Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 9. Der Reichstag zu Konstanz 1507 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Der röm. Kg. ist unter Zurücklassung des Rates und des größten Teils seines Hofstaates mit geringer Begleitung in die Berge geritten; er wird in Kürze hierher zurückkehren. Sein Vorgänger [Pasqualigo] ist am Vortag [24.3.] nach Venedig abgereist. Er hinterließ beim Kg. und bei den Angehörigen des Hofes einen sehr guten Eindruck.1 

[2.] Er selbst stattete dem päpstlichen Gesandten Costantino Arianiti einen Besuch ab. Dieser sagte, daß die Versöhnung und die Einigung des röm. Kg. mit dem frz. Kg. der einzige Zweck seiner Mission sei. Er bemühe sich darum befehlsgemäß mit allem Nachdruck, gleichwohl widerwillig, da er erkannt habe, daß dies dem Ruin Italiens diene, daß es der Serenissima zum Nachteil gereiche, gegenüber der er sich, nicht zuletzt als venezianischer Edelmann2, immer als bereitwilliger Diener erzeigt habe, und schließlich daß alles Gute, das man für Italien erhoffen könne, von Venedig abhänge. Er habe sich wiederholt beim Papst in diesem Sinne eingesetzt, allerdings vergeblich. Er habe dem Papst bei einer vertraulichen Unterredung auseinandergesetzt, daß sein Streit mit Venedig letztlich zur Zerstörung Italiens führen werde. Seine Heiligkeit habe allerdings auf ihrem Standpunkt verharrt und mit dem Worten geschlossen: Pereat totus mundus, purché io consequisca lo intento mio. Er habe mit dem Kg. darüber gesprochen und hoffe, während des Konstanzer RT eine verbindliche Erklärung zu bekommen. Er wundere sich über das Vertrauen Venedigs gegenüber dem frz. Kg., der mit einem starken Heer nach Italien ziehe, und auch über die Überzeugung Venedigs, daß sein Ziel ausschließlich Genua sei – zumal in Anbetracht seines ehrgeizigen Charakters und da dies zu einer Zeit geschehe, da Kg. Ferdinand (re de Napoli) nach Spanien zurückkehre und den frz. Kg. deshalb in seinen Absichten nicht hindern könne.

Er wies in seiner Antwort unter anderem auf die feindselige Haltung des Papstes gegenüber Venedig hin, das daran keine Schuld trage, sondern vielmehr treu zu diesem stünde. Die Serenissima wünsche sich vom Papst nichts anderes, als daß er sein Wort halte.3 Er forderte Arianiti auf, seiner behaupteten wohlmeinenden Haltung gegenüber Venedig treu zu bleiben.

Arianiti bekräftigte diese wortreich und bekundete seine Hoffnung, daß zum Wohle Italiens ein Weg zum Ausgleich zwischen dem Papst und Venedig gefunden werde und der röm. Kg. bei seinen guten Absichten bleibe.

Er, Querini, wird versuchen, Arianiti soweit möglich als Freund zu gewinnen.

Straßburg, 25. März 1507.

Venedig, BM, Cod. marc. ital. VII/989 (= 9581), fol. 5’-6 (ital. Kop.; Postverm.: Per postas regias in Hispruch et inde per proprium nuntium Roveredum.) = Textvorlage A. Venedig, BFQS, Cl. IV, Cod. V (= 769), fol. 76’-77 (ital. Kop.; Postverm. wie A) = B.

Referiert bei: Brunetti, Vigilia, S. 10f.

Anmerkungen

1
 Zur Finalrelation Pasqualigos vor dem Senat am 15.4. vgl. Sanuto, Diarii VII, Sp. 48f.
2
 Vgl. Brunetti, Vigilia, S. 10 Anm. 1.
3
 Dies spielt auf den Anfang März 1505 zwischen Julius II. und Venedig geschlossenen Vertrag zur Beilegung der Streitigkeiten über die Romagna an. Venedig hatte darin eingewilligt, vierzehn Orte einschließlich des zu Cesena und Imola gehörenden Territoriums an den Kirchenstaat zurückzugeben, wohingegen Julius II. durch den Hg. von Urbino zusagen ließ, auf weitere Versuche zum Rückerwerb Riminis und Faenzas zu verzichten. Venedig legte die Vereinbarung in der Folge dahingehend aus, förmlich in den Besitz dieser beiden Städte eingesetzt worden zu sein. Gerade diesen Schritt hatte der Papst jedoch vermeiden wollen (Pastor, Geschichte III/2, S. 721; Brosch, Papst, S. 120f.; Fusero, Giulio, S. 297–304; Seneca, Venezia, S. 73–77; Shaw, Julius, S. 138f.; Stelzer, König, S. 49–51, 54; Leipold, Beziehungen, S. 214–216).