Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Gestern ging er auf Einladung des röm. Kg. gemeinsam mit den anderen Oratoren und den Angehörigen des kgl. Hofes zur Messe. Auf dem Rückweg zur Herberge beklagte sich der röm. Kg. ihm und Arianiti gegenüber über die Franzosen: Diese beraubten andere und ihnen fehle jegliche Glaubwürdigkeit. Seine erregten Worte schloß er mit der Feststellung, daß niemand den Franzosen trauen könne und daß man vor seiner Person keinerlei Achtung habe, obwohl die Franzosen bereits ganz Italien oder doch einen großen Teil davon besetzt hätten, wenn er nicht wäre. Aber die Herren in Italien wollten dies nicht glauben; da er ein Kg. mit wenigen Freunden sei, habe er bei ihnen kein Ansehen. Mit diesen Worten entließ ihn der Kg., um mit seinen Gedanken allein zu sein – wie ihm gesagt wurde, um sich, wie meist, Gedanken über die Franzosen zu machen, gegen die er gleichsam einen natürlichen Haß hegt.

[2.] Personen, die mit den Absichten des Kg. vertraut sind, bestätigten ihm gegenüber, daß dessen ganzes Denken darauf gerichtet sei, auf dem bevorstehenden RT den Haß der deutschen Fürsten gegen Frankreich anzustacheln. Er wolle an das Unrecht erinnern, das dem Reich zugefügt worden sei und vom jetzigen frz. Kg. noch täglich begangen werde. Dieser beabsichtige nichts anderes, als sich zum Herrscher über Italien zu erheben und die Reichsrechte zu usurpieren. Man ist der Meinung, daß der Kg. bei den Fürsten weit mehr Gehör finden werde als früher – aus den Gründen, die er in seinem Schreiben vom 27. März [Nr. 30, Pkt. 3] dargelegt hat.

[3.] Deshalb glaubt der Kg. auch, ohne Schwierigkeiten das Bündnis mit Venedig zu erlangen. Wenn er seine Erwartungen jedoch enttäuscht sieht, kann es leicht sein, daß er nach Flandern zieht und denen Gehör schenkt, die ihn für ein Bündnis mit Frankreich gewinnen wollen. Bisher vertröstet er diese Partei, während er auf die Entscheidung des RT und die Erklärung Venedigs wartet. Derzeit scheint der röm. Kg. der Signorie wohl gewogen. Er, Querini, ist davon überzeugt, daß nichts mehr geeignet ist, dieses Wohlwollen zu erhalten, als dem Kg. Gehorsam zu erweisen und ihn nicht geringer zu schätzen als einen anderen christlichen Fürsten. Dies würde er sehr übel vermerken.

Straßburg, 28. März 1507.

Venedig, BM, Cod. marc. ital. VII/989 (= 9581), fol. 7’-8 (ital. Kop.; Postverm.: Per Baronum cursorem.) = Textvorlage A. Venedig, BFQS, Cl. IV, Cod. V (= 769), fol. 78’-79 (ital. Kop.; Postverm. wie A) = B.