Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil
Nr. 431 Kg. Maximilian an Lgf. Wilhelm von Hessen
Die auf dem RT versammelten Kff., Ff. und Stände haben ihn gebeten, Kf. Philipp von der Pfalz aus der während des Bayerischen Krieges verhängten Acht und Aberacht zu lösen. Er ist willens, dies zu tun, doch hat er sich in den Verschreibungen für die exekutierenden Stände1 verpflichtet, die Acht nicht aufzuheben, bevor der Kf. nicht den Verzicht auf alle seine im Krieg verlorenen Gebiete erklärt. Es steht ihm als Kg. und Ehg. von Österreich deshalb nicht zu, sich ohne ihn und die anderen Ff. und Städte mit dem Kf. und seinen Helfern zu einigen oder diese aus der Acht zu lösen. Die Angelegenheit sollte endlich zu einem Abschluß kommen und auch die Fürbitte der Reichsversammlung nicht ignoriert werden. Fordert ihn deshalb auf, die Räte, die er zu Ende des RT nach Konstanz schicken wird, zum Abschluß eines Vertrages mit Kf. Philipp und seinen Helfern über die eroberten Gebiete zu bevollmächtigen. Dies werden die übrigen exekutierenden Stände auch tun.
Konstanz, 11. Juni 1507.
Stuttgart, HStA, A 104, Bü. 1, unfol. (Kop.).
Nr. 432 Erste Instruktion von Bürgermeistern und Rat der Stadt Nürnberg für Anton Tetzel (Nürnberger Ratsherr)
Der Kg. beabsichtigt aufgrund der Fürsprache der Reichsstände, Kf. Philipp von der Pfalz aus der Reichsacht zu lösen und hat deshalb Nürnberg und andere mit der Exekution beauftragte und bezüglich der dabei gemachten Eroberungen mit kgl. Garantien ausgestattete Stände zu sich beschieden. Tetzel soll sich als bevollmächtigter Gesandter1 zum Kg. verfügen, diesen anhören und ihn an die der Stadt Nürnberg ausgestellte Verschreibung [vom 7.7.1504] erinnern, wonach Kf. Philipp und seine Helfer erst dann aus der Acht gelöst und restituiert werden sollen, wenn er auf die Eroberungen Nürnbergs im Landshuter Erbfolgekrieg förmlich verzichtet hat. Der Kg. hat der Stadt gegenüber mündlich für die Einhaltung seiner Verschreibungen gebürgt. Sie beabsichtigt keinesfalls, eroberte Gebiete zurückzugeben. Tetzel soll die erheblichen Kosten für die Eroberungen weit über einen eventuellen Kaufpreis hinaus und die seither dort getätigten Investitionen, ebenso die Zusage der Stadt gegenüber den dortigen Einwohnern, sie als Nürnberger Untertanen zu behalten und ihre Rechte und Freiheiten zu respektieren und zu schützen, und die bereits erfolgte Bestellung der Pfleger und Verabschiedung von Ordnungen geltend machen. Sie erwarten mit Hinblick auf die erwähnten Kosten auch nicht, daß der Kg. eine Ausgleichszahlung an Kurpfalz in Betracht zieht. Zudem ist das Einkommen aus den eroberten Orten gering; nach Abzug der Verwaltungskosten bleiben jährlich höchstens 1100 fl. Haimburg (Hainßpurg), Deinschwang und der Markt Betzenstein sind ebenso wie die Stadt Velden niedergebrannt und größtenteils verlassen. Nürnberg mußte den restlichen Einwohnern eine beträchtliche Anleihe gewähren. Noch auf Jahre hinaus werden diese Orte nichts einbringen. Es ist auch zweifelhaft, ob sie wieder aufgebaut werden. Der Kg. weiß, daß Kf. Philipp gegenüber ihm und dem Hl. Reich ungehorsam war, weshalb er in die Acht erklärt wurde. Nürnberg hingegen hat in Vollzug des kgl. Befehls gehandelt, wogegen dem Kf. und seinen Helfern als Geächteten die Gegenwehr verboten war. Dennoch haben sie Velden und Betzenstein wie auch eine beträchtliche Zahl von Dörfern, Höfen und Weilern niedergebrannt, Untertanen gefangengenommen und ihnen Zahlungen auferlegt und weiteren beträchtlichen Schaden verursacht. Kf. Philipp ist dafür zum Schadenersatz verpflichtet. Sie erwarten, daß der Kg. den Kf. dazu veranlassen wird.
Hans Landschad hat ihnen vor einiger Zeit schriftlich angeboten, zwischen der Stadt und Kf. Philipp zu vermitteln. Sie haben daraufhin diesem gegenüber ihren Wunsch nach einem Ausgleich bekundet. Als Landschad jedoch eine Geldzahlung als Bedingung für einen Vertragsabschluß forderte, haben sie dies abgelehnt. Sie hatten zu keinem Zeitpunkt die Absicht, einen Vertrag mit Kf. Philipp zu erkaufen. Vielmehr ist dieser zu einer Zahlung für die verursachten Schäden verpflichtet. Das Argument, der Kf. sei in einem offenen Krieg zur Gegenwehr berechtigt gewesen, ist nicht stichhaltig. Vielmehr war ihm diese als Ächter untersagt.
Tetzel soll den Kg. bitten, die ausgestellten Verschreibungen einzuhalten, wie er dies mehr als einmal zugesagt hat.
Nürnberg, 28. Juni 1507 (mentag nach St. Johanns des hl. taufers tag).
Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei, A-Laden Akten, A 84, Nr. 10, fol. 2–4 (Or. m. S., Überschr.: Instruction, was unser lb. ratsfreund Anthoni Tetzel bey dem allerdurchleuchtigisten, großmechtigisten F. und H., H. Maximilian, röm. Kg., zu allen zeiten merer des Reichs etc., unserm allergnst. H., uf irer Mt. reichstag yetzo zu Costnitz in nachvermelter sachen handeln soll.) = Textvorlage A.Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Briefbücher 59, fol. 174–176 (Kop., Überschr. wie Or.) = B.
Nr. 433 Zweite Instruktion von Bürgermeistern und Rat der Stadt Nürnberg für Anton Tetzel (Nürnberger Ratsherr)
Der Kg. hat nicht nur die Stadt Nürnberg, sondern auch andere mit der Exekution gegen Kurpfalz beauftragte Stände wie Hg. Ulrich von Württemberg und Lgf. Wilhelm von Hessen zu sich nach Konstanz beschieden, da er gemäß den von ihm ausgestellten Verschreibungen nicht ohne deren Einverständnis über die Lösung Kf. Philipps aus der Reichsacht entscheiden will. Tetzel soll vor Eröffnung der Verhandlungen diese beiden Ff. oder ihre Gesandtschaften an ihre mit Hinblick auf den kgl. Spruch1 während des RT zu Köln getroffene Vereinbarung erinnern, waß den ainen desselben kriegs halben betreffe, das es den anderen zum selben mal auch betreffen sollt etc.2 Da der Kg. als Voraussetzung für die Lösung Kf. Philipps aus der Acht einen Ausgleich zwischen diesen drei Ständen und Kurpfalz herbeiführen will, soll Tetzel vor Eintritt in die Verhandlungen bei Württemberg und Hessen darauf drängen, gemeinsam zu agieren und sich jeweils nicht ohne Zustimmung der beiden anderen Stände in einen vertraglichen Ausgleich mit Kurpfalz einzulassen. Diese Vereinbarung soll dem Kg. vor Beginn der Verhandlungen mitgeteilt und auch keinesfalls eine Abtrennung der Verfahren zugelassen werden. Ebenso sollen die drei Stände darauf bestehen, daß die Ausgleichsverhandlungen nicht nur mit Kf. Philipp selbst, sondern auch mit dessen Verbündeten und Anhängern geführt werden.
Nürnberg wird auf keinen Fall in die Rückgabe von Eroberungen einwilligen, was Tetzel anhand der Argumentation der ersten Instruktion [Nr. 432] begründen soll. Ebenso ist ein eventueller Vorschlag des Kg., den Kf. für die Eroberungen mit Geld zu entschädigen, abzulehnen. Vielmehr sind der Kf. und seine Parteigänger gegenüber Nürnberg zur Entschädigung verpflichtet. Die Gegenseite kann gemäß den Darlegungen der ersten Instruktion keinesfalls geltend machen, daß ihr die Gegenwehr erlaubt war. Falls der Kg. auf einer hohen Ausgleichszahlung an Kurpfalz besteht, soll Tetzel gemäß der ersten Instruktion auf den geringen Wert der Nürnberger Eroberungen hinweisen und auf der Differenzierung zwischen den im Krieg eroberten3 und den Hg. Albrecht von Bayern abgekauften Orten4 bestehen.5 Zu diesen Verkäufen war der Hg. befugt. Keiner dieser Orte gehört Kf. Philipp oder wurde kraft kgl. Entscheid den Söhnen Pfgf. Ruprechts zugesprochen; vielmehr wurden durch den kgl. Spruch alle von Hg. Albrecht getätigten Veräußerungen sanktioniert.6 Tetzel soll darauf achtgeben, daß in einem künftigen Vertrag alle von Nürnberg eroberten Orte und sämtliche eingezogenen Güter von Ächtern ausdrücklich benannt werden, darunter insbesondere der auf Lauf verschriebene Pfandschilling Christophs von Lentersheim und seiner Ehefrau [Christina].7 Auch wenn Württemberg oder Hessen sich nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen verpflichten wollen, soll Tetzel dennoch bei den gütlichen Verhandlungen des Kg. instruktionsgemäß und nach gelegenhait furfallender sachen verfahren. [Weitere Punkte s. Nr. 627].
[Nürnberg], s.d., jedoch 28. Juni 1507.8
Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Briefbücher 59, fol. 169’-174 (Kop., Überschr.: Instruction, was unser lb. ratsfreund Anthoni Teczel uf das ervordern, so die röm. kgl. Mt., unser allergnst. H., an uns zu irer Mt. reichstag gein Costnicz getan hat, bey derselben irer Mt. und anderen nachbemelten orten von unseren wegen handeln und furnemen soll.).
Nr. 434 Supplikation der Gesandten der Stadt Nürnberg an Kg. Maximilian
Er hat der Stadt Nürnberg nach dem ergangenen Urteil über das Landshuter Erbe1 befohlen, gegen Kf. Philipp von der Pfalz, Pfgf. Ruprecht und dessen Ehefrau [Elisabeth] sowie gegen ihre Helfer und Anhänger als Ächtern und Friedbrechern vorzugehen.2 Nürnberg hat in Vollzug des kgl. Befehls die Ächter angegriffen und dabei Eroberungen gemacht. Dafür gab die Stadt über 250 000 fl. aus. Darüber hinaus verursachte die Gegenseite Schäden im Wert von über 150 000 fl. – nicht im Rahmen zulässiger Gegenwehr, sondern als Freveltaten gegen den röm. Kg., das Hl. Reich und alles Recht. Die Gegenseite ist deshalb gegenüber Nürnberg zur Erstattung der Kosten und Wiedergutmachung der Schäden verpflichtet. Bitten, sie dazu zu veranlassen.
s.l., s.d., jedoch act. Konstanz, nach dem 28. Juni 1507.
Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei, A-Laden Akten, A 84, Nr. 10, fol. 6–7 (Kop.).