Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Bereitschaft zur Aufnahme der Hauptverhandlungen. Koadjutorfehde in Livland: Gegenbericht der Gesandten des Deutschen Ordens in Livland.

/65/ (Vormittag, 7 Uhr) Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler proponiert: Hat vernommen, dass nunmehr die Gesandten aller Kff. über ausreichende Vollmachten und Weisungen verfügen1 . Derwegen zu den hern stunde, was daruf /66/ furzunemen.

Beschlussa : Bekanntgabe an FR und SR, dass KR bereit ist, die Verhandlungen zur Proposition aufzunehmen.

Mainzer Kanzler proponiert: Die Verordneten des Landmeisters in Livland haben um Audienz im RR gebeten, um eine Werbung vorzubringen.

Umfrage. Beschluss: Nachdem sich der teutschmeister in Leifflandt für ein Reichs standt angebe, das er zu hören durch die gesandten.

Bekanntgabeb  beider Beschlüsse an FR, der sich anschließt bzw. seine Bereitschaft zur Verhandlungsaufnahme bekundet.

Bekanntgabe als gemeinsamer Beschluss von KR und FR an SR.

/67/ Reichsrat, in der kfl. Beratungsstube. Die Verordneten des Landmeisters des Deutschen Ordens in Livland bringen vor: Der Landmeister hat ihn, den Referenten2 , und Georg Sieberg an Ks., Kg., Kff., Ff. und RT abgeordnet, um das ungebührliche Verhalten Mgf. Wilhelms von Brandenburg, ehemaliger Ebf. von Riga, zu schildern. Da sie erfahren haben, dass der Ebf. den Landmeister durch die Kurbrandenburger Gesandten hat anklagen lassen3 , übergeben sie zunächst einen Gegenbericht4  dazu. Bitten, diesen zu vernehmen und iren hern des bezugks halben entschuldigt zuhaben.

/68/ Der Kurbrandenburger Gesandtec  wendet ein, dass der Kf. auß fridliebendem gemut den hern anpringens thun lassen, nit der meinung, den leifflendischen maister zubeschuldigen. Dweil sie aber nit befelch, derwegen sich mit den leifflendischen in wechselrede einzulassen, so liessen sie die leiflendische yetzige anzeig auf irem unwürden berugen. Begerten, ir hievor anpringens, wasser gestalt es beschehen, zuverstehen.

Verlesung des Gegenberichts mit einer Beilage.

Erneuter Einwand des Kurbrandenburger Gesandten: Die Schrift zeigt, wes wenig die liefflendische befugt zu irer beschuldigung. Lasse dieselbige schrifften auf irem unwerth berugen, wie sie an inen selbst von unwirden, und wil diß alles an seinen hern gelangen; ungezweivelt, seine kfl. Gn. werde sich daruber ferner ercleren, das /69/ sein kfl. Gn. nit gemeint gewesen, sich alß part in die sachen eingelassen, sonder das, wes anpracht, auß fridliebenden gemut beschehen, wie das erst anpringen außweise.

Erwiderung der Ordensgesandten: Auch der Landmeister betrachtet den Kf. von Brandenburg nicht als beteiligte Partei. Haben deshalb keinen befelch, mit dem churfursten sich in disputation einzulassen. Hetten auch den churfursten in irem furtrag nit anderst angezogen, dan wie die erste bezichtigung durch die kfl. gesandten furpracht etc. Das die schrifft von unwurden: Solchs wellen sie dißmalß nit disputieren. Lassen die auf iren wurden bestehen. Bathen wie vor und in den schrifften gepetten wurdet.

/69 f./ Beschluss: Kopie der übergebenen Schriften und gegebenenfalls Übersendung an die Herrschaften um Weisung.

/70/ Bekanntgabe des Beschlusses an die Verordneten des Landmeisters.

Anmerkungen

1
 Die kgl. RT-Kommissare hatten am 11. 9. 1556 an Ferdinand I. berichtet, der Kurtrierer Deputierte von Reifenberg habe ihnen gegenüber eingeräumt, er könne vor der Ankunft weiterer Verordneter mit Vollmacht des Kf. die Verhandlungen nicht aufnehmen. Sie, die Kommissare, hätten deshalb auf eine nochmalige Anmahnung bei den Reichsständen verzichtet, da es fruchtlos gewesen wäre und bei den verhandlungsbereiten Gesandten nur Unwillen erzeugt hätte (HHStA Wien, RK RTA 37, fol. 57–64’, hier 57’–59. Konz. Hd. Zasius). Die Ansage durch Kurmainz am 21. 9. in RR für 22. 9. erfolgte, nachdem Reifenberg spätestens am 19. 9. über Vollmacht des Kf. verfügte und der Kurpfälzer Deputierte Heyles am Abend des 20. 9. aus Amberg nach Regensburg zurückgekehrt war (Berichte der kgl. Kommissare vom 19. 9. und 21. 9. 1556: Ebd., fol. 97–99’, hier 98 f.; fol. 112–118’, hier 112. Kopp.). Die Kurmainzer Verordneten Matthias und Bagen hatten bereits im Bericht vom 13. 9. 1556 an Kf. Daniel festgestellt, der Verhandlungsverzug liege allein bei Trier, denn dweil die vorstim bei Trier ist, da von sein kfl. Gn. wegen nit expresse gestimmet, das der andern churfursten gesandten auch nit furgehen werden (HHStA Wien, MEA RTA 44a/I, fol. 140–141, hier 140’. Konz. Hd. Bagen).
a
 Beschluss] Kursachsen (fol. 19’ f.) differenzierter: Zuvor Umfrage. Trier: Ist nunmehr zur Verhandlungsaufnahme bevollmächtigt. Köln: Ebenso. Pfalz billigt aufgrund der vorausgehenden Voten ebenfalls die Aufnahme der Hauptberatung. Sachsen und Brandenburg begrüßen dies. Mainz resümiert den Beschluss als Referat vor FR.
b
 Bekanntgabe] Kurpfalz (fol. 230) differenzierter: Bekanntgabe durch Mainz und Pfalz.
2
 Der Sekretär Michael Bruckner, zweiter Gesandter neben Sieberg.
3
 Nr. 511.
4
 Nr. 512. Zur Gesandtschaft Siebergs vgl. auch ebd., Anm. 5.
c
 Kurbrandenburger Gesandte] Kurpfalz (fol. 230’) eindeutig: Dr. Zoch.