Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

Nr. 461 Kredenzbrief für die bayerischen Reichstagsgesandten Johann von der Leiter d. J., Wolfgang von Aheim und Jörg von Trenbach

München, 11. Januar 1510 (freytag nach der hl. dreier Kgg. tag)

München, HStA, KÄA 3138, fol. 17, Orig. Pap. m. S.

Hg. Wolfgang von Bayern und die anderen Vormünder Hg. Wilhelms von Bayern bekunden, daß Ks. Maximilian Hg. Wilhelm auf einen Reichstag nach Augsburg geladen hat, dem es jedoch in ansehung seiner jugend und das er mit vormündern besetzt und fur sich selb noch nit mündig ist, geziemt, den Reichstag durch seine Vormünder und Räte besuchen zu lassen. Entsenden deshalb die hgl. Räte und Mitvormünder Johann von der Leiter d. J., H. zu Verona und Vicenza, Wolfgang von Aheim zu Wildenau, Hofmeister, und Jörg von Trenbach zum Reichstag und bevollmächtigen sie, dort im Namen Hg. Wilhelms mit Ks. und Reichsständen zu verhandeln und gefaßten Beschlüssen ihre Zustimmung zu geben.

Nr. 462 Wolfgang von Aheim und Jörg von Trenbach an Hg. Wolfgang von Bayern und die übrigen Vormünder Hg. Wilhelms IV. von Bayern

Verzögerte Ankunft des Ks., Bitte um Erlaubnis zur Heimkehr bis zum Beginn des Augsburger Schiedstages.

Augsburg, 10. Februar 1510

München, HStA, KÄA 2018, fol. 96, Orig. Pap. m. S.

Übersenden eine Kopie des Abschieds der Ulmer Versammlung des Schwäbischen Bundes (Nr. 127 Anm. 2, 244). (...)

Dann, gn. H., dieweil wir noch zur zeit nit wissen, wie es umb den reichstag gestalt hab und wan der gehalten werde, sunder mir [Wolfgang von Aheim], hofmeister, der Bf. von Gurk, als ich ine deshalben umb beschaid hab ersuchen lassen, nechten uber das nachtmal ainen zettel geschickt hat, des inhalts, das ksl. Mt. in disen tagen gen Kaufpeurn kommen und des furnemens seie, auf Mundelheim ze ziechen, das auch der von Gurk sich noch innerhalb sechs tagen, zu ksl. Mt. ze reiten, alhie erheben werde und sich irer Mt. alherkunft vor acht oder zehn tagen nit versehe etc., bitten wir, sofer die handlung der uns zugeschicktn instruction [liegt nicht vor] auf dem tag, so auf invocavit [17.2.10] furgenomen ist,1 durch H. Dietrichn von Pleningen allain und ausserhalb unser geschehn möge, eur ftl. Gn. wollen uns ainen tag oder acht haimbzeziechn erlauben und uns des zum eehisten berichtn lassen. Dan wo wir bei der handlung des obbestimbten tags auch sein sollten, wollten wir den wagenknecht sambt den rossen wider haimbziechn lassn, damit die costung geringert wurde. Tun uns damit eurn ftl. Gn. als unserm gn. H. underteniglich bevelhen. Datum Augspurg an suntag der herrenvaßnacht Ao. etc. decimo.2

Nr. 463 Dr. jur. Anton Petzschner (hgl. Rat) an Hg. Wolfgang von Bayern

[1.] Verärgerung des Ks. und des Kg. von Frankreich über die Aufhebung des Interdikts gegen die Venezianer, Rechtfertigung dieses Schritts durch den Papst, Verlangen des frz. Kg. nach Wiedergutmachung; [2.] Forderung des Ks. an die Stände nach einer Reichshilfe von 50 000 Mann; [3.] Verärgerung des Ks. über die ablehnende Haltung der Stände, Jagdausflug des Ks. und Rückkehr nach Augsburg.1

München, 24. April 1510

München, HStA, KÄA 3137, fol. 168-169, Orig. Pap. m. S.

[1.] Gruß. Gn. H., euer ftl. Gn. pefelch, die noien mair pedreffent, mir durch Hans Kung, euer Gn. poten, angebracht [liegt nicht vor], hab ich mit undertainikait entpfangen. Ich kan aber in worhait nichts sunderlichs, das peschlossen wair, euer Gn. schreiben, dan das an zbaifel euer Gn. vor wissent, das die Venediger durch die Paibstlich Hlkt. von dem pann absolviert sint.2 Welicher absolucion halben sich die ksl. Mt. und die kgl. kron von Frankreich, dieweil es ausserhalb ierer peder wissen geschechen, pesch[w]airen, und deshalb die Paibstlich Hlkt. aus dem vertrag3 gangen und dem nit genueg tan solde haben. Darentgegen sein Hlkt. die antburt gegeben, der vertrag hab nit lenger kraft, pis sein Hlkt. das, so zue der hl. röm. kirchen, ksl. Mt. das, so zue dem hl. röm. Reich, und der Kg. von Frankreich das, so zue dem haus von Mailant zuegehörig sey, eroberen. Dem dan genueg sey geschechen. Und obgleuch ksl. Mt. nit all flecken, dem röm. Reich zuegehörig, erobert hiet, wair das die ursach, das sein ksl. Mt., nit dem Reich underbirflich zue sein, sunder dem haus von Osterreich, pegert hette. Es hab auch sein Hlkt. sampt dem Kg. von Frankreich ier erobert stedt und flecken pehalten. Vermig sein Hlkt. nicht, das ksl. Mt. nit dermassen auch pehalten hab. Es vermig auch der vertrag nicht, das sein Hlkt., wider die zue eroberen, zue helfen schuldig sein. Darzue so haben ksl. Mt. sampt dem Kg. von Frankreich mitler zeyt des pans ieren kaufleuten nichtdesterminder glait ierem handel nach zue den Venedigern vergunt. Dardurch dem vertrag durch si nit genueg sey geschechen. An welicher antburt sich der Kg. von Frankreich nit genuegen hat lassen und ksl. Mt., die Paibstlich Hlkt. umb ier zerprechen zue strafen, geschriben, welle auch ksl. Mt., all stedt, dem röm. Reich zuegehorig, zue eroberen, hilflich sein und den vertrag geleben. Und hat der Kg. von Frankreich Paibstlicher Hlkt. widerumb umb sein interesse und schaiden geschriben und pegert, sein Hlkt. welle ime, dem Kg. von Frankreich, zue abtrag acht Franzosen umbsunst zue kairtinail machen und Bonini [= Bologna] ime, dem Kg., und seinen dienern, den Bentivolen [= Bentivoglio], ubergeben, darneben auch zbaimal 100 000 fl. rh. für den unkost. Auf weligs pegeren der Hl. Vater Pabst 7000 Schweizer pey Pellizan [= Bellinzona] angenommen hat, denselbigen weg hinain gen Rom zue nemen. Hat den Schweizern aber der Kg. von Frankreich von Mailant aus den paß mit gebalt verspert.

[2.] Solichs als mit merern artikel hat ksl. Mt. gemainen stainten des hl. Reichs fürgehalten und dorinnen ieres ratz und hilf pegert, naimlichen 40 000 monnen zue fues und 10 000 zue roß, als oft sein not wair. Dorinnen solden ksl. Mt. erblant, so dem Reich underborfen, auch angelegt werden. Domit aber die staint des hl. Reichs nit peschbairt werden, so mag ain yetlicher seine unterton seiner lainder auch anlegen, domit soliche hilf nit allain uber die Ff. und Hh. ge.

[3.] Auf welichs ksl. Mt. pegern haben si, gemain staint des Reichs, mit vil angezaigten ursachen und hübschen worten, solicher hilf zue tain, peschbairt und 3000 zue fues und 1000 zue roß zuegesagt. Alspalt aber ksl. Mt. soliche antburt entpfangen, ist sein Mt. ainswegs in unbillen mitsampt euer Gn. vetter, Hg. Wilhelm, anbeggezogen und zue Pruck, Nainhofen [= Ainhofen], Tachau und Fürstenfelt gepaist [= auf die Falkenbeizjagd gegangen], und sein Mt. an sein Gn. stadt etlich zue Augspurg lassen und auf seinem alten pegern gestanden. Vermaint sein Mt., so die wenig hilf die widertail gebar würden, das das röm. Reich nit mer vermecht, wair ain spot und würden dardurch gesterkt. Und ist als gester vergangen [23.4.10] sein Mt. wider gen Augspurg kummen. Was aber mitler zeyt alda peschlossen ist, wais mon hie noch nit. Hab ich aus aller undertainikait euer ftl. Gn. nit wellen verhalten, der ich mich hiemit mit aller undertainikayt pefilch. Datum Munichen an mitbochen post jubilate Ao. etc. 10.

Anmerkungen

1
 Über die Einberufung dieses Schiedstages, auf dem es um ungeklärte Streitfragen zwischen Pfalzgf. Friedrich und den Vormündern Hg. Wilhelms von Bayern im Gefolge des Ingolstädter Vertrags von 1509 ging (vgl. Abschnitt I.4.7.4.), liegen keine Nachweise vor.
2
 Die von den Gesandten erbetene Antwort ergibt sich aus folgendem Kanzleivermerk auf der Rückseite des Briefes: Dem Aheimer und Treubegkn [= Jörg von Trenbach] gen Augspurg ze schreiben, unser meynung sei, das sy sich daselbs enthalten und dem reichstag, auch der handlung gegen Hg. Fridrich sambt Dr. Pleninger, so zu ine werd komen, gewartn und die wagnros herschicken.
1
 Bei diesem Schreiben handelt es sich zwar nicht um einen Bericht vom Reichstag, Dr. Petzschners Äußerungen lassen jedoch den Schluß zu, daß ihm unmittelbare Informationen über die Vorgänge in Augsburg vorlagen.
2
 Die Aufhebung des Kirchenbanns erfolgte am 24. Februar 1510.
3
 Die Liga von Cambrai vom 10. Dezember 1508.