Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth
[1.] Rüstungen der Eidgenossen und der Konflikt zwischen dem Bf. von Konstanz und der Rst. Konstanz als Gründe für die Einberufung des ksl. Tages, Ersuchen des Ks. um Ratschläge der Reichsstände; [2.] Pläne des Ks. für die Beilegung des Konstanzer Konflikts, seine Bereitschaft, als Schiedsobmann zu fungieren; [3.] Ratschlag der Stände zum Streit um das Kloster Reichenau; [4.] Abschluß eines Bündnisses zwischen dem Ks. und Kg. Wladislaw von Ungarn und Böhmen gegen Venedig; [6.] Verzögerte Rückkehr der ksl. Gesandtschaft zu den Eidgenossen, Ersuchen des Ks. an die Stände um Verbleib auf dem ksl. Tag; [7.] Verzögerung bei der Beratung der Guttenstein-Sache.
Konstanz, 3. Oktober 1510
Nürnberg, StA, Rst. Nürnberg, Ratskanzlei A-Laden Akten 126 Nr. 2, fol. 143b-144b, 145b-146b, Konz.
Geht davon aus, daß sein Schreiben vom 24. September (Nr. 726) in Nürnberg eingetroffen ist.
[1.] Nachfolgend am freitag [27.9.10] hat die ksl. Mt., unser allergnst. H., die stend des Reichs, die geleichwol in kleiner anzal vor augen gewest, lassen erfordern. Den ist zu erkennen geben zwu ursachen, die ksl. Mt., disen tag alhie zu Costniz zu volpringen, verursacht, nemlich fur die erst der anzug der Schweizer, so vor augen gewest, zum andern das furnemen mit der stat Costniz etc., und dapey gemelt, wiewol nun die erst ursach, als der Schweizer halb, durch ir abzihen wider geendert, so sey doch der widerwill mit dem Bf., auch capitel und der stat Costniz noch vor augen. Derhalb ir Mt. in ubung stee, von beden parteien solch geprechen schriftlich verzeichent zu irn handen zu nemen und der gepur nach darin zu handeln. Darneben so sey ir ksl. Mt. gutlich weger an die stend, sich sambstags [28.9.10] nach mitags widerumb zu versameln und zu ratschlagen, ob sich hinfür uber kurz oder lang durch die Schweizer abermals enporung, wie ytz geschen, wurden wegeben, welcher gestalt alsdan dargegen zu handeln und der sachen zu wegegen wer etc.
[2.] Und als wir sambstags wider versamelt gewest, hat die ksl. Mt. zu uns verordent, nemlich Gf. Eitelfriderich von Zorn, Gf. Ulrich von Muntfurt, Gf. Sigmont von Lupfen, Gf. Wilhelm von Furstenberg, H. Albrecht vom Wolfstein, riter, und Gabriel Vogt. Die haben ein lange red durch den von Zorn geton und doch der Schweyzer halb angezeigt, das die ksl. Mt. die sachen irn halb diser zeit auf im selbs wollen westeen lassen. Aber des Bf. und der stat Costniz halb, daran sey ir Mt., auch dem hl. Reich und sunderlich den umbsitzenden nachpaurn vil und gros gelegen. Deshalb sey ir Mt. ernstlich weger, zu ratschlahen, welcher gestalt in solch geprechen und irung sey zu sehen und zu handeln. Dann ir Mt. sey entschlossen, von solcher sachen sich in eigner perschon nit zu tun, so lang und vil, pis solch geprechen gericht und verfast seien. Ir Mt. mus auch in sorgen steen und wefind auch sovil, wa die sachen nit vertragen oder verfast wurden, das vileicht die stat Costniz nachmals dem hl. Reich entzogen und zu den Eidgenossen vallen mocht. Haben uns alsbald die geprechen, so die parteien hievor ksl. Mt. heten uberantwort, in schriften peyhendig gemacht und darneben zu erkennen geben, das ir Mt. die sachen, welcher gestalt die anzugriefen seien, fur sich selb genediglich wedacht und bisher kein pessern weg kunen oder mugen erfinden, dann, nachdem ein alter vertrag vor langen jarn zwischen dem Bf. und der stat Costniz vor augen sey, der unter anderm in sich halt, wa sich hinfur irtumb zwischen dem Bf. und der statt wurden erheben, das dann die parteien zu keiner aufrur kumen, sunder yder teil drey perschon zu ernennen haben, die auf verhor gutlich oder, wa das nit verfenklich, rechtlich zu entscheiden, mit dem anhang, wa sich dieselben sechs perschon nit vereinigen mochten, das sie dann, ein obman zu erwelen, macht haben solten haben. Nun wefünd ir Mt., das es sich pisher allein ob dem obman, des sie sich nie heten mugen vergleichen, zerstossen. Darumb laß sich ir Mt. nochmals wedunken, das nit pesser sey, dann die sach nochmals pey gemeltem vertrag weleiben zu lassen. Und dieweil es sich bisher am obman geschpert, sey ir Mt. urputig, in eigner perschon selbs ein obman zu sein. Solchen ir Mt. furschlag und rat haben die stend ine nach gehabtem wedacht auch gefallen lassen, und die von Costniz haben ir Mt. alsbald zu einem obman angenomen und wewilligt. Darauf hat ir Mt. dem Bf. solchs zugeschriben und antwort entpfangen, das sein Gn. solchs auch annemen woll.
[3.] Nachfolgend hat die ksl. Mt. die stend am mitwoch [2.10.10] fru wider erfordern und an die fünf stend, als nemlich irer Mt. rat, die Kff. und Ff., dy Gff. und prelaten, die Rstt. und die von ir Mt. erblanden, wegern lassen, des Ft. Reichenau halb ir Mt. zu raten, wie sich dieselbig darin soll halten, damit die aufrur, so deshalb vor augen und künftiglich erwachsen mocht, vorkumen werd. Und hat auch wollen haben, das ein yder obgemelter stand in abwesen des andern und doch von stund an in einer stuben pey ir Mt. entschließen, und so ein yder stand also des rats vereinigt, das dann ein yeder in sunders, was sie fur guet ansehen, ir Mt. eroffen etc. Solchs ist also geschehen und von allen funf stenden geraten, nachdem sich in der handlung wefunden, das gotzhaus als ein Ft. pis in 800 jar pey dem hl. Reich sey herkumen, das dann ir Mt. die gemelt Reichenau als röm. Ks., dem solchs zu tun gepur, und auch als Ehg. zu Osterreich, in des schutz und schirm das gemelt gotzhaus sey, bede regement, der geistlikeit und auch der weltlikeit halb, zu irn handen nem und genediglich darob sey, damit das ordenlich und wie sich gepur zwischen hier und des nachsten reichstags, der dann kurzlich zu Straßpurg gehalten soll werden, fursehen werd. Alsdan mug ir Mt. solch sachen im peysein der Kff., Ff. und ander stend des Reichs weiter wedenken und sich mitsambt denselben verner, was deshalb zu handeln sey, vereinigen etc. Solchen einhelligen ratschlag hat ir Mt. angenomen und dem volg zu tun zugesagt etc.
[4.] Darnach desselben mitwochs [2.10.10] nach mitag hat die ksl. Mt. den stenden des Reichs durch den von Zorn abermals lassen anzeigen, das ir Mt. des andern tags, als am eritag darfor [1.10.10], mit der ungrischen botschaft, so ytz hie vor augen, ein vertrag und einigung hab weschlossen. Und nemlich so hetten die Venediger pisher das Kgr. Dalmatien on einichen rechtmessigen titel etwan lange jar ingehalten, das sie auch noch inhetten. Das wurde gedachter Kg. von Ungern als unter dasselb reich gehorig von den Venedigern erfordern. Und sovern sie im des nit, wie dann zu vermuten wer, wolten absteen, so het gedachter Kg. sich mit dem ganzen Kgr. auf einem raküsch [= ungarischer Reichstag], das wer in peysein und mit verwilligung aller seiner untertanen, das weschlossen, mit aller macht aufzusein und wider die gedachten Venediger zu zihen und nit von inen lassen, so lang und vil, pis gedachtem Kg., auch der ksl. Mt., den Kgg. zu Frankreich und Aragon sambt den andern buntsverwanten alles das, so inen zustendig und die mergemelten Venediger inen hetten, wider zu irn handen gestelt wurde etc. Darum auch ir Mt., ein lobambt zu singen des andern tags, als am pfinztag [3.10.10], het westelt, damit Got dem almechtigen lob und dank gesagt wurd diser loblichen einigung wider die Venediger als die rechten verachter des hl. Reichs. Solchs ist alles mit etwan vil lengern worten und ursachen, dann ich schreiben kan, durch den von Zorn vast hoch aufgemutzt und erzelt.
[5.] Zum andern hat er weiter gemelt, das die ksl. Mt. sich het vermut, das ir botschaft, so auf dem tag zu Zurch pey den Eidgenossen wer gewest, vorlangst wider hieherkumen sein solt. Was aber das verhindert, wer ir Mt. noch verporgen. Setzet doch in keinen zweifel, wa die in zweien tagen nit wurden kumen, das ir Mt. auf das wenigst potschaft von in würd zugeschikt. Und nachdem dieselb handlung furnemlich der ursachen eine wer gewest, darumb diser reichstag wer ausgeschriben, so wer ir Mt. weger, das keiner von den stenden des Reichs wolt verruken oder abscheiden, sunder das sie alle sich als auf heut [3.10.10] wolten erheben und uber den see gen Uberling varn, daselbst verners wescheids zu erwarten. Alsdann gedecht ir Mt. perschonlich oder auf das wenigst durch ir dreffenlich botschaft zu erscheinen und verner, wie wir vernemen wurden, mit uns zu handeln etc.
[6.] Nun hab ich geleichwol darnebens wissen entpfangen, das die gemelt ksl. botschaft zu Zurch, davon ich in einem jungsten schreiben [Nr. 726 [4.]] auch meldung getun, wenig oder gar nichtz haben ausgericht, sunder ine ist zu wescheid von gemeinen Eidgenossen worden, das sie ine raten, das sie ir werbung pey einem yeden ort sunderlich anpringen und nachfolgend sich wider gen Lucern, alda auf heutigen tag [3.10.10] die Eidgenossen wider peyeinander versamelt seien, fugen und verners wescheids gewarten. Das haben auch die gemelte botschaft getan und sind also auf disen tag zu Lucern. Was sie daselbst werden ausrichten oder erlangen, das müssen wir also ksl. Mt. wescheid nach erwarten.
[7.] So vermut ich mich, das die stend des Reichs auf obgemelten weschid sich des mererteils werden erheben und gen Uberling fuegen. Wir sind aber als die geschikten der stet des bunts entschlossen, von ksl. Mt. nit zu verruken, so lang und vil, pis wir in der Gutensteinschen sachen verhort. Das noch pisher vor der ungerischen, auch walachischen potschaft und anderer merklichen gescheft halb nit hat mugen sein. [...] Datum Costniz am pfintztag fru nach Michahelis Ao. etc. decimo.