Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

Aufzeichnung über den eidgenössischen Tag zu Luzern (5.-7. August).

Druck: Schilling, Bilderchronik (Schmid), S. 368–372 = Textvorlage A. Ders., Bilderchronik (Durrer/Hilber), S. 153f. = B.

Wie ein tag in miner heren von Lucern statt uff anruͤffen der Frantzosen gesetzt ward, ein underred ze haben etc.

Da aber Pyr Loyen und Rocka Martin1, ouch ettlich, die inen gunst truͦgend, beduͦcht, des Roͤmschen küngs sachen woͤlten fürbraͤchen und das die IX ort so treffelich daran warend, rittend sy gan Baͤrn und an andre end, spartend ouch kein costen, sy ze bitten, moͤcht es je nit anders sin, das man doch dem hertzogthuͦm Meyland on schaden zuge. Das tribend sy und machtend nuͦ sovil, das dennocht ein tag darumb ward angesetzt uff sant Oswaldentag [5.8.], zuͦ Lucern ze nacht an der herberg ze sin und sich deshalb zuͦ underreden, wie jederman die sach und des küngs anschlag zuͦ Costentz verstanden hat. Wann ein teil meint, man woͤlt mit gewalt durch das hertzogthuͦm ziehen; der ander meint aber, man soͤlte dem hertzogthuͦm on schaden ziehen und mit willen des küngs von Franckrich. Aber damit man alwegen by der warheit bestande, so ist war, der Roͤmsch küng hatt im willen, uff dem Romzug Meyland wider zuͦ des Richs handen und anders ouch mit inzenaͤmen, und dz selb den Eitgnossen geseit. Wann der küng von Franckerich hat sich verschriben, hertzog Philippen, des printzen saͤligen, sun [Hg. Karl] sin tochter [Claudia] und Meyland darzuͦ ze gaͤben2, und aber sin brieff und sigel nit gehalten, sundern einem andern [Hg. Franz von Orléans] die tochter vermaͤhelt. Und was aber die pen daruff, wa er das nit hielte, das nüt am lechen sin und er sin gelt solt haben umbsunst ußgaͤben, das aber ein stuck, so dem Roͤmschen küng vom küng von Franckerich ze leid was geschaͤhen. In dissen dingen wundert ouch vil lüten vast übel, warumb der Roͤmsch küng sin bottschafft nit ouch in der Eitgnosschaft oder uff obgestimpten tag verordnet haͤtte, darby man doch sin ernst mit dem Romzug moͤchte spüren und verstan. Und also ward dennocht sovil von der sach gerett und dem Roͤmschen küng sollichs kuntgetan, das er daruff verordnet mit gantzem vollem gewalt den bischoff von Wallis, heren Mathe, der damaln by im zuͦ Costentz und vast wol verdienet was, und inn gan Lucern uff sollichen tag schickt. Und wie gar vil lüten dazemal dem küng von Franckerich stimpten, so zoch man doch dem bischoff von Wallis in miner heren statt Lucern engegen und entpfiengend inn loblich in namen und alß des Roͤmschen küngs bottschafft. Hievor hatt man ouch gehoͤrt, wie der küng von Franckerich sich in disser sachen nüt vesters und allermeist clagt dem Roͤmschen küng zuͦ widerdrieß, wann dz er meint, der Roͤmsch küng woͤlt understan, das hertzogthuͦm Meyland inzenaͤmen, über das er im hunderttusend guldin umb das lehen hatt gaͤben etc. Wie aber demnach dem küng von Franckerich die sachen gevielend, wust der gemein man nit wann sovil, das er demnach sin treffelichen bottschafft gan Costentz schickt für die Roͤmsch künglich maiestat, und begaͤrt da das lehen ze bestaͤten, dem er aber vor nit genuͦg getan und sin verschribung nit gehalten hatt, wolt da dem Roͤmschen küng noch einest hunderttusend guldin han geben. Im ward aber von im dazemal kein antwurt.

Wie Rocka Martin gan Lucern kam und man im so erlich engegen zoch, ouch wie der tag da ward geleistet.

Glich nach dissen dingen am fritag vor sant Laurentzentag [6.8.] anno domini MCCCCC und VII, alß der bischoff von Wallis gan Lucern komen und man im erlichen gegengezogen was, kam Rocka Martin ouch dahin, dem vil me lüten dann dem bischoff engegenzoch; und beduͦcht min heren von Lucern, die sach woͤlte zuͦ argwaͤnig zuͦgan und me uß nid dann uß gunst. Darumb verbuttend min heren beiden partien, ruͦw ze haben, wann sy giengend einander in der statt ze tratz mit pfiffen und trummen umb, dz aber min heren lenger nit liden, sunder woltend vil geschreys und nachred absin. Sy liessend aber sunst jederman guͦt geselschafft haben und schluͦgend das nieman ab.

Und also am samstag vor Laurency [7.8.] warend aller Eitgnossen botten zuͦ Lucern mit gantzem gewalt, da volkomen antwurt ze gaͤben, wie oder in welher gestalt man mit dem Roͤmschen küng gan Rom ziechenn woͤlte. Ure und Underwalden suͦchtend aber den tag nit. Und uff das was diß der andern siben orten antwurt, und sunderlich dero von Zürch, Bern, Friburg und Soloturn, dz sy nit anders mit dem Roͤmschen küng woͤlten ziechen dann dem hertzogthuͦm Meyland oder dem küng von Franckerich on schaden. Ouch wolt Ure und Underwalden on alle fürwort ziehen und darumb kein tag me leisten. Desglich woltend ouch die andern ort ziehen, wie sy zuͦgeseit hatten und wa er hinzug. Doch ward mit ettlich orten gerett, die nüt mit der sach woltend ze schaffen han, das sy luͦgtend und inmassen die sach hindertend, wann sy woͤltend in kein krieg me mit dem Roͤmschen küng kommen noch des erwarten. Darnach soͤltend sy sich wüssen ze richten. Und also fuͦrend die botten gan Zürch, die sach ze beschliessen.

Nuͦ was der bischoff von Wallis nit lenger dann vier tag zuͦ Lucern. Da kam im ein bott über den andern, ylendz heim ze komen, dann er wz by XIIII wochen ußgewaͤsen. Und besorgtend die Walliser, wa der Roͤmsch küng und die Eitgnossen nit eins, das denn sy darinn von Eitgnossen verachtett. Deshalb sy nit wol zefriden warend, und wurdent ze rat und angefochten, iren heren heim ze fordern. Und also fuͦr er schnell von Lucern. Daselbs ließ er etwz geltes ettlichen personen für ein erung, ze teilen von raͤten und hunderten. Wie aber sollichs geteilt oder ußgaͤben, kond nieman mercken anders, wann dz ein grosser unwill daruß ward. Und leitend die lüt erst den ungunst an den Roͤmschen küng, wie[wohl] er unschuldig, wann das, so man an in gefordert hat, wz geben, aber untrüwlich geteilt.

Und uff dem tag Zürch hattend die Frantzosen ir pratick sollichermaß getriben, das die Eitgnossen kein vollkomne entlich antwurt me kondend geben, wann sy meinten, man haͤtte die sach anfenglich nit also verstanden. Und also leitend sy demnach über XIIII tag ein andern tag gan Zürch, da entlich antwurt ze geben.

Anmerkungen

1
 = Pierre Louis de Valtan, Bf. von Rieux, und Philippe de Roquebertin. Es fehlt Giovanni Morosini (Rott, Histoire I, S. 157–161; Gagliardi, Anteil I, S. 662 Anm. 110).
2
 Heiratsvertrag zwischen Hg. Karl von Burgund und Prinzessin Claudia von Frankreich vom 22.9.1504 [Nachweise s. Nr. 148, Anm. 48].