorp informierte Meinertzhagen mit Schreiben vom 2.4., dass er dem Rat seinen Wunsch wegen der in Brabant aufgenommenen und zur Frankfurter Herbstmesse den Fuggern zurückzuzahlenden 200 bescheidenen fl. übermittelt habe. Laut dessen Entscheidung sollte Meinertzhagen gemeinsam mit seinen Mitgesandten beraten, wie die Schuld beglichen werden solle (Kop.; HAStd Köln, Briefbücher, A 45, fol. 29’–30).
5
 Privileg Ks. Friedrichs III. vom 19.9.1475 (Druck: Lünig, Reichsarchiv XIII (part. spec. cont. IV/1), S. 366–368, hier 368; Brincken, Köln, Nr. 84, S. 56–62, hier 61. Regest: Kraus, Urkunden, Nr. 513, S. 267–269).
6
 Bestätigung des Kölner Stapelprivilegs durch Kg. Maximilian, Mecheln, 18.9.1505 (Or. Perg. m. S., Vermm. prps./amdrp., Gegenz. Serntein; HAStd Köln, HUA 3/15253. Regest: Brincken, Köln, Nr. 111, S. 84f.). Vgl. Ennen, Geschichte III, S. 649f.
7
 Im August 1508 war der Kölner Gesandte Georg Goldberg (Kredenzbrief der Stadt Köln für Goldberg an Ks. Maximilian vom 25.7.1508, Kop.; HAStd Köln, Briefbücher A 44, fol. 122’) bei Ks. Maximilian mit der Bitte vorstellig geworden, in Anbetracht der Wirkungslosigkeit eines früheren Mandats erneut Ausschreiben an die betroffenen Kff. und Ff. mit der Aufforderung zur Respektierung des Stapelprivilegs ausgehen zu lassen. Der Ks. bot darauf an, entweder die gewünschten Mandate zu bewilligen oder auf dem zum 1.11. ausgeschriebenen Wormser RT persönlich einzugreifen. Der Kölner Magistrat entschied sich für die erste Lösung. In Bezug auf die niederländischen Städte hatte sich der Ks. gegenüber Goldberg bereit erklärt, entsprechende Patente ausgehen zu lassen. Dietrich Meinertzhagen sollte darum bitten, dass diese Dokumente durch die Kanzleien Brabants und Burgunds besiegelt und in der seinerzeit von Kg. Philipp bewilligten Form ausgefertigt würden (Instruktion für Meinertzhagen, Kop., s.d., jedoch 17.10.1508; ebd., fol. 184–185’).
8
 Notariatsinstrument über die Weigerung der Bürgermeister Johann von Berchem und Konrad von Schürenfeltz, zwei mit der Anschrift „Prudentibus et discretis viris iudicibus, scabinis, consulibus ceterisque civibus nostris Col[oniensibus] fidelibus dilectis“ versehene Briefe Ebf. Philipps anzunehmen, und ihre eidliche Verpflichtung, solche Schreiben auch künftig zurückzuweisen (Or., 19.2.1509, Unterz. J. Spoldermann, Notar; HAStd Köln, HUA U1/15477; Kuphal, Urkundenarchiv, S. 24f.). Vgl. Ennen, Geschichte III, S. 657; Toifl, Friede, S. 80.