Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

Aufforderung an die Mehrheit des KR zum Anschluss an die Bewilligung von acht doppelten Römermonaten. Antizipierung von Geld durch die Pfennigmeister. Besoldung der Kriegsräte und Musterherren aus der Reichssteuer. Baldige Benennung der Musterherren. Festschreibung künftiger Beratungen zur beharrlichen Türkenhilfe mittels einer Klausel im RAb.

Den Reichsständen übergeben am 17. 2. 15571. Von diesen kopiert am 18. 2.

HHStA Wien, RK RTA 38, fol. 445–449’ (Kop. Dorsv.: Der kgl. Mt. auf der stennd ubergebnes bedennckhen resolution, den 17. Februarii anno 57.) = Textvorlage. HStA München, KÄA 3177, fol. 194–199’ (Kop. Überschr.: Der röm. kgl. Mt. resolution auf der stende vierts bedenckhen uber den articl der thurckhenhilff. Aufschr.: Lectum Ratisponae, 18. Februarii 1557.) = B. HStA Düsseldorf, JB II 2295, fol. 205–210 (Kop.) = C. HStA Stuttgart, A 262 Bü. 50, fol. 410–414’ (Kop.). HStA Dresden, Loc. 10192/6, fol. 316–321’ (Kop.). GStA PK Berlin, I. HA Rep. 10 Nr. Y Fasz. A, fol. 47–50’ (Kop.).

/445 f./ Kg. hat aus dem vierten Bedenken der Reichsstände zur Türkenhilfe (2. HA) vernommen, dass die Gesandten einiger Kff. unter Berufung auf fehlende Weisungen darauf beharren, sich der Bewilligung von acht doppelten Römermonaten nicht anschließen zu können. Kg. hat keine Zweifel, dass die Reichsstände aus seinen Resolutionen wissen, wie groß die Gefahr aufgrund des bevorstehenden persönlichen Feldzugs des Sultans ist. Deshalb ist es nicht nur wegen der Bedrohung der Lande des Kgs., sondern des Reichs und der gesamten Christenheit unabdingbar, entsprechende Abwehrmaßnahmen einzuleiten, um vor allem den noch nicht eroberten Teil Ungarns zu sichern. Da die acht Doppelmonate aufgrund der vielen Steuerverluste ohnehin keine sehr hohe Summe ergeben und zusammen mit dem Beitrag der kgl. Erblande kaum zur Abwehr des mächtigen Feindes ausreichen, geht Kg. davon aus, die Gesandten jener Kff., die bisher auf sechs Doppelmonaten beharren, werden wie alle anderen Reichsstände /445’/ angeregter hilff halben gleiche purde unnd mitleiden zutragen unbeschwert sein unnd ainiche ungleichait nit erweckhen oder sich von denselben annderen stennden absonnderen. So gesynnen ir kgl. Mt. hiemit widerumb ganntz genedigs unnd sonnders vleiß begerendt, sy, die churfurstlichen rätte, so noch hierin mangl an bevelch haben, wellen in betrachtung der vorsteenden hochen vheindts not unnd geverlichait unnd annderer mer, inen vor nach lenngs außgefuerter ursachen dise sachen an ire herrn furderlich (wo es bißheer nit beschechen) gelangen lassen, sich daruber gnuegsams gewallts unnd beschaids, /446/ wie sy in acht oder zehen tagen aufs lenngst woll thuen mugen, erhollen unnd allßdan mit unnd neben der anndern churfursten rätte, anwesenden fursten, stennden unnd bodtschafften in laistung der acht monnatlichen hilff des getoplten romzugs one vernere waigerung guetlich bewilligen unnd solches lenger nit aufziehen, damit hierin geliebte gleichait erhallten werde, auch ir kgl. Mt. mit rat unnd guetbedunckhen gemainer stennde geordneter kriegs rate volgents umb sovill dest eheender das kriegß wesen unnd bewerbungen anrichten unnd ins werckh bringen möge. Wie es dan numer hochlich an der zeit unnd die eusserist notturfft woll eraischt2, das damit khain stundt noch tag mer versaumbt werde. So wellen ir kgl. Mt. mit solcher der stennde, auch irer Mt. khunigreich unnd lannde hilffen mit verleichung götlicher gnaden nach gelegenhait der zeit unnd des vheindts macht unnd erzaigen das jhenig furnemen unnd hanndlen, so ymer menschlich unnd muglich sein unnd in rat furs pesst unnd nutzlichist bedacht unnd angesechen wirdet.

Wenngleich die Reichsstände ablehnen, die Pfennigmeister für die Aufnahme von Geldanleihen zu bevollmächtigen, beharrt Kg. darauf, dass dies nit umbganngen werden khan, sonnder die hoch unvermeidlich /446’/ notturfft ervordert, beruerte zallmaister mit vollmacht unnd bevelch zuversehen, im faal der not ain suma gellts zuerhanndlen unnd zuentlechnen, in bedenckhung irer kgl. Mt. inen hievor erzelten bewegungen, unnd das solches nit allain zum anfanng des kriegs wesen, sonnder auch hernach öffter zu desto ordenlicherer bezallung des kriegs volckhs von nötten sein wirdet. Darumben unnd dieweill auch gemaine stennde daran khainen verlust, sonnder dz auf solch antecipiert gellt lauffendt interesse allain von der bewilligten hilff genomen unnd an derselben irer Mt. abgeen wirdet, unnd dan ain solcher bevelch den hievor gewesnena zall- oder pfennigmaistern aus gleichem bedenckhen (wie sich gemaine stennde des erindern oder erkhundigen mögen) gegeben worden, unnd wo sy den nit gehabt hetten, das ganntz kriegß wesen mer dan ainmall nit zu geringem nachtaill unnd schaden stegkhen beliben weer, derhalben ain solch interesse im faal der not woll zuwagen, damit das wesen desto pesser unnd ordenlicher erhallten werden mög, so gesynnen unnd begern ir kgl. Mt. abermalls freundlich unnd genedigclich, gemaine stennde wellen angeregten iren yetzigen zallmaistern von wegen aufbringung gellts, so offt es die notturfft ervordert, bevelch unnd gewallt zugeben unbeschwert sein, damit dz angenomen kriegs volckh yeder zeit dest richtiger bezallt, guetter /447/ willen unnd gehorsam bey demselben erhallten unnd umb sovill mer gegen dem vheindt mit verleichung götlicher gnaden etwas fruchtpers unnd nutzlichs außgericht, auch alle unordnung unnd meiterey, so aus der verzugigen bezallung enntsteen möchte, verhuet unnd furkhumen werde.

Da die Reichsstände die Übernahme der Besoldung für die Kriegsräte und Musterherren ablehnen, verzichtet der Kg. darauf und billigt, dass sie von der haubt hilff versoldet werden, unangesehen das solches irer kgl. Mt. etwas beschwerlich sein unnd an der bemelten hilff ringerung bringen wirdet. Ir kgl. Mt. wellen sich aber daneben auch versehen, die stennde werden denselben iren kriegs rätten unnd musstermaistern umb sovill dest ringere unnd leidlichere besoldungen bestimben.

/447 f./ Kg. erwartet, dass die Gesandten der Kff. die Weisungen ihrer Herren für die Benennung der Kriegsräte und Musterherren innerhalb weniger Tage beibringen, um sodann neben den anderen Reichsständen ihre Verordneten bekannt zu geben.

Obwohl der Kg. bezüglich der beharrlichen Hilfe nochmals betont, /447’/ das die unvermeidlich notturfft woll eraischete, das gemaine stennde auf jetzigem reichstag irer kgl. Mt. bedrangten kunigreichen unnd lannden, auch dem an den grenitzen nahent gesessnen cristlichen volckh zu trost unnd merer sicherhait unnd dan dem Heilligen Reich teutscher nation selbst zu nutz unnd guettem sich solcher begerten /448/ härrigen hilff halber enntlich enntschlossen hetten, yedoch dieweill inen uber irer kgl. Mt. deßhalb gethonne vätterliche unnd genedige vermanung aus iren angetzognen verhinderungen ye bedenckhlich unnd beschwerlich fallen will, den puncten noch auf disem reichstag unnd so eillenndts in beratschlagung zu ziehen, so wellen ir kgl. Mt. die sachen ditzmalls auch bey irer gethonnen enntschuldigung berueen lassen, aber doch daneben gemaine stennde freundlich unnd genedigclich ersuecht unnd vermanet haben, sy wellen in betrachtung irer kgl. Mt. inen deßhalb hievor außgefuerten statlichen ursachen unnd der unvermeidlichen notturfft nach auf disen articl getreues nachgedenckhen haben unnd dermassen versechung thuen, damit derselb in gegenwurtigs reichstags khonnfftigen abschid verleibt unnd zu nechster gemainer stennde zusamenkhonnfft davon mit nottwenndiger verfassung hanndlung unnd beratschlagung gepflegen werden möge; wie dan solches die erscheinenden furssten, stennde unnd der abwesennden rätte unnd gesannten in yetzigem unnd vorigem irem bedenckhen auch fur ratsam unnd guet angesechen haben3.

Der angezognen topl anlag halben derjhenigen stennde, so in irer kgl. Mt. erblannden beguetet sein, lassen es ir kgl. Mt. bei vorigen iren gegebnen antworten genedigclich beleiben; des versehens, sy werden daran zufriden sein /448’/ unnd sich deren mit fuegen billich nit beschweren mögen.

In allen übrigen Punkten besteht Einvernehmen.

Schlussformel.

Anmerkungen

1
  Kurmainz, pag. 761 [Nr. 89]. Ebenfalls am 17. 2. 1557 beantwortete Ferdinand I. eine Mahnung seines Sohnes Maximilian, dass der Krieg sich dermassen geferlich erzaigen thuet, wo dem nit eillunde statliche fursehung mit gelt und anderer notturft beschiecht, das nichts anderst dann zerruttung, nachtail und schaden, auch verlust unserer landt und leut daraus zu besorgen seye, lediglich damit, er könne derzeit keinen Kredit bekommen (zit. bei Rauscher, Kaiser, 51, Anm. 33).
2
 = erheischt, erfordert.
a
 gewesnen] In B, C danach: Reichs.
3
 Vgl. Quadruplik [Nr. 438], fol. 214 f.; Sextuplik [Nr. 440], fol. 440’–441’.