Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Erneute Gefangennahme und Befragung des venezianischen Abgesandten durch die ksl. Räte; [2.] Ankunft des Ks.; [3.] Bitte um Entsendung Dr. Erasmus Topplers, verschiedene Bestrebungen gegen Nürnberg.

Augsburg, 22. Februar 1510

Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 47a u. b, Konz.

Geht davon aus, daß sein durch einen Augsburger Boten übermitteltes Schreiben vom 21. Februar (Nr. 521) in Nürnberg eingetroffen ist.

[1.] Und wie ich gester [21.2.10] geschriben von wegen der Venediger potschaft [Wolfgang Wiener], also ist es ergangen. Weß sich aber nachfolgend mein gn. H. von Gurch mitsambt dem von Zorn, Serntein und H. Paulusen vom Lichtenstein wedacht, ist mir verporgen, dann sie haben gemelten der Venediger botschaft wider gefenklich lassen mitsambt zweien seinen knechten annemen und, als ich vernim, wollen sie in verdenken, das er ein ander man sey, dann fur den er sich ausgeben hat. Soll in auch, als sie wollen sagen, die warheit verhalten haben, zusambt, das er etlich seltzam praktika mit etlichen kaufleuten von hie haben soll, davon doch lauter nit geret wirt. Sie sind auch all drey voneinander gelegt und werden auf heut [22.2.10], als mir geleuplich gesagt ist, peinlich gefragt werden.1

[2.] So ist die ksl. Mt. nechten abents ein halbe stund nach dem garaus [= Geläut zum Sonnenuntergang] hie eingeritten und neben seiner Mt. des Babsts potschaft [Achilles de Grassis]. Die andern Ff., so hie und irer Mt. entgegengeriten, sind alle zu nachst vor irer Mt. eingezogen. Ob sich aber nun die sachen, darumb diser reichstag ausgeschriben worden, anfahen oder wie sich das schiken wirdet, will ich euer weisheit alsdann auch eroffen.

[3.] Mich gedeucht aber nutz und gut, das mein H., der brobst [Dr. Erasmus Toppler], ytz hie wer, dann sich ereugen mer dann ein handl wider euer weisheit, darin ein geukel [= Schwindel] pey ksl. Mt. gemacht mocht werden, nit allein der Wolfsteiner, sunder auch des Lidwachers halben. Soll sich Mgf. Casamirus, als mich anlangt, haben horen lassen, das euer weisheit die sachen ubersehen und nit recht wedacht haben. Wiewol sein H. und vater [Mgf. Friedrich von Ansbach-Kulmbach] diejenigen, in derselbigen sachen verdacht und verwant, alle aus sorgen gelassen, sey doch seiner Gn. halb die sach nit ausgetragen. Und nachdem der Lidwacher seiner Gn. und nit seines H. und vaters diener gewest, sey im damit nit abgestrikt, solche dat hie auf disem reichstag zu anten, woll auch nit unterlassen, den handel anzuzeigen. Und wiewol nun solchs nit geschehen mocht, langt mich doch solchs und anders dergestalt teglich an. Darum ich geursacht, guter meinung solchs euer weisheit nit zu verhalten, dann mir ist diser zeit von nimant wissen, der euer weisheit pey ksl. Mt. verantwort, wa dergeleichen oder anders sich solt wegeben. [...] Datum Augschpurg am freitag St. Peter kathedra tag Ao. etc. decimo.

Anmerkungen

1
 Daß Wolfgang Wiener zur Strafe für die Überbringung venezianischer Briefe an die auf dem Augsburger Reichstag weilenden Reichsfürsten auf Befehl Ks. Maximilians noch fast zwei Jahre lang gefangen gehalten wurde, geht aus folgendem Urfehdebrief vom 17. März 1512 (mitboch vor dem suntag letare auf mitvasten) hervor: Wolfgang Wiener aus Breslau erklärt, daß er auf nechstgehaltem reichstag zu Augspurg aus sunderm gescheft und befelh röm. ksl. Mt. etc., meins allergnst. H., umb das ich mich in dem offen vehd und krieg, so sein Mt. wider die Venediger furgenomen, zuwider seiner ksl. Mt. [durch] die Venediger prauchen lassen und haimlich seiner Mt. zu nachtail etlich venedigischer brief meinen gnst. und gn. Hh., den Kff. und Ff., uberantburt habe, vänklich angenomen und bisher dermassen seiner Mt. gefangener in vänknis gehalten worden bin., auch in derselben meiner gefenknis an allen grunt der warhait seiner Mt. diener, Ambrosien Höchstetter, und seinen gebrüdern in meinem schreiben, an meinen gn. H. Gf. Sigmunden vom Hag ausgangen, beschuldigt habe, der oder dergleichen mainung, sy sollen wider ksl. Mt. in ainer grossen sachen gehan[d]let und das ich allain ir gefangener were. Umb das sy mein guet unbillicherweis an sich gebracht haben, wurde ich sy vor ksl. Mt. und der Hft. Venedig rechts nit erlassen. Darumb sy mich nit gern ledig sehen sollten. Bekennt, daß er den Genannten mit dieser Beschuldigung unrecht getan und nicht gewußt hat, daß sie ihr Lebtag lang nicht gegen den Ks. gehandelt haben. Er wäre deshalb eigentlich schuldig gewesen, als Verletzer der ksl. Majestät bestraft zu werden, ist jedoch nunmehr auf Fürbitte seiner Hh. sowie der Höchstetter vom Ks. aus dem Gefängnis entlassen worden. Verspricht demzufolge, gegen niemanden, der in irgendeiner Weise an dieser Angelegenheit beteiligt gewesen ist, etwas zu unternehmen. Innsbruck, TLA, Urkunden I Nr. 7123, Orig. Perg. m. S.