Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Bekenntnis zum Passauer Vertrag und zum RAb 1555. Bestätigung und Bekräftigung des Religionsfriedens im RAb. Beratung des 1. HA (Religionsvergleich) in einem interkurialen Ausschuss. Billigung der Duplik zur Verhandlungsaufnahme durch KR und FR sowie im RR. Koadjutorfehde in Livland: Eingabe Mecklenburgs.

/247/ (Vormittag) Kurfürstenrat. [Mainzer Kanzler] proponiert: Fortsetzung der Verhandlungen nach der zuletzt getroffenen Vergleichung.

/247 f./ 1. Umfrage. Beschluss. Beantwortung der Replik der kgl. Kommissare zur Verhandlungsaufnahme. Mainz teilt mit, dass die Duplik bereits konzipiert ist1  und am Nachmittag vorgebracht werden kann. Bis dahin Fortsetzung der Verhandlungen.

/248 f./ 2. Umfrage. Beschluss: Bekanntgabe an FR, dass man den Kommissaren am Nachmittag die Duplik übergeben möchte.

/250/ 3. Umfrage zur ersten Mainzer Proposition, Fortsetzung der Verhandlungen.

/250–254/ Einvernehmen, für die Beratung des 1. HA (Religionsvergleich) gemäß Passauer Vertrag und der Prorogation im RAb 15552  den interkurialen Ausschuss einzurichten.

Pfalz billigt dies, verweist aber darauf, dass der Kf. sich der /250/ augspurgischen confession anhengig gemacht, dieselbig auch in irem churfurstenthumb angestelt, so beden, alt und neu testament, /251/ gemeß. Bei der confession sein kfl. Gn. bedacht, biß an ir end zupleiben, also das sie keiner vergleichung bedurfftig.

Sachsen bewilligt die Einrichtung des Ausschusses, behält sich aber vor: /251/ Und alß auch /252/ zu Augspurg der religion fride beschlossen und furgangen, der da stehet biß auf vergleichung der religion entweder per concilia oder colloquia etc., und darin vermeldet, das obgleich die vergleichung der religion nit erfolgte, das alßdan nit desto weniger der religion fride solle in seinen krefften pleiben3: Daruf sein sie urpietig, dem, was zu Augspurg verabschiedt, nachzusetzen und in ausschuß zu ordnen.

Brandenburg schließt sich dem an: /253/ Obgleich die vergleichung religionis nit erfolge, das dennochst der religion fride in sein crefften pleiben solle.

Mainz: Stellen in kein zweivel, wes verabschiedt, das Meintz solchs werden gedencken zu halten, und bedacht, in gutem friden zu sitzen, welchs Meintz vonnoten. Hoffen auch, werden von andern ire kfl. Gn. dabei gelassen /254/ werden. Stellen für die Konstituierung des Ausschusses zur Debatte, ob die churfursten alle, ein yeder insonderhait, oder aber etliche, doch in gleicher anzal, in ausschuß ordnen wellen.

4. Umfrage. Trier: Kf. will Passauer Vertrag und RAb 1555 vollziehen. Dan sonst unvonnöten, vil abschiedt zu machen, wen man sie nit halten wolte. Ob alle churfursten oder eines thails in den ausschuß zu ordnen: Dweil die sachen /255/ hochwichtig, hetten alle churfursten in den ausschuß zu verordnen.

Köln: Das ein yeder churfurst insonderhait in den ausschuß ordne und in andern puncten auch furgeschritten werde. Was hiebevor verabschiedt, were ir her selig der meinung gewesen, solchs zu halten. Nit anderst getrösten sie sich auch zu yetzigem hern4.

Pfalz: Das ein yeder churfurst ordne in ausschuß. Wen man dan die personen ernennen wurde, soll an inen auch kein mangel sein. [Was] den religion friden anlangt: Lasse es Pfaltz auch bei demselbigen pleiben, und sol inen nit zuwider sein, das im Reichs abschiedt derselbig repetiert werde.

Sachsen: Weil die churfursten gedencken, den religion friden zuhalten, so were ein notturfft, das in diessem Reichs /256/ abschiedt davon meldung beschehen solte und derselbig iteriert. Achten auch, das alle churfursten, ein yeder insonderhait, in ausschuß ordne.

Brandenburg: Wiewol Brandenburg nit zweivelte an haltung der gaistlichen churfursten des religion fridens, yedoch pro continuatione, woher der ausschuß komen, were der religion fride mit im abschiedt anzuziegen, und daruf der auschuß erfolgt zusein gemeldet werde. Achten, das in ausschuß alle churfursten ein yeder ordne, item das neben dem auschuß in ordinari rethen sonst in andern sachen furgangen werde.

Mainz: Horten, das es uff dem bestehe, das die sachsische erregt, wie sie willens, in auschuß zu ordnen, doch das in dissen abschiedt der religion fride widerumb iteriert werde, /257/ also das derselbig bestendig pleiben soll, der religion vergleichung erfolge oder nit. Dweil dan sie Meintz wusten des sins, wes verabschiedt, das solchs Meintz auch halten werde, so achten sie Meintz des gemüts, das sein kfl. Gn. nit hoch zuwider sein sol, das in dissem Reichs abschiedt des religion fridens halben nit allein, sonder auch aller andern puncten halben, wie die verabschiedt, meldung beschehe. Liessen inen auch gefallen, das in dem auschuß ein yeder churfurst ordne. Doch wen es den verstandt haben solt, das nur eine person zu verordnen, wusten sie ires hern meinung nit, musten sich daruber befelchs erholen. Dan es konten wol meher personen, doch sub uno voto, bei der verordnung von eines hern wegen sein.

/258–260/ 5. Umfrage. Übereinkunft, dass jeder Kf. mehrere Räte mit einer gemeinsamen Stimme in den Ausschuss abordnen kann. Pfalz billigt die Wiederholung des Religionsfriedens im RAb, will dies aber nur auf dessen Bestimmungen beschränken. Dagegen votiert Sachsen, dass /259/ die reiteratio besche auf alle puncten, so dem religion friden immer anhengig. Trier und Köln äußern sich dazu nicht.

/260/ In zwei weiteren Umfragen5  billigen auch Trier und Köln die Bekräftigung des Religionsfriedens im künftigen RAb in der Form: Obe gleich die vergleichung erfolge oder nit, das nichtst desto weniger der fride solle bestehen bleiben.

Mainz teilt mit, dass noch keine Sachverständigen des Kf. für den Religionsausschuss anwesend sind. Sachsen regt dazu an: Da Mainz und Brandenburg noch nicht in den Ausschuss abordnen können, sollte für dessen Konstituierung ein fester Termin gesetzt werdena . /260 f./ Pfalzb  schließt sich dem an, stellt aber alternativ zu Debatte, abwechselnd je einen Tag im Ausschuss und in den Kurien zu beratenc . /261/ Brandenburg erklärt, die Theologen des Kf. würden in Kürze ankommen. Mainz stellt deren Ankunft innerhalb von 14 Tagen in Aussicht6.

Daraufhin sind Mainz, Trier, Köln und Brandenburg der meinung, das inmittelst der zeit, die theologen oder personen, so in ausschuß geordnet werden solten, ankomen, unverpuntlichen in andern puncten der proposition furzugehen. /261 f./ Die Pfälzer Gesandten lehnen dies ab, da sie angewiesen sind, dass sie sich vor der Konstituierung des Religionsausschusses /262/ in kein beratschlagung anderer sachen einlassen solten, und dasselbig umb destomeher, dweil der punct der turckenhilff, so der negst, dermassen geschaffen, das auß christlichem, pillichem mitleiden man sich dessen wol in kurtzen zuvergleichen. Auch Sachsen spricht sich gegen die vorgezogene Beratung anderer Themen aus, damit diese nit confundiert werden.

Beschluss: /262 f./ Als Termin wird festgelegt, dass die Verordneten der Kff. für den Religionsausschuss innerhalb von ungefähr zehn Tagen zur Stelle sein sollen. Keine Einigung zur Frage, ob dieser Termin auch FR bekannt gegeben werden soll.

/263/ Mainz und Pfalz teilen FR lediglich mit, dass am Nachmittag das Konzept für die Duplik [zur Verhandlungsaufnahme] geprüft werden soll.

/264/ (Nachmittag) Kurfürstenrat. Mainzer Kanzler verliest das Konzept für die Duplik der Reichsstände. Beschluss: Billigung.

Verlesungd  des Konzepts im FR. Billigung.

Reichsrat. Billigung des Konzepts durch SR 7.

/265/ Anschließend bringt Dr. K. Drachstedt im Auftrag Hg. Johann Albrechts von Mecklenburg vor: /265 f./ Zur Anzeige der Kurbrandenburger Räte gegen den Landmeister in Livland wegen dessen landfriedbrüchigen Vorgehens gegen den Ebf. von Riga und [Koadjutor] Hg. Christoph von Mecklenburg haben die Gesandten des Landmeisters einen ehrenrührigen Gegenbericht vorgelegt8 . Er, Drachstedt, ist beauftragt, dazu eine Werbung vorzubringen. [Vortrag der Werbung9].

/266 f./ Antwort an Drachstedt: Die Reichsstände haben die Werbung vernommen und bitten um deren schriftliche Vorlage. /267/ Drachstedt sagt zu, die Abschrift der Mainzer Kanzlei zu übergeben10.

Anmerkungen

1
 Die Duplik entspricht weitgehend der Resolution des KR vom 20. 11.: Kurmainz, pag. 235–239 [Nr. 30].
2
 Passauer Vertrag, § 7: Vorbereitung der Religionsvergleichung auf dem künftigen RT in einem interkurialen, paritätisch besetzten Ausschuss ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 3 S. 127). RAb 1555, § 140: Prorogation des Religionsvergleichs an den künftigen RT, dort Verhandlungen nach Maßgabe des Passauer Vertrags (ebd., Nr. 390 S. 3148).
3
  Art. 12. des Religionsfriedens im RAb 1555, § 25 ( Aulinger/Eltz/Machoczek, RTA JR XX, Nr. 390 S. 3112).
4
  Kf. Anton I. von Schaumburg, Bruder und Nachfolger des verstorbenen Kf. Adolf III.
5
 Die Voten dieser und der folgenden Umfragen sind in Kurmainz nur unvollständig aufgezeichnet. Bessere Protokollierung in Kursachsen, fol. 131–133, und Kurpfalz, fol. 323–324. Zu obigem Beschluss vgl. Decot, Religionsgespräch, 230.
a
 werden] Kursachsen (fol. 131) zusätzlich zur Begründung: dan es sonst abermals mocht hangen bleiben.
b
 Pfalz] Kursachsen (fol. 131 f.) zusätzlich: Zuvor stimmen auch Trier und Köln der Terminfestsetzung zu.
c
 beraten] Kursachsen (fol. 131’) zusätzlich: Erachten, dass es an deme nicht gelegen sein, wievil person zuordenen, sonder an deme, das die abgesandten mit genugsamen bevelich versehen, und do etwas wurde furlauffen, darinne bevelich nottig, das man sich dessen erhole.
6
 Vgl. die diesbezüglichen Berichte der Mainzer Gesandten an Kf. Daniel in Anm.11 bei Nr. 319.
d
 Verlesung] Kursachsen (fol. 133’) differenzierter: Mainzer Kanzler und ein Kurpfälzer Delegierter verlesen das Konzept im FR.
7
 Vgl. die Ausfertigung der Duplik [Nr. 426].
8
 Vgl. Nrr. 511, 512.
9
 Nr. 513. Vermerk im Mainzer Protokoll: Aufgrund der schriftlichen Vorlage wird auf die Aufzeichnung des mündlichen Vortrags verzichtet.
10
 Vermerk im Mainzer Protokoll: Die schriftliche Vorlage in der Kanzlei erfolgte am 24. 11.