Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Reichstag zu Regensburg 1556/57 bearbeitet von Josef Leeb

2. HA (Türkenhilfe): Strittige Grundlegung einer beharrlichen oder einer eilenden Hilfe.

/480/ (Vormittaga ) Kurfürstenrat. Fortsetzung der gestrigen Beratung zum 2. HA (Türkenhilfe).

/480 f./ 1. Umfrage. Trier, Köln, Sachsen und Mainz erklären sich zum Vortrag ihres Votums bereit. Pfalz: Da Kg. in der Proposition den doppelten Romzug auf acht Monate fordert, /481/ were unvonnoten, von der beharlichen hilff zureden, sonder were erstlich die proposition zu absolvieren und zugedencken, obe an folck oder gelt hilff furzunemen. Brandenburg: Man wuste, das ye und alwegen die zippel hilff nichst fürgetragen. Und ob wol konig in der proposition 8 monat begert, so hetten ire Mt. doch muntlichen beharliche hilff gesucht1; wie ire Mt. derwegen auch ein schickung bei Brandenburg gehabt2. Und weren demnach an stat Brandenburg der meinung, das ein beharliche hilff zu ratschlagen.

/482/ 2. Umfrage. Trier: Sind bisher für die Forderung in der Proposition bevollmächtigt und haben zur Bitte um eine beharrliche Hilfe keine Weisung. Dweil aber die eilende hilffen niemals erschießlichen gewesen: Wen man dan wolte unvergriffenlichen von der beharlichen hilff reden, solt inen nit zuwider sein. Sonst, da es kein verzugk leiden konte, wolten sie auf proposition fürgehen.

Köln: Es were nach allem vermogen zutrachten, wie turcken ein appruch zethun. Darzu ein eilende hilff nit erschießlich. Wie dem aber, weren sie auf proposition abgefertigt. Und ob wol Osterich beharliche hilff gepetten3, were solche ire pitt ad propositionem gestelt. Der kgl. Mt. muntlich ansinnen der /483/ beharlichen hilff hetten sie nit so eilendt zeruck mogen gelangen lassen, und mogen darumb auß mangel befelchs daruf nit furgehen. Ideo wellen sie procedieren uff die proponierte hilff.

Pfalz: Wie in 1. Umfrage. Das die hilffen nit erschießlichen hievor gewesen: Wuste man, an weme der mangel gewesen, nit bei stenden des Reichs. Darumb zu gedencken, domit die obstacula ausser wegs gestelt.

Sachsen: Hielten, das die proponierte hilff nit für ein eilende zu achten, sonder hievor weren die etwas ringer gewesen. Aber wie deme, dweil nach der zeit der proposition die sachen sich geendert und die erblandt ein beharliche hilff /484/ gestelt4, so hetten sie befelch, auf ein beharliche hilff ratschlagen zu helffen.

Brandenburg: Weren gehort, das sie befelch, zum hochsten die churfursten zu erinnern, das sie die vorstehende not nit wolten also in den windt schlagen und zusehen, das sovil armer selen hinwegk gefurt und die christenhait geschmelert, welcher plut der almechtig etwo von uns erfordern wurde. Und dweil die zippel hilffen nit dienstlich, sonder wen turck die vermerckt, zuge er ein zeitlangk in sein vorthail und keme darnach wider. Es habe nun konig proponiert, was er welle, so stunde doch den churfursten wol zubedencken, wie die christenhait moge beharlich geschutzt werden. Demnach sie auch befelch, auf ein beharliche hilff zu handlen. Hetten nun etliche daruf kein befelch, so verhofften sie doch, das dieselbigen in kurtzem befelch erlangen mogen. Es seye auch wol hievor geschehen, wan etliche nit genugsamen befelch gehabt, /485/ das sie sich auf ratification eingelassen. Welchs yetzt auch beschehen mocht.

Mainz: Sind nur zur Beratung auf der Grundlage der Proposition bevollmächtigt. Dweil aber von beharlicher hilff meldung beschicht, wusten sie nit, wie sie solchs verstehen solten, dan sie daruf kein befelch. Wusten auch nit, wohin es keme, das man die hilff der proposition ein eilende hilff nenne. Darumb uff solch proposition zu anfang furzugehen, wie Pfaltz auch geret.

3. Umfrage. Trier: Aufschub dieser Verhandlungen bis nach Weihnachten, um die Weisungen abwarten zu können. Da man aber die sachen lenger nit einstellen wolte, wolten sie auf die proposition furgehen.

/486/ Köln: Wie vor.

Pfalz: Wie vorhin und auch per Meintz letzlichen votiert. Aufschub wie Trier.

Sachsen: Verstunden die hilff in der proposition nit für ein eilende oder beihilff, dan sie 8 monat, hoc est ein gantz jar, begert wurdet, und also ein haubthilff. Derwegen mag man auf die proposition furgehen zu anfang und nachmals ferner bedencken, obe man dieselbig hilff noch ein jar oder meher erstrecken welle.

Brandenburg: Dweil sie horten, das andere wolten anfenglichs auf die begerte hilff in der proposition procedieren, solt es an inen auch nit manglen.

Mainz: Mochten auch leiden, das man auf die proponierte hilff furgehe.

Beschluss: Ist eingestelt usque post festa.

Anmerkungen

a
 Vormittag] Kursachsen (fol. 245’) differenzierter: 8 Uhr.
1
 Vgl. Anm.5 bei Nr. 56.
2
 Die Türkenhilfe kam als Nebenaspekt der Gesandtschaft des Damian Pflug im Auftrag Kg. Ferdinands im April 1556 wegen der Planung des Treffens in Leitmeritz (vgl. Kap. 3.1.2) zur Sprache. Kf. Joachim sagte in der Antwort an Pflug (Cölln/Spree, 27. 4. 1556) zu, die Türkenhilfe auf dem RT nach allen Möglichkeiten zu fördern (HHStA Wien, RK RTA 36, fol. 299–302’, hier 301. Or.). Der Kg. nahm das Erbieten des Kf. mit Dank an und informierte ihn gleichzeitig über seine gescheiterten Friedensbemühungen in Konstantinopel und die bedrohliche Entwicklung in Ungarn (Prag, 7. 5. 1556: Ebd., fol. 296–298, hier 297 f. Konz. Hd. Kirchschlager). Kf. Joachim bekräftigte seine Zusage daraufhin nochmals, erwartete im Gegenzug aber eine dem Haus Brandenburg entgegenkommende Haltung des Kgs. beim Vergleichstag im Markgrafenkrieg (an den Kg.: Cölln/Spree, 20. 5. 1556: Ebd., fol. 304–306’, hier 305 f. Or.).
3
 Bezugnahme auf die Werbung der niederösterreichischen Gesandten [Nr. 483].
4
 Wie Anm. zuvor.