Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Ausfertigung einer kgl. Urkunde für Kf. Joachim von Brandenburg; [2.] Verhandlungen mit Kg. Maximilian wegen eines Konflikts Kurbrandenburgs mit Nürnberg; [3.] Rechtfertigung des Fernbleibens Kf. Joachims vom RT; [4.] Eröffnung der RT-Verhandlungen, Forderung Kg. Maximilians nach einer Reichshilfe; [5.] Reichsgesandtschaft zu den Eidgenossen; [6.] unterbliebene RT-Ladung an den geächteten Kf. Philipp von der Pfalz; [7.] Sessionsstreit zwischen Brandenburg-Ansbach und Braunschweig; [8.] Vorschlag Kg. Maximilians zur Ergänzung der Goldenen Bulle um eine Bestimmung über die Session; [9.] Andeutung über wichtige Verhandlungen, Kritik Steins wegen des Fehlens weiterer Kurbrandenburger Räte in Konstanz; [10.] gutes persönliches Verhältnis Steins zu Ebf. Jakob von Mainz, eventuelle Nutzbarkeit für Mgf. Albrecht von Brandenburg; [11.] Einladung an Hg. Bogislaw von Pommern zum RT, dessen angebliche Dienstverpflichtung für Kg. Maximilian; [12.] Bitte um Geld.

Konstanz, 6. Mai 1507 (Johannis ante portam latinam).

Berlin, GStA, I. HA, Repos. 10, Fasz. 2 M, fol. 10–11’ (eh. Or. Die Schrift ist teilweise verblaßt.).

[1.] /10/ [...]1. Er konnte die Urkunde2 erst gestern [5.5.] erwirken. Er mußte dafür dem Kg. nachreiten. Jakob wird darüber weiter berichten. 

[2.] Er sprach mit dem Kg. auch über die Nürnberger Angelegenheit. Dieser antwortete, daß er selbst mit den in Konstanz weilenden Nürnberger Gesandten sprechen und, falls er kein für Kf. Joachim akzeptables Ergebnis erreiche, die Angelegenheit diesem wieder anheimstellen wolle. Er, Stein, bittet um Mitteilung, was für ihn annehmbar wäre, damit man zu einem Ergebnis kommt. 

[3.] Was die Entschuldigung für sein Fernbleiben vom RT angeht, hab ich selbst [?]3  euer hoflugen gebessert. Der Bote Jakob wird darüber berichten. Ist notturftig zu hörn, damit, [falls] an [?]4  e. ftl. Gn. etwas weyter gelangt, der verstand ubereintrug. Dan sein Mt. hart daruf bestanden, e. ftl. Gn. personlichs kommen nit zu vertragen, doch zulest nach vil persuasion sichs begeben.

[4.] Gnst. H., wie mirs wol vor gewest, hat sich der tag hie mit der handlung erst dinstags nach Marci [27.4.] angehebt. Da hat die kgl. Mt. in der versamlung ein lange red [Nr. 150] getan, des Reichs und sein obligen erzelt. Wolt, e. ftl. Gn. hets gehert. Daraus all stend dermassen bewogen, das mit einmutiger stym seiner kgl. Mt. hulf und rat zugesagt. Und ward von stund ein eylend hulf funfzigtausent fl. begert, domit die Sweizer vom Kg. von Frankreich /10’/ in Lombardy abgezogen wurden.5 Und wiewol dasselbig fur notturftig erkant, dieweyl aber etlich und der nit wenig noch aussen sein, ist solichs bis uf ir zukunft abgeslagen.6 Und wurd, wie man den handl furnymbt, zu darleg[ung] [?]7  leut und gelt laufen. Das mogen sich e. ftl. Gn., wiewol ich weiss, wie unglegen es derselbig ist, begeben, dan hulf und rettung dem Reych nye nöter getan hat. In betrachtung des ist meniglich hie willig.

[5.] Gnst. H., yetzt wird ein botschaft von allen stenden, so hie versamelt, gen Schafhausen zu den gemeinen Eydgnossen gefertigt, sie zu dem Hl. Reich von dem Kg. von Frankreich zu bewegen. Und sol Thoma Rud und ich von der geistlichen und weltlichen Kff. wegen reyten, der tumbrost [F. Adolf von] Anhalt8 und Hans von Emershofen der andern Ff. halb. Got verleich uns den hl. geist. Wan wo nichts von inen erlangt, ist ganz verhanden, den krieg gegen inen furzunemen und sie fur unser Turken zu halten.

[6.] Gnst. H., der Pfgf.[Kf. Philipp] ist in der acht und wurd zu disem tag nit geruft. Ist mir beswerlich der stymen halb, wie e. ftl. Gn. zu vermerken hat. Nu wil in die kgl. Mt. nit aus der acht lassen, er hab dan verzig getan des, so im Wirtenberg und Hessen, auch sein Mt. abgewunnen.

[7.] /11/ Zwischen Mgf. Kasimir von Brandenburg und einem Hg. von Braunschweig ist Streit wegen der Session entstanden. Der Kg. neigt dazu, Mgf. Kasimir dazu zu veranlassen, als sein Rat zu stehen; und hat der Hg. session. Seiner Meinung nach agiert der Kg. in allen Dingen zum Nachteil Brandenburgs. Er will in dieser Sache tun, was möglich ist.

[8.] Gnst. F., kgl. Mt. hat sich horn lassen in der versamlung, er hab das recht exemplar der Gulden Bullen auch in seinem schatzkasten9, die lass er holen und wol daraus des stands halb, was sich ein yetlicher halten sol, mit rat Kff. und Ff. uf disem tag ein declaracion tun. Und ladt [!] sich Brunswig, mit dem ich mich derhalb in disputacion begeben hab, horn, es werd sich daraus ervolgen mussen, wie die vir Hgg., der er einer sey, vor den vir Mgff. gestelt sollen sein.10 Und hab sovil erfarn, das kgl. Mt. auch uf der ban leydt, hof aber ye, ich wol mit den geschickten meins gn. H. Mgf. Friedrich nachteylig handlung verhuten.

[9.] Gnst. H., das yetzt in hendl vurlauft, wil nit uberland geschriben sein. Es sein wichtig und gross sachen verhanden. Mocht leyden, es wer ein verstendiger, dan ich bin, an meiner stadt oder bey mir. Die Kff. und Ff. haben gar statlich geschickt, yeder ein hat, mit dem er sich bespricht, ich nymands dan miner muter sone, den Eitlwolf.

[10.] /11’/ Gn. H., mein H. von Menz hat mich zu gast gehabt, sich vil gn. willens gegen mir erboten und ein geborne frundschaft zwischen sein Gn. und mir aufgericht. Das gib ich e. ftl. Gn. darum zu versten, ob etwas meinem gn. H., Hg. Albrecht, durch mich zu gutem solt gehandelt werden.

[11.] Gnst. H., es langt hie glaublich an mich, als ich etlich tag hie gewest, kgl. Mt. hat den Hg.[Bogislaw] von Pomern als ein F. des Reichs hergefordert. Als ich aber zu kgl. Mt. zu Straßburg komen, hab ich erfarn, das im uf ein zusag, die er etwan kgl. Mt. zu dinen getan, geschriben, doch mag e. ftl. Gn. auch des erfarung tun.

[12.] Gn. H., das lest und notturftigst ist umb gelt, das wil mir abgen und der tag lenger, dan es e. ftl. Gn. und ich auch gern sehen, weren. Es ist nymands hie, der do trost, vor Barthelomei [24.8.] wegzukommen. Bit, euer ftl. Gn. wol bedenken, was e. Gn. selbs daran gelegen, und mich furderlich mit weyter zerung versehen. Ich verzer vil und leb Got weiss ubel; es beswert mich muhe und arbeyt nit sovil als die geswind zerung. So kans ye nit anders sein. Hiemit bevelch ich mich e. ftl. Gn. als meinem H. Datum Costenz, Johannis ante portam latinam Ao. etc. septimo.

E. ftl. Gn. ganz gehorsamer Eytlwolf vom Stain, ritter etc.

Anmerkungen

1
 Der Anfang des Schreibens ist wegen verblaßter Schrift unleserlich.
2
 Möglicherweise handelt es sich um das kgl. Mandat an Lüneburg zur Auszahlung des Jubelablaßgeldes an Kf. Joachim von Brandenburg [Nr. 483].
3
 Wort wegen verblaßter Schrift unleserlich.
4
 Wort wegen verblaßter Schrift unleserlich.
5
 Eine entsprechende schriftliche Resolution Kg. Maximilians liegt nicht vor.
6
 Eine entsprechende schriftliche Resolution der Reichsstände liegt nicht vor.
7
 Wort wegen verblaßter Schrift unleserlich.
8
 Entweder liegt hier ein Irrtum Steins vor oder der Beschluß wurde noch geändert. Statt F. Adolf entsandten die Reichsfürsten den Würzburger Domherren Peter von Aufseß nach Schaffhausen [Nrr. 216Anm. 3; 217, Pkt. 2; 218, Pkt. 6].
9
 Im Gedenkbuch Maximilians I. findet sich der Eintrag: Item kgl. Mt., so die Gulden Bull zu im empieten gen Costenz (ÖNB Wien, Cod. Ser. n. 2645, fol. 102’). Mit Schreiben vom 26.8. wies Kg. Maximilian seinen Kanzler Serntein an, ihm die von Innsbruck nach Konstanz gebrachten Exemplare der Goldenen Bulle zuzuschicken (Or. Imst, Vermm. prps./cdrp., Gegenz. M. Treitzsaurwein; TLA Innsbruck, Maximiliana XIII/256/V, fol. 28–28’). Am 23.2.1508 erinnerte Ks. Maximilian Regiment und Raitkammer zu Innsbruck an seine frühere Weisung, die Goldene Bulle und andere durch kgl. Sekretäre zu registrierende alte Urkunden in eine Truhe einzuschließen, diese zu versiegeln und sie im Gewölbe des Turms neben der St. Jakobskirche zu deponieren. Eine der anzufertigenden Abschriften sollte mit in die Truhe gelegt, eine zweite bei den Adressaten verbleiben und die dritte dem Ks. zugesandt werden. Da die Ausführung des Befehls ohne den mit der Registrierung beauftragten Jörg Kirchmüller bis dahin nicht möglich gewesen war, schickte Maximilian diesen nach Innsbruck. Er gab Regiment und Raitkammer die Weisung, für die Ausführung des Vorhabens zu sorgen und Kirchmüller seine ausstehenden Bezüge auszubezahlen. Dieser sollte die dritte Abschrift anschließend dem Ks. mitbringen (Kop. Toblach, Verm. über Gegenz. J. Renner, Verm. über den Beschluß von Regiment und Raitkammer vom 1.3.: Ad primum, fiat. Ad secundum, daz er die ambtpuecher mach; und so er in der arbait ist, im zu helfen; und so die puecher gemacht sein, sich mit im zu vertragen und ksl. Mt. zu berichten, daz man der ambtpuecher nit entporn muge; TLA Innsbruck, Oberösterreichische Kammer-Kopialbücher, Bd. 37, fol. 30–30’).
10
 Der Hg. von Braunschweig macht hier die Quaternionenlehre geltend. Vgl. Zeumer, Bulle I, S. 231f.; Schubert, Quaternionen, S. 14f., 16.