Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Österreich B, fol. 501–508’.

Antwort der Reichsstände zum 2. HA (Türkenhilfe) und Resolution zur Koadjutorfehde in Livland. Mündliche Replik des Kgs. zum 2. HA. Unzufriedenheit mit dem Verhandlungsfortgang in Anbetracht der Gefahrensituation. Aufforderung, die tägliche Beratungszeit zu verlängern. 1. HA (Religionsvergleich): Geteilter Anschluss des FR an die ebenfalls geteilte Resolution des Religionsausschusses.

/501/ (Vormittag) /501–506’/ Kgl. Herberge. [Entsprechend Protokoll des KR, 433–441. Differenzierter zur abschließenden persönlichen Ansprache des Kgs.:] /506’/ Auff welliches ir kgl. Mt. aygenns mundts außfierlich vermeldet, was massen sy mit grossen, mercklichen schaden und verderben ire land und leutt durch verleichung deß almechtigen den vergangnen sommer erhallten. Unnd hetten ir Mt. ain gewalltigen, grossen vheind. Darumb setzt ier Mt. den stenden zubedenckhen haim, was für hilff von inen zubeschechen. Ye grosser unnd beharrlicher aber die hilff1, je besser es wäre. Dann ainmal gewüß, das der türggisch khayser ettlich kriegsvolckh auff Hungern schon abgefertigt unnd er selbst aygner person den 20. Octobris von Constantinopel auff Andrinopl gezogen. Mitt gantz vätterlicher unnd treulicher vermanung, das sy, die stennde, zu rechter zeit inn die räth auff- und abgeen und den /507/ sachen vleissiger, dann bißheer beschechen, obligen und außgewarten wollten. Dann je fur irer Mt. person khain verzug oder verlengerung erscheinen, sonndern durch ir Mt. alle verlengerung vermitten pleiben. Mitt anzaigung, wie es hievor auff ettlichen reichsthägen gehalltenn wordenn, da gleich wol die chur- unnd fürsten personlich vorhannden gewesen, wie fruee unnd zeitlich man vormittags beysamen gweesena unnd wie langsam man wider vonainander geschiden. Da aber jetzo das widerspil sich zutruege unnd man überal nicht über 3 deß thags stund zu rath sesse. Dann umb 8 urn wer die vormittagig stund, da man aber vor halb neunen nit gar beysamen sein und sich setzen möcht. Gleich darnach inn anderhalb stunden wär es umb 10 urn, zu wellicher [Stunde] man wider vonainander gieng. Unnd eben gleiche gelegenheit hett es mit der nachmittägigen rathhalltung, weil man erst zu 3 urn die stund hiellt, vor halben viern nitt nidersäß, zu 5 urn aber widerumb abgieng.

/507’/ Kg. sagt persönlich zu, alles zu tun, um die Konflikte im Reich beizulegen. Verweist dazu auf den Vergleichstag im Markgrafenkrieg und auf die laufenden Verhandlungen zum Konflikt in Livlandb. Unnd schlussen ir Mt. enntlich mitt dem, es bedörffte deßmallnn khains weittern unnderredens oder anntwurtt, sonnder die stend wollten das werckh also anrichten und sich deß vleiß erweisen, damit dasselb an statt der anntwurtt redte und würckhlich erschine.

/508/ Fürstenrat. Österreich (Zasius) unterrichtet FR über die geteilte Beschlussfassung im Religionsausschuss2 . Da sich der Bericht bis 1 Uhr hinzieht, ist eine Umfrage dazu wegen der Mittagszeit nicht mehr möglich.

(Nachmittag) Fürstenrat. Umfrage zur Beschlussfassung im Religionsausschuss. c– Dabei ist im FR gleichmessige spalltung3 fürgefallen–c, wie das /508’/ weitter inn sonnderem prothocoll deß religion tractats begriffen4.

Anmerkungen

1
 Hiermit erbat der Kg. über die Forderung in der Proposition hinaus erstmals eine beharrliche Türkenhilfe.
a
 gweesen] Würzburg (fol. 135) zusätzlich: nämlich Zusammenkunft zu etlich malen morgens umb drei, vier oder funff uhr und sunsten gemainiglich umb sechs uhr.
b
 Livland] Würzburg (fol. 135’) zusätzlich: Daneben sind Verhandlungen zum Katzenelnbogener Erbfolgestreit geplant.
2
 Vgl. die dortigen Verhandlungen am 16. 12.: Kurmainz A, fol. 85’–95’ [Nr. 322]. Ausführliche Wiedergabe des Referats im FR in Würzburg (fol. 136–137’).
c–
 Dabei ... fürgefallen] Würzburg (fol. 137’ f.) differenzierter: Wie im Ausschuss votieren Bayern und alle Stände auf der weltlichen Bank sowie Österreich für das Kolloquium, dagegen die übrige geistliche Bank für das Konzil.
3
 = wie im Religionsausschuss.
4
 Das österreichische Protokoll für die Religionsverhandlungen (Österreich C) liegt für 18. 12. nicht mehr vor (Abbruch mit 14. 12.). Vgl. zur Beschlussfassung im FR auch  Bundschuh, Religionsgespräch, 191 mit Anm. 70: CA-Stände und weltliche katholische Stände stimmen für das Kolloquium, die geistlichen Stände mit Ausnahme von Würzburg und Bamberg, die indifferent sind, für das Konzil (nach Bericht der Württemberger Gesandten Massenbach und Eislinger an Hg. Christoph vom 18. 12. 1556: Ernst IV, Nr. 192 S. 229–231, hier 231). Anders im Bericht der kursächsischen Deputierten an Kf. August vom 21. 12. 1556: Die geistlichen Stände votieren für das Konzil. Lediglich der Gesandte der Bff. von Naumburg, Merseburg und Meißen [J. Töpfer] bevorzugt instruktionsgemäß das Kolloquium; welchs sich die andern geistlichen uber in hart beschwert (HStA Dresden, Loc. 10192/5, fol. 301–318’, hier 317. Or.).