Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Textvorlage: Nürnberg, fol. 192 f., 194–195’.

2. HA (Türkenhilfe): Verwendung der Hilfe, Auszahlung, Erlegungstermine und Legstätten, Vorgehen gegen Säumige. Bewilligung von 12 Römermonaten und zusätzlich Verwendung des Reichsvorrats von 1548 für die Türkenabwehr. Billigung der Resolution des SR. Koadjutorfehde in Livland: Konzept der Instruktion für die Vermittlungsgesandtschaft von Kg. und Reichsständen.

/192/ (Vormittag, 8 Uhr) Städterat. Weitere Beratung zum 2. HA (Türkenhilfe): Auszahlung und Verwendung der Steuer.

Einhelliger Beschluss, dz dise hilff nitt allein der kgl. Mt. in Unngern, sonndern auch sonnsten dem ganntzen Reich teutscher nation, da der turck dasselb etwa auch an anndern ortten angreiffen wurd, zu gutem wider ine, den turcken, kommen unnd angewenndt.

Mehrere Umfragen zur Auszahlung der Hilfe. Letztlich Beschluss, dz man derwegen in genere pleiben und nit ad speciem geen, sonnder derhalben auch ain gemeins anregen im concept beschehen solte, ungeverliche auff ein solche meynung1, dz auß allen stenden ein verordnung zethun, welche in furfallenden nöten nach gelegenheit vorsteender gefahr bedencken sollten, wie disem feind begegnet unnd solche zusammen getragne hilff am nutzlichsten verwendt werden mochte; dz inen auch derhalben in diß reichstags abschied volmechtiger gewalt zu geben sein sollte.

Votum Augsburg: /192’/ Verstehen die Proposition des Kgs. so, dass die Hilfe als Vorrat angelegt unnd nitt ehe angewend werden sollte, es wurde dann der turck in aigner person mit heers crafft antziehen etc. Erachten deshalb, dz, wo dz Reich durch den turcken angriffen wurde, die obbemelten verordennten von allen stenden bevelch haben sollten, dises hilff gelt zuerheben und antzuwennden. Do aber allein die kgl. Mt. angriffen, dz alßdan irer Mt. ein ansehenliche, statliche suma gelts monatlich unnd also ein genannts geben werden mochte; wie sy dann derhalben ir bedenncken diser unnd aller anndern obbemelten puncten halben in ein concept, bei den andern obemelten [Akten] zu finden2, verfast.

Ulm und Nördlingen3  schließen sich dem Augsburger Votum zwar in den Grundzügen an, da aber die anderen Gesandten und demnach die Mehrheit einwenden, dz es die kgl. Mt. derhalben dahin versteen mochte, alß ob man irer Mt. nitt vertrauen wolte, daraus nichts dann ungnad zugewarten, so haben sie es doch umb merer unnd ainhelliger vergleichung willen dabei unnd also bei obermelten mererm pleiben lassena.

/194/ (Nachmittag, 1 Uhr) Städterat. Regensburg verliest das Konzept für die Resolution des SR zum 2. HA mit den zuletzt beschlossenen Punkten. Umfrage. Beschluss: Billigung. Bestätigung, dz auch die suma der hilff uff 6 doppelmo- /194’/ nat gestellt wurde4, weil der vorrath unnd di ergentzung desselben, do es zu disem werck gepracht, der kgl. Mt. nützer dann 2 doppel monat sein wurden. Unnd sollten also die erbarn stet, do schon di hilff von den obern stenden uff ein hohere suma alß die 8 doppel monat gestellt wurde, darbei [bleiben]. Do aber dieselben di hilff uff ein geringere suma anschlagen wurden, sollt dieselbig in berurtes concept, unangesehen dz sechs doppelmonat darinnen begriffen, gesetzt unnd verlesen werden.

Nürnberg und Regensburg wiederholen nochmals ihre Einwände gegen die Anmahnung der Restanten zum Reichsvorrat und dessen Ergänzung.

/194’ f./ Augsburg beharrt gegen die Formulierung im Konzept der Resolution darauf, die Hilfe auf Grundlage der alten, nicht moderierten Matrikel zu erlegen, billigt aber die Verlesung der unveränderten Resolution vor KR und FR, falls ihr Einwand ebenso wie jener von Nürnberg und Regensburg protokolliert wird.

/195/ Straßburg: Da die Erbringung der Hilfe mit Geld ihrer Weisung widerspricht, welche die Leistung mit Truppen vorgibt, bitten sie darum, eine andere Stadt möge das Referat der Resolution vor KR und FR übernehmen, damit nitt gemeint, wen es durch sy gered unnd furpracht, alß hetten sie eben denselben bevelch. Aber unangesehen dises antzeigens seien die straßburgischen von der andern stet gesandten erpeten worden, solchen furtrag zethun.

/195 f./ Reichsrat. [Entsprechend Protokoll des KR, 509.]

Anmerkungen

1
 Vgl. die Resolution des SR [Nr. 476], fol. 297’ f. [Damit auch sollich ... geben werden soll.].
2
 Vgl. diesen neuerlichen Entwurf im Wortlaut bei Nr. 476, Anm.15.
3
 Zum Misstrauen u.a. der Nördlinger Gesandten wegen der sachgerechten Verwendung der Türkensteuer vgl. deren späteren Bericht an Bürgermeister und Rat vom 24. 1. 1557: Befürchten, dass Kg. Ferdinand mit der bewilligten Türkensteuer (wie die beysorg bey vilen ist) eben so wenig als die dreissig jar her usrichten, sonder die finantzer, die uff das gelt fleissig warten, dasselbig seiner bestimpten zeit schon erhöben, unnd also ain verspilt gelt sein werd. So unnsere fursten und heupter kain annder einsehen haben, sonder thon werden, was man begert, muost das Reich fallen unnd zu grund geen, nachdem die ußgabenn auch unerschwinglichen sein etc. ( StA Augsburg, Reichsstadt Nördlingen MüB 64, Prod. 1. Or.).
a
 lassen] Augsburg (fol. 82’) zusätzlich: Neuaufnahme der vertagten Beratung zur Höhe der Steuer. Beschluss, dass die Bewilligung auff 6 doppl monat gestelt. Doch da die hohern stend derhalben auf ain geringers geen wurden, solt inn verlesung deß concepts dieselb geringer hilff auch verlesen werden. /82’ f./ Anfertigung eines Schlusskonzepts für die SR-Resolution durch Straßburg, Augsburg und Regensburg.
4
 Zur Höhe der Bewilligung vgl. den Kommentar der Straßburger Gesandten Hermann und Hammerer im Bericht an Meister und Rat vom 5. 1. 1557: /111/ Unnd ob wir gleich sollichs fur ein große, unerhörte beschwert geachtet, auch unnsern bevelch darunder eröffnet (vgl. Nürnberg, fol. 183’ f. [Nr. 264]), so haben wir doch nichts erhalten mögen. Unnd ist jederman so willig, das wir glauben müeßen, es sey ein sonndere schickung Gottes, oder das /111’/ anndere stendt, sonnderlich die geistlichen, mit sollichen reichlichen schetzen versehen seien, die mennigklich biß anhero verborgen geweßen (AVCU Strasbourg, AA 622, fol. 110–114’. Or.).